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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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[Spaltenumbruch] chert/ daß der Römische Adel keine andere tra-
gen dörffte/ wenn sie der Stadt-Vogt nicht
mit einem güldenen beschenckt hätte/ ungeach-
tet die von ihnen überwundenen Sabiner lan-
ge vorher insgemein an den Fingern und Ar-
men güldene mit Edelgesteinen versetzte Rin-
ge und Armbänder geführet. Endlich mag
auch der Käyser so heilig geschätztes Bild zu
Rom nichts minder in eiserne/ als güldene
Ringe geprägt werden. Zeno betrachtete in-
zwischen Alfeslebens Ring auffs genaueste/
fing hierauff an: Jch finde an diesem Ringe
weder Kunst noch Kostbarkeit/ vermuthlich
aber wird er wegen einer verborgenen Ursa-
che ein Ehrenzeichen des deutschen Adels seyn.
Vielmehr ein Merckmahl der Schande/ ver-
setzte Marcomir. Denn es müssen ihn alle
Catten so lange tragen/ biß sie einen Feind
überwunden/ gleich als wenn sie durch solche
Heldenthat sich von einem Fessel der Verach-
tung befreyen müsten. Nach dieser Art darff
kein Cherusker und Catte auch für Erlegung ei-
nes Feindes weder Haupt noch Bart bescheeren
lassen/ gleich als wenn er durch ein dem Va-
terlande zu liebe gethanes Gelübde das Haar
so lange zu tragen verpflichtet wäre. Her-
tzog Zeno fragte: Warum denn dieser junge
Edelmann um den Verlust dessen/ was er loß
zu werden so sehr wünschte/ so bekümmert ge-
wesen wäre? Weßwegen/ seiner Meinung nach/
er dieses Schmach-Zeichen mehr Ursache in
diesen Pfuhl/ als Polycrates und Sextus Pom-
pejus ihre Ringe ins Meer zu werffen gehabt
zu haben schiene. Marcomir antwortete: Es
wäre denen/ welchen diese Ringe zu tragen von
ihrem Fürsten einmahl ausgetheilet worden/
verkleinerlich/ wenn sie selbte verliehreten; gleich
als wenn sie das Denckmahl ihrer Tugend und
versprochenen Tapfferkeit so geringschätzig hiel-
ten und ausser Augen setzten. Zu dem wäre
der Deutschen Gewohnheit/ daß die Fürsten
um den Sieg/ die Edlen aber für den Für-
[Spaltenumbruch] sten kämpfften/ und die Ehrerbiettung
gegen ihre Fürsten so groß/ daß sie für Ge-
winn und Ehre schätzten/ wenn sie mit einem
ihnen gleich schädlichen Gehorsam der Für-
sten Befehl befolgten/ und aus einer ihnen zu
wachsenden Schande ihm Ruhm und Ehre zu-
schantzen könten. Fürnehmlich aber wäre es
dem Alfesleben darum zu thun/ daß er in der
letzten Schlacht dreyer Gallier und zweyer
von ihm erlegter Römer Köpffe eingebracht
hätte/ und er also folgenden Tag dem Cattischen
Hertzoge Arpus diesen Ring als ein Pfand sei-
ner numehr bewehrten Hertzhafftigkeit zurück
lieffern solte; worgegen er nach der Deutschen
Gewohnheit zum Siegs-Lohne mit einem
Schwerdte/ einem Vogen/ oder einer Rüstung/
zuweilen auch wohl mit einem güldenen Rin-
ge/ nach des Hertzogs Gefallen und des Sie-
gers Verdienste beschencket würde. Ausser
solchen durch Tapfferkeit erworbenen dörffte
kein deutscher Rittersmann keinen güldenen
Ring tragen. Rhemetalces fing an: es ist diß
sehr löblich und dem Carthaginensischen Gese-
tze nicht ungleich/ welches verbot/ mehr Ringe
anzustecken/ als einer Feldzüge gethan hatte.
Sonsten wären alle erzehlte Dinge der Tapf-
ferkeit wohlanständige Geschencke. Jnson-
derheit wäre die Verehrung der Ringe in dem
tieffsten Alterthume schon bräuchlich gewest.
Denn wie diese nicht nur zu Versicherung der
Wetten/ der Gelübde/ der Heyraths-Schlüsse
gegeben worden; also habe die Stadt Cyrene
einen kostbaren Ring schmieden/ das köstliche
Kraut Silphium/ welches auch unter andern
Schätzen dem Delphischen Apollo gewidmet
war/ darauff prägen lassen/ und solchen ihrem
Urheber Battus als ein Zeichen ihrer Danck-
barkeit; Philip/ als er wider die Bysantzier zo-
he/ dem grossen Alexander/ dieser auff dem
Tod-Bette/ als ein Erkäntniß seiner treuen
Dienste/ oder ein Zeichen des ihm zugeigne-
ten Reiches dem Perdiccas/ der krancke Au-

gust

Anderes Buch
[Spaltenumbruch] chert/ daß der Roͤmiſche Adel keine andere tra-
gen doͤrffte/ wenn ſie der Stadt-Vogt nicht
mit einem guͤldenen beſchenckt haͤtte/ ungeach-
tet die von ihnen uͤberwundenen Sabiner lan-
ge vorher insgemein an den Fingern und Ar-
men guͤldene mit Edelgeſteinen verſetzte Rin-
ge und Armbaͤnder gefuͤhret. Endlich mag
auch der Kaͤyſer ſo heilig geſchaͤtztes Bild zu
Rom nichts minder in eiſerne/ als guͤldene
Ringe gepraͤgt werden. Zeno betrachtete in-
zwiſchen Alfeslebens Ring auffs genaueſte/
fing hierauff an: Jch finde an dieſem Ringe
weder Kunſt noch Koſtbarkeit/ vermuthlich
aber wird er wegen einer verborgenen Urſa-
che ein Ehrenzeichen des deutſchen Adels ſeyn.
Vielmehr ein Merckmahl der Schande/ ver-
ſetzte Marcomir. Denn es muͤſſen ihn alle
Catten ſo lange tragen/ biß ſie einen Feind
uͤberwunden/ gleich als wenn ſie durch ſolche
Heldenthat ſich von einem Feſſel der Verach-
tung befreyen muͤſten. Nach dieſer Art darff
kein Cheruſker und Catte auch fuͤr Erlegung ei-
nes Feindes weder Haupt noch Bart beſcheeren
laſſen/ gleich als wenn er durch ein dem Va-
terlande zu liebe gethanes Geluͤbde das Haar
ſo lange zu tragen verpflichtet waͤre. Her-
tzog Zeno fragte: Warum denn dieſer junge
Edelmann um den Verluſt deſſen/ was er loß
zu werden ſo ſehr wuͤnſchte/ ſo bekuͤmmert ge-
weſen waͤre? Weßwegen/ ſeiner Meinung nach/
er dieſes Schmach-Zeichen mehr Urſache in
dieſen Pfuhl/ als Polycrates und Sextus Pom-
pejus ihre Ringe ins Meer zu werffen gehabt
zu haben ſchiene. Marcomir antwortete: Es
waͤre denen/ welchen dieſe Ringe zu tragen von
ihrem Fuͤrſten einmahl ausgetheilet worden/
verkleinerlich/ wenn ſie ſelbte verliehreten; gleich
als wenn ſie das Denckmahl ihrer Tugend und
verſprochenen Tapfferkeit ſo geringſchaͤtzig hiel-
ten und auſſer Augen ſetzten. Zu dem waͤre
der Deutſchen Gewohnheit/ daß die Fuͤrſten
um den Sieg/ die Edlen aber fuͤr den Fuͤr-
[Spaltenumbruch] ſten kaͤmpfften/ und die Ehrerbiettung
gegen ihre Fuͤrſten ſo groß/ daß ſie fuͤr Ge-
winn und Ehre ſchaͤtzten/ wenn ſie mit einem
ihnen gleich ſchaͤdlichen Gehorſam der Fuͤr-
ſten Befehl befolgten/ und aus einer ihnen zu
wachſenden Schande ihm Ruhm und Ehre zu-
ſchantzen koͤnten. Fuͤrnehmlich aber waͤre es
dem Alfesleben darum zu thun/ daß er in der
letzten Schlacht dreyer Gallier und zweyer
von ihm erlegter Roͤmer Koͤpffe eingebracht
haͤtte/ und er alſo folgenden Tag dem Cattiſchen
Hertzoge Arpus dieſen Ring als ein Pfand ſei-
ner numehr bewehrten Hertzhafftigkeit zuruͤck
lieffern ſolte; worgegen er nach der Deutſchen
Gewohnheit zum Siegs-Lohne mit einem
Schwerdte/ einem Vogen/ oder einer Ruͤſtung/
zuweilen auch wohl mit einem guͤldenen Rin-
ge/ nach des Hertzogs Gefallen und des Sie-
gers Verdienſte beſchencket wuͤrde. Auſſer
ſolchen durch Tapfferkeit erworbenen doͤrffte
kein deutſcher Rittersmann keinen guͤldenen
Ring tragen. Rhemetalces fing an: es iſt diß
ſehr loͤblich und dem Carthaginenſiſchen Geſe-
tze nicht ungleich/ welches verbot/ mehr Ringe
anzuſtecken/ als einer Feldzuͤge gethan hatte.
Sonſten waͤren alle erzehlte Dinge der Tapf-
ferkeit wohlanſtaͤndige Geſchencke. Jnſon-
derheit waͤre die Verehrung der Ringe in dem
tieffſten Alterthume ſchon braͤuchlich geweſt.
Denn wie dieſe nicht nur zu Verſicherung der
Wetten/ der Geluͤbde/ der Heyraths-Schluͤſſe
gegeben worden; alſo habe die Stadt Cyrene
einen koſtbaren Ring ſchmieden/ das koͤſtliche
Kraut Silphium/ welches auch unter andern
Schaͤtzen dem Delphiſchen Apollo gewidmet
war/ darauff praͤgen laſſen/ und ſolchen ihrem
Urheber Battus als ein Zeichen ihrer Danck-
barkeit; Philip/ als er wider die Byſantzier zo-
he/ dem groſſen Alexander/ dieſer auff dem
Tod-Bette/ als ein Erkaͤntniß ſeiner treuen
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ten Reiches dem Perdiccas/ der krancke Au-

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/150>, abgerufen am 22.11.2024.