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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] und Chlotildens vortheilhaftig gestelltes Kern-
Volck; also: daß als die Deutschen und Hispanier
sich in der Mitte zwar trennten/ auf den Seiten
aber wieder zusammen schlossen/ die Römer vor-
werts von frischem Volcke und auf beyden Sei-
ten von Deutschen und Hispaniern aufs neue
angegriffen wurden. Emilius war aus der
geschlagenen Reiterey des rechten Flügels
gleichwohl entronnen/ und weil nunmehr alles
sein Heil auf den Legionen bestand/ sprengte er
mit seinem Pferde dahin gegen Annibaln/ wel-
che als zwey ergrimmte Löwen gegen einander
fochten und die Jhrigen anführten. Jnzwi-
schen war die deutsche Reiterey vom lincken
Flügel den Numidiern im rechten zu Hülffe
kommen/ derer anfangs fünf hundert zu den
Römern übergelauffen waren/ und ihre Schil-
de/ Spiesse und Bogen zu der Römer Füsse ge-
worffen/ hernach aber in dem hitzigsten Treffen
ihre unter dem Rücken verborgene Degen her-
für gezogen/ und zu grossem Schrecken der Rö-
mer Rücken angefallen hatten; hierüber gerieth
Terentius mit seiner Reiterey in die Flucht;
welchen Asdrubal die Numidier alleine verfol-
gen ließ. Er aber und Fürst Magilus fielen
mit dem schweren reisigen Zeuge den Römischen
Legionen in Rücken/ und rennten die Behertzte-
sten zu Bodem. Uber diß stach die Sonne die
Römer nicht nur ins Gesichte/ sondern der sich
vom Vulturnischen Gebürge und Flusse zu er-
heben gewohnte Wind jagte ihnen auch allen
Staub in die Augen; welches der schlaue
Annibal alles vorher gesehen hatte/ und diesen
Tag wahr machte: daß vorsichtige Erkiesung
des Kampf-Platzes eines Feldhauptmanns
Meister-Stücke sey. Ob nun zwar die Rö-
mer derogestalt rings umb von den Feinden um-
schlossen waren/ thaten doch sie durch tapfere
Gegenwehre das äuserste; alleine: nach dem
Asdrubal den in Jllyricum so sieghaften Bür-
germeister Emilius mit einem Spiesse durch-
bohrte/ Magilus den Marcus/ und die kühne
Chlotildis dem vorher von einem Hispanischen
[Spaltenumbruch] Edelmanne aus dem Sattel gehobenen Cneus
den Kopf zerspaltete; wurden die Römer dero-
gestalt verwirret: daß sie weder Freund noch
Feind mehr unterscheideten/ und also viel ein-
ander selbst verletzten/ sie auch selbst ihren auf ei-
nem Steine in Ohnmacht liegenden Bürger-
meister vollends ertraten; die meisten aber wie
wildes Vieh abgeschlachtet wurden. Teren-
tius Varro entkam mit nicht mehr als siebzig
Römischen Reitern in die Stadt Venusia/ 300.
andere nach Herdonia und Aquilonia/ und etwan
3000. Fuß-Knechte verlieffen sich ins Gebürge;
welche Carthalo mit seinen Numidiern aber auch
nach und nach aufsuchten und hinrichteten.
10000. Mann/ welche Lucius Emilius in sei-
nem Läger mit Fleiß zu Anfallung des feindlichen
Lägers zurück gelassen hatte/ wurden gefangen;
siebzig tausend aber erschlagen. Unter den
Todten waren achzig Rathsherren/ und viel
andere Würden bekleidende Leute; als Cajus
Minutius/ Numatius/ Lucius Attilius/ Furi-
us Bibaculus/ wie auch ein und zwantzig Kriegs-
Obersten; ja zu Rom war kein Adelich Ge-
schlechte/ das nicht etliche gebliebene An-
verwandten zu betrauren hatte. Auf Anni-
bals Seiten blieben funfzehn hundert Mohren
und Hispanier/ zwey tausend Gallier/ 2000.
Deutsche/ und darunter starb der hertzhafte Fürst
Matalus an seinen Wunden; welcher gleichwol
noch die Freude des Sieges erlebte/ welches die
annehmlichste Verzuckerung eines Helden-
Todes ist; und zu Salapia ein herrliches Be-
gräbnüß-Mal erlangte. Magilus rieth nach
so grossem Siege Annibaln: Er solte unver-
wendten Fusses mit dem gantzen Heere nach
Rom eilen/ und der Bothschafft von so grosser
Niederlage zuvor kommen/ welchem Maharbal
beyfiel; mit Versicherung: daß er den fünften
Tag im Capitolinischen Schlosse Taffel halten
würde. Alleine Annibaln verbländete ent-
weder das Verhängnüß/ welches der Stadt
Rom die Oberherrschafft der Welt bestimmet
hatte; oder eine der Stadt Carthago abgeneigte

Gott-
Erster Theil. N n n n n

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] und Chlotildens vortheilhaftig geſtelltes Kern-
Volck; alſo: daß als die Deutſchen und Hiſpanier
ſich in der Mitte zwar trennten/ auf den Seiten
aber wieder zuſammen ſchloſſen/ die Roͤmer vor-
werts von friſchem Volcke und auf beyden Sei-
ten von Deutſchen und Hiſpaniern aufs neue
angegriffen wurden. Emilius war aus der
geſchlagenen Reiterey des rechten Fluͤgels
gleichwohl entronnen/ und weil nunmehr alles
ſein Heil auf den Legionen beſtand/ ſprengte er
mit ſeinem Pferde dahin gegen Annibaln/ wel-
che als zwey ergrim̃te Loͤwen gegen einander
fochten und die Jhrigen anfuͤhrten. Jnzwi-
ſchen war die deutſche Reiterey vom lincken
Fluͤgel den Numidiern im rechten zu Huͤlffe
kommen/ derer anfangs fuͤnf hundert zu den
Roͤmern uͤbergelauffen waren/ und ihre Schil-
de/ Spieſſe und Bogen zu der Roͤmer Fuͤſſe ge-
worffen/ hernach aber in dem hitzigſten Treffen
ihre unter dem Ruͤcken verborgene Degen her-
fuͤr gezogen/ und zu groſſem Schrecken der Roͤ-
mer Ruͤcken angefallen hatten; hieruͤber gerieth
Terentius mit ſeiner Reiterey in die Flucht;
welchen Asdrubal die Numidier alleine verfol-
gen ließ. Er aber und Fuͤrſt Magilus fielen
mit dem ſchweren reiſigen Zeuge den Roͤmiſchen
Legionen in Ruͤcken/ und rennten die Behertzte-
ſten zu Bodem. Uber diß ſtach die Sonne die
Roͤmer nicht nur ins Geſichte/ ſondern der ſich
vom Vulturniſchen Gebuͤrge und Fluſſe zu er-
heben gewohnte Wind jagte ihnen auch allen
Staub in die Augen; welches der ſchlaue
Annibal alles vorher geſehen hatte/ und dieſen
Tag wahr machte: daß vorſichtige Erkieſung
des Kampf-Platzes eines Feldhauptmanns
Meiſter-Stuͤcke ſey. Ob nun zwar die Roͤ-
mer derogeſtalt rings umb von den Feinden um-
ſchloſſen waren/ thaten doch ſie durch tapfere
Gegenwehre das aͤuſerſte; alleine: nach dem
Asdrubal den in Jllyricum ſo ſieghaften Buͤr-
germeiſter Emilius mit einem Spieſſe durch-
bohrte/ Magilus den Marcus/ und die kuͤhne
Chlotildis dem vorher von einem Hiſpaniſchen
[Spaltenumbruch] Edelmanne aus dem Sattel gehobenen Cneus
den Kopf zerſpaltete; wurden die Roͤmer dero-
geſtalt verwirret: daß ſie weder Freund noch
Feind mehr unterſcheideten/ und alſo viel ein-
ander ſelbſt verletzten/ ſie auch ſelbſt ihren auf ei-
nem Steine in Ohnmacht liegenden Buͤrger-
meiſter vollends ertraten; die meiſten aber wie
wildes Vieh abgeſchlachtet wurden. Teren-
tius Varro entkam mit nicht mehr als ſiebzig
Roͤmiſchen Reitern in die Stadt Venuſia/ 300.
andere nach Heꝛdonia und Aquilonia/ und etwan
3000. Fuß-Knechte verlieffen ſich ins Gebuͤrge;
welche Caꝛthalo mit ſeinen Numidiern aber auch
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10000. Mann/ welche Lucius Emilius in ſei-
nem Laͤger mit Fleiß zu Anfallung des feindlichẽ
Laͤgers zuruͤck gelaſſen hatte/ wurden gefangen;
ſiebzig tauſend aber erſchlagen. Unter den
Todten waren achzig Rathsherren/ und viel
andere Wuͤrden bekleidende Leute; als Cajus
Minutius/ Numatius/ Lucius Attilius/ Furi-
us Bibaculus/ wie auch ein und zwantzig Kriegs-
Oberſten; ja zu Rom war kein Adelich Ge-
ſchlechte/ das nicht etliche gebliebene An-
verwandten zu betrauren hatte. Auf Anni-
bals Seiten blieben funfzehn hundert Mohren
und Hiſpanier/ zwey tauſend Gallier/ 2000.
Deutſche/ und darunter ſtarb der hertzhafte Fuͤrſt
Matalus an ſeinen Wunden; welcher gleichwol
noch die Freude des Sieges erlebte/ welches die
annehmlichſte Verzuckerung eines Helden-
Todes iſt; und zu Salapia ein herrliches Be-
graͤbnuͤß-Mal erlangte. Magilus rieth nach
ſo groſſem Siege Annibaln: Er ſolte unver-
wendten Fuſſes mit dem gantzen Heere nach
Rom eilen/ und der Bothſchafft von ſo groſſer
Niederlage zuvor kommen/ welchem Maharbal
beyfiel; mit Verſicherung: daß er den fuͤnften
Tag im Capitoliniſchen Schloſſe Taffel halten
wuͤrde. Alleine Annibaln verblaͤndete ent-
weder das Verhaͤngnuͤß/ welches der Stadt
Rom die Oberherrſchafft der Welt beſtimmet
hatte; oder eine der Stadt Carthago abgeneigte

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Erſter Theil. N n n n n
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[833[835]/0895] Arminius und Thußnelda. und Chlotildens vortheilhaftig geſtelltes Kern- Volck; alſo: daß als die Deutſchen und Hiſpanier ſich in der Mitte zwar trennten/ auf den Seiten aber wieder zuſammen ſchloſſen/ die Roͤmer vor- werts von friſchem Volcke und auf beyden Sei- ten von Deutſchen und Hiſpaniern aufs neue angegriffen wurden. Emilius war aus der geſchlagenen Reiterey des rechten Fluͤgels gleichwohl entronnen/ und weil nunmehr alles ſein Heil auf den Legionen beſtand/ ſprengte er mit ſeinem Pferde dahin gegen Annibaln/ wel- che als zwey ergrim̃te Loͤwen gegen einander fochten und die Jhrigen anfuͤhrten. Jnzwi- ſchen war die deutſche Reiterey vom lincken Fluͤgel den Numidiern im rechten zu Huͤlffe kommen/ derer anfangs fuͤnf hundert zu den Roͤmern uͤbergelauffen waren/ und ihre Schil- de/ Spieſſe und Bogen zu der Roͤmer Fuͤſſe ge- worffen/ hernach aber in dem hitzigſten Treffen ihre unter dem Ruͤcken verborgene Degen her- fuͤr gezogen/ und zu groſſem Schrecken der Roͤ- mer Ruͤcken angefallen hatten; hieruͤber gerieth Terentius mit ſeiner Reiterey in die Flucht; welchen Asdrubal die Numidier alleine verfol- gen ließ. Er aber und Fuͤrſt Magilus fielen mit dem ſchweren reiſigen Zeuge den Roͤmiſchen Legionen in Ruͤcken/ und rennten die Behertzte- ſten zu Bodem. Uber diß ſtach die Sonne die Roͤmer nicht nur ins Geſichte/ ſondern der ſich vom Vulturniſchen Gebuͤrge und Fluſſe zu er- heben gewohnte Wind jagte ihnen auch allen Staub in die Augen; welches der ſchlaue Annibal alles vorher geſehen hatte/ und dieſen Tag wahr machte: daß vorſichtige Erkieſung des Kampf-Platzes eines Feldhauptmanns Meiſter-Stuͤcke ſey. Ob nun zwar die Roͤ- mer derogeſtalt rings umb von den Feinden um- ſchloſſen waren/ thaten doch ſie durch tapfere Gegenwehre das aͤuſerſte; alleine: nach dem Asdrubal den in Jllyricum ſo ſieghaften Buͤr- germeiſter Emilius mit einem Spieſſe durch- bohrte/ Magilus den Marcus/ und die kuͤhne Chlotildis dem vorher von einem Hiſpaniſchen Edelmanne aus dem Sattel gehobenen Cneus den Kopf zerſpaltete; wurden die Roͤmer dero- geſtalt verwirret: daß ſie weder Freund noch Feind mehr unterſcheideten/ und alſo viel ein- ander ſelbſt verletzten/ ſie auch ſelbſt ihren auf ei- nem Steine in Ohnmacht liegenden Buͤrger- meiſter vollends ertraten; die meiſten aber wie wildes Vieh abgeſchlachtet wurden. Teren- tius Varro entkam mit nicht mehr als ſiebzig Roͤmiſchen Reitern in die Stadt Venuſia/ 300. andere nach Heꝛdonia und Aquilonia/ und etwan 3000. Fuß-Knechte verlieffen ſich ins Gebuͤrge; welche Caꝛthalo mit ſeinen Numidiern aber auch nach und nach aufſuchten und hinrichteten. 10000. Mann/ welche Lucius Emilius in ſei- nem Laͤger mit Fleiß zu Anfallung des feindlichẽ Laͤgers zuruͤck gelaſſen hatte/ wurden gefangen; ſiebzig tauſend aber erſchlagen. Unter den Todten waren achzig Rathsherren/ und viel andere Wuͤrden bekleidende Leute; als Cajus Minutius/ Numatius/ Lucius Attilius/ Furi- us Bibaculus/ wie auch ein und zwantzig Kriegs- Oberſten; ja zu Rom war kein Adelich Ge- ſchlechte/ das nicht etliche gebliebene An- verwandten zu betrauren hatte. Auf Anni- bals Seiten blieben funfzehn hundert Mohren und Hiſpanier/ zwey tauſend Gallier/ 2000. Deutſche/ und darunter ſtarb der hertzhafte Fuͤrſt Matalus an ſeinen Wunden; welcher gleichwol noch die Freude des Sieges erlebte/ welches die annehmlichſte Verzuckerung eines Helden- Todes iſt; und zu Salapia ein herrliches Be- graͤbnuͤß-Mal erlangte. Magilus rieth nach ſo groſſem Siege Annibaln: Er ſolte unver- wendten Fuſſes mit dem gantzen Heere nach Rom eilen/ und der Bothſchafft von ſo groſſer Niederlage zuvor kommen/ welchem Maharbal beyfiel; mit Verſicherung: daß er den fuͤnften Tag im Capitoliniſchen Schloſſe Taffel halten wuͤrde. Alleine Annibaln verblaͤndete ent- weder das Verhaͤngnuͤß/ welches der Stadt Rom die Oberherrſchafft der Welt beſtimmet hatte; oder eine der Stadt Carthago abgeneigte Gott- Erſter Theil. N n n n n

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 833[835]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/895>, abgerufen am 23.11.2024.