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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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[Spaltenumbruch] Verfolgung eines Wildes sich ereignete Verir-
rung ist mehrmals eine Wegweiserin des Sieges
gewest. Weßwegen iederzeit die streitbarsten
Völcker die Jagt geliebet/ und die tapffersten
Fürsten mit dieser männlichen Ergetzligkeit ih-
re Herrschens-Sorge erleichtert/ denn auch
ihre Erqvickungen sollen Bemühungen seyn.
Darius hielt diese so ruhmwürdig/ daß er auff
sein Grab ihm als einen besondern Ehren-
Ruhm schreiben ließ/ daß daselbst ein fürtreffli-
cher Jäger begraben läge. Etliche grosse Für-
sten hätten selbst diese Kunst mit ihrer eigenen
Feder zu beschreiben sich nicht geschämet. Die-
semnach denn die wider diese an sich selbst gute
Ubung geschehene Einwürffe von schlechtem
Gewichte zu achten sind/ samb selbte das mensch-
liche Gemüthe mehr wilde machte/ als sie dem
Leibe dienlich wäre; daß ihre Annehmligkeit ei-
nen Fürsten nöthigern Sorgen abstehle. Sin-
temal selbte auff blossen auch den Kern der besten
Sachen verderbenden Mißbrauch gegründet
sind. Daß aber Saro der Gallier König sich
über Verfolgung eines Hirschen ins Meer ge-
stürtzt/ andere sich in Gebürgen verstiegen/ oder
von Gespensten verleitet worden/ ist ihrer eig-
nen Unvorsichtigkeit/ oder andern Zufällen/
welche auch in den löblichsten Unterfangungen
die Hand mit im Spielhaben/ nicht der Eigen-
schafft des Jagens zu zuschreiben.

Den Anfang dieser Jagt machte der Graf
von Uffen/ des Feldherrn oberster Jäger-Mei-
ster/ an einem sumpfichten Orte mit dem Rei-
gerbeitzen. Denn so bald dieser etliche Mitter-
nächtische Falcken außließ/ erhoben sich eine
grosse Anzahl Reiger empor/ welche allhier für
den Hertzog pflegen gehegt zu werden/ also daß sie
niemand sonst bey ernster Straffe beunruhigen
darff; wiewol sonst das allgemeine Völcker-
Recht/ welches den Fang der wilden Thiere ie-
dermann gemein läst/ in Deutschland unver-
sehrt ist. Auff die auffprellenden Reiger wur-
den alsofort so viel Falcken/ worunter etliche
[Spaltenumbruch] schneeweisse/ welche bey denen Cimbern und
Bosniern gefangen werden/ ausgelassen. Die-
se mühten sich auffs eifrigste jene mit ihrem Flu-
ge zu überklimmen/ und hierauff stiessen sie
schriemwerts mit vorgestreckten Klauen auff die
niedrigen Reiger mit solcher Heftigkeit herab/
daß ihr Abschiessen gleichsam ein Geräusche
des Windes machte/ und die Reiger gantz zer-
fleischt zur Erden fielen. Wiewol etliche schlaue
Reiger die allzu hitzigen Falcken mit ihren über
sich gekehrten Schnäbeln nicht nur verwunde-
ten/ sondern gar tödteten. Diese Lust vergnüg-
te den Hertzog Zeno so sehr/ daß er sich heraus
ließ: Plato hätte zwar die Fisch- und Vogel-
Jagt/ als etwas knechtisches getadelt/ er befindete
aber die Reigerbeitze für eine recht edle Fürsten-
Lust. Rhemetalces fing an: Die Thracier
hätten für uhralter Zeit diesen Vogel-Krieg hö-
her als keine andere Jagt gehalten/ und ihre Kö-
nige bey der Stadt Amphipolis mit dem Ha-
bicht-Fange der Wasser-Vogel ihnen eine un-
gemeine Lust gemacht. Zeno pflichtete diesem
Lobe gleichfalls bey/ mit Vermeldung/ daß die
Jndianer mit ihren abgerichteten Adlern eben-
falls das furchtsame Geflügel zu fangen pflege-
ten/ aber ihre Lust käme der gegenwärtigen bey
weitem nicht bey.

Hierauff kamen sie in den nechst daran liegen-
den Forst/ darinnen ihnen alsofort unterschiede-
ne Rehe auffstiessen/ derer etliche sie mit ihren
Pfeilen fälleten. Hernach kamen sie auff die
Spur eines wilden Uhr-Ochsens/ den sie auch
alsofort ereilten. Zeno vermeynte mit seinem
Bogen ihn alsofort zu erlegen/ und schoß drey
Pfeile hintereinander auff dessen Stirne/ wel-
che aber alle ohne Verwundung absprungen.
Dieser Fürst verwunderte sich hierüber nicht
wenig/ meldende: Er wüste nicht ob diese Ochsen
sich mit Kräutern feste gemacht/ oder seine Ar-
men alle Kräfte verlohren hätten. Malovend
lachte und sagte: Von Gemsen glaubte man
zwar/ daß wenn sie die Doranich-Wurtzel geges-

sen/

Anderes Buch
[Spaltenumbruch] Verfolgung eines Wildes ſich ereignete Verir-
rung iſt mehꝛmals eine Wegweiſerin des Sieges
geweſt. Weßwegen iederzeit die ſtreitbarſten
Voͤlcker die Jagt geliebet/ und die tapfferſten
Fuͤrſten mit dieſer maͤnnlichen Ergetzligkeit ih-
re Herrſchens-Sorge erleichtert/ denn auch
ihre Erqvickungen ſollen Bemuͤhungen ſeyn.
Darius hielt dieſe ſo ruhmwuͤrdig/ daß er auff
ſein Grab ihm als einen beſondern Ehren-
Ruhm ſchreiben ließ/ daß daſelbſt ein fuͤrtreffli-
cher Jaͤger begraben laͤge. Etliche groſſe Fuͤr-
ſten haͤtten ſelbſt dieſe Kunſt mit ihrer eigenen
Feder zu beſchreiben ſich nicht geſchaͤmet. Die-
ſemnach denn die wider dieſe an ſich ſelbſt gute
Ubung geſchehene Einwuͤrffe von ſchlechtem
Gewichte zu achten ſind/ ſamb ſelbte das menſch-
liche Gemuͤthe mehr wilde machte/ als ſie dem
Leibe dienlich waͤre; daß ihre Annehmligkeit ei-
nen Fuͤrſten noͤthigern Sorgen abſtehle. Sin-
temal ſelbte auff bloſſen auch den Kern der beſten
Sachen verderbenden Mißbrauch gegruͤndet
ſind. Daß aber Saro der Gallier Koͤnig ſich
uͤber Verfolgung eines Hirſchen ins Meer ge-
ſtuͤrtzt/ andere ſich in Gebuͤrgen verſtiegen/ oder
von Geſpenſten verleitet worden/ iſt ihrer eig-
nen Unvorſichtigkeit/ oder andern Zufaͤllen/
welche auch in den loͤblichſten Unterfangungen
die Hand mit im Spielhaben/ nicht der Eigen-
ſchafft des Jagens zu zuſchreiben.

Den Anfang dieſer Jagt machte der Graf
von Uffen/ des Feldherrn oberſter Jaͤger-Mei-
ſter/ an einem ſumpfichten Orte mit dem Rei-
gerbeitzen. Denn ſo bald dieſer etliche Mitter-
naͤchtiſche Falcken außließ/ erhoben ſich eine
groſſe Anzahl Reiger empor/ welche allhier fuͤr
den Hertzog pflegen gehegt zu werden/ alſo daß ſie
niemand ſonſt bey ernſter Straffe beunruhigen
darff; wiewol ſonſt das allgemeine Voͤlcker-
Recht/ welches den Fang der wilden Thiere ie-
dermann gemein laͤſt/ in Deutſchland unver-
ſehrt iſt. Auff die auffprellenden Reiger wur-
den alſofort ſo viel Falcken/ worunter etliche
[Spaltenumbruch] ſchneeweiſſe/ welche bey denen Cimbern und
Boſniern gefangen werden/ ausgelaſſen. Die-
ſe muͤhten ſich auffs eifrigſte jene mit ihrem Flu-
ge zu uͤberklimmen/ und hierauff ſtieſſen ſie
ſchriemwerts mit vorgeſtreckten Klauen auff die
niedrigen Reiger mit ſolcher Heftigkeit herab/
daß ihr Abſchieſſen gleichſam ein Geraͤuſche
des Windes machte/ und die Reiger gantz zer-
fleiſcht zur Erden fielen. Wiewol etliche ſchlaue
Reiger die allzu hitzigen Falcken mit ihren uͤber
ſich gekehrten Schnaͤbeln nicht nur verwunde-
ten/ ſondern gar toͤdteten. Dieſe Luſt vergnuͤg-
te den Hertzog Zeno ſo ſehr/ daß er ſich heraus
ließ: Plato haͤtte zwar die Fiſch- und Vogel-
Jagt/ als etwas knechtiſches getadelt/ er befindete
aber die Reigerbeitze fuͤr eine recht edle Fuͤrſten-
Luſt. Rhemetalces fing an: Die Thracier
haͤtten fuͤr uhralter Zeit dieſen Vogel-Krieg hoͤ-
her als keine andere Jagt gehalten/ und ihre Koͤ-
nige bey der Stadt Amphipolis mit dem Ha-
bicht-Fange der Waſſer-Vogel ihnen eine un-
gemeine Luſt gemacht. Zeno pflichtete dieſem
Lobe gleichfalls bey/ mit Vermeldung/ daß die
Jndianer mit ihren abgerichteten Adlern eben-
falls das furchtſame Gefluͤgel zu fangen pflege-
ten/ aber ihre Luſt kaͤme der gegenwaͤrtigen bey
weitem nicht bey.

Hierauff kamen ſie in den nechſt daran liegen-
den Forſt/ darinnen ihnen alſofort unterſchiede-
ne Rehe auffſtieſſen/ derer etliche ſie mit ihren
Pfeilen faͤlleten. Hernach kamen ſie auff die
Spur eines wilden Uhr-Ochſens/ den ſie auch
alſofort ereilten. Zeno vermeynte mit ſeinem
Bogen ihn alſofort zu erlegen/ und ſchoß drey
Pfeile hintereinander auff deſſen Stirne/ wel-
che aber alle ohne Verwundung abſprungen.
Dieſer Fuͤrſt verwunderte ſich hieruͤber nicht
wenig/ meldende: Er wuͤſte nicht ob dieſe Ochſen
ſich mit Kraͤutern feſte gemacht/ oder ſeine Ar-
men alle Kraͤfte verlohren haͤtten. Malovend
lachte und ſagte: Von Gemſen glaubte man
zwar/ daß wenn ſie die Doranich-Wuꝛtzel gegeſ-

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[88/0138] Anderes Buch Verfolgung eines Wildes ſich ereignete Verir- rung iſt mehꝛmals eine Wegweiſerin des Sieges geweſt. Weßwegen iederzeit die ſtreitbarſten Voͤlcker die Jagt geliebet/ und die tapfferſten Fuͤrſten mit dieſer maͤnnlichen Ergetzligkeit ih- re Herrſchens-Sorge erleichtert/ denn auch ihre Erqvickungen ſollen Bemuͤhungen ſeyn. Darius hielt dieſe ſo ruhmwuͤrdig/ daß er auff ſein Grab ihm als einen beſondern Ehren- Ruhm ſchreiben ließ/ daß daſelbſt ein fuͤrtreffli- cher Jaͤger begraben laͤge. Etliche groſſe Fuͤr- ſten haͤtten ſelbſt dieſe Kunſt mit ihrer eigenen Feder zu beſchreiben ſich nicht geſchaͤmet. Die- ſemnach denn die wider dieſe an ſich ſelbſt gute Ubung geſchehene Einwuͤrffe von ſchlechtem Gewichte zu achten ſind/ ſamb ſelbte das menſch- liche Gemuͤthe mehr wilde machte/ als ſie dem Leibe dienlich waͤre; daß ihre Annehmligkeit ei- nen Fuͤrſten noͤthigern Sorgen abſtehle. Sin- temal ſelbte auff bloſſen auch den Kern der beſten Sachen verderbenden Mißbrauch gegruͤndet ſind. Daß aber Saro der Gallier Koͤnig ſich uͤber Verfolgung eines Hirſchen ins Meer ge- ſtuͤrtzt/ andere ſich in Gebuͤrgen verſtiegen/ oder von Geſpenſten verleitet worden/ iſt ihrer eig- nen Unvorſichtigkeit/ oder andern Zufaͤllen/ welche auch in den loͤblichſten Unterfangungen die Hand mit im Spielhaben/ nicht der Eigen- ſchafft des Jagens zu zuſchreiben. Den Anfang dieſer Jagt machte der Graf von Uffen/ des Feldherrn oberſter Jaͤger-Mei- ſter/ an einem ſumpfichten Orte mit dem Rei- gerbeitzen. Denn ſo bald dieſer etliche Mitter- naͤchtiſche Falcken außließ/ erhoben ſich eine groſſe Anzahl Reiger empor/ welche allhier fuͤr den Hertzog pflegen gehegt zu werden/ alſo daß ſie niemand ſonſt bey ernſter Straffe beunruhigen darff; wiewol ſonſt das allgemeine Voͤlcker- Recht/ welches den Fang der wilden Thiere ie- dermann gemein laͤſt/ in Deutſchland unver- ſehrt iſt. Auff die auffprellenden Reiger wur- den alſofort ſo viel Falcken/ worunter etliche ſchneeweiſſe/ welche bey denen Cimbern und Boſniern gefangen werden/ ausgelaſſen. Die- ſe muͤhten ſich auffs eifrigſte jene mit ihrem Flu- ge zu uͤberklimmen/ und hierauff ſtieſſen ſie ſchriemwerts mit vorgeſtreckten Klauen auff die niedrigen Reiger mit ſolcher Heftigkeit herab/ daß ihr Abſchieſſen gleichſam ein Geraͤuſche des Windes machte/ und die Reiger gantz zer- fleiſcht zur Erden fielen. Wiewol etliche ſchlaue Reiger die allzu hitzigen Falcken mit ihren uͤber ſich gekehrten Schnaͤbeln nicht nur verwunde- ten/ ſondern gar toͤdteten. Dieſe Luſt vergnuͤg- te den Hertzog Zeno ſo ſehr/ daß er ſich heraus ließ: Plato haͤtte zwar die Fiſch- und Vogel- Jagt/ als etwas knechtiſches getadelt/ er befindete aber die Reigerbeitze fuͤr eine recht edle Fuͤrſten- Luſt. Rhemetalces fing an: Die Thracier haͤtten fuͤr uhralter Zeit dieſen Vogel-Krieg hoͤ- her als keine andere Jagt gehalten/ und ihre Koͤ- nige bey der Stadt Amphipolis mit dem Ha- bicht-Fange der Waſſer-Vogel ihnen eine un- gemeine Luſt gemacht. Zeno pflichtete dieſem Lobe gleichfalls bey/ mit Vermeldung/ daß die Jndianer mit ihren abgerichteten Adlern eben- falls das furchtſame Gefluͤgel zu fangen pflege- ten/ aber ihre Luſt kaͤme der gegenwaͤrtigen bey weitem nicht bey. Hierauff kamen ſie in den nechſt daran liegen- den Forſt/ darinnen ihnen alſofort unterſchiede- ne Rehe auffſtieſſen/ derer etliche ſie mit ihren Pfeilen faͤlleten. Hernach kamen ſie auff die Spur eines wilden Uhr-Ochſens/ den ſie auch alſofort ereilten. Zeno vermeynte mit ſeinem Bogen ihn alſofort zu erlegen/ und ſchoß drey Pfeile hintereinander auff deſſen Stirne/ wel- che aber alle ohne Verwundung abſprungen. Dieſer Fuͤrſt verwunderte ſich hieruͤber nicht wenig/ meldende: Er wuͤſte nicht ob dieſe Ochſen ſich mit Kraͤutern feſte gemacht/ oder ſeine Ar- men alle Kraͤfte verlohren haͤtten. Malovend lachte und ſagte: Von Gemſen glaubte man zwar/ daß wenn ſie die Doranich-Wuꝛtzel gegeſ- ſen/

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/138>, abgerufen am 24.11.2024.