Lohmann, Friederike: Die Entscheidung bei Hochkirch. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 63–137. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.meiner Gewalt steht; wüßten Sie es, Sie würden mich nicht aufs Aeußerste treiben. Ich besitze ein Zauberwort, das volle Rache in meine Hände giebt. Diese Warnung, ist nur für Sie, sollten Sie sie Jemand mittheilen, so würden Sie mich zwingen zu thun, was eine unselige innere Stimme von mir verlangt. Wollen Sie mich aber von der Versuchung retten, so verzeihen Sie was mich Eifersucht sprechen ließ, und geben Sie mir die früheren Hoffnungen zurück. Denken Sie nicht so klein von mir, antwortete Mariane, daß ich aus grundloser Furcht einen überlegten Entschluß ändern könnte. Ihre Drohungen verstehe ich nicht, sie lassen mich ruhig, sie befestigen nur meinen Willen. Thun Sie, was Sie mögen. Gott hat mich in so glückliche Umgebungen gestellt, mit so tugendhaften Menschen verbunden, daß ich von keiner Seite etwas fürchten kann. Schweigen will ich aber, das verspreche ich Ihnen, es würde mir leid thun, wenn ein unbesonnenes Wort Sie um die Achtung meines Vaters brächte. Ellinger's Eintritt machte dem Gespräch ein Ende, Mariane konnte sich entfernen. Zum ersten Male vergaß Börner jetzt seine geschmeidige Unterwürfigkeit, er klagte mit Heftigkeit über Marianens Entscheidung und verlangte: Ellinger möge die väterlichen Rechte für ihn geltend machen. Der alte Mann wies ihn ernst in seine Schranken zurück, äußerte zwar Kränkung und Schmerz über die verlorene Hoffnung, wiederholte aber: meiner Gewalt steht; wüßten Sie es, Sie würden mich nicht aufs Aeußerste treiben. Ich besitze ein Zauberwort, das volle Rache in meine Hände giebt. Diese Warnung, ist nur für Sie, sollten Sie sie Jemand mittheilen, so würden Sie mich zwingen zu thun, was eine unselige innere Stimme von mir verlangt. Wollen Sie mich aber von der Versuchung retten, so verzeihen Sie was mich Eifersucht sprechen ließ, und geben Sie mir die früheren Hoffnungen zurück. Denken Sie nicht so klein von mir, antwortete Mariane, daß ich aus grundloser Furcht einen überlegten Entschluß ändern könnte. Ihre Drohungen verstehe ich nicht, sie lassen mich ruhig, sie befestigen nur meinen Willen. Thun Sie, was Sie mögen. Gott hat mich in so glückliche Umgebungen gestellt, mit so tugendhaften Menschen verbunden, daß ich von keiner Seite etwas fürchten kann. Schweigen will ich aber, das verspreche ich Ihnen, es würde mir leid thun, wenn ein unbesonnenes Wort Sie um die Achtung meines Vaters brächte. Ellinger's Eintritt machte dem Gespräch ein Ende, Mariane konnte sich entfernen. Zum ersten Male vergaß Börner jetzt seine geschmeidige Unterwürfigkeit, er klagte mit Heftigkeit über Marianens Entscheidung und verlangte: Ellinger möge die väterlichen Rechte für ihn geltend machen. Der alte Mann wies ihn ernst in seine Schranken zurück, äußerte zwar Kränkung und Schmerz über die verlorene Hoffnung, wiederholte aber: <TEI> <text> <body> <div n="4"> <p><pb facs="#f0049"/> meiner Gewalt steht; wüßten Sie es, Sie würden mich nicht aufs Aeußerste treiben. Ich besitze ein Zauberwort, das volle Rache in meine Hände giebt. Diese Warnung, ist nur für Sie, sollten Sie sie Jemand mittheilen, so würden Sie mich zwingen zu thun, was eine unselige innere Stimme von mir verlangt. Wollen Sie mich aber von der Versuchung retten, so verzeihen Sie was mich Eifersucht sprechen ließ, und geben Sie mir die früheren Hoffnungen zurück.</p><lb/> <p>Denken Sie nicht so klein von mir, antwortete Mariane, daß ich aus grundloser Furcht einen überlegten Entschluß ändern könnte. Ihre Drohungen verstehe ich nicht, sie lassen mich ruhig, sie befestigen nur meinen Willen. Thun Sie, was Sie mögen. Gott hat mich in so glückliche Umgebungen gestellt, mit so tugendhaften Menschen verbunden, daß ich von keiner Seite etwas fürchten kann. Schweigen will ich aber, das verspreche ich Ihnen, es würde mir leid thun, wenn ein unbesonnenes Wort Sie um die Achtung meines Vaters brächte.</p><lb/> <p>Ellinger's Eintritt machte dem Gespräch ein Ende, Mariane konnte sich entfernen. Zum ersten Male vergaß Börner jetzt seine geschmeidige Unterwürfigkeit, er klagte mit Heftigkeit über Marianens Entscheidung und verlangte: Ellinger möge die väterlichen Rechte für ihn geltend machen. Der alte Mann wies ihn ernst in seine Schranken zurück, äußerte zwar Kränkung und Schmerz über die verlorene Hoffnung, wiederholte aber:<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0049]
meiner Gewalt steht; wüßten Sie es, Sie würden mich nicht aufs Aeußerste treiben. Ich besitze ein Zauberwort, das volle Rache in meine Hände giebt. Diese Warnung, ist nur für Sie, sollten Sie sie Jemand mittheilen, so würden Sie mich zwingen zu thun, was eine unselige innere Stimme von mir verlangt. Wollen Sie mich aber von der Versuchung retten, so verzeihen Sie was mich Eifersucht sprechen ließ, und geben Sie mir die früheren Hoffnungen zurück.
Denken Sie nicht so klein von mir, antwortete Mariane, daß ich aus grundloser Furcht einen überlegten Entschluß ändern könnte. Ihre Drohungen verstehe ich nicht, sie lassen mich ruhig, sie befestigen nur meinen Willen. Thun Sie, was Sie mögen. Gott hat mich in so glückliche Umgebungen gestellt, mit so tugendhaften Menschen verbunden, daß ich von keiner Seite etwas fürchten kann. Schweigen will ich aber, das verspreche ich Ihnen, es würde mir leid thun, wenn ein unbesonnenes Wort Sie um die Achtung meines Vaters brächte.
Ellinger's Eintritt machte dem Gespräch ein Ende, Mariane konnte sich entfernen. Zum ersten Male vergaß Börner jetzt seine geschmeidige Unterwürfigkeit, er klagte mit Heftigkeit über Marianens Entscheidung und verlangte: Ellinger möge die väterlichen Rechte für ihn geltend machen. Der alte Mann wies ihn ernst in seine Schranken zurück, äußerte zwar Kränkung und Schmerz über die verlorene Hoffnung, wiederholte aber:
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Zitationshilfe: | Lohmann, Friederike: Die Entscheidung bei Hochkirch. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 63–137. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohmann_hochkirch_1910/49>, abgerufen am 16.02.2025. |