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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelde.
[Spaltenumbruch] Gleichwohl aber/ weil mit denen täglichen bey
Bewillkomm- und Abschiednehmung gewöhn-
lichen Küssen/ welche die annehmliche Julia/
in Meinung/ daß vieler Gewohnheit den La-
stern ihre Heßligkeit benehme/ allererst zu Rom
auffbracht hatte/ vielerley Geilheit bedecket
und entschuldiget ward/ lag er dem Käyser in
Ohren/ daß er diese Aergerniße durch öffent-
liches Verbot abschaffen möchte. Bey der
Stadt Meyntz richtete ihm das Kriegs-Heer
ein prächtiges Denckmahl auff. Zu Rom ward
seine Leiche auff dem Marckte auff einem ho-
hen Pracht-Bette gewiesen/ und daselbst vom
Tiberius/ auff der Flaminischen Renne-Bahn
aber vom Käyser selbst seine Thaten heraus
gestrichen/ der Leib von den fürnehmsten aus
der Römischen Ritterschafft auff das Feld des
Mars getragen/ daselbst verbrennet/ die A-
sche in das Käyserliche Begräbniß beygesetzt/
ihm und seinen Söhnen der Zunahme des
Deutschen vom Rathe gegeben; an statt des
ihm bestimmten Siegs-Gepränges ein ander
Feyer angestellet/ dem Römischen Volcke auff
dem Capitol ein Gastmahl ausgerichtet/ zu
Rom und am Rheine köstliche Ehren-Bogen
auffzurichten anbefohlen/ und Livia die Mut-
ter des Drusus und Tiberius unter die Zahl
derselbigen Frauen gezehlet/ die drey Kinder
gebohren hatten. Unterdessen nahm Hertzog
Segimer die von den Römern für unüberwind-
lich gepriesene Festung Altheim an dem Rhei-
ne ein/ dreuete auch einen Einfall in Galli-
en/ also daß Käyser August denen Batavern
alle abgenommene Länder und Städte an der
Maaß vollends abzutreten/ den Segimern
durch annehmliche Friedens-Vorschläge zu
besänfftigen/ den Catten allen Schaden zu
erstatten/ und die Sicambrer von der auffge-
bürdeten Schatzung zu befreyen gezwungen
ward.

Adgandester hatte noch die letzten Worte
auff der Zunge/ als ein mit verhangenem Zü-
[Spaltenumbruch] gel Spornstreichs gegen sie auff einem Schlä-
gebäuchenden Pferde rennender Reuter ängst-
lich nach dem Feldherrn fragte/ und endlich
dem Fürsten Adgandester vermeldete/ die
Fürstin Thußnelde wäre nebst ihrer Geferthin
aus dem Lustgarten mit Gewalt geraubet und
hinweg geführet worden. Diese bestürtzte
Zeitung konte Adgandester nicht verschweigen/
sondern fügte sich alsofort in den Tempel sol-
ches zu berichten. Alle erschracken überaus heff-
tig/ fürnehmlich aber Hertzog Herrmann und
Jubil standen/ als wenn sie der Blitz gerühret
hätte. Denn ob wol die Liebe die lebhaffteste Ge-
müths-Regung ist/ so beraubet doch keine den
Menschen geschwinder seiner Sinnen und na-
türlichen Kräffte/ als wenn das Schrecken ihr
den Verluft ihres Absehens unversehens für-
bildet. Gleichwohl erholeten sie sich alßbald/
und verwandelte sich das Erschrecknis bey dem
Feldherrn in einen hefftigen Zorn; beym Für-
sten Jubil aber in eine Begierde sich beyde der
Königin Erato durch ihre Erlösung ihr beliebt
zu machen. Was gilt es/ fing Herrmann an/
und mich werden meine Gedancken nicht betrü-
gen/ daß Segesthes der Urheber dieses verrä-
therischen Raubes sey? Hiermit eilte er aus dem
Tempel/ setzte sich mit seiner Leib-Wache nicht
allein zu Pferde denen Räubern nachzueilen/
sondern Hertzog Jubil/ Melo/ Adgandester/
ja auch Rhemetalces und Malovend folgten
ihm auch auff der Fersen nach. Denn diese
fremde gefangene Fürsten hielten ihrer Schul-
digkeit zu seyn/ daß sie ihre Tapfferkeit ihrem
so wohlthätigen Fürsten zu Liebe sehen liessen.
Ausser dem erlaubte diese Eilfertigkeit nieman-
den bey dem Boten die Umstände des Rau-
bes zu erkundigen; sondern nach dem man ihm
ein frisches Pferd gegeben/ ward er befehlicht nur
den geraden Weg dahin zu zeigen/ wohin die
Räuber ihre Flucht genommen hatten. Wie
sie nun bald nahe an Deutschburg kamen/ stiessen
nach und nach wohl tausend Pferde zu ihnen/ die

bey
G g g 3

Arminius und Thußnelde.
[Spaltenumbruch] Gleichwohl aber/ weil mit denen taͤglichen bey
Bewillkomm- und Abſchiednehmung gewoͤhn-
lichen Kuͤſſen/ welche die annehmliche Julia/
in Meinung/ daß vieler Gewohnheit den La-
ſtern ihre Heßligkeit benehme/ allererſt zu Rom
auffbracht hatte/ vielerley Geilheit bedecket
und entſchuldiget ward/ lag er dem Kaͤyſer in
Ohren/ daß er dieſe Aergerniße durch oͤffent-
liches Verbot abſchaffen moͤchte. Bey der
Stadt Meyntz richtete ihm das Kriegs-Heer
ein praͤchtiges Denckmahl auff. Zu Rom ward
ſeine Leiche auff dem Marckte auff einem ho-
hen Pracht-Bette gewieſen/ und daſelbſt vom
Tiberius/ auff der Flaminiſchen Renne-Bahn
aber vom Kaͤyſer ſelbſt ſeine Thaten heraus
geſtrichen/ der Leib von den fuͤrnehmſten aus
der Roͤmiſchen Ritterſchafft auff das Feld des
Mars getragen/ daſelbſt verbrennet/ die A-
ſche in das Kaͤyſerliche Begraͤbniß beygeſetzt/
ihm und ſeinen Soͤhnen der Zunahme des
Deutſchen vom Rathe gegeben; an ſtatt des
ihm beſtimmten Siegs-Gepraͤnges ein ander
Feyer angeſtellet/ dem Roͤmiſchen Volcke auff
dem Capitol ein Gaſtmahl ausgerichtet/ zu
Rom und am Rheine koͤſtliche Ehren-Bogen
auffzurichten anbefohlen/ und Livia die Mut-
ter des Druſus und Tiberius unter die Zahl
derſelbigen Frauen gezehlet/ die drey Kinder
gebohren hatten. Unterdeſſen nahm Hertzog
Segimer die von den Roͤmern fuͤr unuͤberwind-
lich geprieſene Feſtung Altheim an dem Rhei-
ne ein/ dreuete auch einen Einfall in Galli-
en/ alſo daß Kaͤyſer Auguſt denen Batavern
alle abgenommene Laͤnder und Staͤdte an der
Maaß vollends abzutreten/ den Segimern
durch annehmliche Friedens-Vorſchlaͤge zu
beſaͤnfftigen/ den Catten allen Schaden zu
erſtatten/ und die Sicambrer von der auffge-
buͤrdeten Schatzung zu befreyen gezwungen
ward.

Adgandeſter hatte noch die letzten Worte
auff der Zunge/ als ein mit verhangenem Zuͤ-
[Spaltenumbruch] gel Spornſtreichs gegen ſie auff einem Schlaͤ-
gebaͤuchenden Pferde rennender Reuter aͤngſt-
lich nach dem Feldherrn fragte/ und endlich
dem Fuͤrſten Adgandeſter vermeldete/ die
Fuͤrſtin Thußnelde waͤre nebſt ihrer Geferthin
aus dem Luſtgarten mit Gewalt geraubet und
hinweg gefuͤhret worden. Dieſe beſtuͤrtzte
Zeitung konte Adgandeſter nicht verſchweigen/
ſondern fuͤgte ſich alſofort in den Tempel ſol-
ches zu berichten. Alle erſchracken uͤberaus heff-
tig/ fuͤrnehmlich aber Hertzog Herrmann und
Jubil ſtanden/ als wenn ſie der Blitz geruͤhret
haͤtte. Denn ob wol die Liebe die lebhaffteſte Ge-
muͤths-Regung iſt/ ſo beraubet doch keine den
Menſchen geſchwinder ſeiner Sinnen und na-
tuͤrlichen Kraͤffte/ als wenn das Schrecken ihr
den Verluft ihres Abſehens unverſehens fuͤr-
bildet. Gleichwohl erholeten ſie ſich alßbald/
und verwandelte ſich das Erſchrecknis bey dem
Feldherrn in einen hefftigen Zorn; beym Fuͤr-
ſten Jubil aber in eine Begierde ſich beyde der
Koͤnigin Erato durch ihre Erloͤſung ihr beliebt
zu machen. Was gilt es/ fing Herrmann an/
und mich werden meine Gedancken nicht betruͤ-
gen/ daß Segeſthes der Urheber dieſes verraͤ-
theriſchen Raubes ſey? Hiermit eilte er aus dem
Tempel/ ſetzte ſich mit ſeiner Leib-Wache nicht
allein zu Pferde denen Raͤubern nachzueilen/
ſondern Hertzog Jubil/ Melo/ Adgandeſter/
ja auch Rhemetalces und Malovend folgten
ihm auch auff der Ferſen nach. Denn dieſe
fremde gefangene Fuͤrſten hielten ihrer Schul-
digkeit zu ſeyn/ daß ſie ihre Tapfferkeit ihrem
ſo wohlthaͤtigen Fuͤrſten zu Liebe ſehen lieſſen.
Auſſer dem erlaubte dieſe Eilfertigkeit nieman-
den bey dem Boten die Umſtaͤnde des Rau-
bes zu erkundigen; ſondern nach dem man ihm
ein friſches Pferd gegeben/ waꝛd er befehlicht nur
den geraden Weg dahin zu zeigen/ wohin die
Raͤuber ihre Flucht genommen hatten. Wie
ſie nun bald nahe an Deutſchburg kamen/ ſtieſſen
nach und nach wohl tauſend Pferde zu ihnen/ die

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 421. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/475>, abgerufen am 20.05.2024.