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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Mauren so lange auff: biß die Hetrurischen
Bundsgenossen bey der Stadt Herbon eine an-
sehnliche Macht wieder zusammen zohen. Jn-
zwischen war die Gesandtschafft der Stadt Clu-
sium auch zu Rom ankommen/ welche um Hülffe
bewegliche Ansuchung that/ und für sich anführ-
te: Ob sie schon mit einander nicht in Bündniße
ständen/ hätten sie sich doch mit den Römern ie-
derzeit in Freundschafft zu leben beflissen; also:
daß sie auch den Vejentern ihren Bluts-Ver-
wandten nicht wieder sie beystehen wollen; in
welchen Fällen auch unverbundenen Freunden
wider ungerechte Gewalt beyzustehen das Recht
der Völcker erlaubte/ wenn schon die Hülffe nicht
ausdrücklich wäre versprochen worden. Uber-
diß hätten die Römer aus selbsteigener Staats-
Klugheit Ursache/ dem Wachsthume dieser wil-
den Völcker/ welche gleichsam zu Ausrottung
des menschlichen Geschlechtes gebohren zu seyn
schienen/ und den Maßiliern als Römischen
Bundgenossen so grosses Leid angethan hätten/
bey zeite zu begegnen. Denn es stünde nicht nur
die Stadt Clusium/ sondern gantz Hetrurien in
Gefahr; welchem die Stadt Romihren Gottes-
dienst/ ihre Künste/ und den fürtrefflichen König
Tarqvinius zu dancken hätte. Die Römer schlu-
gen der Stadt Clusium die gebetene Hülffe
zwar ab/ weil die Semnoner sie noch mit nichts
beleidigt/ mit den Maßiliern Friede gemacht
hatten/ und des Nachbars blosse Vergrösserung
keine genugsame Ursache wäre selbten zu bekrie-
gen; iedoch schickten sie des Marcus Fabius Am-
bustus drey Söhne in Botschafft an den Bren-
nus um selbten zu bewegen: daß er von Bekrie-
gung der Clusier/ welche ihres Wissens die Sem-
nonier nicht beleidiget hätten/ abstehen möchten.
Brennus empfing in dem prächtigen Jrrgar-
ten/ welchen König Porsena an dem See bey
Clusium zu seinem Begräbniß-Mahle aus ei-
tel viereckichten Marmelsteinen gebaut/ und mit
Wunderholen Seulen besetzt hatte/ die Römi-
schen Gesandten auffs höfflichste/ hörete sie mit
[Spaltenumbruch] Gedult an/ und antwortete ihnen: die Römer
wären ihm zwar ein unbekandter Nahme/ ie-
doch hielte er sie für tapffere Leute/ weil die Clu-
sier in ihrer höchsten Noth auff ihren Beystand
so grosses Vertrauen gesetzt/ und sie nicht alsbald
aus blindem Eifer die Waffen ergriffen/ sondern
vernünfftiger ihren Freunden durch diese Ge-
sandschafft an der Hand gestanden hätten. Jn
Ansehung solcher Vermittelung wolte er den
Clusiern/ welche wieder die Semnoner nicht nur
den Maßiliern/ sondern auch den Umbriern
Hülffe geleistet/ auch sie zum ersten beleidigt
hätten/ den Frieden gönnen/ mit dem Bedinge:
daß die biß an den Fluß Umbro/ und denen neu-
en Säulen gelegene Aecker/ welche sie ihren Fein-
den durch Kriegsrecht abgewonnen/ ihnen verblei-
ben müste. Stünde diß aber den Clusiern nicht
an/ wolte er in Anwesenheit der Gesandten/ mit
seinen Feinden schlagen/ wormit sie zu Rom be-
richten könten/ wie weit die Semnoner andere
Sterblichen an Tapfferkeit übertreffen. Die all-
zu hitzigen Fabier versetzten mit ziemlichen Un-
geberden: Was die Semnoner in Hetrurien zu
schaffen hätten? Woher sie ihnen fremde Aecker
zueignen könten? Ob sie nicht sich mit den Mas-
siliern und Umbriern verglichen? Ob unter dem
Frieden nicht auch die Bunds-Genossen still-
schweigend eingeschlossen wären? Wer dem
Brennus einen Gerichts-Zwang über den Lu-
cumar und andere Bürger zu Clusium verlie-
hen? Brennus lachte nur über der Unbeschei-
denheit dieser Gesandten/ und schlug auff sein
Degen-Gefäße/ sagende: Jn dieser Scheide ste-
cket meine Berechtsamkeit; und die gantze Welt
ist streibarer Helden Eigenthum.

Folgenden Tag näherte sich das zu Pallia
versammlete Hetrurische Heer/ welchem Brennus
mit seinen Belägerern hertzhafft die Stirne bot.
Die Fabier aber liessen sich wider die Würde ih-
res tragenden Amts/ wider aller Völcker Recht/
das allen Gesandten alle Feindseligkeiten wider
den/ zu dem sie geschickt sind/ auszuüben verbeut/

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Mauren ſo lange auff: biß die Hetruriſchen
Bundsgenoſſen bey der Stadt Herbon eine an-
ſehnliche Macht wieder zuſammen zohen. Jn-
zwiſchen war die Geſandtſchafft der Stadt Clu-
ſium auch zu Rom ankom̃en/ welche um Huͤlffe
bewegliche Anſuchung that/ und fuͤr ſich anfuͤhr-
te: Ob ſie ſchon mit einander nicht in Buͤndniße
ſtaͤnden/ haͤtten ſie ſich doch mit den Roͤmern ie-
derzeit in Freundſchafft zu leben befliſſen; alſo:
daß ſie auch den Vejentern ihren Bluts-Ver-
wandten nicht wieder ſie beyſtehen wollen; in
welchen Faͤllen auch unverbundenen Freunden
wider ungerechte Gewalt beyzuſtehen das Recht
der Voͤlcker erlaubte/ weñ ſchon die Huͤlffe nicht
ausdruͤcklich waͤre verſprochen worden. Uber-
diß haͤtten die Roͤmer aus ſelbſteigener Staats-
Klugheit Urſache/ dem Wachsthume dieſer wil-
den Voͤlcker/ welche gleichſam zu Ausrottung
des menſchlichen Geſchlechtes gebohren zu ſeyn
ſchienen/ und den Maßiliern als Roͤmiſchen
Bundgenoſſen ſo groſſes Leid angethan haͤtten/
bey zeite zu begegnen. Denn es ſtuͤnde nicht nur
die Stadt Cluſium/ ſondern gantz Hetrurien in
Gefahr; welchem die Stadt Romihren Gottes-
dienſt/ ihre Kuͤnſte/ und den fuͤrtrefflichen Koͤnig
Tarqvinius zu dancken haͤtte. Die Roͤmer ſchlu-
gen der Stadt Cluſium die gebetene Huͤlffe
zwar ab/ weil die Semnoner ſie noch mit nichts
beleidigt/ mit den Maßiliern Friede gemacht
hatten/ und des Nachbars bloſſe Vergroͤſſerung
keine genugſame Urſache waͤre ſelbten zu bekrie-
gen; iedoch ſchickten ſie des Marcus Fabius Am-
buſtus drey Soͤhne in Botſchafft an den Bren-
nus um ſelbten zu bewegen: daß er von Bekrie-
gung der Cluſier/ welche ihres Wiſſens die Sem-
nonier nicht beleidiget haͤtten/ abſtehen moͤchten.
Brennus empfing in dem praͤchtigen Jrrgar-
ten/ welchen Koͤnig Porſena an dem See bey
Cluſium zu ſeinem Begraͤbniß-Mahle aus ei-
tel viereckichten Marmelſteinen gebaut/ und mit
Wunderholen Seulen beſetzt hatte/ die Roͤmi-
ſchen Geſandten auffs hoͤfflichſte/ hoͤrete ſie mit
[Spaltenumbruch] Gedult an/ und antwortete ihnen: die Roͤmer
waͤren ihm zwar ein unbekandter Nahme/ ie-
doch hielte er ſie fuͤr tapffere Leute/ weil die Clu-
ſier in ihrer hoͤchſten Noth auff ihren Beyſtand
ſo groſſes Vertrauen geſetzt/ und ſie nicht alsbald
aus blindem Eifer die Waffen ergriffen/ ſondern
vernuͤnfftiger ihren Freunden durch dieſe Ge-
ſandſchafft an der Hand geſtanden haͤtten. Jn
Anſehung ſolcher Vermittelung wolte er den
Cluſiern/ welche wieder die Semnoner nicht nuꝛ
den Maßiliern/ ſondern auch den Umbriern
Huͤlffe geleiſtet/ auch ſie zum erſten beleidigt
haͤtten/ den Frieden goͤnnen/ mit dem Bedinge:
daß die biß an den Fluß Umbro/ und denen neu-
en Saͤulen gelegene Aecker/ welche ſie ihren Fein-
den durch Kriegsrecht abgewoñen/ ihnen veꝛblei-
ben muͤſte. Stuͤnde diß aber den Cluſiern nicht
an/ wolte er in Anweſenheit der Geſandten/ mit
ſeinen Feinden ſchlagen/ wormit ſie zu Rom be-
richten koͤnten/ wie weit die Semnoner andere
Sterblichen an Tapfferkeit uͤbeꝛtreffen. Die all-
zu hitzigen Fabier verſetzten mit ziemlichen Un-
geberden: Was die Semnoner in Hetrurien zu
ſchaffen haͤtten? Woher ſie ihnen fremde Aecker
zueignen koͤnten? Ob ſie nicht ſich mit den Maſ-
ſiliern und Umbriern verglichen? Ob unter dem
Frieden nicht auch die Bunds-Genoſſen ſtill-
ſchweigend eingeſchloſſen waͤren? Wer dem
Brennus einen Gerichts-Zwang uͤber den Lu-
cumar und andere Buͤrger zu Cluſium verlie-
hen? Brennus lachte nur uͤber der Unbeſchei-
denheit dieſer Geſandten/ und ſchlug auff ſein
Degen-Gefaͤße/ ſagende: Jn dieſer Scheide ſte-
cket meine Berechtſamkeit; und die gantze Welt
iſt ſtreibarer Helden Eigenthum.

Folgenden Tag naͤherte ſich das zu Pallia
verſam̃lete Hetruriſche Heer/ welchem Brennus
mit ſeinen Belaͤgerern hertzhafft die Stirne bot.
Die Fabier aber lieſſen ſich wider die Wuͤrde ih-
res tragenden Amts/ wider aller Voͤlcker Recht/
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den/ zu dem ſie geſchickt ſind/ auszuuͤben verbeut/

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 747[749]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/809>, abgerufen am 23.11.2024.