Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Anderes Buch [Spaltenumbruch]
Worten: Sehet dar/ ihr großmüthigen Helden/den Stab/ auff welchen unser und alle Reiche gestützt werden müssen. Worauff ihm alle oh- ne Widerrede den Eyd der Treue leisteten. Her- mion aber/ der für ärgste Schande hielt/ sich zwar in der Würde/ nicht aber in genugsamen Ansehen zu schauen/ empfand des Ateoroths Verachtung in der Seele/ und/ nachdem die damals zu Deutschland gehörigen Noricher sich beym Hermion beweglich beschwerten/ daß der Qvaden Hertzog/ nachdem die Gallier ihren letz- ten Fürsten Durnacin hingerichtet hatten/ unter dem Vorwand eines ihm mit seiner ersten Ge- mahlin Garramis zugebrachten Heyrathguts/ und der von seinem überwundenen Feinde Kö- nig Aleb eroberter Kriegs-Beute/ ihnen mit un- rechter Gewalt viel Landschafften abgenommen/ ja biß an die Mure/ den Jnn und das Adriati- sche Meer sich feste gesatzt hatte/ dieser auch auff Hermions Befehl das gewonnene nicht abtre- ten wolte/ führte er wider die Qvaden mit Hülffe der Rhetier seine Heerspitzen. Hermion und Bato der Rhetier Hertzog geriethen bey der Stadt Vindobon mit dem Atcoroth in eine blutige Schlacht/ und nachdem sein Bundge- nosse Fürst Rangolbebet mit seinen Bastarnen und Daciern zum ersten schimpfflich die Flucht gab/ vermochten die Qvaden nicht länger zu ste- hen/ das gantze Heer ward auffs Haupt geschla- gen/ und Atcoroth selbst entrann mit Noth in Vindobon/ darinnen ihn seine Gemahlin und Kinder Hermion rings um starck belagerte. At- coroth muste diesem nach bey so verzweiffeltem Zustand in einen sauren Apffel beissen/ und dem Hermion nicht allein unter einem Zelte/ dessen künstliche Seiten-Wände bey solcher De- müthigung wegfielen/ fußfällig werden/ sondern auch drey Fahnen mit dreyen Ländern in des Hermions Hände lieffern/ dem Fürsten Mars seine schöne Tochter Emma verloben/ den Land- strich zwischen der March und der Wage zum Brautschatze/ dem Fürsten Bato sein Wahl- [Spaltenumbruch] recht und ein Stücke Landes an der Donau ab- treten/ und also den Frieden theuer genug kauf- fen. Alleine seine Gemahlin/ die Herrschens- süchtige Kunigundis/ eine Tochter des mächti- gen Königs der Reußen und Bulgarn/ welcher sich einen Herrn des gantzen schwartzen Meeres schalt/ ward über diesen Verlust in verzweiffelte Verbitterung gesetzt/ lies auch nicht ab/ biß sie theils mit Liebkosen/ theils mit Fürbildung des unablöschlichen Schimpffes/ welche nicht nur ihm und den streitbaren Qvaden/ sondern auch ihrem mächtigen Vater zuwüchse/ den Hertzog Atcoroth zum Friedensbruch veranlassete. Ja diese hitzige Mutter verdammte ihre dem Prin- tzen Mars verlobte Tochter Emma nebst zehn andern Jungfrauen Fürstlichen Geblüts in ei- ne Wildniß auff dem Carpatischen Gebürge/ allwo eine Anzahl der Göttin Hertha geweihe- ter Jungfrauen beschlossen waren/ zu Gelobung ewiger Jungfrauschafft; dem Fürsten Mars aber ließ sie heimliches Gifft beybringen/ wo- durch er in grosse Gefahr des Lebens und in Verlust des einen Auges versetzt ward. Her- mion und sein Sohn Mars begegneten mit ih- ren Cheruskern und Rhetiern dem Atcoroth und dem Fürsten Rangolbebet/ welche mit einem viel mächtigern Heere nicht allein im Anzuge waren/ sondern auch unterschiedene fürnehme Kriegs-Obersten des Hertzog Hermions besto- chen hatten. Beyde traffen auff einander bey der Festung Medoslan mit fast verzweiffelter Tapfferkeit. Hermion als er seinem umring- ten Sohne zu helffen wie ein Blitz in die Hauf- fen drang/ ward von einem zu diesem Ende vom Atcoroth mit vielen Verheissungen ange- frischtem Qvadischen Ritter Nahmens Thurn (welchen Hermion hierüber zwar gefangen kriegte/ aber seiner Tapferkeit wegen in allen Eh- ren hielt) vom Pferde geworffen und in eusserste Lebens-Gefahr gestürtzt; gleichwol verthäidigte er sich zu Fusse so hertzhafft/ biß ihn und seinen Sohn endlich die seinigen/ und insonderheit die Tapf-
Anderes Buch [Spaltenumbruch]
Worten: Sehet dar/ ihr großmuͤthigen Helden/den Stab/ auff welchen unſer und alle Reiche geſtuͤtzt werden muͤſſen. Worauff ihm alle oh- ne Widerrede den Eyd der Treue leiſteten. Her- mion aber/ der fuͤr aͤrgſte Schande hielt/ ſich zwar in der Wuͤrde/ nicht aber in genugſamen Anſehen zu ſchauen/ empfand des Ateoroths Verachtung in der Seele/ und/ nachdem die damals zu Deutſchland gehoͤrigen Noricher ſich beym Hermion beweglich beſchwerten/ daß der Qvaden Hertzog/ nachdem die Gallier ihren letz- ten Fuͤrſten Durnacin hingerichtet hatten/ unter dem Vorwand eines ihm mit ſeiner erſten Ge- mahlin Garramis zugebrachten Heyrathguts/ und der von ſeinem uͤberwundenen Feinde Koͤ- nig Aleb eroberter Kriegs-Beute/ ihnen mit un- rechter Gewalt viel Landſchafften abgenommen/ ja biß an die Mure/ den Jnn und das Adriati- ſche Meer ſich feſte geſatzt hatte/ dieſer auch auff Hermions Befehl das gewonnene nicht abtre- ten wolte/ fuͤhrte er wider die Qvaden mit Huͤlffe der Rhetier ſeine Heerſpitzen. Hermion und Bato der Rhetier Hertzog geriethen bey der Stadt Vindobon mit dem Atcoroth in eine blutige Schlacht/ und nachdem ſein Bundge- noſſe Fuͤrſt Rangolbebet mit ſeinen Baſtarnen und Daciern zum erſten ſchimpfflich die Flucht gab/ vermochten die Qvaden nicht laͤnger zu ſte- hen/ das gantze Heer ward auffs Haupt geſchla- gen/ und Atcoroth ſelbſt entrann mit Noth in Vindobon/ darinnen ihn ſeine Gemahlin und Kinder Hermion rings um ſtarck belagerte. At- coroth muſte dieſem nach bey ſo verzweiffeltem Zuſtand in einen ſauren Apffel beiſſen/ und dem Hermion nicht allein unter einem Zelte/ deſſen kuͤnſtliche Seiten-Waͤnde bey ſolcher De- muͤthigung wegfielen/ fußfaͤllig werden/ ſondern auch drey Fahnen mit dreyen Laͤndern in des Hermions Haͤnde lieffern/ dem Fuͤrſten Mars ſeine ſchoͤne Tochter Emma verloben/ den Land- ſtrich zwiſchen der March und der Wage zum Brautſchatze/ dem Fuͤrſten Bato ſein Wahl- [Spaltenumbruch] recht und ein Stuͤcke Landes an der Donau ab- treten/ und alſo den Frieden theuer genug kauf- fen. Alleine ſeine Gemahlin/ die Herꝛſchens- ſuͤchtige Kunigundis/ eine Tochter des maͤchti- gen Koͤnigs der Reußen und Bulgarn/ welcher ſich einen Herrn des gantzen ſchwartzen Meeres ſchalt/ ward uͤber dieſen Verluſt in verzweiffelte Verbitterung geſetzt/ lies auch nicht ab/ biß ſie theils mit Liebkoſen/ theils mit Fuͤrbildung des unabloͤſchlichen Schimpffes/ welche nicht nur ihm und den ſtreitbaren Qvaden/ ſondern auch ihrem maͤchtigen Vater zuwuͤchſe/ den Hertzog Atcoroth zum Friedensbruch veranlaſſete. Ja dieſe hitzige Mutter verdammte ihre dem Prin- tzen Mars verlobte Tochter Emma nebſt zehn andern Jungfrauen Fuͤrſtlichen Gebluͤts in ei- ne Wildniß auff dem Carpatiſchen Gebuͤrge/ allwo eine Anzahl der Goͤttin Hertha geweihe- ter Jungfrauen beſchloſſen waren/ zu Gelobung ewiger Jungfrauſchafft; dem Fuͤrſten Mars aber ließ ſie heimliches Gifft beybringen/ wo- durch er in groſſe Gefahr des Lebens und in Verluſt des einen Auges verſetzt ward. Her- mion und ſein Sohn Mars begegneten mit ih- ren Cheruſkern und Rhetiern dem Atcoroth und dem Fuͤrſten Rangolbebet/ welche mit einem viel maͤchtigern Heere nicht allein im Anzuge waren/ ſondern auch unterſchiedene fuͤrnehme Kriegs-Oberſten des Hertzog Hermions beſto- chen hatten. Beyde traffen auff einander bey der Feſtung Medoslan mit faſt verzweiffelter Tapfferkeit. Hermion als er ſeinem umring- ten Sohne zu helffen wie ein Blitz in die Hauf- fen drang/ ward von einem zu dieſem Ende vom Atcoroth mit vielen Verheiſſungen ange- friſchtem Qvadiſchen Ritter Nahmens Thurn (welchen Hermion hieruͤber zwar gefangen kriegte/ abeꝛ ſeineꝛ Tapferkeit wegen in allen Eh- ren hielt) vom Pferde geworffen und in euſſerſte Lebens-Gefahr geſtuͤrtzt; gleichwol verthaͤidigte er ſich zu Fuſſe ſo hertzhafft/ biß ihn und ſeinen Sohn endlich die ſeinigen/ und inſonderheit die Tapf-
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Anderes Buch
Worten: Sehet dar/ ihr großmuͤthigen Helden/
den Stab/ auff welchen unſer und alle Reiche
geſtuͤtzt werden muͤſſen. Worauff ihm alle oh-
ne Widerrede den Eyd der Treue leiſteten. Her-
mion aber/ der fuͤr aͤrgſte Schande hielt/ ſich
zwar in der Wuͤrde/ nicht aber in genugſamen
Anſehen zu ſchauen/ empfand des Ateoroths
Verachtung in der Seele/ und/ nachdem die
damals zu Deutſchland gehoͤrigen Noricher ſich
beym Hermion beweglich beſchwerten/ daß der
Qvaden Hertzog/ nachdem die Gallier ihren letz-
ten Fuͤrſten Durnacin hingerichtet hatten/ unter
dem Vorwand eines ihm mit ſeiner erſten Ge-
mahlin Garramis zugebrachten Heyrathguts/
und der von ſeinem uͤberwundenen Feinde Koͤ-
nig Aleb eroberter Kriegs-Beute/ ihnen mit un-
rechter Gewalt viel Landſchafften abgenommen/
ja biß an die Mure/ den Jnn und das Adriati-
ſche Meer ſich feſte geſatzt hatte/ dieſer auch auff
Hermions Befehl das gewonnene nicht abtre-
ten wolte/ fuͤhrte er wider die Qvaden mit Huͤlffe
der Rhetier ſeine Heerſpitzen. Hermion und
Bato der Rhetier Hertzog geriethen bey der
Stadt Vindobon mit dem Atcoroth in eine
blutige Schlacht/ und nachdem ſein Bundge-
noſſe Fuͤrſt Rangolbebet mit ſeinen Baſtarnen
und Daciern zum erſten ſchimpfflich die Flucht
gab/ vermochten die Qvaden nicht laͤnger zu ſte-
hen/ das gantze Heer ward auffs Haupt geſchla-
gen/ und Atcoroth ſelbſt entrann mit Noth in
Vindobon/ darinnen ihn ſeine Gemahlin und
Kinder Hermion rings um ſtarck belagerte. At-
coroth muſte dieſem nach bey ſo verzweiffeltem
Zuſtand in einen ſauren Apffel beiſſen/ und
dem Hermion nicht allein unter einem Zelte/
deſſen kuͤnſtliche Seiten-Waͤnde bey ſolcher De-
muͤthigung wegfielen/ fußfaͤllig werden/ ſondern
auch drey Fahnen mit dreyen Laͤndern in des
Hermions Haͤnde lieffern/ dem Fuͤrſten Mars
ſeine ſchoͤne Tochter Emma verloben/ den Land-
ſtrich zwiſchen der March und der Wage zum
Brautſchatze/ dem Fuͤrſten Bato ſein Wahl-
recht und ein Stuͤcke Landes an der Donau ab-
treten/ und alſo den Frieden theuer genug kauf-
fen. Alleine ſeine Gemahlin/ die Herꝛſchens-
ſuͤchtige Kunigundis/ eine Tochter des maͤchti-
gen Koͤnigs der Reußen und Bulgarn/ welcher
ſich einen Herrn des gantzen ſchwartzen Meeres
ſchalt/ ward uͤber dieſen Verluſt in verzweiffelte
Verbitterung geſetzt/ lies auch nicht ab/ biß ſie
theils mit Liebkoſen/ theils mit Fuͤrbildung des
unabloͤſchlichen Schimpffes/ welche nicht nur
ihm und den ſtreitbaren Qvaden/ ſondern auch
ihrem maͤchtigen Vater zuwuͤchſe/ den Hertzog
Atcoroth zum Friedensbruch veranlaſſete. Ja
dieſe hitzige Mutter verdammte ihre dem Prin-
tzen Mars verlobte Tochter Emma nebſt zehn
andern Jungfrauen Fuͤrſtlichen Gebluͤts in ei-
ne Wildniß auff dem Carpatiſchen Gebuͤrge/
allwo eine Anzahl der Goͤttin Hertha geweihe-
ter Jungfrauen beſchloſſen waren/ zu Gelobung
ewiger Jungfrauſchafft; dem Fuͤrſten Mars
aber ließ ſie heimliches Gifft beybringen/ wo-
durch er in groſſe Gefahr des Lebens und in
Verluſt des einen Auges verſetzt ward. Her-
mion und ſein Sohn Mars begegneten mit ih-
ren Cheruſkern und Rhetiern dem Atcoroth und
dem Fuͤrſten Rangolbebet/ welche mit einem
viel maͤchtigern Heere nicht allein im Anzuge
waren/ ſondern auch unterſchiedene fuͤrnehme
Kriegs-Oberſten des Hertzog Hermions beſto-
chen hatten. Beyde traffen auff einander bey
der Feſtung Medoslan mit faſt verzweiffelter
Tapfferkeit. Hermion als er ſeinem umring-
ten Sohne zu helffen wie ein Blitz in die Hauf-
fen drang/ ward von einem zu dieſem Ende
vom Atcoroth mit vielen Verheiſſungen ange-
friſchtem Qvadiſchen Ritter Nahmens Thurn
(welchen Hermion hieruͤber zwar gefangen
kriegte/ abeꝛ ſeineꝛ Tapferkeit wegen in allen Eh-
ren hielt) vom Pferde geworffen und in euſſerſte
Lebens-Gefahr geſtuͤrtzt; gleichwol verthaͤidigte
er ſich zu Fuſſe ſo hertzhafft/ biß ihn und ſeinen
Sohn endlich die ſeinigen/ und inſonderheit die
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Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/162>, abgerufen am 16.02.2025. |