Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Neuntes Buch [Spaltenumbruch]
tausend Angrwariern/ Tubanten und Chama-vern sich einfanden. Gleichwol aber gab er dem Quintilius Varus die unvermerckte Nach- richt: daß die Kräfften des halben Deutschlands unter dem Fürwand der verlangten Hülffs- Völcker wieder den Melo/ und der Cattischen Friedens-Handlung alldar versammlet wären; und wenn Varus nicht alle seine Kräfften zu- sammen/ das Lager auch gar von Alison in Zeiten zurück züge; würde schwerlich von den Römern ein Gebein davon kommen. Als nun Quin- tilius Varus diesem Rathe zu folgen Tag und Nacht bemüht war; musterten die deutschen Fürsten ihre Kriegs-völcker/ verrichteten in der Tanfanischen Höle ihren Gottesdienst; erwehl- ten den Hertzog Herrmann zum Obersten Feld- Herrn Deutschlands; und versetzten hernach den Römern einen so gewaltigen Streich/ als denen Anwesenden überflüßig bekandt/ dem Feinde schrecklich/ allen Helden aber/ und in- sonderheit der hertzhafften Thußnelde/ welche bey erfahrner rühmlicher Entschlüssung der Deutschen nicht zu Marpurg die Hände in die Schoß legen wolte; sondern ins geheim sich mit Waffen versahe und unter die Cattischen Edelleute vermengte/ zu unverwelckendem Ehren-Ruhme dienlich ist. Massen sie denn [Spaltenumbruch] mit ihren Thaten nicht nur ein Beyspiel allen Helden; sondern auch nach der Schlacht gegen ihren Bräutigam durch die Entschuldigung ih- rer übernommenen Gefahr/ allen edlen Frau- en diese heilsame Lehre gab: Ein Kebsweib wä- re eine Geferthin zu Tische und Bette/ eine Braut oder Ehfrau aber alles Glücks und Un- glücks; Also iederman bey Anschauung dieser Heldin sie für einen Ausbund ihres Geschlech- tes/ und ein Vorbild der künfftigen Zeiten er- kennen müste. Denn in Warheit/ wie alle Sachen/ welche sich der Eigenschafft ihrer Na- tur enteussern/ und zum Bösen sich abneigen zu Ungeheuern/ wenn sie aber zum Guten sich schwingen/ zu Wunderwercken werden; Also sind die wollüstigen Männer iederzeit weibi- scher/ als die Weiber/ die behertzten Frauen aber männlicher/ als die Männer und Werck- zeuge des Verhängnüsses gewest/ wenn es et- was der menschlichen Vernunfft unbegreifli- ches auszuüben vorgehabt hat. Mit diesem Lobspruche beschloß Fürst Ad- Jnhalt Des Neunten Buches. EJnbildung die sinnreichste Mahlerin bey denen Schlaffend- und blastens
Neuntes Buch [Spaltenumbruch]
tauſend Angrwariern/ Tubanten und Chama-vern ſich einfanden. Gleichwol aber gab er dem Quintilius Varus die unvermerckte Nach- richt: daß die Kraͤfften des halben Deutſchlands unter dem Fuͤrwand der verlangten Huͤlffs- Voͤlcker wieder den Melo/ und der Cattiſchen Friedens-Handlung alldar verſammlet waͤren; und wenn Varus nicht alle ſeine Kraͤfften zu- ſam̃en/ das Lager auch gar von Aliſon in Zeiten zuruͤck zuͤge; wuͤrde ſchwerlich von den Roͤmern ein Gebein davon kommen. Als nun Quin- tilius Varus dieſem Rathe zu folgen Tag und Nacht bemuͤht war; muſterten die deutſchen Fuͤrſten ihre Kriegs-voͤlcker/ verrichteten in der Tanfaniſchen Hoͤle ihren Gottesdienſt; erwehl- ten den Hertzog Herrmann zum Oberſten Feld- Herꝛn Deutſchlands; und verſetzten hernach den Roͤmern einen ſo gewaltigen Streich/ als denen Anweſenden uͤberfluͤßig bekandt/ dem Feinde ſchrecklich/ allen Helden aber/ und in- ſonderheit der hertzhafften Thußnelde/ welche bey erfahrner ruͤhmlicher Entſchluͤſſung der Deutſchen nicht zu Marpurg die Haͤnde in die Schoß legen wolte; ſondern ins geheim ſich mit Waffen verſahe und unter die Cattiſchen Edelleute vermengte/ zu unverwelckendem Ehren-Ruhme dienlich iſt. Maſſen ſie denn [Spaltenumbruch] mit ihren Thaten nicht nur ein Beyſpiel allen Helden; ſondern auch nach der Schlacht gegen ihren Braͤutigam durch die Entſchuldigung ih- rer uͤbernommenen Gefahr/ allen edlen Frau- en dieſe heilſame Lehre gab: Ein Kebsweib waͤ- re eine Geferthin zu Tiſche und Bette/ eine Braut oder Ehfrau aber alles Gluͤcks und Un- gluͤcks; Alſo iederman bey Anſchauung dieſer Heldin ſie fuͤr einen Ausbund ihres Geſchlech- tes/ und ein Vorbild der kuͤnfftigen Zeiten er- kennen muͤſte. Denn in Warheit/ wie alle Sachen/ welche ſich der Eigenſchafft ihrer Na- tur enteuſſern/ und zum Boͤſen ſich abneigen zu Ungeheuern/ wenn ſie aber zum Guten ſich ſchwingen/ zu Wunderwercken werden; Alſo ſind die wolluͤſtigen Maͤnner iederzeit weibi- ſcher/ als die Weiber/ die behertzten Frauen aber maͤnnlicher/ als die Maͤnner und Werck- zeuge des Verhaͤngnuͤſſes geweſt/ wenn es et- was der menſchlichen Vernunfft unbegreifli- ches auszuuͤben vorgehabt hat. Mit dieſem Lobſpruche beſchloß Fuͤrſt Ad- Jnhalt Des Neunten Buches. EJnbildung die ſinnreichſte Mahlerin bey denen Schlaffend- und blaſtens
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Neuntes Buch
tauſend Angrwariern/ Tubanten und Chama-
vern ſich einfanden. Gleichwol aber gab er
dem Quintilius Varus die unvermerckte Nach-
richt: daß die Kraͤfften des halben Deutſchlands
unter dem Fuͤrwand der verlangten Huͤlffs-
Voͤlcker wieder den Melo/ und der Cattiſchen
Friedens-Handlung alldar verſammlet waͤren;
und wenn Varus nicht alle ſeine Kraͤfften zu-
ſam̃en/ das Lager auch gar von Aliſon in Zeiten
zuruͤck zuͤge; wuͤrde ſchwerlich von den Roͤmern
ein Gebein davon kommen. Als nun Quin-
tilius Varus dieſem Rathe zu folgen Tag und
Nacht bemuͤht war; muſterten die deutſchen
Fuͤrſten ihre Kriegs-voͤlcker/ verrichteten in der
Tanfaniſchen Hoͤle ihren Gottesdienſt; erwehl-
ten den Hertzog Herrmann zum Oberſten Feld-
Herꝛn Deutſchlands; und verſetzten hernach
den Roͤmern einen ſo gewaltigen Streich/ als
denen Anweſenden uͤberfluͤßig bekandt/ dem
Feinde ſchrecklich/ allen Helden aber/ und in-
ſonderheit der hertzhafften Thußnelde/ welche
bey erfahrner ruͤhmlicher Entſchluͤſſung der
Deutſchen nicht zu Marpurg die Haͤnde in die
Schoß legen wolte; ſondern ins geheim ſich
mit Waffen verſahe und unter die Cattiſchen
Edelleute vermengte/ zu unverwelckendem
Ehren-Ruhme dienlich iſt. Maſſen ſie denn
mit ihren Thaten nicht nur ein Beyſpiel allen
Helden; ſondern auch nach der Schlacht gegen
ihren Braͤutigam durch die Entſchuldigung ih-
rer uͤbernommenen Gefahr/ allen edlen Frau-
en dieſe heilſame Lehre gab: Ein Kebsweib waͤ-
re eine Geferthin zu Tiſche und Bette/ eine
Braut oder Ehfrau aber alles Gluͤcks und Un-
gluͤcks; Alſo iederman bey Anſchauung dieſer
Heldin ſie fuͤr einen Ausbund ihres Geſchlech-
tes/ und ein Vorbild der kuͤnfftigen Zeiten er-
kennen muͤſte. Denn in Warheit/ wie alle
Sachen/ welche ſich der Eigenſchafft ihrer Na-
tur enteuſſern/ und zum Boͤſen ſich abneigen
zu Ungeheuern/ wenn ſie aber zum Guten ſich
ſchwingen/ zu Wunderwercken werden; Alſo
ſind die wolluͤſtigen Maͤnner iederzeit weibi-
ſcher/ als die Weiber/ die behertzten Frauen
aber maͤnnlicher/ als die Maͤnner und Werck-
zeuge des Verhaͤngnuͤſſes geweſt/ wenn es et-
was der menſchlichen Vernunfft unbegreifli-
ches auszuuͤben vorgehabt hat.
Mit dieſem Lobſpruche beſchloß Fuͤrſt Ad-
gandeſter zu der ſaͤmtlichen Zuhoͤrer groͤſten
Vergnuͤgung ſeine Erzehlung. Der uͤbrige
Abend ward mit einer herrlichen Mahlzeit und
allerhand Schertz-Spielen auffs annehmlich-
ſte hingelegt.
Jnhalt
Des Neunten Buches.
EJnbildung die ſinnreichſte Mahlerin bey denen Schlaffend- und
Traͤumenden. Hertzog Herrmanns und Thußneldens Ankunfft
in das Tanfaniſche Heiligthum/ beyder Verehligung/ Andacht
und Opffer. Thußneldens abſonderes Geluͤbte. Der uͤbrigen
Fuͤrſtlichen Verſam̃lung Nachkunfft und Freuden-volle Empfa-
hung. Asblaſtens und Erato Gedancken uͤber dieſem und andern
der Schamhafftigkeit gewiedmeten Heiligthuͤmern und Gebraͤu-
chen. Roͤthe allen andern Farben vorgaͤngig/ inſonderheit der
Tugend Leibfarbe. Die Flammen der Keuſchheit noch ſo hell-
ſcheinend in denen Hochzeits-Fackeln/ als in denen noch unvereinbarten Liebes-Sternen.
Hertzog Herrmanns angeſtelltes herrliche Mahl/ die Ruͤckkehr nach Deutſchburg. As-
blaſtens
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