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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Anderes Buch
[Spaltenumbruch] Wegen gleichmäßiger Verleitung hätten Se-
gimers acht Untzen Gold wol hundert gekostet.
Mit einem Worte/ diese Ertztwandler hätten
seines Wissens viel Reiche arm/ keinen Armen
aber noch reich gemacht/ insonderheit aber etliche
Fürsten durch abgeheischene Geschencke hinters
Licht geführt. Sintemahl diese Betrügerey
wie das Haupt der Medusen gleichsam alle
Menschen in Steine verwandelte/ und ihrer
sonst gewohnten Vorsichtigkeit beraubete. Da-
her Fürst Jnguiomer einen solchen Schmeltzer
gar klüglich mit eben dieser Antwort abgefer-
tigt/ welche Ennius etlichen Wahrsagern gab/
die von ihm gegen Offenbahrung eines Scha-
tzes Geld foderten/ daß sie nehmlich von dem ge-
fundenen Reichthume ihren Lohn haben solten.
Eben so wenig wüsten sie etwas gewisses und
einstimmiges von dieser Kunst ans Tagelicht zu-
bringen/ sondern sie verdeckten ihren Betrug
mit lächerlichen Rätzeln und Träumen/ durch
Ertichtung seltzamer Mißgeburthen/ als des
grünen Löwen/ des flüchtigen Hirschen/ des
Drachen der seinen Schwantz verschlingt/ der
aufgeblasenen Kröte/ des Raben-Haupts/ und
derogleichen/ selbtem eine Farbe anzustreichen/
und daraus ein heiliges Geheimnüß zu machen.
Uberdiß laufft wider die Vernunfft/ daß itzige
unachtsame Zeit die Wissenschafft der so tiefsin-
nigen Vorwelt/ der sterblichen und in dem Ne-
bel der Unwissenheit verwickelten Menschen
Kunst die unerforschliche Weißheit der Natur
übertreffen solle/ welche so viel Jahre über dem
in den Ertzt-Adern so sparsam wachsenden Golde
zu kochen/ und die Metalle ihrem Wesen/ Ei-
genschafft und Würckung nach so ferne von ein-
ander unterschieden hat; da hingegen diese
Schmeltzer sich rühmen/ daß sie in weniger Zeit
grosse güldne Berge machen/ ja wenn das grosse
Welt-Meer eitel Qvecksilber wäre/ solches al-
sofort in Gold verwandeln/ und mit diesem ge-
segneten Weisensteine alte runtzlichte schön und
jung/ und bey nahe unsterblich machen/ ein un-
[Spaltenumbruch] verbrennliches Oel daraus ziehen/ oder wol gar
in einem Brennglase einen lebendigen Men-
schen/ so wie er in Mutterleibe wächst/ zubereiten
könten/ und dahero so wol das Gedichte wegen
des Jupiters güldenem Regen und der Ruthe
des Midas/ als die Kräfften und Tugenden des
von der Sonnen ausgearbeiteten Goldes weit
überstiegen. Dahero hat diß Goldmachen
auch bey mir nicht mehrern Glauben/ und ist
zweifelsfrey so wahr als diß/ daß die Ameissen in
dem Mitternächtischen Jndien grosse Gold-
hauffen zusammen tragen sollen. Malovend
antwortete: Er gebe gerne nach/ daß unter die-
sem Golde viel Schlacke stecke/ und dieser herr-
lichen Kunst viel Betrug und Mißbrauch/ wel-
cher aber die Sache an sich selbst/ und dessen nütz-
lichen Gebrauch nicht verwerflich machen kön-
ne/ beygemischt sey/ ja ihrer viel sich hierinnen
für Halb-Götter rühmten/ die kaum den Nah-
men eines Qvecksalbers verdienten. Viel Un-
wissende opfferten auch nicht geringe Schätze
dem Rauch vergebens auf; wie denn auch Ro-
derich nicht wenig Gold in Nichts verschmeltzt
haben soll/ ehe er hinter diß Geheimnüß kom-
men. Sonst aber wäre diese Wissenschafft we-
gen ihrer vermeinten Neuigkeit nicht verdäch-
tig zu machen; sintemahl sie vielleicht mit den
meisten ums Alterthum striette/ weil die ersten
Weltweisen/ nehmlich die Tichter/ solche unter
den Schalen der vom Vulean/ vom Proteus/
von dem wiedergebohrnen Fenix/ von der Pan-
dora Büchse/ denen güldnen Apfeln der Ata-
lanta und der Hesperiden/ von des Orfeus Höl-
lenfarth beschrieben hätten; und insgemein ge-
glaubet würde/ daß das güldene Flüß/ wornach
die Argonauten geschiffet/ nichts anders/ als ein
in ein Widder-Fell gehülletes Buch gewesen
sey/ worinnen die Kunst/ den so genennten Stein
der Weisen zu machen/ beschrieben gewest wäre.
Massen die ältesten Egyptischen Priester/ in ih-
rer geheimen Bilder-Schrifft/ hiervon gantze
Bücher geschrieben/ derselben Uhrsprung ihrem

drey-

Anderes Buch
[Spaltenumbruch] Wegen gleichmaͤßiger Verleitung haͤtten Se-
gimers acht Untzen Gold wol hundert gekoſtet.
Mit einem Worte/ dieſe Ertztwandler haͤtten
ſeines Wiſſens viel Reiche arm/ keinen Armen
aber noch reich gemacht/ inſonderheit aber etliche
Fuͤrſten durch abgeheiſchene Geſchencke hinters
Licht gefuͤhrt. Sintemahl dieſe Betruͤgerey
wie das Haupt der Meduſen gleichſam alle
Menſchen in Steine verwandelte/ und ihrer
ſonſt gewohnten Vorſichtigkeit beraubete. Da-
her Fuͤrſt Jnguiomer einen ſolchen Schmeltzer
gar kluͤglich mit eben dieſer Antwort abgefer-
tigt/ welche Ennius etlichen Wahrſagern gab/
die von ihm gegen Offenbahrung eines Scha-
tzes Geld foderten/ daß ſie nehmlich von dem ge-
fundenen Reichthume ihren Lohn haben ſolten.
Eben ſo wenig wuͤſten ſie etwas gewiſſes und
einſtimmiges von dieſer Kunſt ans Tagelicht zu-
bringen/ ſondern ſie verdeckten ihren Betrug
mit laͤcherlichen Raͤtzeln und Traͤumen/ durch
Ertichtung ſeltzamer Mißgeburthen/ als des
gruͤnen Loͤwen/ des fluͤchtigen Hirſchen/ des
Drachen der ſeinen Schwantz verſchlingt/ der
aufgeblaſenen Kroͤte/ des Raben-Haupts/ und
derogleichen/ ſelbtem eine Farbe anzuſtreichen/
und daraus ein heiliges Geheimnuͤß zu machen.
Uberdiß laufft wider die Vernunfft/ daß itzige
unachtſame Zeit die Wiſſenſchafft der ſo tiefſin-
nigen Vorwelt/ der ſterblichen und in dem Ne-
bel der Unwiſſenheit verwickelten Menſchen
Kunſt die unerforſchliche Weißheit der Natur
uͤbertreffen ſolle/ welche ſo viel Jahre uͤber dem
in den Ertzt-Adeꝛn ſo ſpaꝛſam wachſenden Golde
zu kochen/ und die Metalle ihrem Weſen/ Ei-
genſchafft und Wuͤrckung nach ſo ferne von ein-
ander unterſchieden hat; da hingegen dieſe
Schmeltzer ſich ruͤhmen/ daß ſie in weniger Zeit
groſſe guͤldne Berge machen/ ja wenn das groſſe
Welt-Meer eitel Qveckſilber waͤre/ ſolches al-
ſofort in Gold verwandeln/ und mit dieſem ge-
ſegneten Weiſenſteine alte runtzlichte ſchoͤn und
jung/ und bey nahe unſterblich machen/ ein un-
[Spaltenumbruch] verbrennliches Oel daraus ziehen/ oder wol gar
in einem Brennglaſe einen lebendigen Men-
ſchen/ ſo wie er in Mutterleibe waͤchſt/ zubereiten
koͤnten/ und dahero ſo wol das Gedichte wegen
des Jupiters guͤldenem Regen und der Ruthe
des Midas/ als die Kraͤfften und Tugenden des
von der Sonnen ausgearbeiteten Goldes weit
uͤberſtiegen. Dahero hat diß Goldmachen
auch bey mir nicht mehrern Glauben/ und iſt
zweifelsfrey ſo wahr als diß/ daß die Ameiſſen in
dem Mitternaͤchtiſchen Jndien groſſe Gold-
hauffen zuſammen tragen ſollen. Malovend
antwortete: Er gebe gerne nach/ daß unter die-
ſem Golde viel Schlacke ſtecke/ und dieſer herr-
lichen Kunſt viel Betrug und Mißbrauch/ wel-
cher aber die Sache an ſich ſelbſt/ und deſſen nuͤtz-
lichen Gebrauch nicht verwerflich machen koͤn-
ne/ beygemiſcht ſey/ ja ihrer viel ſich hierinnen
fuͤr Halb-Goͤtter ruͤhmten/ die kaum den Nah-
men eines Qveckſalbers verdienten. Viel Un-
wiſſende opfferten auch nicht geringe Schaͤtze
dem Rauch vergebens auf; wie denn auch Ro-
derich nicht wenig Gold in Nichts verſchmeltzt
haben ſoll/ ehe er hinter diß Geheimnuͤß kom-
men. Sonſt aber waͤre dieſe Wiſſenſchafft we-
gen ihrer vermeinten Neuigkeit nicht verdaͤch-
tig zu machen; ſintemahl ſie vielleicht mit den
meiſten ums Alterthum ſtriette/ weil die erſten
Weltweiſen/ nehmlich die Tichter/ ſolche unter
den Schalen der vom Vulean/ vom Proteus/
von dem wiedergebohrnen Fenix/ von der Pan-
dora Buͤchſe/ denen guͤldnen Apfeln der Ata-
lanta und der Heſperiden/ von des Orfeus Hoͤl-
lenfarth beſchrieben haͤtten; und insgemein ge-
glaubet wuͤrde/ daß das guͤldene Fluͤß/ wornach
die Argonauten geſchiffet/ nichts anders/ als ein
in ein Widder-Fell gehuͤlletes Buch geweſen
ſey/ worinnen die Kunſt/ den ſo geneñten Stein
der Weiſen zu machen/ beſchrieben geweſt waͤre.
Maſſen die aͤlteſten Egyptiſchen Prieſter/ in ih-
rer geheimen Bilder-Schrifft/ hiervon gantze
Buͤcher geſchrieben/ derſelben Uhrſprung ihrem

drey-
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[176/0226] Anderes Buch Wegen gleichmaͤßiger Verleitung haͤtten Se- gimers acht Untzen Gold wol hundert gekoſtet. Mit einem Worte/ dieſe Ertztwandler haͤtten ſeines Wiſſens viel Reiche arm/ keinen Armen aber noch reich gemacht/ inſonderheit aber etliche Fuͤrſten durch abgeheiſchene Geſchencke hinters Licht gefuͤhrt. Sintemahl dieſe Betruͤgerey wie das Haupt der Meduſen gleichſam alle Menſchen in Steine verwandelte/ und ihrer ſonſt gewohnten Vorſichtigkeit beraubete. Da- her Fuͤrſt Jnguiomer einen ſolchen Schmeltzer gar kluͤglich mit eben dieſer Antwort abgefer- tigt/ welche Ennius etlichen Wahrſagern gab/ die von ihm gegen Offenbahrung eines Scha- tzes Geld foderten/ daß ſie nehmlich von dem ge- fundenen Reichthume ihren Lohn haben ſolten. Eben ſo wenig wuͤſten ſie etwas gewiſſes und einſtimmiges von dieſer Kunſt ans Tagelicht zu- bringen/ ſondern ſie verdeckten ihren Betrug mit laͤcherlichen Raͤtzeln und Traͤumen/ durch Ertichtung ſeltzamer Mißgeburthen/ als des gruͤnen Loͤwen/ des fluͤchtigen Hirſchen/ des Drachen der ſeinen Schwantz verſchlingt/ der aufgeblaſenen Kroͤte/ des Raben-Haupts/ und derogleichen/ ſelbtem eine Farbe anzuſtreichen/ und daraus ein heiliges Geheimnuͤß zu machen. Uberdiß laufft wider die Vernunfft/ daß itzige unachtſame Zeit die Wiſſenſchafft der ſo tiefſin- nigen Vorwelt/ der ſterblichen und in dem Ne- bel der Unwiſſenheit verwickelten Menſchen Kunſt die unerforſchliche Weißheit der Natur uͤbertreffen ſolle/ welche ſo viel Jahre uͤber dem in den Ertzt-Adeꝛn ſo ſpaꝛſam wachſenden Golde zu kochen/ und die Metalle ihrem Weſen/ Ei- genſchafft und Wuͤrckung nach ſo ferne von ein- ander unterſchieden hat; da hingegen dieſe Schmeltzer ſich ruͤhmen/ daß ſie in weniger Zeit groſſe guͤldne Berge machen/ ja wenn das groſſe Welt-Meer eitel Qveckſilber waͤre/ ſolches al- ſofort in Gold verwandeln/ und mit dieſem ge- ſegneten Weiſenſteine alte runtzlichte ſchoͤn und jung/ und bey nahe unſterblich machen/ ein un- verbrennliches Oel daraus ziehen/ oder wol gar in einem Brennglaſe einen lebendigen Men- ſchen/ ſo wie er in Mutterleibe waͤchſt/ zubereiten koͤnten/ und dahero ſo wol das Gedichte wegen des Jupiters guͤldenem Regen und der Ruthe des Midas/ als die Kraͤfften und Tugenden des von der Sonnen ausgearbeiteten Goldes weit uͤberſtiegen. Dahero hat diß Goldmachen auch bey mir nicht mehrern Glauben/ und iſt zweifelsfrey ſo wahr als diß/ daß die Ameiſſen in dem Mitternaͤchtiſchen Jndien groſſe Gold- hauffen zuſammen tragen ſollen. Malovend antwortete: Er gebe gerne nach/ daß unter die- ſem Golde viel Schlacke ſtecke/ und dieſer herr- lichen Kunſt viel Betrug und Mißbrauch/ wel- cher aber die Sache an ſich ſelbſt/ und deſſen nuͤtz- lichen Gebrauch nicht verwerflich machen koͤn- ne/ beygemiſcht ſey/ ja ihrer viel ſich hierinnen fuͤr Halb-Goͤtter ruͤhmten/ die kaum den Nah- men eines Qveckſalbers verdienten. Viel Un- wiſſende opfferten auch nicht geringe Schaͤtze dem Rauch vergebens auf; wie denn auch Ro- derich nicht wenig Gold in Nichts verſchmeltzt haben ſoll/ ehe er hinter diß Geheimnuͤß kom- men. Sonſt aber waͤre dieſe Wiſſenſchafft we- gen ihrer vermeinten Neuigkeit nicht verdaͤch- tig zu machen; ſintemahl ſie vielleicht mit den meiſten ums Alterthum ſtriette/ weil die erſten Weltweiſen/ nehmlich die Tichter/ ſolche unter den Schalen der vom Vulean/ vom Proteus/ von dem wiedergebohrnen Fenix/ von der Pan- dora Buͤchſe/ denen guͤldnen Apfeln der Ata- lanta und der Heſperiden/ von des Orfeus Hoͤl- lenfarth beſchrieben haͤtten; und insgemein ge- glaubet wuͤrde/ daß das guͤldene Fluͤß/ wornach die Argonauten geſchiffet/ nichts anders/ als ein in ein Widder-Fell gehuͤlletes Buch geweſen ſey/ worinnen die Kunſt/ den ſo geneñten Stein der Weiſen zu machen/ beſchrieben geweſt waͤre. Maſſen die aͤlteſten Egyptiſchen Prieſter/ in ih- rer geheimen Bilder-Schrifft/ hiervon gantze Buͤcher geſchrieben/ derſelben Uhrſprung ihrem drey-

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/226>, abgerufen am 25.11.2024.