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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Sechstes Buch
[Spaltenumbruch] dem Asdrubal/ Bostar und Amilcar/ nach dem
vorher Annibal wegen übel geführten Krieges
gekreutziget worden war/ länger zu fechten sich
weigerten. Dieses verursachte: daß Xantip-
pus/ der aus Griechenland mit frischen gewor-
benen Hülffs-Völckern von Celten und Spar-
tanern ankam/ zum Feldherrn erwehlet ward/
welcher denn auch durch seine vortheilhafftige
Schlacht-Ordnung und der deutschen Tapffer-
keit/ die an den Spitzen beyder Flügel wie Lö-
wen fochten/ und auff der Seite die Römischen
Hauffen durchbrachen/ biß auff wenige sich nach
Clupea flüchtende erlegte/ und die/ welche nicht
in der Flucht von Elephanten und Pferden zer-
treten wurden/ mit dem Bürgermeister Attilius
Regulus nach Carthago zum Siegs-Gepränge
führte; und also wahr machte: daß auch mit Lö-
wen/ wenn selbte einen Hasen zum Führer ha-
ben/ nichts ruhmwürdiges auszurichten/ ein
kluger Kopff aber viel tausend Händen überle-
gen sey. Diese Schlacht jagte den Römern ein
solch Schrecken ein: daß sie etliche Jahre sich al-
lezeit nur an bergichten Orten setzen/ und mit
diesem Feinde nicht in falschem Felde treffen
wolten/ biß Aßdrubal bey Panormus vom Cö-
cilius die grosse Niederlage erlidt/ und alle seine
Elefanten einbüste. Attilius starbhier auff zu
Carthago für Betrübnis/ nicht aber durch der
Feinde Grausamkeit/ wie des Attilius ergrimm-
tes Ehweib zu Rom fälschlich aussprengte/ um
ihre unmenschliche Rache/ da sie nehmlich den
zu ihrer Verwahrung anvertrauten gefangenen
Bastar durch Hunger getödtet/ Amilcar auch
schon das letzte auff der Mühle hatte; der aber
durch des Römischen Raths Vorsorge noch
kümmerlich erhalten ward/ mit etwas be-
schönigen möchte. Höret aber/ wie der Un-
danck nicht alleine einen ausgepreßten Gra-
nat-Apffel auf den Mist wirft/ ein satter Mund
dem süssesten Qvell den Rücken kehrt; sondern
wie nichts gefährlicher sey/ als einen durch grös-
sere Wolthaten ihm verknüpffen/ als selbtem zu
[Spaltenumbruch] vergelten/ entweder sein Vermögen oder seine
Gemüthsart erlaubet. Jener Mangel machet
einen anfangs schamroth/ hernach verrauchet
das Gedächtniß durch Vergessenheit. Dieses
aber sauget aus einer so köstlichen Frucht das
ärgste Gifft/ wordurch er seinem Wohlthäter
vom Leben hilfft/ wormit ieder seiner Anblicke
ihm nicht seine Undanckbarkeit stets auffrücke.
Bey welcher Beschaffenheit es sich niemanden
sicherer Wolthaten erzeigen läst; als dem/ der ih-
ren Werth gar nicht zu schätzen weiß/ und gegen
einem Pfund Ambra ein Loth Saffran zurücke
wiegt. Die boßhaften/ aber auch zugleich blinden
Carthaginenser wurden nicht allein durch diesen
glückseligen Streich so hochmüthig/ als wenn sie
mit diesem Heere allen Römern das Licht ausge-
lescht/ oder die Mohren so viel schon in der Kriegs-
Kunst begriffen hätten: daß sie des Xantippus
gar wohl entbehren könten; denen abgesetzten
Heerführern aber schien es nicht allein verklei-
nerlich zu seyn: daß der Carthaginensische Adel/
und der uhralten Barcken-Stamm einem Spar-
tanischen Bürger nachgehen/ oder gehorsamen/
dieser herrliche Sieg ein Werck eines unedlen
Spartaners seyn solte; sondern es wäre auch ei-
ne grosse Unvernunfft einem Ausländer das
Hefft der Dinge zu vertrauen; dem alle fremde
Hülffs-Völcker auff einen Winck zu Gebote
stünden/ und den ihr eigner Pöfel als einen Ab-
gott verehrte. Dahero stellten sich die Carthaginen-
ser an/ als wenn sie mit den Römern einen Frie-
den schlüssen wolten/ beschenckten den Xanthip-
pus und etliche mit sich gebrachte Kriegs-Häup-
ter ansehnlich/ gaben selbten sie in Griechenland
über zu führen 10. Kriegs-Schiffe zu/ den Moh-
ren aber Befehl: daß sie auff der hohen See den
Xanthippus mit den seinigen ins Wasser stürtz-
ten; hernach tichtende: daß sein Schiff auff ei-
nem Steinfelsen zerborsten wäre. Die Deut-
schen und andere Hülffs-Völcker wurden hier-
über unwillig/ und Carthago büste alsbald durch
den Verlust der See-Schlacht bey dem Herme-

tischen

Sechſtes Buch
[Spaltenumbruch] dem Asdrubal/ Boſtar und Amilcar/ nach dem
vorher Annibal wegen uͤbel gefuͤhrten Krieges
gekreutziget worden war/ laͤnger zu fechten ſich
weigerten. Dieſes verurſachte: daß Xantip-
pus/ der aus Griechenland mit friſchen gewor-
benen Huͤlffs-Voͤlckern von Celten und Spar-
tanern ankam/ zum Feldherrn erwehlet ward/
welcher denn auch durch ſeine vortheilhafftige
Schlacht-Ordnung und der deutſchen Tapffer-
keit/ die an den Spitzen beyder Fluͤgel wie Loͤ-
wen fochten/ und auff der Seite die Roͤmiſchen
Hauffen durchbrachen/ biß auff wenige ſich nach
Clupea fluͤchtende erlegte/ und die/ welche nicht
in der Flucht von Elephanten und Pferden zer-
treten wurden/ mit dem Buͤrgermeiſter Attilius
Regulus nach Carthago zum Siegs-Gepraͤnge
fuͤhrte; und alſo wahr machte: daß auch mit Loͤ-
wen/ wenn ſelbte einen Haſen zum Fuͤhrer ha-
ben/ nichts ruhmwuͤrdiges auszurichten/ ein
kluger Kopff aber viel tauſend Haͤnden uͤberle-
gen ſey. Dieſe Schlacht jagte den Roͤmern ein
ſolch Schrecken ein: daß ſie etliche Jahre ſich al-
lezeit nur an bergichten Orten ſetzen/ und mit
dieſem Feinde nicht in falſchem Felde treffen
wolten/ biß Aßdrubal bey Panormus vom Coͤ-
cilius die groſſe Niederlage erlidt/ und alle ſeine
Elefanten einbuͤſte. Attilius ſtarbhier auff zu
Carthago fuͤr Betruͤbnis/ nicht aber durch der
Feinde Grauſamkeit/ wie des Attilius ergrim̃-
tes Ehweib zu Rom faͤlſchlich ausſprengte/ um
ihre unmenſchliche Rache/ da ſie nehmlich den
zu ihrer Verwahrung anvertrauten gefangenen
Baſtar durch Hunger getoͤdtet/ Amilcar auch
ſchon das letzte auff der Muͤhle hatte; der aber
durch des Roͤmiſchen Raths Vorſorge noch
kuͤmmerlich erhalten ward/ mit etwas be-
ſchoͤnigen moͤchte. Hoͤret aber/ wie der Un-
danck nicht alleine einen ausgepreßten Gra-
nat-Apffel auf den Miſt wirft/ ein ſatter Mund
dem ſuͤſſeſten Qvell den Ruͤcken kehrt; ſondern
wie nichts gefaͤhrlicher ſey/ als einen durch groͤſ-
ſere Wolthaten ihm verknuͤpffen/ als ſelbtem zu
[Spaltenumbruch] vergelten/ entweder ſein Vermoͤgen oder ſeine
Gemuͤthsart erlaubet. Jener Mangel machet
einen anfangs ſchamroth/ hernach verrauchet
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aber ſauget aus einer ſo koͤſtlichen Frucht das
aͤrgſte Gifft/ wordurch er ſeinem Wohlthaͤter
vom Leben hilfft/ wormit ieder ſeiner Anblicke
ihm nicht ſeine Undanckbarkeit ſtets auffruͤcke.
Bey welcher Beſchaffenheit es ſich niemanden
ſicherer Wolthaten erzeigen laͤſt; als dem/ der ih-
ren Werth gar nicht zu ſchaͤtzen weiß/ und gegen
einem Pfund Ambra ein Loth Saffran zuruͤcke
wiegt. Die boßhaften/ aber auch zugleich blinden
Carthaginenſer wurden nicht allein durch dieſen
gluͤckſeligen Streich ſo hochmuͤthig/ als wenn ſie
mit dieſem Heere allen Roͤmern das Licht ausge-
leſcht/ oder die Mohꝛen ſo viel ſchon in deꝛ Kꝛiegs-
Kunſt begriffen haͤtten: daß ſie des Xantippus
gar wohl entbehren koͤnten; denen abgeſetzten
Heerfuͤhrern aber ſchien es nicht allein verklei-
nerlich zu ſeyn: daß der Carthaginenſiſche Adel/
und der uhralten Barcken-Stam̃ einem Spar-
taniſchen Buͤrger nachgehen/ oder gehorſamen/
dieſer herrliche Sieg ein Werck eines unedlen
Spartaners ſeyn ſolte; ſondern es waͤre auch ei-
ne groſſe Unvernunfft einem Auslaͤnder das
Hefft der Dinge zu vertrauen; dem alle fremde
Huͤlffs-Voͤlcker auff einen Winck zu Gebote
ſtuͤnden/ und den ihr eigner Poͤfel als einen Ab-
gott verehꝛte. Daheꝛo ſtelltẽ ſich die Carthaginen-
ſer an/ als wenn ſie mit den Roͤmern einen Frie-
den ſchluͤſſen wolten/ beſchenckten den Xanthip-
pus und etliche mit ſich gebrachte Kriegs-Haͤup-
ter anſehnlich/ gaben ſelbten ſie in Griechenland
uͤber zu fuͤhren 10. Kriegs-Schiffe zu/ den Moh-
ren aber Befehl: daß ſie auff der hohen See den
Xanthippus mit den ſeinigen ins Waſſer ſtuͤrtz-
ten; hernach tichtende: daß ſein Schiff auff ei-
nem Steinfelſen zerborſten waͤre. Die Deut-
ſchen und andere Huͤlffs-Voͤlcker wurden hier-
uͤber unwillig/ und Carthago buͤſte alsbald durch
den Verluſt der See-Schlacht bey dem Herme-

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 790[794]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/854>, abgerufen am 23.11.2024.