Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
Ceres/ Polinice Diana/ Servilia Venus/ desJubellus Frau Thetys/ des Taurea zwey Töch- ter Cybele und Pallas/ des Stenius Frau Flo- ra/ des Munius Frau das Glücke/ Aglaja eine edle Frau von Neapolis ward Nemesis. Porel- la konte die gantze Nacht für Ungedult nicht schlaffen; insonderheit fraß ihm sein Hertze: daß das Loß ihn zum Vulcan/ seine Frau zur Venus/ und Annibaln zum Mars erkieset hatte. Denn weil der Argwohn lauter Mißgeburten gebie- ret/ kam ihm unauffhörlich für: als wenn entwe- der Annibal durch ein unbegreiffliches Kunststü- cke das Loß zu seiner Beschimpffung derogestalt eingerichtet hätte/ oder sich das Verhängnis selbst über seinem Unglücke kützelte. Gleichwohl fand er sich folgenden Tag der Abrede gemäß mit dreyen Cyclopen/ welche er aus seinen treuesten Knechten nahm/ und auff den Fall guter Bedie- nung ihnen die Freyheit versprach/ in dem be- stimmten Lustgarten ein/ der zwischen denen zwey grossen Märckten Albana und Seplasia gele- gen war/ auff derer ersterm nichts als Perlen/ E- delgesteine und Purpur/ auff dem andern eitel köstlicher Balsam und andere wohlrüchende Wasser verkaufft wurden. Die Pracht ihrer Ausputzung/ und die kostbare Zubereitung ist unbeschreiblich. Aller Welt seltzame Speisen/ aller Meere Perlen/ aller Gebürge Edelgestei- ne/ gantz Morgenlands Balsame schienen in diesen Garten zusammen geronnen seyn. Alle andere aber übertraf Agathoclia/ welche die Göt- tin des Reichthums und eine Himmels-Köni- nig selbstständig abbildete. Dieser hielt die Wage Servilia/ an welcher Leibe nichts verborgen war/ als was Perlen und Diamanten verdeck- ten. Denn ihr von seidenem Flor gewürck- tes Kleid war dünner als Spinnenweben/ und durchsichtiger als Glaß. Sie bedienten nebst drey finger-nackten Gratien sechs schnee-weisse und sechs Mohren-Knaben/ alle wie Liebes- Götter ausgerüstet. Annibal aber hatte einen über und über von flammenden Rubinen schim- [Spaltenumbruch] mernden Rock an. Diese irrdischen Götter wur- den unauffhörlich von denen aus den künstlich bereiteten Wolcken mit wolrüchendem Narden- und Bisam-Wasser bethauet; die edelsten Wei- ne Campaniens von Creta und Alba wurden wie gemein Wasser eingeschluckt. Die Speisen dampfften nichts als Zibeth und Ambra von sich; aus einem silbernen Spring-Brunnen sprützte eitel Zimmetwasser und Syrischer Balsam aus. Wie nun nichts/ was ein Sardanapal zu Aus- übung seiner Uppigkeiten hätte aussinnen kön- nen/ abgieng; also vergassen Wirth und Gäste nichts/ ihre angenommene Person meister lich zu spielen. Nach vollbrachter Mahlzeit brachten 12. geile Satyren einen künstlichen Tantz; worzu ihnen zwölff nackte Wasser-Göttinnen mit weiß- wächsernen Windlichtern leuchteten/ zwölff in grünen Damast gekleidete Schäfferinnen aber sie mit ihren Seitenspielen bedieneten. Diesen folg- te im Reygen der von Wein und Brunst erhitzte Annibal; und nach seinem Beyspiele muste ieder Gott seine ihm zugeeignete Göttin erkiesen; also kam Annibal als Mars mit Serpilien/ der wol- lüstige Campaner Taurea mit der Ceres des Pe- rolla Schwester/ Stenius mit Agathoclien al- lerhand geile Begebnisse/ und die unzüchtigsten Getichte der verliebten Götter zu tantzen. So viel Müh und Kunst wendet man an die Laster; und so sauer läst man sichs werden: daß man mit Geschicke und guter Ordnung sündige. Diese alle liessen durch ihre unkeusche Gebehrdungen genugsam blicken: daß sie keinen Funcken Tu- gend im Hertzen/ keine Schamröthe im Gesichte und keine Scheu für andern Anwesenden hat- ten; also: daß die Fürstin Chlotildis/ Magilus/ und Dietrich sich hochvernünfftig dieser Ver- sammlung entschlagen hatten. Sintemal Laster gifftiger als Basilißken sind. Denn diese tödten nur durch ihre Blicke; jene aber/ wenn man seld- ten nur die Augen gönnet. Perolla und Bar- cellon kochten inzwischen im Hertzen eitel Galle; dieser gegen den Taurea/ weil er seiner Buhl- schafft
Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
Ceres/ Polinice Diana/ Servilia Venus/ desJubellus Frau Thetys/ des Taurea zwey Toͤch- ter Cybele und Pallas/ des Stenius Frau Flo- ra/ des Munius Frau das Gluͤcke/ Aglaja eine edle Frau von Neapolis ward Nemeſis. Porel- la konte die gantze Nacht fuͤr Ungedult nicht ſchlaffen; inſonderheit fraß ihm ſein Hertze: daß das Loß ihn zum Vulcan/ ſeine Frau zur Venus/ und Annibaln zum Mars erkieſet hatte. Denn weil der Argwohn lauter Mißgeburten gebie- ret/ kam ihm unauffhoͤrlich fuͤr: als wenn entwe- der Annibal durch ein unbegreiffliches Kunſtſtuͤ- cke das Loß zu ſeiner Beſchimpffung derogeſtalt eingerichtet haͤtte/ oder ſich das Veꝛhaͤngnis ſelbſt uͤber ſeinem Ungluͤcke kuͤtzelte. Gleichwohl fand er ſich folgenden Tag der Abrede gemaͤß mit dreyen Cyclopen/ welche er aus ſeinen treueſten Knechten nahm/ und auff den Fall guter Bedie- nung ihnen die Freyheit verſprach/ in dem be- ſtim̃ten Luſtgarten ein/ der zwiſchen denen zwey groſſen Maͤrckten Albana und Seplaſia gele- gen war/ auff derer erſterm nichts als Perlen/ E- delgeſteine und Purpur/ auff dem andern eitel koͤſtlicher Balſam und andere wohlruͤchende Waſſer verkaufft wurden. Die Pracht ihrer Ausputzung/ und die koſtbare Zubereitung iſt unbeſchreiblich. Aller Welt ſeltzame Speiſen/ aller Meere Perlen/ aller Gebuͤrge Edelgeſtei- ne/ gantz Morgenlands Balſame ſchienen in dieſen Garten zuſammen geronnen ſeyn. Alle andere aber uͤbertraf Agathoclia/ welche die Goͤt- tin des Reichthums und eine Himmels-Koͤni- nig ſelbſtſtaͤndig abbildete. Dieſer hielt die Wage Servilia/ an welcher Leibe nichts verborgen war/ als was Perlen und Diamanten verdeck- ten. Denn ihr von ſeidenem Flor gewuͤrck- tes Kleid war duͤnner als Spinnenweben/ und durchſichtiger als Glaß. Sie bedienten nebſt drey finger-nackten Gratien ſechs ſchnee-weiſſe und ſechs Mohren-Knaben/ alle wie Liebes- Goͤtter ausgeruͤſtet. Annibal aber hatte einen uͤber und uͤber von flammenden Rubinen ſchim- [Spaltenumbruch] mernden Rock an. Dieſe irrdiſchen Goͤtter wur- den unauffhoͤrlich von denen aus den kuͤnſtlich bereiteten Wolcken mit wolruͤchendem Naꝛden- und Biſam-Waſſer bethauet; die edelſten Wei- ne Campaniens von Creta und Alba wurden wie gemein Waſſer eingeſchluckt. Die Speiſen dampfften nichts als Zibeth und Ambra von ſich; aus einem ſilbernen Spring-Brunnen ſpruͤtzte eitel Zimmetwaſſer und Syriſcher Balſam aus. Wie nun nichts/ was ein Sardanapal zu Aus- uͤbung ſeiner Uppigkeiten haͤtte ausſinnen koͤn- nen/ abgieng; alſo vergaſſen Wirth und Gaͤſte nichts/ ihre angenommene Perſon meiſter lich zu ſpielen. Nach vollbrachter Mahlzeit brachten 12. geile Satyren einen kuͤnſtlichen Tantz; worzu ihnen zwoͤlff nackte Waſſer-Goͤttiñen mit weiß- waͤchſernen Windlichtern leuchteten/ zwoͤlff in gruͤnen Damaſt gekleidete Schaͤfferiñen aber ſie mit ihren Seitenſpielen bedieneten. Dieſen folg- te im Reygen der von Wein und Brunſt erhitzte Annibal; und nach ſeinem Beyſpiele muſte ieder Gott ſeine ihm zugeeignete Goͤttin erkieſen; alſo kam Annibal als Mars mit Serpilien/ der wol- luͤſtige Campaner Taurea mit der Ceres des Pe- rolla Schweſter/ Stenius mit Agathoclien al- lerhand geile Begebniſſe/ und die unzuͤchtigſten Getichte der verliebten Goͤtter zu tantzen. So viel Muͤh und Kunſt wendet man an die Laſter; und ſo ſauer laͤſt man ſichs werden: daß man mit Geſchicke und guter Ordnung ſuͤndige. Dieſe alle lieſſen durch ihre unkeuſche Gebehrdungen genugſam blicken: daß ſie keinen Funcken Tu- gend im Hertzen/ keine Schamroͤthe im Geſichte und keine Scheu fuͤr andern Anweſenden hat- ten; alſo: daß die Fuͤrſtin Chlotildis/ Magilus/ und Dietrich ſich hochvernuͤnfftig dieſer Ver- ſammlung entſchlagen hatten. Sintemal Laſter gifftiger als Baſilißken ſind. Denn dieſe toͤdten nur durch ihre Blicke; jene aber/ wenn man ſeld- ten nur die Augen goͤnnet. Perolla und Bar- cellon kochten inzwiſchen im Hertzen eitel Galle; dieſer gegen den Taurea/ weil er ſeiner Buhl- ſchafft
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Arminius und Thußnelda.
Ceres/ Polinice Diana/ Servilia Venus/ des
Jubellus Frau Thetys/ des Taurea zwey Toͤch-
ter Cybele und Pallas/ des Stenius Frau Flo-
ra/ des Munius Frau das Gluͤcke/ Aglaja eine
edle Frau von Neapolis ward Nemeſis. Porel-
la konte die gantze Nacht fuͤr Ungedult nicht
ſchlaffen; inſonderheit fraß ihm ſein Hertze: daß
das Loß ihn zum Vulcan/ ſeine Frau zur Venus/
und Annibaln zum Mars erkieſet hatte. Denn
weil der Argwohn lauter Mißgeburten gebie-
ret/ kam ihm unauffhoͤrlich fuͤr: als wenn entwe-
der Annibal durch ein unbegreiffliches Kunſtſtuͤ-
cke das Loß zu ſeiner Beſchimpffung derogeſtalt
eingerichtet haͤtte/ oder ſich das Veꝛhaͤngnis ſelbſt
uͤber ſeinem Ungluͤcke kuͤtzelte. Gleichwohl fand
er ſich folgenden Tag der Abrede gemaͤß mit
dreyen Cyclopen/ welche er aus ſeinen treueſten
Knechten nahm/ und auff den Fall guter Bedie-
nung ihnen die Freyheit verſprach/ in dem be-
ſtim̃ten Luſtgarten ein/ der zwiſchen denen zwey
groſſen Maͤrckten Albana und Seplaſia gele-
gen war/ auff derer erſterm nichts als Perlen/ E-
delgeſteine und Purpur/ auff dem andern eitel
koͤſtlicher Balſam und andere wohlruͤchende
Waſſer verkaufft wurden. Die Pracht ihrer
Ausputzung/ und die koſtbare Zubereitung iſt
unbeſchreiblich. Aller Welt ſeltzame Speiſen/
aller Meere Perlen/ aller Gebuͤrge Edelgeſtei-
ne/ gantz Morgenlands Balſame ſchienen in
dieſen Garten zuſammen geronnen ſeyn. Alle
andere aber uͤbertraf Agathoclia/ welche die Goͤt-
tin des Reichthums und eine Himmels-Koͤni-
nig ſelbſtſtaͤndig abbildete. Dieſer hielt die Wage
Servilia/ an welcher Leibe nichts verborgen
war/ als was Perlen und Diamanten verdeck-
ten. Denn ihr von ſeidenem Flor gewuͤrck-
tes Kleid war duͤnner als Spinnenweben/ und
durchſichtiger als Glaß. Sie bedienten nebſt
drey finger-nackten Gratien ſechs ſchnee-weiſſe
und ſechs Mohren-Knaben/ alle wie Liebes-
Goͤtter ausgeruͤſtet. Annibal aber hatte einen
uͤber und uͤber von flammenden Rubinen ſchim-
mernden Rock an. Dieſe irrdiſchen Goͤtter wur-
den unauffhoͤrlich von denen aus den kuͤnſtlich
bereiteten Wolcken mit wolruͤchendem Naꝛden-
und Biſam-Waſſer bethauet; die edelſten Wei-
ne Campaniens von Creta und Alba wurden wie
gemein Waſſer eingeſchluckt. Die Speiſen
dampfften nichts als Zibeth und Ambra von ſich;
aus einem ſilbernen Spring-Brunnen ſpruͤtzte
eitel Zimmetwaſſer und Syriſcher Balſam aus.
Wie nun nichts/ was ein Sardanapal zu Aus-
uͤbung ſeiner Uppigkeiten haͤtte ausſinnen koͤn-
nen/ abgieng; alſo vergaſſen Wirth und Gaͤſte
nichts/ ihre angenommene Perſon meiſter lich zu
ſpielen. Nach vollbrachter Mahlzeit brachten
12. geile Satyren einen kuͤnſtlichen Tantz; worzu
ihnen zwoͤlff nackte Waſſer-Goͤttiñen mit weiß-
waͤchſernen Windlichtern leuchteten/ zwoͤlff in
gruͤnen Damaſt gekleidete Schaͤfferiñen aber ſie
mit ihren Seitenſpielen bedieneten. Dieſen folg-
te im Reygen der von Wein und Brunſt erhitzte
Annibal; und nach ſeinem Beyſpiele muſte ieder
Gott ſeine ihm zugeeignete Goͤttin erkieſen; alſo
kam Annibal als Mars mit Serpilien/ der wol-
luͤſtige Campaner Taurea mit der Ceres des Pe-
rolla Schweſter/ Stenius mit Agathoclien al-
lerhand geile Begebniſſe/ und die unzuͤchtigſten
Getichte der verliebten Goͤtter zu tantzen. So
viel Muͤh und Kunſt wendet man an die Laſter;
und ſo ſauer laͤſt man ſichs werden: daß man mit
Geſchicke und guter Ordnung ſuͤndige. Dieſe
alle lieſſen durch ihre unkeuſche Gebehrdungen
genugſam blicken: daß ſie keinen Funcken Tu-
gend im Hertzen/ keine Schamroͤthe im Geſichte
und keine Scheu fuͤr andern Anweſenden hat-
ten; alſo: daß die Fuͤrſtin Chlotildis/ Magilus/
und Dietrich ſich hochvernuͤnfftig dieſer Ver-
ſammlung entſchlagen hatten. Sintemal Laſter
gifftiger als Baſilißken ſind. Denn dieſe toͤdten
nur durch ihre Blicke; jene aber/ wenn man ſeld-
ten nur die Augen goͤnnet. Perolla und Bar-
cellon kochten inzwiſchen im Hertzen eitel Galle;
dieſer gegen den Taurea/ weil er ſeiner Buhl-
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Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 839[841]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/901>, abgerufen am 22.07.2024. |