Lohenstein, Daniel Casper von: Ibrahim Sultan. Leipzig, 1673.Zuschrifft. hochlöblichsten Ertzt-Hause Oesterreich/ wie der köstliche Geruch denMusch-Ziegen angebohren/ und man weniger Ertzt-Hertzoge ohne grosse Tugenden/ als Paradiß-Vögel mit Füssen gesehen hat; Und derogestalt die göttliche Versehung ihre geheime Weissagungen durch die klaren Buchstaben so deutlicher Nahmen entziffern wolte. Denn daß auch Nahmen nichts minder Merckmahle künftiger Begebenhei- ten/ als die Gestirne Andeutungen bevorstehender Witterung sind/ hat Franckreich von seinen unglückseligen Henrichen/ Schottland von sei- nen Jacobern/ Pohlen von seinen Casimirn mit Thränen; Oester- reich und Spanien aber von seinen ruhmwürdigsten Ferdinanden mit Gold und Purpur aufgezeichnet. Ja Deutschland/ welchem dißfals der gestirnte Himmel mißgönnen muß: daß es an seinen Ertzt-Herzogen eitel Sonnen ohne Finsternüsse gehabt/ hat über dieser Vermählung so vielmehr zu frolocken/ weil diese glückselige CLAUDIA mit ihrem Nahmen die Geheimnüsse auffschleust/ die das Verhängniß für so vie- len Jahren in sein Beheimbuch von dieser Heyrath aufgeschrieben/ und den Vorschmack der güldnen Zeit verkündigt/ die die Nachwelt mit uns genüßen sol. Denn in Warheit/ die Vermählungen hoher Häupter haben auf die Völcker einen nachdrücklichern Einfluß/ als die Vereinbarung guter- oder böser Sterne über die Welt. Und die Schiffer dörffen sich so sehr nicht beym Ungewitter über dem Anblick der zweyverschwisterten Glück-Sternen/ des Castors und der Helenoe; als die Welt bey ietzigen Sturmwinden über die Vereinbarung beider Oesterreichischen Sonnen vergnügen. So vieler Völcker frolockendem Zuruffen/ erkühne/ unüber- Jch überliefere Fußfällig ein Schauspiel/ nicht so wohl/ weil die gros-
Zuſchrifft. hochloͤblichſten Ertzt-Hauſe Oeſterreich/ wie der koͤſtliche Geruch denMuſch-Ziegen angebohren/ und man weniger Ertzt-Hertzoge ohne groſſe Tugenden/ als Paradiß-Voͤgel mit Fuͤſſen geſehen hat; Und derogeſtalt die goͤttliche Verſehung ihre geheime Weiſſagungen durch die klaren Buchſtaben ſo deutlicher Nahmen entziffern wolte. Denn daß auch Nahmen nichts minder Merckmahle kuͤnftiger Begebenhei- ten/ als die Geſtirne Andeutungen bevorſtehender Witterung ſind/ hat Franckreich von ſeinen ungluͤckſeligen Henrichen/ Schottland von ſei- nen Jacobern/ Pohlen von ſeinen Caſimirn mit Thraͤnen; Oeſter- reich und Spanien aber von ſeinen ruhmwuͤrdigſten Ferdinanden mit Gold und Purpur aufgezeichnet. Ja Deutſchland/ welchem dißfals der geſtirnte Himmel mißgoͤnnen muß: daß es an ſeinen Ertzt-Herzogen eitel Sonnen ohne Finſternuͤſſe gehabt/ hat uͤber dieſer Vermaͤhlung ſo vielmehr zu frolocken/ weil dieſe gluͤckſelige CLAUDIA mit ihrem Nahmen die Geheimnuͤſſe auffſchleuſt/ die das Verhaͤngniß fuͤr ſo vie- len Jahren in ſein Beheimbuch von dieſer Heyrath aufgeſchrieben/ und den Vorſchmack der guͤldnen Zeit verkuͤndigt/ die die Nachwelt mit uns genuͤßen ſol. Denn in Warheit/ die Vermaͤhlungen hoher Haͤupter haben auf die Voͤlcker einen nachdruͤcklichern Einfluß/ als die Vereinbarung guter- oder boͤſer Sterne uͤber die Welt. Und die Schiffer doͤrffen ſich ſo ſehr nicht beym Ungewitter uͤber dem Anblick der zweyverſchwiſterten Gluͤck-Sternen/ des Caſtors und der Helenœ; als die Welt bey ietzigen Sturmwinden uͤber die Vereinbarung beider Oeſterreichiſchen Sonnen vergnuͤgen. So vieler Voͤlcker frolockendem Zuruffen/ erkuͤhne/ unuͤber- Jch uͤberliefere Fußfaͤllig ein Schauſpiel/ nicht ſo wohl/ weil die groſ-
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Zuſchrifft.
hochloͤblichſten Ertzt-Hauſe Oeſterreich/ wie der koͤſtliche Geruch den
Muſch-Ziegen angebohren/ und man weniger Ertzt-Hertzoge ohne
groſſe Tugenden/ als Paradiß-Voͤgel mit Fuͤſſen geſehen hat; Und
derogeſtalt die goͤttliche Verſehung ihre geheime Weiſſagungen durch
die klaren Buchſtaben ſo deutlicher Nahmen entziffern wolte. Denn
daß auch Nahmen nichts minder Merckmahle kuͤnftiger Begebenhei-
ten/ als die Geſtirne Andeutungen bevorſtehender Witterung ſind/ hat
Franckreich von ſeinen ungluͤckſeligen Henrichen/ Schottland von ſei-
nen Jacobern/ Pohlen von ſeinen Caſimirn mit Thraͤnen; Oeſter-
reich und Spanien aber von ſeinen ruhmwuͤrdigſten Ferdinanden mit
Gold und Purpur aufgezeichnet. Ja Deutſchland/ welchem dißfals der
geſtirnte Himmel mißgoͤnnen muß: daß es an ſeinen Ertzt-Herzogen
eitel Sonnen ohne Finſternuͤſſe gehabt/ hat uͤber dieſer Vermaͤhlung
ſo vielmehr zu frolocken/ weil dieſe gluͤckſelige CLAUDIA mit ihrem
Nahmen die Geheimnuͤſſe auffſchleuſt/ die das Verhaͤngniß fuͤr ſo vie-
len Jahren in ſein Beheimbuch von dieſer Heyrath aufgeſchrieben/
und den Vorſchmack der guͤldnen Zeit verkuͤndigt/ die die Nachwelt
mit uns genuͤßen ſol. Denn in Warheit/ die Vermaͤhlungen hoher
Haͤupter haben auf die Voͤlcker einen nachdruͤcklichern Einfluß/ als die
Vereinbarung guter- oder boͤſer Sterne uͤber die Welt. Und die
Schiffer doͤrffen ſich ſo ſehr nicht beym Ungewitter uͤber dem Anblick
der zweyverſchwiſterten Gluͤck-Sternen/ des Caſtors und der Helenœ;
als die Welt bey ietzigen Sturmwinden uͤber die Vereinbarung beider
Oeſterreichiſchen Sonnen vergnuͤgen.
So vieler Voͤlcker frolockendem Zuruffen/ erkuͤhne/ unuͤber-
windlichſter Kaͤyſer/ ich mich nun auch/ nicht ſo wohl ein wuͤr-
diges Opfer/ als ein veraͤchtliches Kennzeichen meiner allerunter-
haͤnigſten Pflicht-Schuld beyzuſetzen. Denn wie ſol ein ſo groſſer
Kaͤyſer ietzt einen ihm anſtaͤndigen Redner oder Tichter finden? da
der groſſe Alexander in dem bluͤhenden Griechen-lande ſchon uͤber
den Abgang eines Homerus geſeufzet; und unſerer danckbarern Vor-
fahrer Unwiſſenheit der uhralten deutſchen Helden Wunder-Wercke
unter den Staub der Vergeſſenheit vergraben laſſen?
Jch uͤberliefere Fußfaͤllig ein Schauſpiel/ nicht ſo wohl/ weil die
gantze Welt einen Schauplatz/ die Menſchen die Spielenden/ ihr Le-
ben das Spiel/ der Himmel den urtheilenden Zuſchauer fuͤrſtellet;
als weil Ew. Kaͤyſerl. Majeſt. Helden-Thaten in dieſem
groſ-
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Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Ibrahim Sultan. Leipzig, 1673, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_ibrahim_1673/10>, abgerufen am 07.07.2024. |