Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lorinser, Carl Ignaz: Der Sieg über die Branntweinpest in Oberschlesien. Oppeln, 1845.

Bild:
<< vorherige Seite

sonst allwöchentlich vorgefallenen blutigen Schlägereien keine Verwundungen, Contusionen u. dergl. mehr vorkämen, keine Befundscheine mehr auszustellen seien! Es wäre zu weitläufig, auch nur die merkwürdigsten Fälle von Selbstüberwindung und all' die bezeichnenden Thatsachen anzuführen, die an so vielen Orten bei der Einführung der Enthaltsamkeit stattgefunden haben. Mir ist nichts Merkwürdigeres erschienen, als die ernste Begeisterung, mit welcher die slavischen Landleute zu den Altären sich gedrängt, die innige Andacht, die sie beim Dankfest gezeigt, und die gewissenhafte Treue, die sie alsdann in der ersten und schwersten Zeit, d. i. während der Erndte, bewiesen haben. Auf allen Gesichtern schien sich nur ein Gedanke auszusprechen: Gott und die heilige Jungfrau will es so haben! -

Für große Schaaren ist auch in Bezug auf die Trunksucht der St. Annenberg ein wahrer Gnadenort gewesen. Zu diesem höchsten Punct, und fast in der Mitte des Landes, pflegen an gewissen Tagen aus der Nähe und Ferne, selbst aus dem benachbarten Auslande viele Tausende zu wallfahren, obgleich das ehemalige Franciscanerkloster längst verödet und dem Verfalle preisgegeben ist. Mehr als vierzig Jahre, die seit der Säcularisation verflossen sind, haben nicht hingereicht, um diese Pilgerzüge zu vermindern; noch immer sieht man auf dem waldigen Basaltberge an manchem Kreuz- und Marienfeste 10 bis 20, ja 30,000 Menschen sich versammeln. Auch dort

sonst allwöchentlich vorgefallenen blutigen Schlägereien keine Verwundungen, Contusionen u. dergl. mehr vorkämen, keine Befundscheine mehr auszustellen seien! Es wäre zu weitläufig, auch nur die merkwürdigsten Fälle von Selbstüberwindung und all’ die bezeichnenden Thatsachen anzuführen, die an so vielen Orten bei der Einführung der Enthaltsamkeit stattgefunden haben. Mir ist nichts Merkwürdigeres erschienen, als die ernste Begeisterung, mit welcher die slavischen Landleute zu den Altären sich gedrängt, die innige Andacht, die sie beim Dankfest gezeigt, und die gewissenhafte Treue, die sie alsdann in der ersten und schwersten Zeit, d. i. während der Erndte, bewiesen haben. Auf allen Gesichtern schien sich nur ein Gedanke auszusprechen: Gott und die heilige Jungfrau will es so haben! –

Für große Schaaren ist auch in Bezug auf die Trunksucht der St. Annenberg ein wahrer Gnadenort gewesen. Zu diesem höchsten Punct, und fast in der Mitte des Landes, pflegen an gewissen Tagen aus der Nähe und Ferne, selbst aus dem benachbarten Auslande viele Tausende zu wallfahren, obgleich das ehemalige Franciscanerkloster längst verödet und dem Verfalle preisgegeben ist. Mehr als vierzig Jahre, die seit der Säcularisation verflossen sind, haben nicht hingereicht, um diese Pilgerzüge zu vermindern; noch immer sieht man auf dem waldigen Basaltberge an manchem Kreuz- und Marienfeste 10 bis 20, ja 30,000 Menschen sich versammeln. Auch dort

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0061" n="51"/>
sonst allwöchentlich vorgefallenen blutigen Schlägereien keine Verwundungen, Contusionen u. dergl. mehr vorkämen, keine Befundscheine mehr auszustellen seien! Es wäre zu weitläufig, auch nur die merkwürdigsten Fälle von Selbstüberwindung und all&#x2019; die bezeichnenden Thatsachen anzuführen, die an so vielen Orten bei der Einführung der Enthaltsamkeit stattgefunden haben. Mir ist nichts Merkwürdigeres erschienen, als die ernste Begeisterung, mit welcher die slavischen Landleute zu den Altären sich gedrängt, die innige Andacht, die sie beim Dankfest gezeigt, und die gewissenhafte Treue, die sie alsdann in der ersten und schwersten Zeit, d. i. während der Erndte, bewiesen haben. Auf allen Gesichtern schien sich nur ein Gedanke auszusprechen: Gott und die heilige Jungfrau will es so haben! &#x2013;</p>
        <p>Für große Schaaren ist auch in Bezug auf die Trunksucht der St. Annenberg ein wahrer Gnadenort gewesen. Zu diesem höchsten Punct, und fast in der Mitte des Landes, pflegen an gewissen Tagen aus der Nähe und Ferne, selbst aus dem benachbarten Auslande viele Tausende zu wallfahren, obgleich das ehemalige Franciscanerkloster längst verödet und dem Verfalle preisgegeben ist. Mehr als vierzig Jahre, die seit der Säcularisation verflossen sind, haben nicht hingereicht, um diese Pilgerzüge zu vermindern; noch immer sieht man auf dem waldigen Basaltberge an manchem Kreuz- und Marienfeste 10 bis 20, ja 30,000 Menschen sich versammeln. Auch dort
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[51/0061] sonst allwöchentlich vorgefallenen blutigen Schlägereien keine Verwundungen, Contusionen u. dergl. mehr vorkämen, keine Befundscheine mehr auszustellen seien! Es wäre zu weitläufig, auch nur die merkwürdigsten Fälle von Selbstüberwindung und all’ die bezeichnenden Thatsachen anzuführen, die an so vielen Orten bei der Einführung der Enthaltsamkeit stattgefunden haben. Mir ist nichts Merkwürdigeres erschienen, als die ernste Begeisterung, mit welcher die slavischen Landleute zu den Altären sich gedrängt, die innige Andacht, die sie beim Dankfest gezeigt, und die gewissenhafte Treue, die sie alsdann in der ersten und schwersten Zeit, d. i. während der Erndte, bewiesen haben. Auf allen Gesichtern schien sich nur ein Gedanke auszusprechen: Gott und die heilige Jungfrau will es so haben! – Für große Schaaren ist auch in Bezug auf die Trunksucht der St. Annenberg ein wahrer Gnadenort gewesen. Zu diesem höchsten Punct, und fast in der Mitte des Landes, pflegen an gewissen Tagen aus der Nähe und Ferne, selbst aus dem benachbarten Auslande viele Tausende zu wallfahren, obgleich das ehemalige Franciscanerkloster längst verödet und dem Verfalle preisgegeben ist. Mehr als vierzig Jahre, die seit der Säcularisation verflossen sind, haben nicht hingereicht, um diese Pilgerzüge zu vermindern; noch immer sieht man auf dem waldigen Basaltberge an manchem Kreuz- und Marienfeste 10 bis 20, ja 30,000 Menschen sich versammeln. Auch dort

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2013-04-11T13:16:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-04-11T13:16:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-04-11T13:16:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lorinser_branntweinpest_1845
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lorinser_branntweinpest_1845/61
Zitationshilfe: Lorinser, Carl Ignaz: Der Sieg über die Branntweinpest in Oberschlesien. Oppeln, 1845, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lorinser_branntweinpest_1845/61>, abgerufen am 28.11.2024.