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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] nen ein Gesetze fürschriebe. Sie schämeten
sich nicht dem sich ausschüttenden Magen Ge-
walt anzuthun/ und diß zu füllen/ was die Na-
tur leer zu haben sich mühte; gleich als wenn sie
zu Verderbung des Weines gebohren wären/
und dieser edle Safft nicht anders als durch ih-
ren Wanst ausgeschüttet werden könte. Un-
ter diesem versoffenen Volcke hätte sich Smin-
derydes gerühmet/ daß er in zwantzig Jahren
nie hätte gesehen die Sonne aufgehen. Bey
den Griechen wäre das Trincken ein uhraltes
Handwerck/ und es hätte Homer nicht so eigent-
lich den Schild Achillens als das Trinck geschir-
re des zum Truncke geneigten Nestors beschrie-
ben. Bey ihren Gastmahlen würde aus ei-
nem grossen Kessel iedem Gaste durch ein abson-
derliches Silberröhr so viel Wein zugeflöst/ daß
selten einer genung schlingen könte. Alcibia-
des selbst hätte nicht nur wegen seiner Tapffer-
keit in Schlachten/ sondern auch im Sauffen ei-
nen berühmten Nahmen erlangt. Die zwey
grossen Weisen Socrates und Plato wären von
ihrem Trincken beruffen; Arcesilaus und La-
cydes hätten sich gar zu tode gesoffen/ und So-
lon wäre hundert mal über sein eigenes Gesetze
gefallen/ darinnen er die Trunckenheit der O-
brigkeit bey Lebens-Straffe verboten. Eben
so sehr wäre dieses Laster bey den Römern einge-
rissen; welche allererst eine Kunst erfunden/ ihn
durch einen Lagersack zu seigen/ also dem Wei-
ne seine Stärcke zu nehmen/ und ihn gleich-
sam zu entmannen/ daß sie dessen nur so viel mehr
trincken können. Marcus Antonius hätte
von seiner Trinck-Kunst ein gantz Buch ge-
schrieben. Des Cicero Sohn wäre zu Rom
für einen so grossen Säuffer/ als sein Vater für
einen Redner gehalten worden. Tiberius selbst
wäre ein so grosser Held in Gläsern/ als im Fel-
de/ und hielte den Torqvat nur wegen seiner sel-
zamen Sauff-Künste in seiner Bestallung.
Rhemetalces fing an: Er solte seinen in diese
Zeche gehörigen Thraciern nur nicht heucheln/
[Spaltenumbruch] als bey welchen so wol Weiber als Männer das
Volltrincken/ und so gar die Kleider mit Wei-
ne netzen/ den Titel des glückseligsten Lebens
verdiente. Hertzog Arpus versetzte: seinem
Bedüncken nach/ wäre die Trunckenheit die-
sen Völckern/ welchen die Natur durch den
Weinwachs einen so reichen Zunder hierzu ver-
liehen hätte/ ehe als den Deutschen zu verzeihen/
derer euserste Gräntzen/ und zwar nur noch für
weniger Zeit durch blosse Lüsternheit mit Reben
wären belegt worden; da die Deutschen doch
vorhin geglaubt/ daß sich bey ihnen so wenig
Wein pflantzen/ als auf dem Eylande Tenos
sein Brunnwasser sich mit Weine vermengen
liesse. So aber hätten die Deutschen mit vie-
lem Nachdencken ergrübelt/ wie sie auch das
Wasser truncken machen/ und diß also die Ei-
genschafft des starcken Flusses Erganes über-
kommen möchte; da sie nehmlich ihr Bier aus
Gersten und Hopffen kochten. Welche Er-
findung alleine seinen Wunsch zurücke hielte/
daß alle Wasser in der Welt die Eigenschafft
des Clitorischen Brunnes haben möchten/ dessen
der/ der nur einmal daraus getruncken hätte/
nicht einmal den Wein rüchen könte. Jedoch
wolte er gerne zu frieden seyn/ wenn die Deut-
schen sich mit den Königen in Persien vergnü-
gen wolten/ welche sich des Jahres nur einmal
an dem Feyer ihres Gottes Mithra voll trin-
cken dorften. Antiochus in Syrien/ und My-
das in Phrygien hätten gantze Brunnen mit
Weine angefüllt/ wormit jener seinen Uberfluß
zeigen/ dieser den Silenus berauschen könte.
Alles diß aber wäre Kinderspiel gegen der Ver-
schwendung des Serischen Königs Rieus/ mit
welchem auch der erste königliche Stammbaum
Hiaa untergegangen. Denn er hätte einen
grossen/ und zur Schiffarth fähigen Teich gra-
ben/ und mit Weine füllen lassen; woraus im-
mer wechselsweise drey tausend Menschen auff
Hundes-Art sauffen/ und hernach im nechsten
Walde die an die Bäume gehenckten und ge-

brate-
D d d d 3

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] nen ein Geſetze fuͤrſchriebe. Sie ſchaͤmeten
ſich nicht dem ſich ausſchuͤttenden Magen Ge-
walt anzuthun/ und diß zu fuͤllen/ was die Na-
tur leer zu haben ſich muͤhte; gleich als wenn ſie
zu Verderbung des Weines gebohren waͤren/
und dieſer edle Safft nicht anders als durch ih-
ren Wanſt ausgeſchuͤttet werden koͤnte. Un-
ter dieſem verſoffenen Volcke haͤtte ſich Smin-
derydes geruͤhmet/ daß er in zwantzig Jahren
nie haͤtte geſehen die Sonne aufgehen. Bey
den Griechen waͤre das Trincken ein uhraltes
Handwerck/ und es haͤtte Homer nicht ſo eigent-
lich den Schild Achillens als das Trinck geſchir-
re des zum Truncke geneigten Neſtors beſchrie-
ben. Bey ihren Gaſtmahlen wuͤrde aus ei-
nem groſſen Keſſel iedem Gaſte durch ein abſon-
derliches Silberroͤhr ſo viel Wein zugefloͤſt/ daß
ſelten einer genung ſchlingen koͤnte. Alcibia-
des ſelbſt haͤtte nicht nur wegen ſeiner Tapffer-
keit in Schlachten/ ſondern auch im Sauffen ei-
nen beruͤhmten Nahmen erlangt. Die zwey
groſſen Weiſen Socrates und Plato waͤren von
ihrem Trincken beruffen; Arceſilaus und La-
cydes haͤtten ſich gar zu tode geſoffen/ und So-
lon waͤre hundert mal uͤber ſein eigenes Geſetze
gefallen/ darinnen er die Trunckenheit der O-
brigkeit bey Lebens-Straffe verboten. Eben
ſo ſehr waͤre dieſes Laſter bey den Roͤmern einge-
riſſen; welche allererſt eine Kunſt erfunden/ ihn
durch einen Lagerſack zu ſeigen/ alſo dem Wei-
ne ſeine Staͤrcke zu nehmen/ und ihn gleich-
ſam zu entmannen/ daß ſie deſſen nur ſo viel mehꝛ
trincken koͤnnen. Marcus Antonius haͤtte
von ſeiner Trinck-Kunſt ein gantz Buch ge-
ſchrieben. Des Cicero Sohn waͤre zu Rom
fuͤr einen ſo groſſen Saͤuffer/ als ſein Vater fuͤr
einen Redner gehalten worden. Tiberius ſelbſt
waͤre ein ſo groſſer Held in Glaͤſern/ als im Fel-
de/ und hielte den Torqvat nur wegen ſeiner ſel-
zamen Sauff-Kuͤnſte in ſeiner Beſtallung.
Rhemetalces fing an: Er ſolte ſeinen in dieſe
Zeche gehoͤrigen Thraciern nur nicht heucheln/
[Spaltenumbruch] als bey welchen ſo wol Weiber als Maͤnner das
Volltrincken/ und ſo gar die Kleider mit Wei-
ne netzen/ den Titel des gluͤckſeligſten Lebens
verdiente. Hertzog Arpus verſetzte: ſeinem
Beduͤncken nach/ waͤre die Trunckenheit die-
ſen Voͤlckern/ welchen die Natur durch den
Weinwachs einen ſo reichen Zunder hierzu ver-
liehen haͤtte/ ehe als den Deutſchen zu verzeihen/
derer euſerſte Graͤntzen/ und zwar nur noch fuͤr
weniger Zeit durch bloſſe Luͤſternheit mit Reben
waͤren belegt worden; da die Deutſchen doch
vorhin geglaubt/ daß ſich bey ihnen ſo wenig
Wein pflantzen/ als auf dem Eylande Tenos
ſein Brunnwaſſer ſich mit Weine vermengen
lieſſe. So aber haͤtten die Deutſchen mit vie-
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Waſſer truncken machen/ und diß alſo die Ei-
genſchafft des ſtarcken Fluſſes Erganes uͤber-
kommen moͤchte; da ſie nehmlich ihr Bier aus
Gerſten und Hopffen kochten. Welche Er-
findung alleine ſeinen Wunſch zuruͤcke hielte/
daß alle Waſſer in der Welt die Eigenſchafft
des Clitoriſchen Brunnes haben moͤchten/ deſſen
der/ der nur einmal daraus getruncken haͤtte/
nicht einmal den Wein ruͤchen koͤnte. Jedoch
wolte er gerne zu frieden ſeyn/ wenn die Deut-
ſchen ſich mit den Koͤnigen in Perſien vergnuͤ-
gen wolten/ welche ſich des Jahres nur einmal
an dem Feyer ihres Gottes Mithra voll trin-
cken dorften. Antiochus in Syrien/ und My-
das in Phrygien haͤtten gantze Brunnen mit
Weine angefuͤllt/ wormit jener ſeinen Uberfluß
zeigen/ dieſer den Silenus berauſchen koͤnte.
Alles diß aber waͤre Kinderſpiel gegen der Ver-
ſchwendung des Seriſchen Koͤnigs Rieus/ mit
welchem auch der erſte koͤnigliche Stammbaum
Hiaa untergegangen. Denn er haͤtte einen
groſſen/ und zur Schiffarth faͤhigen Teich gra-
ben/ und mit Weine fuͤllen laſſen; woraus im-
mer wechſelsweiſe drey tauſend Menſchen auff
Hundes-Art ſauffen/ und hernach im nechſten
Walde die an die Baͤume gehenckten und ge-

brate-
D d d d 3
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 581. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/637>, abgerufen am 27.05.2024.