Lohenstein, Daniel Casper von: Sophonisbe. Breslau, 1680.Doch hat Acastus schon Begräbnüs-Spiel erdacht/ Der blinde Simson bringt sich spielend in das Grab; Und unsre kurtze Zeit ist nichts als ein Getichte. Ein Spiel/ in dem bald der trit auf/ bald jener ab; Mit Thränen fängt es an/ mit Weinen wirds zu nichte. Ja nach dem Tode pflegt mit uns die Zeit zu spieln/ Wenn Fäule/ Mad und Wurm in unsern Leichen wühln. Ein Spiel ist übrig noch/ das Ruhm und Nach- welt hält Den Todten/ die ihr Spiel des Lebens wol vollendet. Wenn man ihr ertzten Bild in einen Schauplatz stellt/ Sie zu verewigen der Berge Marck verschwendet; Wenn Cimon nach Athen des Theseus Beine bringt/ Und Sophocles sein Lob in Trauer-Spielen singt; Wenn sich Themistocles selbst nicht zu spielen schämt/ Und seine Tapferkeit auf Schau-Gerüsten preiset. Der Vorwelt Tugend wird nicht besser eingesämt Der Jugend/ als wenn man ihr ein schön Beyspiel weiset; (Grab Denn kein Porphyren Bild/ kein Alabastern Mahlt/ wie Euripides/ die alten Helden ab. Wer
Doch hat Acaſtus ſchon Begraͤbnuͤs-Spiel erdacht/ Der blinde Simſon bringt ſich ſpielend in das Grab; Und unſre kurtze Zeit iſt nichts als ein Getichte. Ein Spiel/ in dem bald der trit auf/ bald jener ab; Mit Thraͤnen faͤngt es an/ mit Weinen wirds zu nichte. Ja nach dem Tode pflegt mit uns die Zeit zu ſpieln/ Wenn Faͤule/ Mad und Wurm in unſern Leichen wuͤhln. Ein Spiel iſt uͤbrig noch/ das Ruhm und Nach- welt haͤlt Den Todten/ die ihr Spiel des Lebens wol vollendet. Wenn man ihr ertzten Bild in einen Schauplatz ſtellt/ Sie zu verewigen der Berge Marck verſchwendet; Weñ Cimon nach Athen des Theſeus Beine bringt/ Und Sophocles ſein Lob in Trauer-Spielen ſingt; Wenn ſich Themiſtocles ſelbſt nicht zu ſpielen ſchaͤmt/ Und ſeine Tapferkeit auf Schau-Geruͤſten preiſet. Der Vorwelt Tugend wird nicht beſſer eingeſaͤmt Der Jugend/ als wenn man ihr ein ſchoͤn Beyſpiel weiſet; (Grab Denn kein Porphyren Bild/ kein Alabaſtern Mahlt/ wie Euripides/ die alten Helden ab. Wer
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Doch hat Acaſtus ſchon Begraͤbnuͤs-Spiel erdacht/
Und Theſeus in den Schwung die Trauer-Luſt ge-
bracht.
Der blinde Simſon bringt ſich ſpielend in das
Grab;
Und unſre kurtze Zeit iſt nichts als ein Getichte.
Ein Spiel/ in dem bald der trit auf/ bald jener ab;
Mit Thraͤnen faͤngt es an/ mit Weinen wirds zu
nichte.
Ja nach dem Tode pflegt mit uns die Zeit zu ſpieln/
Wenn Faͤule/ Mad und Wurm in unſern Leichen
wuͤhln.
Ein Spiel iſt uͤbrig noch/ das Ruhm und Nach-
welt haͤlt
Den Todten/ die ihr Spiel des Lebens wol vollendet.
Wenn man ihr ertzten Bild in einen Schauplatz
ſtellt/
Sie zu verewigen der Berge Marck verſchwendet;
Weñ Cimon nach Athen des Theſeus Beine bringt/
Und Sophocles ſein Lob in Trauer-Spielen ſingt;
Wenn ſich Themiſtocles ſelbſt nicht zu ſpielen
ſchaͤmt/
Und ſeine Tapferkeit auf Schau-Geruͤſten preiſet.
Der Vorwelt Tugend wird nicht beſſer eingeſaͤmt
Der Jugend/ als wenn man ihr ein ſchoͤn Beyſpiel
weiſet; (Grab
Denn kein Porphyren Bild/ kein Alabaſtern
Mahlt/ wie Euripides/ die alten Helden ab.
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Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Sophonisbe. Breslau, 1680, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_sophonisbe_1680/19>, abgerufen am 06.07.2024. |