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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] für des Neptunus Sohn/ und der stumme
Mast-Baum für einen Redner ausgeruffen.
Das zerbrochene Schiff Argos ward auff der
Corinthischen Land-Enge dem Meer-Gotte zu
einem Heiligthum gewiedmet/ und darbey
jährlich von gantz Griechen - Lande Lust-
Spiele gehalten. Bacchus/ welcher von
der Stadt Nysa aus Arabien biß in Jn-
dien schiffte/ spannte an seinen Siegs - Wa-
gen Tiger an; Gleich als ob er mit Bezwin-
gung etlicher Völcker die Natur selbst bemeistert
hätte/ und richtete an dem Munde des Ganges
auf zwey Bergen so viel Säulen auf/ als wenn
daselbst das Gräntzmaal aller Schiffarthen wä-
re. Die Araber und Phönicier preisten ihn
für den Urheber der Schiffarth und Kauffmann-
schafft; für einen Lehrmeister des Sternen-
Lauffs/ und verneuerten das Gedächtniß seiner
dreyjährigen Reise mit einem jährlichen Feyer.
Weil aber Hercules sich aus den engen Ufern
der Mittelländischen See wagte/ oder auch nur
das Eyland Gades erreichte/ schämte sich Grie-
chenland nicht zu tichten: daß er daselbst beyde
Meere zusammen gegraben, und die Berge
Calpe und Abila nicht so wol zu seinen Ehren-
Säulen/ als zu Gräntzmaalen des Erdbodens/
und der verwegenen Schiffer aufgerichtet hät-
te. Ulyssens weltberühmte Umirrungen blie-
ben in dem Umkreisse des Mittel-Meeres.
Denn daß er nach seiner Heimkunfft vom
Neoptolemus wieder vertrieben/ von ihm am
Einflusse des Tagus die Stadt Ulyßipo ge-
baut/ Britannien und Deutschland befahren
worden sey/ ist einer Griechischen Erfindung sehr
ehnlich. Malovend brach ein: Jch muß den
Griechen hierinnen das Wort reden/ weil wir
Deutschen aus glaubhaften Merckmaalen dar-
für halten/ daß Ulysses auf den Rhein kommen
sey/ und an dessen linckem Ufer bey den Tenckte-
rern die Stadt Aschburg gebauet habe. Ja
auf der Deutschen und Rhetischen Gräntze ist
so wol Ulyssens Grab/ als ein ihm und seinem
[Spaltenumbruch] Vater Laertes aufgerichtetes und mit Griechi-
scher Schrifft bezeichnetes Altar noch heute zu
sehen. Aber freylich ist von Gades/ aus Deutsch-
land und aus Britannien noch weit in die At-
lantischen Eylande. Rhemetalces setzte bey:
Die so weit herrschenden Persier sind noch nicht
so weit kommen als die Griechen. Nach Jn-
dien haben sie sich an ihrem eigenen Ufer finden
müssen. Das Caspische Meer hat ihnen keine wei-
tere Farth/ als in etliche Flüsse verstattet. Da-
rius/ welcher aus der Euxinischen See bis an
den Jster geschiffet/ und eine Brücke darüber
gebauet/ ist noch fast am weitesten kommen. Die
Jüdischen Schiffarthen haben in der Ost-Seite
von Africa/ an dem Praßischen Vorgebürge
den Monden-Bergen gegen über auf dem Ey-
lande Menuthesias/ Tapabran und dem güld-
nen Chersonesus sich geendigt. Wiewol auch
zuweilen ein oder ander Schiff fernere Reisen
gethan haben mag/ ist selbtes mehr aus Zwange
des Sturmes als aus Willkühr der Menschen
geschehen. Zumahl die meisten Völcker auch
nur an den See-Ufern/ und zwar auch nur des
Tages hinzurudern sich getrauet; biß endlich sie
aus dünnen Fellen/ dergleichen die Veneter in
Gallien noch brauchen/ hernach aus wöllenem
Gespinste/ endlich aus Leinwand biß auf zwölf
Segel ausgespannet/ sich auf das hohe Meer
gewaget/ und des Tages die Sonne/ des Nachts
den gestirnten Bär zum Wegweiser erkieset ha-
ben. Malovend setzte bey: Es wäre schwerlich
ein Volck iemahls in der Schiffarth so gut als
die Deutschen und Britannier erfahren gewest;
daher sie sich über das grosse Welt-Meer nicht
hätten trauen dörffen. Uberdiß taugten die
Sternen/ als bey trübem Wetter verschwinden-
de Zeichen alleine eben so wenig/ als der Alten
kleine/ schwache und langsame Schiffe in die
Atlantischen Länder zu reisen. Denn es wäre
bekandt/ daß Semiramis zwey tausend Schiffe
auf Camelen in Jndien tragen lassen/ welcher
König Starobates vier tausend nur aus Jndi-

schem
Erster Theil. R

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] fuͤr des Neptunus Sohn/ und der ſtumme
Maſt-Baum fuͤr einen Redner ausgeruffen.
Das zerbrochene Schiff Argos ward auff der
Corinthiſchen Land-Enge dem Meer-Gotte zu
einem Heiligthum gewiedmet/ und darbey
jaͤhrlich von gantz Griechen - Lande Luſt-
Spiele gehalten. Bacchus/ welcher von
der Stadt Nyſa aus Arabien biß in Jn-
dien ſchiffte/ ſpannte an ſeinen Siegs - Wa-
gen Tiger an; Gleich als ob er mit Bezwin-
gung etlicher Voͤlcker die Natur ſelbſt bemeiſtert
haͤtte/ und richtete an dem Munde des Ganges
auf zwey Bergen ſo viel Saͤulen auf/ als wenn
daſelbſt das Graͤntzmaal aller Schiffarthen waͤ-
re. Die Araber und Phoͤnicier preiſten ihn
fuͤr den Urheber der Schiffarth und Kauffmann-
ſchafft; fuͤr einen Lehrmeiſter des Sternen-
Lauffs/ und verneuerten das Gedaͤchtniß ſeiner
dreyjaͤhrigen Reiſe mit einem jaͤhrlichen Feyer.
Weil aber Hercules ſich aus den engen Ufern
der Mittellaͤndiſchen See wagte/ oder auch nur
das Eyland Gades erreichte/ ſchaͤmte ſich Grie-
chenland nicht zu tichten: daß er daſelbſt beyde
Meere zuſammen gegraben, und die Berge
Calpe und Abila nicht ſo wol zu ſeinen Ehren-
Saͤulen/ als zu Graͤntzmaalen des Erdbodens/
und der verwegenen Schiffer aufgerichtet haͤt-
te. Ulyſſens weltberuͤhmte Umirrungen blie-
ben in dem Umkreiſſe des Mittel-Meeres.
Denn daß er nach ſeiner Heimkunfft vom
Neoptolemus wieder vertrieben/ von ihm am
Einfluſſe des Tagus die Stadt Ulyßipo ge-
baut/ Britannien und Deutſchland befahren
worden ſey/ iſt einer Griechiſchen Erfindung ſehr
ehnlich. Malovend brach ein: Jch muß den
Griechen hierinnen das Wort reden/ weil wir
Deutſchen aus glaubhaften Merckmaalen dar-
fuͤr halten/ daß Ulyſſes auf den Rhein kommen
ſey/ und an deſſen linckem Ufer bey den Tenckte-
rern die Stadt Aſchburg gebauet habe. Ja
auf der Deutſchen und Rhetiſchen Graͤntze iſt
ſo wol Ulyſſens Grab/ als ein ihm und ſeinem
[Spaltenumbruch] Vater Laertes aufgerichtetes und mit Griechi-
ſcher Schrifft bezeichnetes Altar noch heute zu
ſehen. Aber freylich iſt von Gades/ aus Deutſch-
land und aus Britannien noch weit in die At-
lantiſchen Eylande. Rhemetalces ſetzte bey:
Die ſo weit herrſchenden Perſier ſind noch nicht
ſo weit kommen als die Griechen. Nach Jn-
dien haben ſie ſich an ihrem eigenen Ufer finden
muͤſſen. Das Caſpiſche Meer hat ihnẽ keine wei-
tere Farth/ als in etliche Fluͤſſe verſtattet. Da-
rius/ welcher aus der Euxiniſchen See bis an
den Jſter geſchiffet/ und eine Bruͤcke daruͤber
gebauet/ iſt noch faſt am weiteſten kommen. Die
Juͤdiſchen Schiffarthen haben in der Oſt-Seite
von Africa/ an dem Praßiſchen Vorgebuͤrge
den Monden-Bergen gegen uͤber auf dem Ey-
lande Menutheſias/ Tapabran und dem guͤld-
nen Cherſoneſus ſich geendigt. Wiewol auch
zuweilen ein oder ander Schiff fernere Reiſen
gethan haben mag/ iſt ſelbtes mehr aus Zwange
des Sturmes als aus Willkuͤhr der Menſchen
geſchehen. Zumahl die meiſten Voͤlcker auch
nur an den See-Ufern/ und zwar auch nur des
Tages hinzurudern ſich getrauet; biß endlich ſie
aus duͤnnen Fellen/ dergleichen die Veneter in
Gallien noch brauchen/ hernach aus woͤllenem
Geſpinſte/ endlich aus Leinwand biß auf zwoͤlf
Segel ausgeſpannet/ ſich auf das hohe Meer
gewaget/ und des Tages die Sonne/ des Nachts
den geſtirnten Baͤr zum Wegweiſer erkieſet ha-
ben. Malovend ſetzte bey: Es waͤre ſchwerlich
ein Volck iemahls in der Schiffarth ſo gut als
die Deutſchen und Britannier erfahren geweſt;
daher ſie ſich uͤber das groſſe Welt-Meer nicht
haͤtten trauen doͤrffen. Uberdiß taugten die
Sternen/ als bey truͤbem Wetter verſchwinden-
de Zeichen alleine eben ſo wenig/ als der Alten
kleine/ ſchwache und langſame Schiffe in die
Atlantiſchen Laͤnder zu reiſen. Denn es waͤre
bekandt/ daß Semiramis zwey tauſend Schiffe
auf Camelen in Jndien tragen laſſen/ welcher
Koͤnig Starobates vier tauſend nur aus Jndi-

ſchem
Erſter Theil. R
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/179>, abgerufen am 23.11.2024.