Lohmann, Friederike: Die Entscheidung bei Hochkirch. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 63–137. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Händen des Offizianten, Marianen schien es, als ob die Gestalt ihres Vaters in diesem Augenblicke von krampfhaftem Zittern ergriffen würde, seine Hand faßte die Lehne eines Stuhls, sein Gesicht zuckte, aber er ermannte sich sogleich. Justine stand von fern und begriff nicht, wie ihr Herr das Alles so geduldig ansehen konnte, sie wollte mehr als einmal sprechen, ein gebietender Blick von Ellinger schloß ihren Mund. Jetzt war das Geschäft geendet. Der älteste Offizier wandte sich zu dem Rath und sagte: Sie sind ein Gefangener, Herr Ellinger. Der Commandant will indessen, daß Sie, bis zur Entscheidung des Königs, in Ihrem Hause bewacht werden. Wir wünschen, Ihre Papiere möchten die Schuld vermindern, deren man Sie anklagt. Das werden sie nicht, erwiderte Ellinger, aber ich bin stolz auf das, was Sie meine Schuld nennen. Für meinen Landesherrn, für meine Königin ist es geschehen. Der König von Preußen ist jetzt Ihr Landesherr, sagte Jener hart. Was Sie ihm entzogen haben, ist in den Händen seiner Feinde gegen ihn genutzt worden und hat wichtige Folgen herbeigeführt; zufällig trifft diese Kunde mit Ihrer Anklage zusammen und erschwert Ihr Schicksal. Ich will nicht stärker scheinen, als ich bin, sagte Ellinger, mein Schicksal bekümmert mich, weil ich Vater bin. Es ist indessen Gottes Schickung, denn ich handelte Händen des Offizianten, Marianen schien es, als ob die Gestalt ihres Vaters in diesem Augenblicke von krampfhaftem Zittern ergriffen würde, seine Hand faßte die Lehne eines Stuhls, sein Gesicht zuckte, aber er ermannte sich sogleich. Justine stand von fern und begriff nicht, wie ihr Herr das Alles so geduldig ansehen konnte, sie wollte mehr als einmal sprechen, ein gebietender Blick von Ellinger schloß ihren Mund. Jetzt war das Geschäft geendet. Der älteste Offizier wandte sich zu dem Rath und sagte: Sie sind ein Gefangener, Herr Ellinger. Der Commandant will indessen, daß Sie, bis zur Entscheidung des Königs, in Ihrem Hause bewacht werden. Wir wünschen, Ihre Papiere möchten die Schuld vermindern, deren man Sie anklagt. Das werden sie nicht, erwiderte Ellinger, aber ich bin stolz auf das, was Sie meine Schuld nennen. Für meinen Landesherrn, für meine Königin ist es geschehen. Der König von Preußen ist jetzt Ihr Landesherr, sagte Jener hart. Was Sie ihm entzogen haben, ist in den Händen seiner Feinde gegen ihn genutzt worden und hat wichtige Folgen herbeigeführt; zufällig trifft diese Kunde mit Ihrer Anklage zusammen und erschwert Ihr Schicksal. Ich will nicht stärker scheinen, als ich bin, sagte Ellinger, mein Schicksal bekümmert mich, weil ich Vater bin. Es ist indessen Gottes Schickung, denn ich handelte <TEI> <text> <body> <div n="4"> <p><pb facs="#f0052"/> Händen des Offizianten, Marianen schien es, als ob die Gestalt ihres Vaters in diesem Augenblicke von krampfhaftem Zittern ergriffen würde, seine Hand faßte die Lehne eines Stuhls, sein Gesicht zuckte, aber er ermannte sich sogleich. Justine stand von fern und begriff nicht, wie ihr Herr das Alles so geduldig ansehen konnte, sie wollte mehr als einmal sprechen, ein gebietender Blick von Ellinger schloß ihren Mund.</p><lb/> <p>Jetzt war das Geschäft geendet. Der älteste Offizier wandte sich zu dem Rath und sagte: Sie sind ein Gefangener, Herr Ellinger. Der Commandant will indessen, daß Sie, bis zur Entscheidung des Königs, in Ihrem Hause bewacht werden. Wir wünschen, Ihre Papiere möchten die Schuld vermindern, deren man Sie anklagt.</p><lb/> <p>Das werden sie nicht, erwiderte Ellinger, aber ich bin stolz auf das, was Sie meine Schuld nennen. Für meinen Landesherrn, für meine Königin ist es geschehen.</p><lb/> <p>Der König von Preußen ist jetzt Ihr Landesherr, sagte Jener hart. Was Sie ihm entzogen haben, ist in den Händen seiner Feinde gegen ihn genutzt worden und hat wichtige Folgen herbeigeführt; zufällig trifft diese Kunde mit Ihrer Anklage zusammen und erschwert Ihr Schicksal.</p><lb/> <p>Ich will nicht stärker scheinen, als ich bin, sagte Ellinger, mein Schicksal bekümmert mich, weil ich Vater bin. Es ist indessen Gottes Schickung, denn ich handelte<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0052]
Händen des Offizianten, Marianen schien es, als ob die Gestalt ihres Vaters in diesem Augenblicke von krampfhaftem Zittern ergriffen würde, seine Hand faßte die Lehne eines Stuhls, sein Gesicht zuckte, aber er ermannte sich sogleich. Justine stand von fern und begriff nicht, wie ihr Herr das Alles so geduldig ansehen konnte, sie wollte mehr als einmal sprechen, ein gebietender Blick von Ellinger schloß ihren Mund.
Jetzt war das Geschäft geendet. Der älteste Offizier wandte sich zu dem Rath und sagte: Sie sind ein Gefangener, Herr Ellinger. Der Commandant will indessen, daß Sie, bis zur Entscheidung des Königs, in Ihrem Hause bewacht werden. Wir wünschen, Ihre Papiere möchten die Schuld vermindern, deren man Sie anklagt.
Das werden sie nicht, erwiderte Ellinger, aber ich bin stolz auf das, was Sie meine Schuld nennen. Für meinen Landesherrn, für meine Königin ist es geschehen.
Der König von Preußen ist jetzt Ihr Landesherr, sagte Jener hart. Was Sie ihm entzogen haben, ist in den Händen seiner Feinde gegen ihn genutzt worden und hat wichtige Folgen herbeigeführt; zufällig trifft diese Kunde mit Ihrer Anklage zusammen und erschwert Ihr Schicksal.
Ich will nicht stärker scheinen, als ich bin, sagte Ellinger, mein Schicksal bekümmert mich, weil ich Vater bin. Es ist indessen Gottes Schickung, denn ich handelte
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