Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
und eine Bach von dem Berge Tafung sechzigStadien hoch abfällt/ nicht nur Zeitung/ daß sie die dahin geschickten Scythischen Krieges- Völcker zur Besatzung eingenommen hatten/ sondern auch Gesandschafften mit grossen Ki- sten Bisam/ welcher an dem Nabel eines kleinen Rehes wächst/ seltzamen Affen/ und andern Kost- barkeiten ankamen. Das herrlichste Geschencke unter allen aber waren zwölf wunder-schöne Knaben/ welche die Fürsten des Reichs zu Be- dienung der neuen Königin im Lande auserle- sen hatten. Diese waren aufs herrlichste mit den grössesten Perlen um den Hals und die Ar- men/ auf dem Haupte mit einem von Diaman- ten schimmernden Krantze ausgeputzt. Vier derselben waren mit Purpur bekleidet/ mit Kö- cher und Bogen ausgerüstet/ der eine überliefer- te der Königin Syrmanis eine Krone/ der an- der einen Königsstab/ der dritte eine grosse gül- dene Müntze/ auf welcher sie mit einem neuen Nahmen nemlich einer Tochter der güldenen Abendröthe gepreget stand; der vierdte ein gül- denes Zeit-Register/ in welchem der Anfang der Jahres-Rechnung von dem Tage ihrer Herr- schafft angefangen ward. Diese vier waren Lehrlinge aus der Schule des für fünfftehalb hundert Jahren blühenden weltweisen Confu- tius; dessen Lehren so unzweiffelbar/ als ein göttlicher Ausspruch verehret werden. Sie zie- len fürnehmlich auf eine glückselige Reichs- Herrschafft/ verehren kein Bild/ nur einen ei- nigen Gott den Erhalter der Welt/ und halten der Gottlosen Seelen für sterblich. Die an- dern vier Knaben waren blau angethan/ einer trug in einem güldenen Korbe die wolrüchensten Blumen/ der ander auf einer Porcellanen Schüssel die geschmacktesten Früchte/ der dritte in einer Crystallenen Schale ein köstliches Ge- träncke/ der vierdte in einem Porphirenem Ge- fässe Ambra/ Zibeth und Bisam. Diese wa- ren aus der Schule der Tausi/ welcher Weltwei- sen Urheber Lauzu mit dem Confutius zu einer [Spaltenumbruch] Zeit gelebt/ und neun mal neun Jahr in Mut- terleibe gewesen seyn soll; auch gelehret hat/ des Menschen höchstes Gut wäre die Wollust/ weil die Seele mit dem Leibe verschwinde. Die letztern vier Knaben hatten alle ein Rubinenes Hertz auf der Brust hencken/ in den Händen güldene Zirckel/ und legten selbte wie vorige Knaben zu der Königin Füssen. Sie waren Lehrlinge der Bonzier/ die von dem klugen Tschaka herrühren/ welchen für weniger Zeit des letztern Serischen Königs Vater durch An- leitung eines Traumes aus Jndien holen las- sen/ und mit welchem seine Mutter im Traume einen weissen Elefanten/ wie Olympias eine Schlange sehende/ soll schwanger worden seyn/ und ihn durch die Seite gebohren haben. Sie gläuben mehr als eine Welt/ die Versetzung der Seelen aus einem Leibe in den andern; sie sind bemühet allein um die Vollkommenheit des Geistes/ und ihr höchstes Gut ist die Ruhe des Gewissens. Dahero die Serer insgemein von diesen dreyen zu urtheilen pflegen: Die Gelehr- ten beherrschen das Reich/ die Tausi den Leib/ die Bonzier das Hertze. Rhemetalces fiel dem Fürsten Zeno hier in die Rede: Jch wundre mich/ wie die Lehre des unwissenden und wollü- stigen Epicurus der rechten verhasten Nacht- Eule unter den andern Weltweisen auch zu den Serern kommen sey? Hertzog Herrmann setzte ihm alsofort entgegen: Jch vertheidige nicht die Serer und andere unvernünfftige Ausleger die- ses Weltweisen; aber seiner eigenen Unschuld habe ich mich billich anzumassen. Er hat geir- ret/ wie alle Weltweisen in andern Stücken; wo es anderst wahr ist/ daß er unsere Seelen für sterblich gehalten/ und keine göttliche Vorse- hung geglaubt; nicht aber vielmehr/ wie sich wider seinen Verleumder Nausiphanes aus vielen andern Lehren muthmassen läst/ die Eitelkeit der Griechischen Abgötter verworf- fen/ die Vielheit der Gottheiten als den Grund aller ihrer Tempel und Andacht über einen Hauf- Erster Theil. J i i i
Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
und eine Bach von dem Berge Tafung ſechzigStadien hoch abfaͤllt/ nicht nur Zeitung/ daß ſie die dahin geſchickten Scythiſchen Krieges- Voͤlcker zur Beſatzung eingenommen hatten/ ſondern auch Geſandſchafften mit groſſen Ki- ſten Biſam/ welcher an dem Nabel eines kleinen Rehes waͤchſt/ ſeltzamen Affen/ und andern Koſt- barkeiten ankamen. Das herrlichſte Geſchencke unter allen aber waren zwoͤlf wunder-ſchoͤne Knaben/ welche die Fuͤrſten des Reichs zu Be- dienung der neuen Koͤnigin im Lande auserle- ſen hatten. Dieſe waren aufs herrlichſte mit den groͤſſeſten Perlen um den Hals und die Ar- men/ auf dem Haupte mit einem von Diaman- ten ſchimmernden Krantze ausgeputzt. Vier derſelben waren mit Purpur bekleidet/ mit Koͤ- cher und Bogen ausgeruͤſtet/ der eine uͤberliefer- te der Koͤnigin Syrmanis eine Krone/ der an- der einen Koͤnigsſtab/ der dritte eine groſſe guͤl- dene Muͤntze/ auf welcher ſie mit einem neuen Nahmen nemlich einer Tochter der guͤldenen Abendroͤthe gepreget ſtand; der vierdte ein guͤl- denes Zeit-Regiſter/ in welchem der Anfang der Jahres-Rechnung von dem Tage ihrer Herr- ſchafft angefangen ward. Dieſe vier waren Lehrlinge aus der Schule des fuͤr fuͤnfftehalb hundert Jahren bluͤhenden weltweiſen Confu- tius; deſſen Lehren ſo unzweiffelbar/ als ein goͤttlicher Ausſpruch verehret werden. Sie zie- len fuͤrnehmlich auf eine gluͤckſelige Reichs- Herrſchafft/ verehren kein Bild/ nur einen ei- nigen Gott den Erhalter der Welt/ und halten der Gottloſen Seelen fuͤr ſterblich. Die an- dern vier Knaben waren blau angethan/ einer trug in einem guͤldenen Korbe die wolruͤchenſten Blumen/ der ander auf einer Porcellanen Schuͤſſel die geſchmackteſten Fruͤchte/ der dritte in einer Cryſtallenen Schale ein koͤſtliches Ge- traͤncke/ der vierdte in einem Porphirenem Ge- faͤſſe Ambra/ Zibeth und Biſam. Dieſe wa- ren aus der Schule der Tauſi/ welcher Weltwei- ſen Urheber Lauzu mit dem Confutius zu einer [Spaltenumbruch] Zeit gelebt/ und neun mal neun Jahr in Mut- terleibe geweſen ſeyn ſoll; auch gelehret hat/ des Menſchen hoͤchſtes Gut waͤre die Wolluſt/ weil die Seele mit dem Leibe verſchwinde. Die letztern vier Knaben hatten alle ein Rubinenes Hertz auf der Bruſt hencken/ in den Haͤnden guͤldene Zirckel/ und legten ſelbte wie vorige Knaben zu der Koͤnigin Fuͤſſen. Sie waren Lehrlinge der Bonzier/ die von dem klugen Tſchaka herruͤhren/ welchen fuͤr weniger Zeit des letztern Seriſchen Koͤnigs Vater durch An- leitung eines Traumes aus Jndien holen laſ- ſen/ und mit welchem ſeine Mutter im Traume einen weiſſen Elefanten/ wie Olympias eine Schlange ſehende/ ſoll ſchwanger worden ſeyn/ und ihn durch die Seite gebohren haben. Sie glaͤuben mehr als eine Welt/ die Verſetzung der Seelen aus einem Leibe in den andern; ſie ſind bemuͤhet allein um die Vollkommenheit des Geiſtes/ und ihr hoͤchſtes Gut iſt die Ruhe des Gewiſſens. Dahero die Serer insgemein von dieſen dreyen zu urtheilen pflegen: Die Gelehr- ten beherrſchen das Reich/ die Tauſi den Leib/ die Bonzier das Hertze. Rhemetalces fiel dem Fuͤrſten Zeno hier in die Rede: Jch wundre mich/ wie die Lehre des unwiſſenden und wolluͤ- ſtigen Epicurus der rechten verhaſten Nacht- Eule unter den andern Weltweiſen auch zu den Serern kommen ſey? Hertzog Herrmann ſetzte ihm alſofort entgegen: Jch vertheidige nicht die Serer und andere unvernuͤnfftige Ausleger die- ſes Weltweiſen; aber ſeiner eigenen Unſchuld habe ich mich billich anzumaſſen. Er hat geir- ret/ wie alle Weltweiſen in andern Stuͤcken; wo es anderſt wahr iſt/ daß er unſere Seelen fuͤr ſterblich gehalten/ und keine goͤttliche Vorſe- hung geglaubt; nicht aber vielmehr/ wie ſich wider ſeinen Verleumder Nauſiphanes aus vielen andern Lehren muthmaſſen laͤſt/ die Eitelkeit der Griechiſchen Abgoͤtter verworf- fen/ die Vielheit der Gottheiten als den Grund aller ihrer Tempel und Andacht uͤber einen Hauf- Erſter Theil. J i i i
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0673" n="617"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Arminius und Thußnelda.</hi></fw><lb/><cb/> und eine Bach von dem Berge Tafung ſechzig<lb/> Stadien hoch abfaͤllt/ nicht nur Zeitung/ daß ſie<lb/> die dahin geſchickten Scythiſchen Krieges-<lb/> Voͤlcker zur Beſatzung eingenommen hatten/<lb/> ſondern auch Geſandſchafften mit groſſen Ki-<lb/> ſten Biſam/ welcher an dem Nabel eines kleinen<lb/> Rehes waͤchſt/ ſeltzamen Affen/ und andern Koſt-<lb/> barkeiten ankamen. Das herrlichſte Geſchencke<lb/> unter allen aber waren zwoͤlf wunder-ſchoͤne<lb/> Knaben/ welche die Fuͤrſten des Reichs zu Be-<lb/> dienung der neuen Koͤnigin im Lande auserle-<lb/> ſen hatten. Dieſe waren aufs herrlichſte mit<lb/> den groͤſſeſten Perlen um den Hals und die Ar-<lb/> men/ auf dem Haupte mit einem von Diaman-<lb/> ten ſchimmernden Krantze ausgeputzt. Vier<lb/> derſelben waren mit Purpur bekleidet/ mit Koͤ-<lb/> cher und Bogen ausgeruͤſtet/ der eine uͤberliefer-<lb/> te der Koͤnigin Syrmanis eine Krone/ der an-<lb/> der einen Koͤnigsſtab/ der dritte eine groſſe guͤl-<lb/> dene Muͤntze/ auf welcher ſie mit einem neuen<lb/> Nahmen nemlich einer Tochter der guͤldenen<lb/> Abendroͤthe gepreget ſtand; der vierdte ein guͤl-<lb/> denes Zeit-Regiſter/ in welchem der Anfang der<lb/> Jahres-Rechnung von dem Tage ihrer Herr-<lb/> ſchafft angefangen ward. Dieſe vier waren<lb/> Lehrlinge aus der Schule des fuͤr fuͤnfftehalb<lb/> hundert Jahren bluͤhenden weltweiſen Confu-<lb/> tius; deſſen Lehren ſo unzweiffelbar/ als ein<lb/> goͤttlicher Ausſpruch verehret werden. Sie zie-<lb/> len fuͤrnehmlich auf eine gluͤckſelige Reichs-<lb/> Herrſchafft/ verehren kein Bild/ nur einen ei-<lb/> nigen Gott den Erhalter der Welt/ und halten<lb/> der Gottloſen Seelen fuͤr ſterblich. Die an-<lb/> dern vier Knaben waren blau angethan/ einer<lb/> trug in einem guͤldenen Korbe die wolruͤchenſten<lb/> Blumen/ der ander auf einer Porcellanen<lb/> Schuͤſſel die geſchmackteſten Fruͤchte/ der dritte<lb/> in einer Cryſtallenen Schale ein koͤſtliches Ge-<lb/> traͤncke/ der vierdte in einem Porphirenem Ge-<lb/> faͤſſe Ambra/ Zibeth und Biſam. Dieſe wa-<lb/> ren aus der Schule der Tauſi/ welcher Weltwei-<lb/> ſen Urheber Lauzu mit dem Confutius zu einer<lb/><cb/> Zeit gelebt/ und neun mal neun Jahr in Mut-<lb/> terleibe geweſen ſeyn ſoll; auch gelehret hat/ des<lb/> Menſchen hoͤchſtes Gut waͤre die Wolluſt/ weil<lb/> die Seele mit dem Leibe verſchwinde. Die<lb/> letztern vier Knaben hatten alle ein Rubinenes<lb/> Hertz auf der Bruſt hencken/ in den Haͤnden<lb/> guͤldene Zirckel/ und legten ſelbte wie vorige<lb/> Knaben zu der Koͤnigin Fuͤſſen. Sie waren<lb/> Lehrlinge der Bonzier/ die von dem klugen<lb/> Tſchaka herruͤhren/ welchen fuͤr weniger Zeit<lb/> des letztern Seriſchen Koͤnigs Vater durch An-<lb/> leitung eines Traumes aus Jndien holen laſ-<lb/> ſen/ und mit welchem ſeine Mutter im Traume<lb/> einen weiſſen Elefanten/ wie Olympias eine<lb/> Schlange ſehende/ ſoll ſchwanger worden ſeyn/<lb/> und ihn durch die Seite gebohren haben. Sie<lb/> glaͤuben mehr als eine Welt/ die Verſetzung der<lb/> Seelen aus einem Leibe in den andern; ſie ſind<lb/> bemuͤhet allein um die Vollkommenheit des<lb/> Geiſtes/ und ihr hoͤchſtes Gut iſt die Ruhe des<lb/> Gewiſſens. Dahero die Serer insgemein von<lb/> dieſen dreyen zu urtheilen pflegen: Die Gelehr-<lb/> ten beherrſchen das Reich/ die Tauſi den Leib/<lb/> die Bonzier das Hertze. Rhemetalces fiel dem<lb/> Fuͤrſten Zeno hier in die Rede: Jch wundre<lb/> mich/ wie die Lehre des unwiſſenden und wolluͤ-<lb/> ſtigen Epicurus der rechten verhaſten Nacht-<lb/> Eule unter den andern Weltweiſen auch zu den<lb/> Serern kommen ſey? Hertzog Herrmann ſetzte<lb/> ihm alſofort entgegen: Jch vertheidige nicht die<lb/> Serer und andere unvernuͤnfftige Ausleger die-<lb/> ſes Weltweiſen; aber ſeiner eigenen Unſchuld<lb/> habe ich mich billich anzumaſſen. Er hat geir-<lb/> ret/ wie alle Weltweiſen in andern Stuͤcken;<lb/> wo es anderſt wahr iſt/ daß er unſere Seelen fuͤr<lb/> ſterblich gehalten/ und keine goͤttliche Vorſe-<lb/> hung geglaubt; nicht aber vielmehr/ wie<lb/> ſich wider ſeinen Verleumder Nauſiphanes<lb/> aus vielen andern Lehren muthmaſſen laͤſt/ die<lb/> Eitelkeit der Griechiſchen Abgoͤtter verworf-<lb/> fen/ die Vielheit der Gottheiten als den Grund<lb/> aller ihrer Tempel und Andacht uͤber einen<lb/> <fw place="bottom" type="sig">Erſter Theil. J i i i</fw><fw place="bottom" type="catch">Hauf-</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [617/0673]
Arminius und Thußnelda.
und eine Bach von dem Berge Tafung ſechzig
Stadien hoch abfaͤllt/ nicht nur Zeitung/ daß ſie
die dahin geſchickten Scythiſchen Krieges-
Voͤlcker zur Beſatzung eingenommen hatten/
ſondern auch Geſandſchafften mit groſſen Ki-
ſten Biſam/ welcher an dem Nabel eines kleinen
Rehes waͤchſt/ ſeltzamen Affen/ und andern Koſt-
barkeiten ankamen. Das herrlichſte Geſchencke
unter allen aber waren zwoͤlf wunder-ſchoͤne
Knaben/ welche die Fuͤrſten des Reichs zu Be-
dienung der neuen Koͤnigin im Lande auserle-
ſen hatten. Dieſe waren aufs herrlichſte mit
den groͤſſeſten Perlen um den Hals und die Ar-
men/ auf dem Haupte mit einem von Diaman-
ten ſchimmernden Krantze ausgeputzt. Vier
derſelben waren mit Purpur bekleidet/ mit Koͤ-
cher und Bogen ausgeruͤſtet/ der eine uͤberliefer-
te der Koͤnigin Syrmanis eine Krone/ der an-
der einen Koͤnigsſtab/ der dritte eine groſſe guͤl-
dene Muͤntze/ auf welcher ſie mit einem neuen
Nahmen nemlich einer Tochter der guͤldenen
Abendroͤthe gepreget ſtand; der vierdte ein guͤl-
denes Zeit-Regiſter/ in welchem der Anfang der
Jahres-Rechnung von dem Tage ihrer Herr-
ſchafft angefangen ward. Dieſe vier waren
Lehrlinge aus der Schule des fuͤr fuͤnfftehalb
hundert Jahren bluͤhenden weltweiſen Confu-
tius; deſſen Lehren ſo unzweiffelbar/ als ein
goͤttlicher Ausſpruch verehret werden. Sie zie-
len fuͤrnehmlich auf eine gluͤckſelige Reichs-
Herrſchafft/ verehren kein Bild/ nur einen ei-
nigen Gott den Erhalter der Welt/ und halten
der Gottloſen Seelen fuͤr ſterblich. Die an-
dern vier Knaben waren blau angethan/ einer
trug in einem guͤldenen Korbe die wolruͤchenſten
Blumen/ der ander auf einer Porcellanen
Schuͤſſel die geſchmackteſten Fruͤchte/ der dritte
in einer Cryſtallenen Schale ein koͤſtliches Ge-
traͤncke/ der vierdte in einem Porphirenem Ge-
faͤſſe Ambra/ Zibeth und Biſam. Dieſe wa-
ren aus der Schule der Tauſi/ welcher Weltwei-
ſen Urheber Lauzu mit dem Confutius zu einer
Zeit gelebt/ und neun mal neun Jahr in Mut-
terleibe geweſen ſeyn ſoll; auch gelehret hat/ des
Menſchen hoͤchſtes Gut waͤre die Wolluſt/ weil
die Seele mit dem Leibe verſchwinde. Die
letztern vier Knaben hatten alle ein Rubinenes
Hertz auf der Bruſt hencken/ in den Haͤnden
guͤldene Zirckel/ und legten ſelbte wie vorige
Knaben zu der Koͤnigin Fuͤſſen. Sie waren
Lehrlinge der Bonzier/ die von dem klugen
Tſchaka herruͤhren/ welchen fuͤr weniger Zeit
des letztern Seriſchen Koͤnigs Vater durch An-
leitung eines Traumes aus Jndien holen laſ-
ſen/ und mit welchem ſeine Mutter im Traume
einen weiſſen Elefanten/ wie Olympias eine
Schlange ſehende/ ſoll ſchwanger worden ſeyn/
und ihn durch die Seite gebohren haben. Sie
glaͤuben mehr als eine Welt/ die Verſetzung der
Seelen aus einem Leibe in den andern; ſie ſind
bemuͤhet allein um die Vollkommenheit des
Geiſtes/ und ihr hoͤchſtes Gut iſt die Ruhe des
Gewiſſens. Dahero die Serer insgemein von
dieſen dreyen zu urtheilen pflegen: Die Gelehr-
ten beherrſchen das Reich/ die Tauſi den Leib/
die Bonzier das Hertze. Rhemetalces fiel dem
Fuͤrſten Zeno hier in die Rede: Jch wundre
mich/ wie die Lehre des unwiſſenden und wolluͤ-
ſtigen Epicurus der rechten verhaſten Nacht-
Eule unter den andern Weltweiſen auch zu den
Serern kommen ſey? Hertzog Herrmann ſetzte
ihm alſofort entgegen: Jch vertheidige nicht die
Serer und andere unvernuͤnfftige Ausleger die-
ſes Weltweiſen; aber ſeiner eigenen Unſchuld
habe ich mich billich anzumaſſen. Er hat geir-
ret/ wie alle Weltweiſen in andern Stuͤcken;
wo es anderſt wahr iſt/ daß er unſere Seelen fuͤr
ſterblich gehalten/ und keine goͤttliche Vorſe-
hung geglaubt; nicht aber vielmehr/ wie
ſich wider ſeinen Verleumder Nauſiphanes
aus vielen andern Lehren muthmaſſen laͤſt/ die
Eitelkeit der Griechiſchen Abgoͤtter verworf-
fen/ die Vielheit der Gottheiten als den Grund
aller ihrer Tempel und Andacht uͤber einen
Hauf-
Erſter Theil. J i i i
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |