Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Arminius und thußnelda. [Spaltenumbruch]
verschrieb so wol hierzu/ als zu Ablegung derHuldigung die Armenischen Reichs-Stände/ welche Olympiens Untreu heimlich biß in die Hölle verfluchten. Die Nacht für dem Ta- ge/ da die Vermählung geschehen solte/ entstand ein erschreckliches Erdbeben/ welches etliche Ge- bäue in Artaxata über einen Hauffen warff/ und/ welches nachdencklich/ den steinernen Opfer- Tisch/ für welchem die Vermählung geschehen solte/ mitten entzwey spaltete. Worüber die Gottsfürchtige Olympia ihr anfing ein Ge- wissen zu machen/ daß sie/ wiewohl aus einem guten Absehen/ zu Aergernüß der Welt ihren Ehherrn so liederlich ausser Augen zu setzen sich angeberdete. Zu geschweigen/ daß ihr einkam: Die Götter wolten sie hierdurch für einem un- glücklichen Ausschlage ihres Fürnehmens war- nigen. Uberdiß war ihr sehr bedencklich/ daß Artabazes die Vermählung nicht in demselben Theile des Tempels/ wo die keusche Anaitis/ nehmlich Diana verehret/ und worein für Zei- ten Aspasia zu ewiger Keuschheit verbannet ward/ sondern in dem Heiligthume der geilen Anaitis oder Venus vollziehen wolte. Alleine ihre Vernunft erholete sich alsobald/ und ihre Großmüthigkeit deutete dißz Wunder-Zeichen für sich aus; Artabazes hingegen/ weil die Brunst nicht allein das Gemüthe zerrüttet/ son- dern auch einen der äuserlichen Sinnen berau- bet/ ließ es anfangs ausser aller Acht/ nach dem aber die gantze Stadt solches so gar groß machte/ und auf allerhand Art den erzürnten Himmel zu begütigen suchte; sintemal der Pöfel ohne diß alles/ was ihre Unwissenheit nicht begreifft/ zu Wundern macht/ und furchtsame Gemüther zum Aberglauben geneigt sind; wolte Artaba- zes alleine nicht für einen Verächter der Götter angesehen seyn/ befahl also aus einer teuffelischen Andacht die 300. in der Schlacht noch gefange- ne Armenier hinzurichten/ und durch Aufopfe- rung dieses edlen Blutes den Grimm des Him- mels von seinem Kopfe abzulehnen. Olympia [Spaltenumbruch] hätte über dieser wilden Aussöhnung Blut wei- nen/ und für Leid sich in Asche verscharren mö- gen; aber sie muste nun mit lachendem Munde/ mit spielenden Augen/ mit freudigem Geiste in Purper voll schütternden Diamanten und bren- nender Rubinen in dem Tempel der hochheili- gen Anaitis erscheinen/ dahin sie auf einem ver- güldeten Siegs-Wagen von vier schneeweissen Pferden geführt ward. Sie fand den Artaba- zes schon in der Mitte als einen Gott auf einem prächtigen von Edelgesteinen bedecktem Thro- ne sitzen/ neben welchem ihr nicht ein geringerer Sitz bereitet stand. Diese kluge Königin gab einen so ungemeinen Glantz von sich/ daß es schien: Es hätte Kunst und Natur miteinander sie so herrlich auszuschmücken eine Gelübde ge- than. Die Comagener selbst/ welche zeither im Hertzen des mit der Olympie Schwester An- tigone vermählten Artabazens Liebe geunbilligt hatten/ fühlten sich überwiesen/ daß ihr Fürst in einem schönen Gefängnüsse verstrickt/ und seine Liebes-Kette aller irrdischer Kronen würdig wä- re. Jnsonderheit grüßte sie Artabazen mit ei- ner so durchdringenden Anmuth/ daß nicht ei- ner aus so viel tausend Zuschauern nur muth- massete/ daß unter ihren Sonnen-Straalen so ein schrecklicher Blitz versteckt/ diese Freund- ligkeit nur angenommen/ und so freye Geber- dung gezwungen wäre. Der Priester hatte das Feuer auf dem Altar nur angezündet/ und die zwey weissen zum Opfer bestimmten Kühe wa- ren schon an beyde Hörner des Altares angebun- den/ als siebenmal sieben der auserlesensten in Himmel - blaueu Damaß gekleideten Jung- frauen mit glüenden Rauch-Fässern/ darein sie Weyrauch und andere wolrüchende Sachen streuten/ für Artabazen/ und siebenmal sieben der edlesten in Purper und Gold gekleideten Knaben/ welche in der rechten Hand brennende Wachs-Fackeln/ an der Seite Köcher und Bo- gen trugen/ für Olympien mit tieffster Ehrerbie- tung zu knien kamen/ und hierauf sie für den Opfer- Erster Theil. H h
Arminius und thußnelda. [Spaltenumbruch]
verſchrieb ſo wol hierzu/ als zu Ablegung derHuldigung die Armeniſchen Reichs-Staͤnde/ welche Olympiens Untreu heimlich biß in die Hoͤlle verfluchten. Die Nacht fuͤr dem Ta- ge/ da die Vermaͤhlung geſchehen ſolte/ entſtand ein erſchreckliches Erdbeben/ welches etliche Ge- baͤue in Artaxata uͤber einen Hauffen warff/ und/ welches nachdencklich/ den ſteinernen Opfer- Tiſch/ fuͤr welchem die Vermaͤhlung geſchehen ſolte/ mitten entzwey ſpaltete. Woruͤber die Gottsfuͤrchtige Olympia ihr anfing ein Ge- wiſſen zu machen/ daß ſie/ wiewohl aus einem guten Abſehen/ zu Aergernuͤß der Welt ihren Ehherrn ſo liederlich auſſer Augen zu ſetzen ſich angeberdete. Zu geſchweigen/ daß ihr einkam: Die Goͤtter wolten ſie hierdurch fuͤr einem un- gluͤcklichen Ausſchlage ihres Fuͤrnehmens war- nigen. Uberdiß war ihr ſehr bedencklich/ daß Artabazes die Vermaͤhlung nicht in demſelben Theile des Tempels/ wo die keuſche Anaitis/ nehmlich Diana verehret/ und worein fuͤr Zei- ten Aſpaſia zu ewiger Keuſchheit verbannet ward/ ſondern in dem Heiligthume der geilen Anaitis oder Venus vollziehen wolte. Alleine ihre Vernunft erholete ſich alſobald/ und ihre Großmuͤthigkeit deutete dißz Wunder-Zeichen fuͤr ſich aus; Artabazes hingegen/ weil die Brunſt nicht allein das Gemuͤthe zerruͤttet/ ſon- dern auch einen der aͤuſerlichen Sinnen berau- bet/ ließ es anfangs auſſer aller Acht/ nach dem aber die gantze Stadt ſolches ſo gar groß machte/ und auf allerhand Art den erzuͤrnten Himmel zu beguͤtigen ſuchte; ſintemal der Poͤfel ohne diß alles/ was ihre Unwiſſenheit nicht begreifft/ zu Wundern macht/ und furchtſame Gemuͤther zum Aberglauben geneigt ſind; wolte Artaba- zes alleine nicht fuͤr einen Veraͤchter der Goͤtter angeſehen ſeyn/ befahl alſo aus einer teuffeliſchen Andacht die 300. in der Schlacht noch gefange- ne Armenier hinzurichten/ und durch Aufopfe- rung dieſes edlen Blutes den Grim̃ des Him- mels von ſeinem Kopfe abzulehnen. Olympia [Spaltenumbruch] haͤtte uͤber dieſer wilden Ausſoͤhnung Blut wei- nen/ und fuͤr Leid ſich in Aſche verſcharren moͤ- gen; aber ſie muſte nun mit lachendem Munde/ mit ſpielenden Augen/ mit freudigem Geiſte in Purper voll ſchuͤtternden Diamanten und bren- nender Rubinen in dem Tempel der hochheili- gen Anaitis erſcheinen/ dahin ſie auf einem ver- guͤldeten Siegs-Wagen von vier ſchneeweiſſen Pferden gefuͤhrt ward. Sie fand den Artaba- zes ſchon in der Mitte als einen Gott auf einem praͤchtigen von Edelgeſteinen bedecktem Thro- ne ſitzen/ neben welchem ihr nicht ein geringerer Sitz bereitet ſtand. Dieſe kluge Koͤnigin gab einen ſo ungemeinen Glantz von ſich/ daß es ſchien: Es haͤtte Kunſt und Natur miteinander ſie ſo herrlich auszuſchmuͤcken eine Geluͤbde ge- than. Die Comagener ſelbſt/ welche zeither im Hertzen des mit der Olympie Schweſter An- tigone vermaͤhlten Artabazens Liebe geunbilligt hatten/ fuͤhlten ſich uͤberwieſen/ daß ihr Fuͤrſt in einem ſchoͤnen Gefaͤngnuͤſſe verſtrickt/ und ſeine Liebes-Kette aller irrdiſcher Kronen wuͤrdig waͤ- re. Jnſonderheit gruͤßte ſie Artabazen mit ei- ner ſo durchdringenden Anmuth/ daß nicht ei- ner aus ſo viel tauſend Zuſchauern nur muth- maſſete/ daß unter ihren Sonnen-Straalen ſo ein ſchrecklicher Blitz verſteckt/ dieſe Freund- ligkeit nur angenommen/ und ſo freye Geber- dung gezwungen waͤre. Der Prieſter hatte das Feuer auf dem Altar nur angezuͤndet/ und die zwey weiſſen zum Opfer beſtim̃ten Kuͤhe wa- ren ſchon an beyde Hoͤrner des Altares angebun- den/ als ſiebenmal ſieben der auserleſenſten in Himmel - blaueu Damaß gekleideten Jung- frauen mit gluͤenden Rauch-Faͤſſern/ darein ſie Weyrauch und andere wolruͤchende Sachen ſtreuten/ fuͤr Artabazen/ und ſiebenmal ſieben der edleſten in Purper und Gold gekleideten Knaben/ welche in der rechten Hand brennende Wachs-Fackeln/ an der Seite Koͤcher und Bo- gen trugen/ fuͤr Olympien mit tieffſter Ehrerbie- tung zu knien kamen/ und hierauf ſie fuͤr den Opfer- Erſter Theil. H h
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0293" n="241"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Arminius und thußnelda.</hi></fw><lb/><cb/> verſchrieb ſo wol hierzu/ als zu Ablegung der<lb/> Huldigung die Armeniſchen Reichs-Staͤnde/<lb/> welche Olympiens Untreu heimlich biß in die<lb/> Hoͤlle verfluchten. Die Nacht fuͤr dem Ta-<lb/> ge/ da die Vermaͤhlung geſchehen ſolte/ entſtand<lb/> ein erſchreckliches Erdbeben/ welches etliche Ge-<lb/> baͤue in Artaxata uͤber einen Hauffen warff/ und/<lb/> welches nachdencklich/ den ſteinernen Opfer-<lb/> Tiſch/ fuͤr welchem die Vermaͤhlung geſchehen<lb/> ſolte/ mitten entzwey ſpaltete. Woruͤber die<lb/> Gottsfuͤrchtige Olympia ihr anfing ein Ge-<lb/> wiſſen zu machen/ daß ſie/ wiewohl aus einem<lb/> guten Abſehen/ zu Aergernuͤß der Welt ihren<lb/> Ehherrn ſo liederlich auſſer Augen zu ſetzen ſich<lb/> angeberdete. Zu geſchweigen/ daß ihr einkam:<lb/> Die Goͤtter wolten ſie hierdurch fuͤr einem un-<lb/> gluͤcklichen Ausſchlage ihres Fuͤrnehmens war-<lb/> nigen. Uberdiß war ihr ſehr bedencklich/ daß<lb/> Artabazes die Vermaͤhlung nicht in demſelben<lb/> Theile des Tempels/ wo die keuſche Anaitis/<lb/> nehmlich Diana verehret/ und worein fuͤr Zei-<lb/> ten Aſpaſia zu ewiger Keuſchheit verbannet<lb/> ward/ ſondern in dem Heiligthume der geilen<lb/> Anaitis oder Venus vollziehen wolte. Alleine<lb/> ihre Vernunft erholete ſich alſobald/ und ihre<lb/> Großmuͤthigkeit deutete dißz Wunder-Zeichen<lb/> fuͤr ſich aus; Artabazes hingegen/ weil die<lb/> Brunſt nicht allein das Gemuͤthe zerruͤttet/ ſon-<lb/> dern auch einen der aͤuſerlichen Sinnen berau-<lb/> bet/ ließ es anfangs auſſer aller Acht/ nach dem<lb/> aber die gantze Stadt ſolches ſo gar groß machte/<lb/> und auf allerhand Art den erzuͤrnten Himmel<lb/> zu beguͤtigen ſuchte; ſintemal der Poͤfel ohne diß<lb/> alles/ was ihre Unwiſſenheit nicht begreifft/ zu<lb/> Wundern macht/ und furchtſame Gemuͤther<lb/> zum Aberglauben geneigt ſind; wolte Artaba-<lb/> zes alleine nicht fuͤr einen Veraͤchter der Goͤtter<lb/> angeſehen ſeyn/ befahl alſo aus einer teuffeliſchen<lb/> Andacht die 300. in der Schlacht noch gefange-<lb/> ne Armenier hinzurichten/ und durch Aufopfe-<lb/> rung dieſes edlen Blutes den Grim̃ des Him-<lb/> mels von ſeinem Kopfe abzulehnen. Olympia<lb/><cb/> haͤtte uͤber dieſer wilden Ausſoͤhnung Blut wei-<lb/> nen/ und fuͤr Leid ſich in Aſche verſcharren moͤ-<lb/> gen; aber ſie muſte nun mit lachendem Munde/<lb/> mit ſpielenden Augen/ mit freudigem Geiſte in<lb/> Purper voll ſchuͤtternden Diamanten und bren-<lb/> nender Rubinen in dem Tempel der hochheili-<lb/> gen Anaitis erſcheinen/ dahin ſie auf einem ver-<lb/> guͤldeten Siegs-Wagen von vier ſchneeweiſſen<lb/> Pferden gefuͤhrt ward. Sie fand den Artaba-<lb/> zes ſchon in der Mitte als einen Gott auf einem<lb/> praͤchtigen von Edelgeſteinen bedecktem Thro-<lb/> ne ſitzen/ neben welchem ihr nicht ein geringerer<lb/> Sitz bereitet ſtand. Dieſe kluge Koͤnigin gab<lb/> einen ſo ungemeinen Glantz von ſich/ daß es<lb/> ſchien: Es haͤtte Kunſt und Natur miteinander<lb/> ſie ſo herrlich auszuſchmuͤcken eine Geluͤbde ge-<lb/> than. Die Comagener ſelbſt/ welche zeither<lb/> im Hertzen des mit der Olympie Schweſter An-<lb/> tigone vermaͤhlten Artabazens Liebe geunbilligt<lb/> hatten/ fuͤhlten ſich uͤberwieſen/ daß ihr Fuͤrſt in<lb/> einem ſchoͤnen Gefaͤngnuͤſſe verſtrickt/ und ſeine<lb/> Liebes-Kette aller irrdiſcher Kronen wuͤrdig waͤ-<lb/> re. Jnſonderheit gruͤßte ſie Artabazen mit ei-<lb/> ner ſo durchdringenden Anmuth/ daß nicht ei-<lb/> ner aus ſo viel tauſend Zuſchauern nur muth-<lb/> maſſete/ daß unter ihren Sonnen-Straalen ſo<lb/> ein ſchrecklicher Blitz verſteckt/ dieſe Freund-<lb/> ligkeit nur angenommen/ und ſo freye Geber-<lb/> dung gezwungen waͤre. Der Prieſter hatte<lb/> das Feuer auf dem Altar nur angezuͤndet/ und<lb/> die zwey weiſſen zum Opfer beſtim̃ten Kuͤhe wa-<lb/> ren ſchon an beyde Hoͤrner des Altares angebun-<lb/> den/ als ſiebenmal ſieben der auserleſenſten in<lb/> Himmel - blaueu Damaß gekleideten Jung-<lb/> frauen mit gluͤenden Rauch-Faͤſſern/ darein ſie<lb/> Weyrauch und andere wolruͤchende Sachen<lb/> ſtreuten/ fuͤr Artabazen/ und ſiebenmal ſieben<lb/> der edleſten in Purper und Gold gekleideten<lb/> Knaben/ welche in der rechten Hand brennende<lb/> Wachs-Fackeln/ an der Seite Koͤcher und Bo-<lb/> gen trugen/ fuͤr Olympien mit tieffſter Ehrerbie-<lb/> tung zu knien kamen/ und hierauf ſie fuͤr den<lb/> <fw place="bottom" type="sig">Erſter Theil. H h</fw><fw place="bottom" type="catch">Opfer-</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [241/0293]
Arminius und thußnelda.
verſchrieb ſo wol hierzu/ als zu Ablegung der
Huldigung die Armeniſchen Reichs-Staͤnde/
welche Olympiens Untreu heimlich biß in die
Hoͤlle verfluchten. Die Nacht fuͤr dem Ta-
ge/ da die Vermaͤhlung geſchehen ſolte/ entſtand
ein erſchreckliches Erdbeben/ welches etliche Ge-
baͤue in Artaxata uͤber einen Hauffen warff/ und/
welches nachdencklich/ den ſteinernen Opfer-
Tiſch/ fuͤr welchem die Vermaͤhlung geſchehen
ſolte/ mitten entzwey ſpaltete. Woruͤber die
Gottsfuͤrchtige Olympia ihr anfing ein Ge-
wiſſen zu machen/ daß ſie/ wiewohl aus einem
guten Abſehen/ zu Aergernuͤß der Welt ihren
Ehherrn ſo liederlich auſſer Augen zu ſetzen ſich
angeberdete. Zu geſchweigen/ daß ihr einkam:
Die Goͤtter wolten ſie hierdurch fuͤr einem un-
gluͤcklichen Ausſchlage ihres Fuͤrnehmens war-
nigen. Uberdiß war ihr ſehr bedencklich/ daß
Artabazes die Vermaͤhlung nicht in demſelben
Theile des Tempels/ wo die keuſche Anaitis/
nehmlich Diana verehret/ und worein fuͤr Zei-
ten Aſpaſia zu ewiger Keuſchheit verbannet
ward/ ſondern in dem Heiligthume der geilen
Anaitis oder Venus vollziehen wolte. Alleine
ihre Vernunft erholete ſich alſobald/ und ihre
Großmuͤthigkeit deutete dißz Wunder-Zeichen
fuͤr ſich aus; Artabazes hingegen/ weil die
Brunſt nicht allein das Gemuͤthe zerruͤttet/ ſon-
dern auch einen der aͤuſerlichen Sinnen berau-
bet/ ließ es anfangs auſſer aller Acht/ nach dem
aber die gantze Stadt ſolches ſo gar groß machte/
und auf allerhand Art den erzuͤrnten Himmel
zu beguͤtigen ſuchte; ſintemal der Poͤfel ohne diß
alles/ was ihre Unwiſſenheit nicht begreifft/ zu
Wundern macht/ und furchtſame Gemuͤther
zum Aberglauben geneigt ſind; wolte Artaba-
zes alleine nicht fuͤr einen Veraͤchter der Goͤtter
angeſehen ſeyn/ befahl alſo aus einer teuffeliſchen
Andacht die 300. in der Schlacht noch gefange-
ne Armenier hinzurichten/ und durch Aufopfe-
rung dieſes edlen Blutes den Grim̃ des Him-
mels von ſeinem Kopfe abzulehnen. Olympia
haͤtte uͤber dieſer wilden Ausſoͤhnung Blut wei-
nen/ und fuͤr Leid ſich in Aſche verſcharren moͤ-
gen; aber ſie muſte nun mit lachendem Munde/
mit ſpielenden Augen/ mit freudigem Geiſte in
Purper voll ſchuͤtternden Diamanten und bren-
nender Rubinen in dem Tempel der hochheili-
gen Anaitis erſcheinen/ dahin ſie auf einem ver-
guͤldeten Siegs-Wagen von vier ſchneeweiſſen
Pferden gefuͤhrt ward. Sie fand den Artaba-
zes ſchon in der Mitte als einen Gott auf einem
praͤchtigen von Edelgeſteinen bedecktem Thro-
ne ſitzen/ neben welchem ihr nicht ein geringerer
Sitz bereitet ſtand. Dieſe kluge Koͤnigin gab
einen ſo ungemeinen Glantz von ſich/ daß es
ſchien: Es haͤtte Kunſt und Natur miteinander
ſie ſo herrlich auszuſchmuͤcken eine Geluͤbde ge-
than. Die Comagener ſelbſt/ welche zeither
im Hertzen des mit der Olympie Schweſter An-
tigone vermaͤhlten Artabazens Liebe geunbilligt
hatten/ fuͤhlten ſich uͤberwieſen/ daß ihr Fuͤrſt in
einem ſchoͤnen Gefaͤngnuͤſſe verſtrickt/ und ſeine
Liebes-Kette aller irrdiſcher Kronen wuͤrdig waͤ-
re. Jnſonderheit gruͤßte ſie Artabazen mit ei-
ner ſo durchdringenden Anmuth/ daß nicht ei-
ner aus ſo viel tauſend Zuſchauern nur muth-
maſſete/ daß unter ihren Sonnen-Straalen ſo
ein ſchrecklicher Blitz verſteckt/ dieſe Freund-
ligkeit nur angenommen/ und ſo freye Geber-
dung gezwungen waͤre. Der Prieſter hatte
das Feuer auf dem Altar nur angezuͤndet/ und
die zwey weiſſen zum Opfer beſtim̃ten Kuͤhe wa-
ren ſchon an beyde Hoͤrner des Altares angebun-
den/ als ſiebenmal ſieben der auserleſenſten in
Himmel - blaueu Damaß gekleideten Jung-
frauen mit gluͤenden Rauch-Faͤſſern/ darein ſie
Weyrauch und andere wolruͤchende Sachen
ſtreuten/ fuͤr Artabazen/ und ſiebenmal ſieben
der edleſten in Purper und Gold gekleideten
Knaben/ welche in der rechten Hand brennende
Wachs-Fackeln/ an der Seite Koͤcher und Bo-
gen trugen/ fuͤr Olympien mit tieffſter Ehrerbie-
tung zu knien kamen/ und hierauf ſie fuͤr den
Opfer-
Erſter Theil. H h
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |