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Lorinser, Carl Ignaz: Der Sieg über die Branntweinpest in Oberschlesien. Oppeln, 1845.

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Grade genügsam, fleißig, anstellig und tapfer, ist es im Allgemeinen lenksamer als das deutsche geblieben, und zeichnet sich vorzüglich durch einen willigen Gehorsam aus. Es ist, um einen neuen Ausdruck zu gebrauchen, das gouvernabelste Volk von der Welt, und wird daher von großen und kleinen Herren viel regiert. Als sein höchstes Kleinod hat aber dieses Volk den lebendigen und angestammten Glauben sich bewahrt, trotz aller Ungunst und Mühe, die ihm denselben entreißen wollten, und ungeachtet des Verfalles selbst der kirchlichen Zucht. Durch die Sprache dem Einfluß mancher Versuchung entzogen und von dem Gifthauch der schlechten Presse noch wenig oder gar nicht berührt, haben die Eltern in ununterbrochener Folge den gläubigen Sinn auf ihre Kinder und Enkel vererben können. Will man den Ausdruck dieses Glaubens, und eine tiefe Anbetung Gottes kennen lernen, so muß man das Oberschlesische Volk in seinen Kirchen sehen. Und wer etwa die Zeichen solcher Andacht nur als mechanische Gewohnheit und als gedankenloses Außenwerk betrachten wollte, der hätte noch niemals in die Seelen dieser Menschen einen Blick gethan. Nein; sie lieben und fürchten Gott wirklich über Alles; die Devotion ist nicht erheuchelt, sondern aufrichtig gemeint, und kann auch durch das Gefühl der Schwäche und Sündhaftigkeit nicht vermindert werden. Indem sie zu Gott beten, dem allein Anbetung gebührt, rufen sie zugleich den Beistand der vollendeten Gerechten an, und hegen besonders ein kindliches

Grade genügsam, fleißig, anstellig und tapfer, ist es im Allgemeinen lenksamer als das deutsche geblieben, und zeichnet sich vorzüglich durch einen willigen Gehorsam aus. Es ist, um einen neuen Ausdruck zu gebrauchen, das gouvernabelste Volk von der Welt, und wird daher von großen und kleinen Herren viel regiert. Als sein höchstes Kleinod hat aber dieses Volk den lebendigen und angestammten Glauben sich bewahrt, trotz aller Ungunst und Mühe, die ihm denselben entreißen wollten, und ungeachtet des Verfalles selbst der kirchlichen Zucht. Durch die Sprache dem Einfluß mancher Versuchung entzogen und von dem Gifthauch der schlechten Presse noch wenig oder gar nicht berührt, haben die Eltern in ununterbrochener Folge den gläubigen Sinn auf ihre Kinder und Enkel vererben können. Will man den Ausdruck dieses Glaubens, und eine tiefe Anbetung Gottes kennen lernen, so muß man das Oberschlesische Volk in seinen Kirchen sehen. Und wer etwa die Zeichen solcher Andacht nur als mechanische Gewohnheit und als gedankenloses Außenwerk betrachten wollte, der hätte noch niemals in die Seelen dieser Menschen einen Blick gethan. Nein; sie lieben und fürchten Gott wirklich über Alles; die Devotion ist nicht erheuchelt, sondern aufrichtig gemeint, und kann auch durch das Gefühl der Schwäche und Sündhaftigkeit nicht vermindert werden. Indem sie zu Gott beten, dem allein Anbetung gebührt, rufen sie zugleich den Beistand der vollendeten Gerechten an, und hegen besonders ein kindliches

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Grade genügsam, fleißig, anstellig und tapfer, ist es im Allgemeinen lenksamer als das deutsche geblieben, und zeichnet sich vorzüglich durch einen willigen Gehorsam aus. Es ist, um einen neuen Ausdruck zu gebrauchen, das gouvernabelste Volk von der Welt, und wird daher von großen und kleinen Herren viel regiert. Als sein höchstes Kleinod hat aber dieses Volk den lebendigen und angestammten Glauben sich bewahrt, trotz aller Ungunst und Mühe, die ihm denselben entreißen wollten, und ungeachtet des Verfalles selbst der kirchlichen Zucht. Durch die Sprache dem Einfluß mancher Versuchung entzogen und von dem Gifthauch der schlechten Presse noch wenig oder gar nicht berührt, haben die Eltern in ununterbrochener Folge den gläubigen Sinn auf ihre Kinder und Enkel vererben können. Will man den Ausdruck dieses Glaubens, und eine tiefe Anbetung Gottes kennen lernen, so muß man das Oberschlesische Volk in seinen Kirchen sehen. Und wer etwa die Zeichen solcher Andacht nur als mechanische Gewohnheit und als gedankenloses Außenwerk betrachten wollte, der hätte noch niemals in die Seelen dieser Menschen einen Blick gethan. Nein; sie lieben und fürchten Gott wirklich über Alles; die Devotion ist nicht erheuchelt, sondern aufrichtig gemeint, und kann auch durch das Gefühl der Schwäche und Sündhaftigkeit nicht vermindert werden. Indem sie zu Gott beten, dem allein Anbetung gebührt, rufen sie zugleich den Beistand der vollendeten Gerechten an, und hegen besonders ein kindliches
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[87/0097] Grade genügsam, fleißig, anstellig und tapfer, ist es im Allgemeinen lenksamer als das deutsche geblieben, und zeichnet sich vorzüglich durch einen willigen Gehorsam aus. Es ist, um einen neuen Ausdruck zu gebrauchen, das gouvernabelste Volk von der Welt, und wird daher von großen und kleinen Herren viel regiert. Als sein höchstes Kleinod hat aber dieses Volk den lebendigen und angestammten Glauben sich bewahrt, trotz aller Ungunst und Mühe, die ihm denselben entreißen wollten, und ungeachtet des Verfalles selbst der kirchlichen Zucht. Durch die Sprache dem Einfluß mancher Versuchung entzogen und von dem Gifthauch der schlechten Presse noch wenig oder gar nicht berührt, haben die Eltern in ununterbrochener Folge den gläubigen Sinn auf ihre Kinder und Enkel vererben können. Will man den Ausdruck dieses Glaubens, und eine tiefe Anbetung Gottes kennen lernen, so muß man das Oberschlesische Volk in seinen Kirchen sehen. Und wer etwa die Zeichen solcher Andacht nur als mechanische Gewohnheit und als gedankenloses Außenwerk betrachten wollte, der hätte noch niemals in die Seelen dieser Menschen einen Blick gethan. Nein; sie lieben und fürchten Gott wirklich über Alles; die Devotion ist nicht erheuchelt, sondern aufrichtig gemeint, und kann auch durch das Gefühl der Schwäche und Sündhaftigkeit nicht vermindert werden. Indem sie zu Gott beten, dem allein Anbetung gebührt, rufen sie zugleich den Beistand der vollendeten Gerechten an, und hegen besonders ein kindliches

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Zitationshilfe: Lorinser, Carl Ignaz: Der Sieg über die Branntweinpest in Oberschlesien. Oppeln, 1845, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lorinser_branntweinpest_1845/97>, abgerufen am 04.05.2024.