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Lohenstein, Daniel Casper von: Sophonisbe. Breslau, 1680.

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SOPHONISBE.
Jhm Cyrtha nicht schleust auf/ wir's Königs Kopf gespißt
Solln auf dem Pfale sehn.
Sophon. Welch Drach' und Tyger ist
Dem Masinissa gleich? Jhr Wolcken berstet/ blitzet!
280Brich Abgrund! wo der Hund/ so rasend/ so erhitzet
An unsre Seele setzt. Ohnmächt'ge Königin!
Jn was Verzweifelung fällt Sophonisbe hin?
Solln wir des Hauptes Haupt sehn auf dem Pfale stecken?
Sol solch ein Schaugericht' uns Aug' und Hertz beflecken?
285Mag wol ein Greuel sein/ der mehr durch's Hertze bricht?
Nein! Sophonisbe führt Thyestens Augen nicht!
Nein! Laßt uns vor den Dolch durch Hertz und Brüste stossen!
Vermina. Frau Mutter/ laßt uns nicht mehr auf uns selbst er-
bossen/
Als auf des Feindes Brust. Man schärffe Witz und Schwerd:
290Daß ihm der Donnerkeil selbst durch die Seele fährt!
Sophon. Mein Kopf ist gantz verwirrt! die Augen gantz umb-
nebelt!
Läßt Sophonisbe zu: daß man den Eh-Schatz sebelt?
Läßt Sophonisbe zu: daß man zur Magd sie macht?
Daß ihr mit Cyrtha seit in's Römsche Joch gebracht?
295Nein! Blutt-Hund/ rase fort! Du magst den Syphax schinden;
Dein Dreun und Greuel sol die Stad nicht überwinden;
Doch nein! Micipsa geh'/ eröfne Thor und Stadt.
Geh/ trags dem Feinde für: daß er zur Magd mich hat;
Daß er uns mag nach Rom zum Siegs-Gepränge führen/
300Wo nur mein Eh-Schatz nicht darf Hals und Kopf verlieren!
Amilc Auf was für Aberwitz verleitet sie der Schmertz?
Hat Sophonisbe mehr kein Asdrubalisch Hertz?
Wil sie dem Todt-Feind' uns und sich in Rachen stürtzen?
Kan ihm der Hund so denn nicht auch den Geist verkürtzen?
305Und ärger mit ihm spieln/ wenn alles ist verspielt?
Kein Schluß kan sicher sein/ der auf die Zagheit zielt.
Sophon. Solln wir durch Trotz das Beil selbst auf den Ch-
Schatz wetzen?
Amilc. Solln wir durch Furcht das Beil uns selbst an Nacken
setzen?

Sophon.
SOPHONISBE.
Jhm Cyrtha nicht ſchleuſt auf/ wir’s Koͤnigs Kopf geſpißt
Solln auf dem Pfale ſehn.
Sophon. Welch Drach’ und Tyger iſt
Dem Maſiniſſa gleich? Jhr Wolcken berſtet/ blitzet!
280Brich Abgrund! wo der Hund/ ſo raſend/ ſo erhitzet
An unſre Seele ſetzt. Ohnmaͤcht’ge Koͤnigin!
Jn was Verzweifelung faͤllt Sophonisbe hin?
Solln wir des Hauptes Haupt ſehn auf dem Pfale ſtecken?
Sol ſolch ein Schaugericht’ uns Aug’ und Hertz beflecken?
285Mag wol ein Greuel ſein/ der mehr durch’s Hertze bricht?
Nein! Sophonisbe fuͤhrt Thyeſtens Augen nicht!
Nein! Laßt uns vor den Dolch durch Hertz und Bruͤſte ſtoſſen!
Vermina. Frau Mutter/ laßt uns nicht mehr auf uns ſelbſt er-
boſſen/
Als auf des Feindes Bruſt. Man ſchaͤrffe Witz und Schwerd:
290Daß ihm der Donnerkeil ſelbſt durch die Seele faͤhrt!
Sophon. Mein Kopf iſt gantz verwirrt! die Augen gantz umb-
nebelt!
Laͤßt Sophonisbe zu: daß man den Eh-Schatz ſebelt?
Laͤßt Sophonisbe zu: daß man zur Magd ſie macht?
Daß ihr mit Cyrtha ſeit in’s Roͤmſche Joch gebracht?
295Nein! Blutt-Hund/ raſe fort! Du magſt den Syphax ſchinden;
Dein Dreun und Greuel ſol die Stad nicht uͤberwinden;
Doch nein! Micipſa geh’/ eroͤfne Thor und Stadt.
Geh/ trags dem Feinde fuͤr: daß er zur Magd mich hat;
Daß er uns mag nach Rom zum Siegs-Gepraͤnge fuͤhren/
300Wo nur mein Eh-Schatz nicht darf Hals und Kopf verlieren!
Amilc Auf was fuͤr Aberwitz verleitet ſie der Schmertz?
Hat Sophonisbe mehr kein Aſdrubaliſch Hertz?
Wil ſie dem Todt-Feind’ uns und ſich in Rachen ſtuͤrtzen?
Kan ihm der Hund ſo denn nicht auch den Geiſt verkuͤrtzen?
305Und aͤrger mit ihm ſpieln/ wenn alles iſt verſpielt?
Kein Schluß kan ſicher ſein/ der auf die Zagheit zielt.
Sophon. Solln wir durch Trotz das Beil ſelbſt auf den Ch-
Schatz wetzen?
Amilc. Solln wir durch Furcht das Beil uns ſelbſt an Nacken
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Sophon.
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[10/0047] SOPHONISBE. Jhm Cyrtha nicht ſchleuſt auf/ wir’s Koͤnigs Kopf geſpißt Solln auf dem Pfale ſehn. Sophon. Welch Drach’ und Tyger iſt Dem Maſiniſſa gleich? Jhr Wolcken berſtet/ blitzet! Brich Abgrund! wo der Hund/ ſo raſend/ ſo erhitzet An unſre Seele ſetzt. Ohnmaͤcht’ge Koͤnigin! Jn was Verzweifelung faͤllt Sophonisbe hin? Solln wir des Hauptes Haupt ſehn auf dem Pfale ſtecken? Sol ſolch ein Schaugericht’ uns Aug’ und Hertz beflecken? Mag wol ein Greuel ſein/ der mehr durch’s Hertze bricht? Nein! Sophonisbe fuͤhrt Thyeſtens Augen nicht! Nein! Laßt uns vor den Dolch durch Hertz und Bruͤſte ſtoſſen! Vermina. Frau Mutter/ laßt uns nicht mehr auf uns ſelbſt er- boſſen/ Als auf des Feindes Bruſt. Man ſchaͤrffe Witz und Schwerd: Daß ihm der Donnerkeil ſelbſt durch die Seele faͤhrt! Sophon. Mein Kopf iſt gantz verwirrt! die Augen gantz umb- nebelt! Laͤßt Sophonisbe zu: daß man den Eh-Schatz ſebelt? Laͤßt Sophonisbe zu: daß man zur Magd ſie macht? Daß ihr mit Cyrtha ſeit in’s Roͤmſche Joch gebracht? Nein! Blutt-Hund/ raſe fort! Du magſt den Syphax ſchinden; Dein Dreun und Greuel ſol die Stad nicht uͤberwinden; Doch nein! Micipſa geh’/ eroͤfne Thor und Stadt. Geh/ trags dem Feinde fuͤr: daß er zur Magd mich hat; Daß er uns mag nach Rom zum Siegs-Gepraͤnge fuͤhren/ Wo nur mein Eh-Schatz nicht darf Hals und Kopf verlieren! Amilc Auf was fuͤr Aberwitz verleitet ſie der Schmertz? Hat Sophonisbe mehr kein Aſdrubaliſch Hertz? Wil ſie dem Todt-Feind’ uns und ſich in Rachen ſtuͤrtzen? Kan ihm der Hund ſo denn nicht auch den Geiſt verkuͤrtzen? Und aͤrger mit ihm ſpieln/ wenn alles iſt verſpielt? Kein Schluß kan ſicher ſein/ der auf die Zagheit zielt. Sophon. Solln wir durch Trotz das Beil ſelbſt auf den Ch- Schatz wetzen? Amilc. Solln wir durch Furcht das Beil uns ſelbſt an Nacken ſetzen? Sophon.

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Sophonisbe. Breslau, 1680, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_sophonisbe_1680/47>, abgerufen am 23.11.2024.