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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] kämpffenden Neptunus würdig zu sehen war.
Hernach betrachteten wir den Spatzier-Gang
und den Ubungs-Platz des Mercur/ wie auch
den Tempel des Bacchus/ wo vorher des Poly-
tion Hauß gestanden hatte/ darinnen die Elev-
sinischen Geheimnüsse vom Alcibia des waren
entweihet worden. Wir fuhren hierauf zu dem
Grabe des Deucalion/ und dem Graben/ wor-
innen das letztere Wasser der Sündfluth ver-
suncken seyn soll. Nach diesem betrachteten
wir den Tempel des Saturn und der Rhea;
fürnehmlich aber den des Olympischen Jupi-
ters/ welcher als der gröste Tempel der Welt
die Grösse dieses Gottes abbilden sol. Hier-
auff leitete uns Mecenas durch die Egeische
Pforte in das prächtige Hauß und die Gärte
des Egeus/ darinnen das vom Phidias gemach-
te Bild der Venus alle andere Kostbarkeiten
übertraf. Weil es nun bereit über den Mit-
tag war/ liessen wir auf der rechten Hand den
Tempel der himmlischen Venus/ Jsocratens
Grab/ der Cynischen Weltweisen Schule lie-
gen/ und besahen allein in der Eyl den Tempel
des Hercules/ und sein Bild/ des Gelades
Meisterstücke/ den Phidias zum Lehrmeister
gehabt. Die Huren-Kinder wurden allhier ge-
übt/ und verehrten den nicht besser gebohrnen
Hercules. Hierauff ließ Mecenas in vollen
Bügen auff einen dem Tritonischen Fels ge-
gen über liegenden Hügel rennen/ auf welchem
für Zeiten Museus seine Gedichte abgelesen/
die Athenienser/ als Theseus mit den Amazo-
nen stritt/ ihr Läger geschlagen/ und endlich
die Macedonier um Athen im Zaume zu hal-
ten/ eine Festung gebaut hatten/ woraus sie
aber hernach vom Olympiodor getrieben wur-
den. Allhier traffen wir unter dem Schat-
ten der Oelbäume eine prächtig-bereitete Taf-
fel an; worbey nach den auserlesensten Saiten-
Spielen des Museus Gedichte abgesungen/
und zwar die Orte/ wo eines oder das andere
[Spaltenumbruch] geschehen seyn solte/ von dieser das Auge weit
über Land und Meer tragenden Höhe durch
den Maro gewiesen wurden. Gegen Abend
führte uns Mecenas in den Tempel des Bac-
chus/ darinnen täglich vierzehn Priesterinnen
den Gottesdienst verrichteten. Wir lasen an
einer in der Mitte stehenden Marmel-Säule
die alten Heyraths-Gesetze der Atheniensischen
Könige/ welche nur eine in Athen gebohrne
und auferzogene Jungfrau heyrathen dorff-
ten. Von dar fuhren wir in den Schauplatz
des Bacchus/ in den Spatzier-Saal des Eu-
menicus/ in den Tempel der Proserpina/ der
Lucina/ und den über aus prächtigen der gülde-
nen Dreyfüsse/ darinnen wir den unver gleich-
lichen Satyrus/ welchen Praxiteles nebst dem
der Phryne geschenckten Cupido für sein Mei-
sterstücke hielt/ und daher dem Bacchus wied-
mete/ nicht genung betrachten konten. End-
lich als es schon dämmerte/ kamen wir in den
Tempel des Serapis. Unterweges erzehlte
uns Mecenas/ daß Augustus zum Gedächt-
nüsse und zu Dancksagung für die ihm in E-
gypten wider Cleopatren/ und die Mohren-
Rönigin Candace erhaltenen Siege daselbst
ein marmeln Altar hätte aufsetzen lassen/ wel-
ches selbigen Abend der Jsis eingeweihet wer-
den solte. Der Tempel war hin und her
mit einer Ampel ein wenig erleuchtet. Wie
viel Volck gleich darinnen sich befand/ spüt-
te man doch ein allgemeines Still schweigen.
Kurtz nach unser Ankunfft ward ein Alaba-
sternes Bild der Jsis auf einem güldenen Wa-
gen mit zwey zahmen Löwen in den Tempel
bracht/ welchem Augustus/ Livia und Terentia
auf dem Fusse folgten; die denn auch nebenst den
Priestern selbst mit Hand anlegten/ solches auf
das Altar zu heben. Das Bild stellte ein Frauen-
zimmer für. Das Haupt krönten drey über
einander gesetzte Thürme; das Haar war wel-
licht ausgebreitet/ mit Korn-Achren untermen-

get/

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] kaͤmpffenden Neptunus wuͤrdig zu ſehen war.
Hernach betrachteten wir den Spatzier-Gang
und den Ubungs-Platz des Mercur/ wie auch
den Tempel des Bacchus/ wo vorher des Poly-
tion Hauß geſtanden hatte/ darinnen die Elev-
ſiniſchen Geheimnuͤſſe vom Alcibia des waren
entweihet worden. Wir fuhren hierauf zu dem
Grabe des Deucalion/ und dem Graben/ wor-
innen das letztere Waſſer der Suͤndfluth ver-
ſuncken ſeyn ſoll. Nach dieſem betrachteten
wir den Tempel des Saturn und der Rhea;
fuͤrnehmlich aber den des Olympiſchen Jupi-
ters/ welcher als der groͤſte Tempel der Welt
die Groͤſſe dieſes Gottes abbilden ſol. Hier-
auff leitete uns Mecenas durch die Egeiſche
Pforte in das praͤchtige Hauß und die Gaͤrte
des Egeus/ darinnen das vom Phidias gemach-
te Bild der Venus alle andere Koſtbarkeiten
uͤbertraf. Weil es nun bereit uͤber den Mit-
tag war/ lieſſen wir auf der rechten Hand den
Tempel der himmliſchen Venus/ Jſocratens
Grab/ der Cyniſchen Weltweiſen Schule lie-
gen/ und beſahen allein in der Eyl den Tempel
des Hercules/ und ſein Bild/ des Gelades
Meiſterſtuͤcke/ den Phidias zum Lehrmeiſter
gehabt. Die Huren-Kinder wurden allhier ge-
uͤbt/ und verehrten den nicht beſſer gebohrnen
Hercules. Hierauff ließ Mecenas in vollen
Buͤgen auff einen dem Tritoniſchen Fels ge-
gen uͤber liegenden Huͤgel rennen/ auf welchem
fuͤr Zeiten Muſeus ſeine Gedichte abgeleſen/
die Athenienſer/ als Theſeus mit den Amazo-
nen ſtritt/ ihr Laͤger geſchlagen/ und endlich
die Macedonier um Athen im Zaume zu hal-
ten/ eine Feſtung gebaut hatten/ woraus ſie
aber hernach vom Olympiodor getrieben wur-
den. Allhier traffen wir unter dem Schat-
ten der Oelbaͤume eine praͤchtig-bereitete Taf-
fel an; worbey nach den auserleſenſten Saiten-
Spielen des Muſeus Gedichte abgeſungen/
und zwar die Orte/ wo eines oder das andere
[Spaltenumbruch] geſchehen ſeyn ſolte/ von dieſer das Auge weit
uͤber Land und Meer tragenden Hoͤhe durch
den Maro gewieſen wurden. Gegen Abend
fuͤhrte uns Mecenas in den Tempel des Bac-
chus/ darinnen taͤglich vierzehn Prieſterinnen
den Gottesdienſt verrichteten. Wir laſen an
einer in der Mitte ſtehenden Marmel-Saͤule
die alten Heyraths-Geſetze der Athenienſiſchen
Koͤnige/ welche nur eine in Athen gebohrne
und auferzogene Jungfrau heyrathen dorff-
ten. Von dar fuhren wir in den Schauplatz
des Bacchus/ in den Spatzier-Saal des Eu-
menicus/ in den Tempel der Proſerpina/ der
Lucina/ und den uͤber aus praͤchtigen der guͤlde-
nen Dreyfuͤſſe/ darinnen wir den unver gleich-
lichen Satyrus/ welchen Praxiteles nebſt dem
der Phryne geſchenckten Cupido fuͤr ſein Mei-
ſterſtuͤcke hielt/ und daher dem Bacchus wied-
mete/ nicht genung betrachten konten. End-
lich als es ſchon daͤmmerte/ kamen wir in den
Tempel des Serapis. Unterweges erzehlte
uns Mecenas/ daß Auguſtus zum Gedaͤcht-
nuͤſſe und zu Danckſagung fuͤr die ihm in E-
gypten wider Cleopatren/ und die Mohren-
Roͤnigin Candace erhaltenen Siege daſelbſt
ein marmeln Altar haͤtte aufſetzen laſſen/ wel-
ches ſelbigen Abend der Jſis eingeweihet wer-
den ſolte. Der Tempel war hin und her
mit einer Ampel ein wenig erleuchtet. Wie
viel Volck gleich darinnen ſich befand/ ſpuͤt-
te man doch ein allgemeines Still ſchweigen.
Kurtz nach unſer Ankunfft ward ein Alaba-
ſternes Bild der Jſis auf einem guͤldenen Wa-
gen mit zwey zahmen Loͤwen in den Tempel
bracht/ welchem Auguſtus/ Livia und Terentia
auf dem Fuſſe folgten; die denn auch nebenſt den
Prieſtern ſelbſt mit Hand anlegten/ ſolches auf
das Altar zu heben. Das Bild ſtellte ein Frauen-
zimmer fuͤr. Das Haupt kroͤnten drey uͤber
einander geſetzte Thuͤrme; das Haar war wel-
licht ausgebreitet/ mit Korn-Achren untermen-

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[703/0759] Arminius und Thußnelda. kaͤmpffenden Neptunus wuͤrdig zu ſehen war. Hernach betrachteten wir den Spatzier-Gang und den Ubungs-Platz des Mercur/ wie auch den Tempel des Bacchus/ wo vorher des Poly- tion Hauß geſtanden hatte/ darinnen die Elev- ſiniſchen Geheimnuͤſſe vom Alcibia des waren entweihet worden. Wir fuhren hierauf zu dem Grabe des Deucalion/ und dem Graben/ wor- innen das letztere Waſſer der Suͤndfluth ver- ſuncken ſeyn ſoll. Nach dieſem betrachteten wir den Tempel des Saturn und der Rhea; fuͤrnehmlich aber den des Olympiſchen Jupi- ters/ welcher als der groͤſte Tempel der Welt die Groͤſſe dieſes Gottes abbilden ſol. Hier- auff leitete uns Mecenas durch die Egeiſche Pforte in das praͤchtige Hauß und die Gaͤrte des Egeus/ darinnen das vom Phidias gemach- te Bild der Venus alle andere Koſtbarkeiten uͤbertraf. Weil es nun bereit uͤber den Mit- tag war/ lieſſen wir auf der rechten Hand den Tempel der himmliſchen Venus/ Jſocratens Grab/ der Cyniſchen Weltweiſen Schule lie- gen/ und beſahen allein in der Eyl den Tempel des Hercules/ und ſein Bild/ des Gelades Meiſterſtuͤcke/ den Phidias zum Lehrmeiſter gehabt. Die Huren-Kinder wurden allhier ge- uͤbt/ und verehrten den nicht beſſer gebohrnen Hercules. Hierauff ließ Mecenas in vollen Buͤgen auff einen dem Tritoniſchen Fels ge- gen uͤber liegenden Huͤgel rennen/ auf welchem fuͤr Zeiten Muſeus ſeine Gedichte abgeleſen/ die Athenienſer/ als Theſeus mit den Amazo- nen ſtritt/ ihr Laͤger geſchlagen/ und endlich die Macedonier um Athen im Zaume zu hal- ten/ eine Feſtung gebaut hatten/ woraus ſie aber hernach vom Olympiodor getrieben wur- den. Allhier traffen wir unter dem Schat- ten der Oelbaͤume eine praͤchtig-bereitete Taf- fel an; worbey nach den auserleſenſten Saiten- Spielen des Muſeus Gedichte abgeſungen/ und zwar die Orte/ wo eines oder das andere geſchehen ſeyn ſolte/ von dieſer das Auge weit uͤber Land und Meer tragenden Hoͤhe durch den Maro gewieſen wurden. Gegen Abend fuͤhrte uns Mecenas in den Tempel des Bac- chus/ darinnen taͤglich vierzehn Prieſterinnen den Gottesdienſt verrichteten. Wir laſen an einer in der Mitte ſtehenden Marmel-Saͤule die alten Heyraths-Geſetze der Athenienſiſchen Koͤnige/ welche nur eine in Athen gebohrne und auferzogene Jungfrau heyrathen dorff- ten. Von dar fuhren wir in den Schauplatz des Bacchus/ in den Spatzier-Saal des Eu- menicus/ in den Tempel der Proſerpina/ der Lucina/ und den uͤber aus praͤchtigen der guͤlde- nen Dreyfuͤſſe/ darinnen wir den unver gleich- lichen Satyrus/ welchen Praxiteles nebſt dem der Phryne geſchenckten Cupido fuͤr ſein Mei- ſterſtuͤcke hielt/ und daher dem Bacchus wied- mete/ nicht genung betrachten konten. End- lich als es ſchon daͤmmerte/ kamen wir in den Tempel des Serapis. Unterweges erzehlte uns Mecenas/ daß Auguſtus zum Gedaͤcht- nuͤſſe und zu Danckſagung fuͤr die ihm in E- gypten wider Cleopatren/ und die Mohren- Roͤnigin Candace erhaltenen Siege daſelbſt ein marmeln Altar haͤtte aufſetzen laſſen/ wel- ches ſelbigen Abend der Jſis eingeweihet wer- den ſolte. Der Tempel war hin und her mit einer Ampel ein wenig erleuchtet. Wie viel Volck gleich darinnen ſich befand/ ſpuͤt- te man doch ein allgemeines Still ſchweigen. Kurtz nach unſer Ankunfft ward ein Alaba- ſternes Bild der Jſis auf einem guͤldenen Wa- gen mit zwey zahmen Loͤwen in den Tempel bracht/ welchem Auguſtus/ Livia und Terentia auf dem Fuſſe folgten; die denn auch nebenſt den Prieſtern ſelbſt mit Hand anlegten/ ſolches auf das Altar zu heben. Das Bild ſtellte ein Frauen- zimmer fuͤr. Das Haupt kroͤnten drey uͤber einander geſetzte Thuͤrme; das Haar war wel- licht ausgebreitet/ mit Korn-Achren untermen- get/

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 703. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/759>, abgerufen am 13.06.2024.