Lohmann, Friederike: Die Entscheidung bei Hochkirch. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 63–137. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Rechte über uns geltend: auch Justine wurde durch die Kriegsereignisse noch einmal zur Theilnahme an Welthändeln aufgeregt. Sie war eine Preußin und stolz auf ihren König, der zwar Vielen weh that, an Marianens Thränen, an Pistor's Gefahr Schuld hatte, aber dennoch, selbst in dem gedrückten Lande, bewundert, ja angebetet ward. Als achtzehnjähriges Mädchen hatte sie in Wustrau auf dem Schlosse gedient, wo der General Ziethen geboren wurde, und war seine Wärterin gewesen. Der kräftige Knabe hing sehr an ihr, der reifende Mann vergaß das nicht, er fand sie nach vielen Jahren in Spandau wieder, als er schon in den Reihen der Krieger stand, und beschenkte sie mit einer gehenkelten Goldmünze, die sie noch jetzt um den Hals trug. Später, ehe das Schicksal sie zu Ellingers führte, war sie noch einmal von ihm aufgesucht worden; der stattliche Husarenoffizier, der sich mit seiner hohen Pelzmütze unter der niedern Thüre bücken mußte, blieb, zur Verwunderung der Nachbarn, eine volle Stunde bei Justinen, ließ sich von ihr Anekdoten aus seinen frühesten Jahren erzählen, und als er schied und sie ihm lange mit Thränen nachsah, hatte er zwanzig Louisd'or unter ihr Nähzeug geschoben. Die gute Alte hatte ihr Leben nur für Andere gelebt, die Sterne ihres Daseins waren die Kinder, die sie heraufgezogen, die Menschen, denen sie gedient hatte; des vornehmen Kriegsmanns Dankbarkeit glühte am hellsten in ihr Alter hinein; sie konnte anfangs kaum glauben, daß er General, ein Liebling seines Rechte über uns geltend: auch Justine wurde durch die Kriegsereignisse noch einmal zur Theilnahme an Welthändeln aufgeregt. Sie war eine Preußin und stolz auf ihren König, der zwar Vielen weh that, an Marianens Thränen, an Pistor's Gefahr Schuld hatte, aber dennoch, selbst in dem gedrückten Lande, bewundert, ja angebetet ward. Als achtzehnjähriges Mädchen hatte sie in Wustrau auf dem Schlosse gedient, wo der General Ziethen geboren wurde, und war seine Wärterin gewesen. Der kräftige Knabe hing sehr an ihr, der reifende Mann vergaß das nicht, er fand sie nach vielen Jahren in Spandau wieder, als er schon in den Reihen der Krieger stand, und beschenkte sie mit einer gehenkelten Goldmünze, die sie noch jetzt um den Hals trug. Später, ehe das Schicksal sie zu Ellingers führte, war sie noch einmal von ihm aufgesucht worden; der stattliche Husarenoffizier, der sich mit seiner hohen Pelzmütze unter der niedern Thüre bücken mußte, blieb, zur Verwunderung der Nachbarn, eine volle Stunde bei Justinen, ließ sich von ihr Anekdoten aus seinen frühesten Jahren erzählen, und als er schied und sie ihm lange mit Thränen nachsah, hatte er zwanzig Louisd'or unter ihr Nähzeug geschoben. Die gute Alte hatte ihr Leben nur für Andere gelebt, die Sterne ihres Daseins waren die Kinder, die sie heraufgezogen, die Menschen, denen sie gedient hatte; des vornehmen Kriegsmanns Dankbarkeit glühte am hellsten in ihr Alter hinein; sie konnte anfangs kaum glauben, daß er General, ein Liebling seines <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0013"/> Rechte über uns geltend: auch Justine wurde durch die Kriegsereignisse noch einmal zur Theilnahme an Welthändeln aufgeregt. Sie war eine Preußin und stolz auf ihren König, der zwar Vielen weh that, an Marianens Thränen, an Pistor's Gefahr Schuld hatte, aber dennoch, selbst in dem gedrückten Lande, bewundert, ja angebetet ward. Als achtzehnjähriges Mädchen hatte sie in Wustrau auf dem Schlosse gedient, wo der General Ziethen geboren wurde, und war seine Wärterin gewesen. Der kräftige Knabe hing sehr an ihr, der reifende Mann vergaß das nicht, er fand sie nach vielen Jahren in Spandau wieder, als er schon in den Reihen der Krieger stand, und beschenkte sie mit einer gehenkelten Goldmünze, die sie noch jetzt um den Hals trug. Später, ehe das Schicksal sie zu Ellingers führte, war sie noch einmal von ihm aufgesucht worden; der stattliche Husarenoffizier, der sich mit seiner hohen Pelzmütze unter der niedern Thüre bücken mußte, blieb, zur Verwunderung der Nachbarn, eine volle Stunde bei Justinen, ließ sich von ihr Anekdoten aus seinen frühesten Jahren erzählen, und als er schied und sie ihm lange mit Thränen nachsah, hatte er zwanzig Louisd'or unter ihr Nähzeug geschoben. Die gute Alte hatte ihr Leben nur für Andere gelebt, die Sterne ihres Daseins waren die Kinder, die sie heraufgezogen, die Menschen, denen sie gedient hatte; des vornehmen Kriegsmanns Dankbarkeit glühte am hellsten in ihr Alter hinein; sie konnte anfangs kaum glauben, daß er General, ein Liebling seines<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0013]
Rechte über uns geltend: auch Justine wurde durch die Kriegsereignisse noch einmal zur Theilnahme an Welthändeln aufgeregt. Sie war eine Preußin und stolz auf ihren König, der zwar Vielen weh that, an Marianens Thränen, an Pistor's Gefahr Schuld hatte, aber dennoch, selbst in dem gedrückten Lande, bewundert, ja angebetet ward. Als achtzehnjähriges Mädchen hatte sie in Wustrau auf dem Schlosse gedient, wo der General Ziethen geboren wurde, und war seine Wärterin gewesen. Der kräftige Knabe hing sehr an ihr, der reifende Mann vergaß das nicht, er fand sie nach vielen Jahren in Spandau wieder, als er schon in den Reihen der Krieger stand, und beschenkte sie mit einer gehenkelten Goldmünze, die sie noch jetzt um den Hals trug. Später, ehe das Schicksal sie zu Ellingers führte, war sie noch einmal von ihm aufgesucht worden; der stattliche Husarenoffizier, der sich mit seiner hohen Pelzmütze unter der niedern Thüre bücken mußte, blieb, zur Verwunderung der Nachbarn, eine volle Stunde bei Justinen, ließ sich von ihr Anekdoten aus seinen frühesten Jahren erzählen, und als er schied und sie ihm lange mit Thränen nachsah, hatte er zwanzig Louisd'or unter ihr Nähzeug geschoben. Die gute Alte hatte ihr Leben nur für Andere gelebt, die Sterne ihres Daseins waren die Kinder, die sie heraufgezogen, die Menschen, denen sie gedient hatte; des vornehmen Kriegsmanns Dankbarkeit glühte am hellsten in ihr Alter hinein; sie konnte anfangs kaum glauben, daß er General, ein Liebling seines
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/lohmann_hochkirch_1910 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/lohmann_hochkirch_1910/13 |
Zitationshilfe: | Lohmann, Friederike: Die Entscheidung bei Hochkirch. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 63–137. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohmann_hochkirch_1910/13>, abgerufen am 16.02.2025. |