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Lohenstein, Daniel Casper von: Ibrahim Sultan. Leipzig, 1673.

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Die Wollust.
WAs bildet ihr der albern Sclaven Götze/
Die Henckerin einfältger Seelen ein?
Dein Priester selbst fällt über dein Gesetze/
Und stöß't den Fuß an deiner Taffeln Stein.
555Wenns eine wagt auß meinen Dienerinnen/
Wird sie dir leicht den Siegs-Preiß abgewinnen.
Die Keuschheit.
KOmm't/ rüstet euch/ die ihr vom Ansehn Zwerge/
Doch Riesen seit in Wercken/ für mich auß!
Kommt/ Schwestern/ kommt und lehrt die stoltzen Berge:
560Daß meist ihr Brut sey Maulwurf oder Mauß.
Lasst aller Welt durch euren Kampf beybringen:
Die Keuschheit sey unmöglich zu bezwingen.
Die Begierde.
MEin nackter Arm siegt ohne Wehr und Wassen
Der Keuschheit ab; und nimmt das Hertz ihr ein.
565Mein Kitzel macht: das Witz und Geist entschlassen/
Wenn sie schon mehr als Argos äugicht seyn.
Mein Sieg ist mit der Welt in gleichem Alter.
Von Adam her stammt meines Stachels Trieb.
Was fleischlich ist/ ist meiner Satzung halter/
570Die die Natur in Fleisch und Adern schrieb.
Wenn die sich nur durch sanften Kitzel regen/
Mustu den Krantz zur Wollust-Füssen legen.
Die Mässigkeit.
WAs die Natur mit ihrem Finger preget
Und schreibt auf die zwey Taffeln Fleisch und Blut;
575Wenn Boßheit nur nicht giftig Holtz anleget/
Jst reiner Trieb/ und ungefälschte Glut.
Wil auch gleichs Fleisch/ durch lüsterne Begierde
Zu Brunst gereitzt/ sich wider sie empörn/
Die Mutter ist und Göttin rein'ster Zierde;
580So wird doch bald/ wenn ich in meinen Röhr'n
Dein Gist leit ab/ den Zunder böser Brünste;
Der Wollust Glantz verkehrt in Rauch und Dünste.
Die Schönheit.
WO Fleisch auß Schnee/ Blut ist auß Eis gemachet/
Wo Maaße wiegt die Nahrung tropfen-weis.
585Und der Natur ihr Reitz wird außgelachet;
Zerschmeltzt mein Strahl auch Zembla-gleiches Eis.
So bald mein Oel ins Auge wird getröpfet/
Fühlt's Hertze; wie mein Schwefel brennen kan.
Wenns Alter auch schon Davids Saft abzöpfet;
590Steckt Betsabe doch ihn im Wasser an.
Laß einen Blick nur auf mich Sonne schüssen/
So wird dein Schnee in Liebes-Oel zerflissen.
Die Vernunft.
DJe Keuschheit sieht für Asch und todten Zunder
Die Schönheit Strahl'n durch diß mein Schauglaß an.
595Wohlwissend: daß ein Außbund aller Wunder
Bald ein faul Aaß und Madicht werden kan/
Daß Raupen an Granaten-Aepfeln kleben
Daß tödtend Gift der Schönheit Mitgift sey.
Laß
Die Wolluſt.
WAs bildet ihr der albern Sclaven Goͤtze/
Die Henckerin einfaͤltger Seelen ein?
Dein Prieſter ſelbſt faͤllt uͤber dein Geſetze/
Und ſtoͤß’t den Fuß an deiner Taffeln Stein.
555Wenns eine wagt auß meinen Dienerinnen/
Wird ſie dir leicht den Siegs-Preiß abgewinnen.
Die Keuſchheit.
KOm̃’t/ ruͤſtet euch/ die ihr vom Anſehn Zwerge/
Doch Rieſen ſeit in Wercken/ fuͤr mich auß!
Kom̃t/ Schweſtern/ kom̃t und lehrt die ſtoltzen Berge:
560Daß meiſt ihr Brut ſey Maulwurf oder Mauß.
Laſſt aller Welt durch euren Kampf beybringen:
Die Keuſchheit ſey unmoͤglich zu bezwingen.
Die Begierde.
MEin nackter Arm ſiegt ohne Wehr und Waſſen
Der Keuſchheit ab; und nim̃t das Hertz ihr ein.
565Mein Kitzel macht: das Witz und Geiſt entſchlaſſen/
Wenn ſie ſchon mehr als Argos aͤugicht ſeyn.
Mein Sieg iſt mit der Welt in gleichem Alter.
Von Adam her ſtam̃t meines Stachels Trieb.
Was fleiſchlich iſt/ iſt meiner Satzung halter/
570Die die Natur in Fleiſch und Adern ſchrieb.
Wenn die ſich nur durch ſanften Kitzel regen/
Muſtu den Krantz zur Wolluſt-Fuͤſſen legen.
Die Maͤſſigkeit.
WAs die Natur mit ihrem Finger preget
Und ſchreibt auf die zwey Taffeln Fleiſch und Blut;
575Wenn Boßheit nur nicht giftig Holtz anleget/
Jſt reiner Trieb/ und ungefaͤlſchte Glut.
Wil auch gleichs Fleiſch/ durch luͤſterne Begierde
Zu Brunſt gereitzt/ ſich wider ſie empoͤrn/
Die Mutter iſt und Goͤttin rein’ſter Zierde;
580So wird doch bald/ wenn ich in meinen Roͤhr’n
Dein Giſt leit ab/ den Zunder boͤſer Bruͤnſte;
Der Wolluſt Glantz verkehrt in Rauch und Duͤnſte.
Die Schoͤnheit.
WO Fleiſch auß Schnee/ Blut iſt auß Eis gemachet/
Wo Maaße wiegt die Nahrung tropfen-weiſ.
585Und der Natur ihr Reitz wird außgelachet;
Zerſchmeltzt mein Strahl auch Zembla-gleiches Eis.
So bald mein Oel ins Auge wird getroͤpfet/
Fuͤhlt’s Hertze; wie mein Schwefel brennen kan.
Wenns Alter auch ſchon Davids Saft abzoͤpfet;
590Steckt Betſabe doch ihn im Waſſer an.
Laß einen Blick nur auf mich Sonne ſchuͤſſen/
So wird dein Schnee in Liebes-Oel zerfliſſen.
Die Vernunft.
DJe Keuſchheit ſieht fuͤr Aſch und todten Zunder
Die Schoͤnheit Strahl’n durch diß mein Schauglaß an.
595Wohlwiſſend: daß ein Außbund aller Wunder
Bald ein faul Aaß und Madicht werden kan/
Daß Raupen an Granaten-Aepfeln kleben
Daß toͤdtend Gift der Schoͤnheit Mitgift ſey.
Laß
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[24/0042] Die Wolluſt. WAs bildet ihr der albern Sclaven Goͤtze/ Die Henckerin einfaͤltger Seelen ein? Dein Prieſter ſelbſt faͤllt uͤber dein Geſetze/ Und ſtoͤß’t den Fuß an deiner Taffeln Stein. Wenns eine wagt auß meinen Dienerinnen/ Wird ſie dir leicht den Siegs-Preiß abgewinnen. Die Keuſchheit. KOm̃’t/ ruͤſtet euch/ die ihr vom Anſehn Zwerge/ Doch Rieſen ſeit in Wercken/ fuͤr mich auß! Kom̃t/ Schweſtern/ kom̃t und lehrt die ſtoltzen Berge: Daß meiſt ihr Brut ſey Maulwurf oder Mauß. Laſſt aller Welt durch euren Kampf beybringen: Die Keuſchheit ſey unmoͤglich zu bezwingen. Die Begierde. MEin nackter Arm ſiegt ohne Wehr und Waſſen Der Keuſchheit ab; und nim̃t das Hertz ihr ein. Mein Kitzel macht: das Witz und Geiſt entſchlaſſen/ Wenn ſie ſchon mehr als Argos aͤugicht ſeyn. Mein Sieg iſt mit der Welt in gleichem Alter. Von Adam her ſtam̃t meines Stachels Trieb. Was fleiſchlich iſt/ iſt meiner Satzung halter/ Die die Natur in Fleiſch und Adern ſchrieb. Wenn die ſich nur durch ſanften Kitzel regen/ Muſtu den Krantz zur Wolluſt-Fuͤſſen legen. Die Maͤſſigkeit. WAs die Natur mit ihrem Finger preget Und ſchreibt auf die zwey Taffeln Fleiſch und Blut; Wenn Boßheit nur nicht giftig Holtz anleget/ Jſt reiner Trieb/ und ungefaͤlſchte Glut. Wil auch gleichs Fleiſch/ durch luͤſterne Begierde Zu Brunſt gereitzt/ ſich wider ſie empoͤrn/ Die Mutter iſt und Goͤttin rein’ſter Zierde; So wird doch bald/ wenn ich in meinen Roͤhr’n Dein Giſt leit ab/ den Zunder boͤſer Bruͤnſte; Der Wolluſt Glantz verkehrt in Rauch und Duͤnſte. Die Schoͤnheit. WO Fleiſch auß Schnee/ Blut iſt auß Eis gemachet/ Wo Maaße wiegt die Nahrung tropfen-weiſ. Und der Natur ihr Reitz wird außgelachet; Zerſchmeltzt mein Strahl auch Zembla-gleiches Eis. So bald mein Oel ins Auge wird getroͤpfet/ Fuͤhlt’s Hertze; wie mein Schwefel brennen kan. Wenns Alter auch ſchon Davids Saft abzoͤpfet; Steckt Betſabe doch ihn im Waſſer an. Laß einen Blick nur auf mich Sonne ſchuͤſſen/ So wird dein Schnee in Liebes-Oel zerfliſſen. Die Vernunft. DJe Keuſchheit ſieht fuͤr Aſch und todten Zunder Die Schoͤnheit Strahl’n durch diß mein Schauglaß an. Wohlwiſſend: daß ein Außbund aller Wunder Bald ein faul Aaß und Madicht werden kan/ Daß Raupen an Granaten-Aepfeln kleben Daß toͤdtend Gift der Schoͤnheit Mitgift ſey. Laß

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Ibrahim Sultan. Leipzig, 1673, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_ibrahim_1673/42>, abgerufen am 21.11.2024.