Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Fünfftes Buch
[Spaltenumbruch] mächtig wären. Diese hätten der hertzhaften
Entschlüssung der tapferen Porcia selbst die
Hand geboten. Denn als ihre kleinmüthigen
Freunde ihr alle Messer aus den Händen geris-
sen/ die Armbänder abgestreifft/ und die Haare
abgeschnitten/ daß sie selbte nicht zu einem Stri-
cke gebrauchen/ und ihrem erblaßten Brutus
sich vergesellschaften könte; hätten ihr die Göt-
ter von ihrem Opfer-Tische glüende Kohlen zu-
gelangt/ so wohl ihrem Leben ein Ende/ als ihrer
Liebe ein Vergnügen zu schaffen. Warlich/
versetzte Thußnelda/ ich halte für ruhmwürdi-
ger/ wenn eine Frau ihr Hertze mit ihres Ehe-
manns in einen Todten-Topf einschleust; als
wenn sie mit seiner ihre Asche vermenget. Jn
meinen Augen ist die Carische Königin Artemi-
sia viel grösser als die ungeduldige Porcia/ wel-
che dem Tode zu Hohne sich von ihrem schon tod-
ten Mausolus nicht trennen ließ/ in dem sie ih-
rer beyder Bild aus einem Agat gemacht/ in
ein Wunderwerck der Welt/ seine Asche in den
Tempel ihres eigenen Leibes/ sein Gedächtnüß
in das Heiligthum ihres steten Andenckens
versetzte/ und seinem niemals aus ihrem Ge-
sichte verschwindenden Schatten ihr von un-
ausleschlicher Liebe loderndes Hertze nicht etwan
zu einem bald verrauchenden Jrr-Lichte/ oder
einer in wenig Stunden vertrieffenden Be-
gräbnüß-Fackel/ sondern zu einem viel Jahre
mit gleichem Lichte scheinenden Gestirne an-
zündete; ja ihren eigenen Leib zu seinem leben-
digen Begräbnüsse einweihte. Wiewohl ich
nicht weiß: Ob man Artemisien nicht jene Mar-
singische edle Jungfrau fürziehen soll/ welche
aus der Asche ihres erblichenen Bräutigams
eine Sand-Uhr machte/ nach welcher sie ihre
Lebens-Zeit abmaß/ und nach seiner Beweg-
ligkeit die Unruh ihres Hertzens richtete/ oder
auch mit ihren thränenden Augen die Geschwin-
digkeit des auslauffenden Aschen-Sandes zu
übereilen sich mühete.

Alle Anwesenden gaben Thußnelden Bey-
[Spaltenumbruch] fall/ und nachdem Erato sich überstimmt sehende/
nur die Achseln einziehen muste; fügte Zeno
bey: daß auch bey denen Jndianern die Müt-
ter vieler Kinder sich des Holtz-Stosses unnach-
theilig entzügen; und erzehlte ferner: daß der
Jndianische Gesandte mit seinem Volcke und
ihm in der berühmten Handels-Stadt Gan-
ges zu Schiffe gegangen/ und mit gutem Win-
de an der Desarrenischen und Paralischen Küste
bey den Städten Sopatum und Poduca Sud-
werts so lange gesegelt hätten/ biß sie die Jnsel
Taprobana/ welche wegen ihrer häuffigen
Zimmet- und anderer Gewürtz-Wälder einen
annehmlichen Geruch etliche Meilen weit
in die See gegeben/ erreicht/ und daselbst in der
Stadt Cydara sich zu erfrischen ausgestiegen
wären. Jch muß gestehen/ fuhr Zeno fort/
daß ich dieses Eyland für den Lustgarten und
die Schatz-Kammer der Welt/ und für den
edelsten Kreiß des Erdbodems halte. Die
Wälder versorgen fast alle Länder mit Zimmet/
derer Bäume desto köstlichere Rinde tragen/ ie
öffter selbte abgeschelet wird. Hier ist das rechte
Vaterland aller Elefanten/ welche an Grösse
allen andern vorgehen. Die Berge stecken
voller Gold/ Rubine/ Smaragden und Sa-
phire. Jn dieser Jnsel ist auch der höchste Berg
Jndiens/ auf dessen Gipfel in einen Fels ein
überaus grosser Fußstapfen eingetreten ist/ den
die Einwohner/ wie die Griechen Del-
phis/ für das Mittel des Erdbodems halten/
und nebst einem Elefanten - Kopfe/ welcher
ihnen Weißheit verleihen soll/ Göttlich ver-
chren/ auch ihm daselbst einen Tempel und
Altar aufgebauet haben/ auf welchem ein
vollkommener Rubin ohne den geringsten
Flecken einer Hand breit lang/ drey Fin-
ger dicke zu sehen ist/ und des Nachts als
ein Licht scheinet. Von dieser Jnsel erzehl-
te mir der Gesandte Masulipat/ daß es
anfänglich das einige Reich König Pirimals
gewest/ und nach Abdanckung seines Bruders

auf

Fuͤnfftes Buch
[Spaltenumbruch] maͤchtig waͤren. Dieſe haͤtten der hertzhaften
Entſchluͤſſung der tapferen Porcia ſelbſt die
Hand geboten. Denn als ihre kleinmuͤthigen
Freunde ihr alle Meſſer aus den Haͤnden geriſ-
ſen/ die Armbaͤnder abgeſtreifft/ und die Haare
abgeſchnitten/ daß ſie ſelbte nicht zu einem Stri-
cke gebrauchen/ und ihrem erblaßten Brutus
ſich vergeſellſchaften koͤnte; haͤtten ihr die Goͤt-
ter von ihrem Opfer-Tiſche gluͤende Kohlen zu-
gelangt/ ſo wohl ihrem Leben ein Ende/ als ihrer
Liebe ein Vergnuͤgen zu ſchaffen. Warlich/
verſetzte Thußnelda/ ich halte fuͤr ruhmwuͤrdi-
ger/ wenn eine Frau ihr Hertze mit ihres Ehe-
manns in einen Todten-Topf einſchleuſt; als
wenn ſie mit ſeiner ihre Aſche vermenget. Jn
meinen Augen iſt die Cariſche Koͤnigin Artemi-
ſia viel groͤſſer als die ungeduldige Porcia/ wel-
che dem Tode zu Hohne ſich von ihrem ſchon tod-
ten Mauſolus nicht trennen ließ/ in dem ſie ih-
rer beyder Bild aus einem Agat gemacht/ in
ein Wunderwerck der Welt/ ſeine Aſche in den
Tempel ihres eigenen Leibes/ ſein Gedaͤchtnuͤß
in das Heiligthum ihres ſteten Andenckens
verſetzte/ und ſeinem niemals aus ihrem Ge-
ſichte verſchwindenden Schatten ihr von un-
ausleſchlicher Liebe loderndes Hertze nicht etwan
zu einem bald verrauchenden Jrr-Lichte/ oder
einer in wenig Stunden vertrieffenden Be-
graͤbnuͤß-Fackel/ ſondern zu einem viel Jahre
mit gleichem Lichte ſcheinenden Geſtirne an-
zuͤndete; ja ihren eigenen Leib zu ſeinem leben-
digen Begraͤbnuͤſſe einweihte. Wiewohl ich
nicht weiß: Ob man Artemiſien nicht jene Mar-
ſingiſche edle Jungfrau fuͤrziehen ſoll/ welche
aus der Aſche ihres erblichenen Braͤutigams
eine Sand-Uhr machte/ nach welcher ſie ihre
Lebens-Zeit abmaß/ und nach ſeiner Beweg-
ligkeit die Unruh ihres Hertzens richtete/ oder
auch mit ihren thraͤnenden Augen die Geſchwin-
digkeit des auslauffenden Aſchen-Sandes zu
uͤbereilen ſich muͤhete.

Alle Anweſenden gaben Thußnelden Bey-
[Spaltenumbruch] fall/ und nachdem Erato ſich uͤberſtim̃t ſehende/
nur die Achſeln einziehen muſte; fuͤgte Zeno
bey: daß auch bey denen Jndianern die Muͤt-
ter vieler Kinder ſich des Holtz-Stoſſes unnach-
theilig entzuͤgen; und erzehlte ferner: daß der
Jndianiſche Geſandte mit ſeinem Volcke und
ihm in der beruͤhmten Handels-Stadt Gan-
ges zu Schiffe gegangen/ und mit gutem Win-
de an der Deſarreniſchen und Paraliſchen Kuͤſte
bey den Staͤdten Sopatum und Poduca Sud-
werts ſo lange geſegelt haͤtten/ biß ſie die Jnſel
Taprobana/ welche wegen ihrer haͤuffigen
Zimmet- und anderer Gewuͤrtz-Waͤlder einen
annehmlichen Geruch etliche Meilen weit
in die See gegeben/ erreicht/ und daſelbſt in der
Stadt Cydara ſich zu erfriſchen ausgeſtiegen
waͤren. Jch muß geſtehen/ fuhr Zeno fort/
daß ich dieſes Eyland fuͤr den Luſtgarten und
die Schatz-Kammer der Welt/ und fuͤr den
edelſten Kreiß des Erdbodems halte. Die
Waͤlder verſorgen faſt alle Laͤnder mit Zimmet/
derer Baͤume deſto koͤſtlichere Rinde tragen/ ie
oͤffter ſelbte abgeſchelet wird. Hier iſt das rechte
Vaterland aller Elefanten/ welche an Groͤſſe
allen andern vorgehen. Die Berge ſtecken
voller Gold/ Rubine/ Smaragden und Sa-
phire. Jn dieſer Jnſel iſt auch der hoͤchſte Berg
Jndiens/ auf deſſen Gipfel in einen Fels ein
uͤberaus groſſer Fußſtapfen eingetreten iſt/ den
die Einwohner/ wie die Griechen Del-
phis/ fuͤr das Mittel des Erdbodems halten/
und nebſt einem Elefanten - Kopfe/ welcher
ihnen Weißheit verleihen ſoll/ Goͤttlich ver-
chren/ auch ihm daſelbſt einen Tempel und
Altar aufgebauet haben/ auf welchem ein
vollkommener Rubin ohne den geringſten
Flecken einer Hand breit lang/ drey Fin-
ger dicke zu ſehen iſt/ und des Nachts als
ein Licht ſcheinet. Von dieſer Jnſel erzehl-
te mir der Geſandte Maſulipat/ daß es
anfaͤnglich das einige Reich Koͤnig Pirimals
geweſt/ und nach Abdanckung ſeines Bruders

auf
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0712" n="656"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Fu&#x0364;nfftes Buch</hi></fw><lb/><cb/>
ma&#x0364;chtig wa&#x0364;ren. Die&#x017F;e ha&#x0364;tten der hertzhaften<lb/>
Ent&#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;ung der tapferen Porcia &#x017F;elb&#x017F;t die<lb/>
Hand geboten. Denn als ihre kleinmu&#x0364;thigen<lb/>
Freunde ihr alle Me&#x017F;&#x017F;er aus den Ha&#x0364;nden geri&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en/ die Armba&#x0364;nder abge&#x017F;treifft/ und die Haare<lb/>
abge&#x017F;chnitten/ daß &#x017F;ie &#x017F;elbte nicht zu einem Stri-<lb/>
cke gebrauchen/ und ihrem erblaßten Brutus<lb/>
&#x017F;ich verge&#x017F;ell&#x017F;chaften ko&#x0364;nte; ha&#x0364;tten ihr die Go&#x0364;t-<lb/>
ter von ihrem Opfer-Ti&#x017F;che glu&#x0364;ende Kohlen zu-<lb/>
gelangt/ &#x017F;o wohl ihrem Leben ein Ende/ als ihrer<lb/>
Liebe ein Vergnu&#x0364;gen zu &#x017F;chaffen. Warlich/<lb/>
ver&#x017F;etzte Thußnelda/ ich halte fu&#x0364;r ruhmwu&#x0364;rdi-<lb/>
ger/ wenn eine Frau ihr Hertze mit ihres Ehe-<lb/>
manns in einen Todten-Topf ein&#x017F;chleu&#x017F;t; als<lb/>
wenn &#x017F;ie mit &#x017F;einer ihre A&#x017F;che vermenget. Jn<lb/>
meinen Augen i&#x017F;t die Cari&#x017F;che Ko&#x0364;nigin Artemi-<lb/>
&#x017F;ia viel gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er als die ungeduldige Porcia/ wel-<lb/>
che dem Tode zu Hohne &#x017F;ich von ihrem &#x017F;chon tod-<lb/>
ten Mau&#x017F;olus nicht trennen ließ/ in dem &#x017F;ie ih-<lb/>
rer beyder Bild aus einem Agat gemacht/ in<lb/>
ein Wunderwerck der Welt/ &#x017F;eine A&#x017F;che in den<lb/>
Tempel ihres eigenen Leibes/ &#x017F;ein Geda&#x0364;chtnu&#x0364;ß<lb/>
in das Heiligthum ihres &#x017F;teten Andenckens<lb/>
ver&#x017F;etzte/ und &#x017F;einem niemals aus ihrem Ge-<lb/>
&#x017F;ichte ver&#x017F;chwindenden Schatten ihr von un-<lb/>
ausle&#x017F;chlicher Liebe loderndes Hertze nicht etwan<lb/>
zu einem bald verrauchenden Jrr-Lichte/ oder<lb/>
einer in wenig Stunden vertrieffenden Be-<lb/>
gra&#x0364;bnu&#x0364;ß-Fackel/ &#x017F;ondern zu einem viel Jahre<lb/>
mit gleichem Lichte &#x017F;cheinenden Ge&#x017F;tirne an-<lb/>
zu&#x0364;ndete; ja ihren eigenen Leib zu &#x017F;einem leben-<lb/>
digen Begra&#x0364;bnu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e einweihte. Wiewohl ich<lb/>
nicht weiß: Ob man Artemi&#x017F;ien nicht jene Mar-<lb/>
&#x017F;ingi&#x017F;che edle Jungfrau fu&#x0364;rziehen &#x017F;oll/ welche<lb/>
aus der A&#x017F;che ihres erblichenen Bra&#x0364;utigams<lb/>
eine Sand-Uhr machte/ nach welcher &#x017F;ie ihre<lb/>
Lebens-Zeit abmaß/ und nach &#x017F;einer Beweg-<lb/>
ligkeit die Unruh ihres Hertzens richtete/ oder<lb/>
auch mit ihren thra&#x0364;nenden Augen die Ge&#x017F;chwin-<lb/>
digkeit des auslauffenden A&#x017F;chen-Sandes zu<lb/>
u&#x0364;bereilen &#x017F;ich mu&#x0364;hete.</p><lb/>
          <p>Alle Anwe&#x017F;enden gaben Thußnelden Bey-<lb/><cb/>
fall/ und nachdem Erato &#x017F;ich u&#x0364;ber&#x017F;tim&#x0303;t &#x017F;ehende/<lb/>
nur die Ach&#x017F;eln einziehen mu&#x017F;te; fu&#x0364;gte Zeno<lb/>
bey: daß auch bey denen Jndianern die Mu&#x0364;t-<lb/>
ter vieler Kinder &#x017F;ich des Holtz-Sto&#x017F;&#x017F;es unnach-<lb/>
theilig entzu&#x0364;gen; und erzehlte ferner: daß der<lb/>
Jndiani&#x017F;che Ge&#x017F;andte mit &#x017F;einem Volcke und<lb/>
ihm in der beru&#x0364;hmten Handels-Stadt Gan-<lb/>
ges zu Schiffe gegangen/ und mit gutem Win-<lb/>
de an der De&#x017F;arreni&#x017F;chen und Parali&#x017F;chen Ku&#x0364;&#x017F;te<lb/>
bey den Sta&#x0364;dten Sopatum und Poduca Sud-<lb/>
werts &#x017F;o lange ge&#x017F;egelt ha&#x0364;tten/ biß &#x017F;ie die Jn&#x017F;el<lb/>
Taprobana/ welche wegen ihrer ha&#x0364;uffigen<lb/>
Zimmet- und anderer Gewu&#x0364;rtz-Wa&#x0364;lder einen<lb/>
annehmlichen Geruch etliche Meilen weit<lb/>
in die See gegeben/ erreicht/ und da&#x017F;elb&#x017F;t in der<lb/>
Stadt Cydara &#x017F;ich zu erfri&#x017F;chen ausge&#x017F;tiegen<lb/>
wa&#x0364;ren. Jch muß ge&#x017F;tehen/ fuhr Zeno fort/<lb/>
daß ich die&#x017F;es Eyland fu&#x0364;r den Lu&#x017F;tgarten und<lb/>
die Schatz-Kammer der Welt/ und fu&#x0364;r den<lb/>
edel&#x017F;ten Kreiß des Erdbodems halte. Die<lb/>
Wa&#x0364;lder ver&#x017F;orgen fa&#x017F;t alle La&#x0364;nder mit Zimmet/<lb/>
derer Ba&#x0364;ume de&#x017F;to ko&#x0364;&#x017F;tlichere Rinde tragen/ ie<lb/>
o&#x0364;ffter &#x017F;elbte abge&#x017F;chelet wird. Hier i&#x017F;t das rechte<lb/>
Vaterland aller Elefanten/ welche an Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e<lb/>
allen andern vorgehen. Die Berge &#x017F;tecken<lb/>
voller Gold/ Rubine/ Smaragden und Sa-<lb/>
phire. Jn die&#x017F;er Jn&#x017F;el i&#x017F;t auch der ho&#x0364;ch&#x017F;te Berg<lb/>
Jndiens/ auf de&#x017F;&#x017F;en Gipfel in einen Fels ein<lb/>
u&#x0364;beraus gro&#x017F;&#x017F;er Fuß&#x017F;tapfen eingetreten i&#x017F;t/ den<lb/>
die Einwohner/ wie die Griechen Del-<lb/>
phis/ fu&#x0364;r das Mittel des Erdbodems halten/<lb/>
und neb&#x017F;t einem Elefanten - Kopfe/ welcher<lb/>
ihnen Weißheit verleihen &#x017F;oll/ Go&#x0364;ttlich ver-<lb/>
chren/ auch ihm da&#x017F;elb&#x017F;t einen Tempel und<lb/>
Altar aufgebauet haben/ auf welchem ein<lb/>
vollkommener Rubin ohne den gering&#x017F;ten<lb/>
Flecken einer Hand breit lang/ drey Fin-<lb/>
ger dicke zu &#x017F;ehen i&#x017F;t/ und des Nachts als<lb/>
ein Licht &#x017F;cheinet. Von die&#x017F;er Jn&#x017F;el erzehl-<lb/>
te mir der Ge&#x017F;andte Ma&#x017F;ulipat/ daß es<lb/>
anfa&#x0364;nglich das einige Reich Ko&#x0364;nig Pirimals<lb/>
gewe&#x017F;t/ und nach Abdanckung &#x017F;eines Bruders<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">auf</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[656/0712] Fuͤnfftes Buch maͤchtig waͤren. Dieſe haͤtten der hertzhaften Entſchluͤſſung der tapferen Porcia ſelbſt die Hand geboten. Denn als ihre kleinmuͤthigen Freunde ihr alle Meſſer aus den Haͤnden geriſ- ſen/ die Armbaͤnder abgeſtreifft/ und die Haare abgeſchnitten/ daß ſie ſelbte nicht zu einem Stri- cke gebrauchen/ und ihrem erblaßten Brutus ſich vergeſellſchaften koͤnte; haͤtten ihr die Goͤt- ter von ihrem Opfer-Tiſche gluͤende Kohlen zu- gelangt/ ſo wohl ihrem Leben ein Ende/ als ihrer Liebe ein Vergnuͤgen zu ſchaffen. Warlich/ verſetzte Thußnelda/ ich halte fuͤr ruhmwuͤrdi- ger/ wenn eine Frau ihr Hertze mit ihres Ehe- manns in einen Todten-Topf einſchleuſt; als wenn ſie mit ſeiner ihre Aſche vermenget. Jn meinen Augen iſt die Cariſche Koͤnigin Artemi- ſia viel groͤſſer als die ungeduldige Porcia/ wel- che dem Tode zu Hohne ſich von ihrem ſchon tod- ten Mauſolus nicht trennen ließ/ in dem ſie ih- rer beyder Bild aus einem Agat gemacht/ in ein Wunderwerck der Welt/ ſeine Aſche in den Tempel ihres eigenen Leibes/ ſein Gedaͤchtnuͤß in das Heiligthum ihres ſteten Andenckens verſetzte/ und ſeinem niemals aus ihrem Ge- ſichte verſchwindenden Schatten ihr von un- ausleſchlicher Liebe loderndes Hertze nicht etwan zu einem bald verrauchenden Jrr-Lichte/ oder einer in wenig Stunden vertrieffenden Be- graͤbnuͤß-Fackel/ ſondern zu einem viel Jahre mit gleichem Lichte ſcheinenden Geſtirne an- zuͤndete; ja ihren eigenen Leib zu ſeinem leben- digen Begraͤbnuͤſſe einweihte. Wiewohl ich nicht weiß: Ob man Artemiſien nicht jene Mar- ſingiſche edle Jungfrau fuͤrziehen ſoll/ welche aus der Aſche ihres erblichenen Braͤutigams eine Sand-Uhr machte/ nach welcher ſie ihre Lebens-Zeit abmaß/ und nach ſeiner Beweg- ligkeit die Unruh ihres Hertzens richtete/ oder auch mit ihren thraͤnenden Augen die Geſchwin- digkeit des auslauffenden Aſchen-Sandes zu uͤbereilen ſich muͤhete. Alle Anweſenden gaben Thußnelden Bey- fall/ und nachdem Erato ſich uͤberſtim̃t ſehende/ nur die Achſeln einziehen muſte; fuͤgte Zeno bey: daß auch bey denen Jndianern die Muͤt- ter vieler Kinder ſich des Holtz-Stoſſes unnach- theilig entzuͤgen; und erzehlte ferner: daß der Jndianiſche Geſandte mit ſeinem Volcke und ihm in der beruͤhmten Handels-Stadt Gan- ges zu Schiffe gegangen/ und mit gutem Win- de an der Deſarreniſchen und Paraliſchen Kuͤſte bey den Staͤdten Sopatum und Poduca Sud- werts ſo lange geſegelt haͤtten/ biß ſie die Jnſel Taprobana/ welche wegen ihrer haͤuffigen Zimmet- und anderer Gewuͤrtz-Waͤlder einen annehmlichen Geruch etliche Meilen weit in die See gegeben/ erreicht/ und daſelbſt in der Stadt Cydara ſich zu erfriſchen ausgeſtiegen waͤren. Jch muß geſtehen/ fuhr Zeno fort/ daß ich dieſes Eyland fuͤr den Luſtgarten und die Schatz-Kammer der Welt/ und fuͤr den edelſten Kreiß des Erdbodems halte. Die Waͤlder verſorgen faſt alle Laͤnder mit Zimmet/ derer Baͤume deſto koͤſtlichere Rinde tragen/ ie oͤffter ſelbte abgeſchelet wird. Hier iſt das rechte Vaterland aller Elefanten/ welche an Groͤſſe allen andern vorgehen. Die Berge ſtecken voller Gold/ Rubine/ Smaragden und Sa- phire. Jn dieſer Jnſel iſt auch der hoͤchſte Berg Jndiens/ auf deſſen Gipfel in einen Fels ein uͤberaus groſſer Fußſtapfen eingetreten iſt/ den die Einwohner/ wie die Griechen Del- phis/ fuͤr das Mittel des Erdbodems halten/ und nebſt einem Elefanten - Kopfe/ welcher ihnen Weißheit verleihen ſoll/ Goͤttlich ver- chren/ auch ihm daſelbſt einen Tempel und Altar aufgebauet haben/ auf welchem ein vollkommener Rubin ohne den geringſten Flecken einer Hand breit lang/ drey Fin- ger dicke zu ſehen iſt/ und des Nachts als ein Licht ſcheinet. Von dieſer Jnſel erzehl- te mir der Geſandte Maſulipat/ daß es anfaͤnglich das einige Reich Koͤnig Pirimals geweſt/ und nach Abdanckung ſeines Bruders auf

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/712
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 656. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/712>, abgerufen am 23.11.2024.