Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
blieb. Hierauf setzte sie über den Hellespont/ unddrang von dar biß in Peloponnesus. Gantz Griechenland hatte daselbst unter der Haupt- Fahne der Athenienser seine Kräffte versamm- let/ als es aber zum Treffen kam/ gerieth Ory- thia mit dem Fürsten Panasagor wegen des Vorzugs in Zwist/ und zohe dieser sich in sein Läger zurücke. Dessen ungeachtet/ band Ory- thia und ihre Amazonen mit den Griechen tapf- fer an/ und blieb der Sieg einen halben Tag zweiffelhafft/ biß daß Orythia nach eigenhändi- ger Aufopfferung vieler Feinde/ und insonder- heit Hippolytens/ welche für ihren Ehherren Theseus der Griechen Feldherrn an der Spitze wider ihre Schwestern am verzweiffeltesten fochte/ tödtlich verwundet ward. Ob sich nun wol hierauf das Glück wendete; brachten doch die hertzhafftesten Amazonen ihre Königin aus dem Gedränge der Feinde/ und zohen sich zu- rück-weichende in Panasagors Läger/ darin- nen Orythia mit Vergnügung/ weil sie Hippo- lyten erlegt hatte/ nach Vermahnung der A- mazonen zur Tapfferkeit/ und Benennung ih- rer Tochter Penthasilea zum Reiche dieses Le- ben gesegnete. Die abgematteten Griechen wolten sich nicht wagen das Läger anzutasten/ sondern liessen den Feind ohne einige Verfol- gung wieder über den Hellespont in Asten setzen/ und bauten zum ewigen Gedächtnüß auff den Siegs-Platz die Stadt Amazonia. Pentha- silea verliebte sich im Rückwege in den König der Mysier Telephus/ des Hercules und der Auge Sohn/ und behielt ihn etliche Monat bey sich. Welche Liebe denen Amazonen aus Rachgier gegen dem Hercules höchst verdächtig und also verdrüßlich war/ ungeachtet Telephus ihnen beym Ubersetzen allen Vorschub gethan/ hingegen den Griechen/ als sie zur Belägerung der Stadt Troja zohen/ sich entgegen gesetzt/ den Fürsten Timander getödtet/ und/ als er dem flüchtigen Ajax und Ulysses nachrennende mit dem Pferde stürtzte/ von den Pfeilen des Achil- [Spaltenumbruch] les eine tödtliche Wunde bekommen hatte/ die auch anders nicht/ als mit Verbindung des ver- wundenden Eisens/ zu heilen war. Dieser Lie- bes-Zwist kam endlich so weit/ daß Penthasilea Monotapen/ als sie ihr allzu hefftig einredete/ durchstach/ und hierdurch das Amazonische Reich in offentlichen Aufstand wider sich versetz- te/ also/ daß sie mit einem Theile der ihr wohl- wollenden Amazonen sich in Mysien flüchten muste. Wie nun Troja von den Griechen aufs ärgste bedränget/ Hector auch schon vom Achil- les erlegt war/ meinte Penthasilea sich so wol an den Griechen zu rächen/ als einen unsterblichen Nahmen zu erwerben; Zohe also den Troja- nern zu Hülffe/ erlegte daselbst etliche tausend Griechen/ das unveränderliche Verhängnüß aber schickte es/ daß sie nur auch von dem Schwerdte des grimmigen Achilles fallen mu- ste. Unterdessen wurden die Amazonen in Cap- padocien wegen der Herrschafft uneins/ die be- nachbarten Völcker hingegen fielen von ihnen ab/ und machten wider sie/ als welche gleichsam zu ewiger Schande der Männer sie so lange mit Füssen getreten hatten/ starcke Bündnüsse; also/ daß sie sich endlich entschlossen selbige Länder zu verlassen; zohen daher durch Colchis zu ihren Schwestern/ die unter den Nachkommen der Königin Vandala zwischen dem schwartzen und Caspischen Meere noch über viel Völcker herr- schen. Unter der Reyhe dieser Königinnen war auch die hertzhaffte Tamyris/ welche dem Scy- thischen Könige Madyes/ mit dem sie einen Sohn Rhodobates gezeuget hatte/ wider den Cyrus zu Hülffe kam. Denn nachdem dieser Asien und alle Morgenländer überwältiget hatte/ stach ihn auch der Kützel der Scythen Meister zu werden. Madyes schickte seinen Sohn Rhodobates mit einem ansehnlichen Hee- re an den Fluß Araxes den Persen die Uber- kunfft zu ver wehren; Tamyris aber rieth/ den Feind unverhindert überzulassen/ und selbten zwischen die Engen des Taurischen Gebürges zu Erster Theil. X x x
Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
blieb. Hierauf ſetzte ſie uͤber den Helleſpont/ unddrang von dar biß in Peloponneſus. Gantz Griechenland hatte daſelbſt unter der Haupt- Fahne der Athenienſer ſeine Kraͤffte verſamm- let/ als es aber zum Treffen kam/ gerieth Ory- thia mit dem Fuͤrſten Panaſagor wegen des Vorzugs in Zwiſt/ und zohe dieſer ſich in ſein Laͤger zuruͤcke. Deſſen ungeachtet/ band Ory- thia und ihre Amazonen mit den Griechen tapf- fer an/ und blieb der Sieg einen halben Tag zweiffelhafft/ biß daß Orythia nach eigenhaͤndi- ger Aufopfferung vieler Feinde/ und inſonder- heit Hippolytens/ welche fuͤr ihren Ehherren Theſeus der Griechen Feldherrn an der Spitze wider ihre Schweſtern am verzweiffelteſten fochte/ toͤdtlich verwundet ward. Ob ſich nun wol hierauf das Gluͤck wendete; brachten doch die hertzhaffteſten Amazonen ihre Koͤnigin aus dem Gedraͤnge der Feinde/ und zohen ſich zu- ruͤck-weichende in Panaſagors Laͤger/ darin- nen Orythia mit Vergnuͤgung/ weil ſie Hippo- lyten erlegt hatte/ nach Vermahnung der A- mazonen zur Tapfferkeit/ und Benennung ih- rer Tochter Penthaſilea zum Reiche dieſes Le- ben geſegnete. Die abgematteten Griechen wolten ſich nicht wagen das Laͤger anzutaſten/ ſondern lieſſen den Feind ohne einige Verfol- gung wiedeꝛ uͤber den Helleſpont in Aſten ſetzen/ und bauten zum ewigen Gedaͤchtnuͤß auff den Siegs-Platz die Stadt Amazonia. Pentha- ſilea verliebte ſich im Ruͤckwege in den Koͤnig der Myſier Telephus/ des Hercules und der Auge Sohn/ und behielt ihn etliche Monat bey ſich. Welche Liebe denen Amazonen aus Rachgier gegen dem Hercules hoͤchſt verdaͤchtig und alſo verdruͤßlich war/ ungeachtet Telephus ihnen beym Uberſetzen allen Vorſchub gethan/ hingegen den Griechen/ als ſie zur Belaͤgerung der Stadt Troja zohen/ ſich entgegen geſetzt/ den Fuͤrſten Timander getoͤdtet/ und/ als er dem fluͤchtigen Ajax und Ulyſſes nachrennende mit dem Pferde ſtuͤrtzte/ von den Pfeilen des Achil- [Spaltenumbruch] les eine toͤdtliche Wunde bekommen hatte/ die auch anders nicht/ als mit Verbindung des ver- wundenden Eiſens/ zu heilen waꝛ. Dieſer Lie- bes-Zwiſt kam endlich ſo weit/ daß Penthaſilea Monotapen/ als ſie ihr allzu hefftig einredete/ durchſtach/ und hierdurch das Amazoniſche Reich in offentlichen Aufſtand wider ſich verſetz- te/ alſo/ daß ſie mit einem Theile der ihr wohl- wollenden Amazonen ſich in Myſien fluͤchten muſte. Wie nun Troja von den Griechen aufs aͤrgſte bedraͤnget/ Hector auch ſchon vom Achil- les erlegt war/ meinte Penthaſilea ſich ſo wol an den Griechen zu raͤchen/ als einen unſterblichen Nahmen zu erwerben; Zohe alſo den Troja- nern zu Huͤlffe/ erlegte daſelbſt etliche tauſend Griechen/ das unveraͤnderliche Verhaͤngnuͤß aber ſchickte es/ daß ſie nur auch von dem Schwerdte des grimmigen Achilles fallen mu- ſte. Unterdeſſen wurden die Amazonen in Cap- padocien wegen der Herrſchafft uneins/ die be- nachbarten Voͤlcker hingegen fielen von ihnen ab/ und machten wider ſie/ als welche gleichſam zu ewiger Schande der Maͤnner ſie ſo lange mit Fuͤſſen getreten hatten/ ſtarcke Buͤndnuͤſſe; alſo/ daß ſie ſich endlich entſchloſſen ſelbige Laͤnder zu verlaſſen; zohen daher durch Colchis zu ihren Schweſtern/ die unter den Nachkommen der Koͤnigin Vandala zwiſchen dem ſchwartzen und Caſpiſchen Meere noch uͤber viel Voͤlcker herr- ſchen. Unter der Reyhe dieſer Koͤniginnen war auch die hertzhaffte Tamyris/ welche dem Scy- thiſchen Koͤnige Madyes/ mit dem ſie einen Sohn Rhodobates gezeuget hatte/ wider den Cyrus zu Huͤlffe kam. Denn nachdem dieſer Aſien und alle Morgenlaͤnder uͤberwaͤltiget hatte/ ſtach ihn auch der Kuͤtzel der Scythen Meiſter zu werden. Madyes ſchickte ſeinen Sohn Rhodobates mit einem anſehnlichen Hee- re an den Fluß Araxes den Perſen die Uber- kunfft zu ver wehren; Tamyris aber rieth/ den Feind unverhindert uͤberzulaſſen/ und ſelbten zwiſchen die Engen des Tauriſchen Gebuͤrges zu Erſter Theil. X x x
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Arminius und Thußnelda.
blieb. Hierauf ſetzte ſie uͤber den Helleſpont/ und
drang von dar biß in Peloponneſus. Gantz
Griechenland hatte daſelbſt unter der Haupt-
Fahne der Athenienſer ſeine Kraͤffte verſamm-
let/ als es aber zum Treffen kam/ gerieth Ory-
thia mit dem Fuͤrſten Panaſagor wegen des
Vorzugs in Zwiſt/ und zohe dieſer ſich in ſein
Laͤger zuruͤcke. Deſſen ungeachtet/ band Ory-
thia und ihre Amazonen mit den Griechen tapf-
fer an/ und blieb der Sieg einen halben Tag
zweiffelhafft/ biß daß Orythia nach eigenhaͤndi-
ger Aufopfferung vieler Feinde/ und inſonder-
heit Hippolytens/ welche fuͤr ihren Ehherren
Theſeus der Griechen Feldherrn an der Spitze
wider ihre Schweſtern am verzweiffelteſten
fochte/ toͤdtlich verwundet ward. Ob ſich nun
wol hierauf das Gluͤck wendete; brachten doch
die hertzhaffteſten Amazonen ihre Koͤnigin aus
dem Gedraͤnge der Feinde/ und zohen ſich zu-
ruͤck-weichende in Panaſagors Laͤger/ darin-
nen Orythia mit Vergnuͤgung/ weil ſie Hippo-
lyten erlegt hatte/ nach Vermahnung der A-
mazonen zur Tapfferkeit/ und Benennung ih-
rer Tochter Penthaſilea zum Reiche dieſes Le-
ben geſegnete. Die abgematteten Griechen
wolten ſich nicht wagen das Laͤger anzutaſten/
ſondern lieſſen den Feind ohne einige Verfol-
gung wiedeꝛ uͤber den Helleſpont in Aſten ſetzen/
und bauten zum ewigen Gedaͤchtnuͤß auff den
Siegs-Platz die Stadt Amazonia. Pentha-
ſilea verliebte ſich im Ruͤckwege in den Koͤnig
der Myſier Telephus/ des Hercules und der
Auge Sohn/ und behielt ihn etliche Monat bey
ſich. Welche Liebe denen Amazonen aus
Rachgier gegen dem Hercules hoͤchſt verdaͤchtig
und alſo verdruͤßlich war/ ungeachtet Telephus
ihnen beym Uberſetzen allen Vorſchub gethan/
hingegen den Griechen/ als ſie zur Belaͤgerung
der Stadt Troja zohen/ ſich entgegen geſetzt/
den Fuͤrſten Timander getoͤdtet/ und/ als er dem
fluͤchtigen Ajax und Ulyſſes nachrennende mit
dem Pferde ſtuͤrtzte/ von den Pfeilen des Achil-
les eine toͤdtliche Wunde bekommen hatte/ die
auch anders nicht/ als mit Verbindung des ver-
wundenden Eiſens/ zu heilen waꝛ. Dieſer Lie-
bes-Zwiſt kam endlich ſo weit/ daß Penthaſilea
Monotapen/ als ſie ihr allzu hefftig einredete/
durchſtach/ und hierdurch das Amazoniſche
Reich in offentlichen Aufſtand wider ſich verſetz-
te/ alſo/ daß ſie mit einem Theile der ihr wohl-
wollenden Amazonen ſich in Myſien fluͤchten
muſte. Wie nun Troja von den Griechen aufs
aͤrgſte bedraͤnget/ Hector auch ſchon vom Achil-
les erlegt war/ meinte Penthaſilea ſich ſo wol an
den Griechen zu raͤchen/ als einen unſterblichen
Nahmen zu erwerben; Zohe alſo den Troja-
nern zu Huͤlffe/ erlegte daſelbſt etliche tauſend
Griechen/ das unveraͤnderliche Verhaͤngnuͤß
aber ſchickte es/ daß ſie nur auch von dem
Schwerdte des grimmigen Achilles fallen mu-
ſte. Unterdeſſen wurden die Amazonen in Cap-
padocien wegen der Herrſchafft uneins/ die be-
nachbarten Voͤlcker hingegen fielen von ihnen
ab/ und machten wider ſie/ als welche gleichſam
zu ewiger Schande der Maͤnner ſie ſo lange mit
Fuͤſſen getreten hatten/ ſtarcke Buͤndnuͤſſe; alſo/
daß ſie ſich endlich entſchloſſen ſelbige Laͤnder zu
verlaſſen; zohen daher durch Colchis zu ihren
Schweſtern/ die unter den Nachkommen der
Koͤnigin Vandala zwiſchen dem ſchwartzen und
Caſpiſchen Meere noch uͤber viel Voͤlcker herr-
ſchen. Unter der Reyhe dieſer Koͤniginnen war
auch die hertzhaffte Tamyris/ welche dem Scy-
thiſchen Koͤnige Madyes/ mit dem ſie einen
Sohn Rhodobates gezeuget hatte/ wider den
Cyrus zu Huͤlffe kam. Denn nachdem dieſer
Aſien und alle Morgenlaͤnder uͤberwaͤltiget
hatte/ ſtach ihn auch der Kuͤtzel der Scythen
Meiſter zu werden. Madyes ſchickte ſeinen
Sohn Rhodobates mit einem anſehnlichen Hee-
re an den Fluß Araxes den Perſen die Uber-
kunfft zu ver wehren; Tamyris aber rieth/ den
Feind unverhindert uͤberzulaſſen/ und ſelbten
zwiſchen die Engen des Tauriſchen Gebuͤrges
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Erſter Theil. X x x
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