Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Meere kommt/ aber die aller niedlichsten Spei-
sen auffgesetzt. Bey währender Mahlzeit liessen
die um den Fels schwermenden Sirenen sich
mit denen lieblichsten Seitenspielen und Ge-
sängen hören. Nach vollbrachter Taffel füg-
ten sie sich an ein ander Ufer; da sie denn in dem
Meere zweyhundert künstliche Schwimmer in
Gestalt der Tritonen gegen einander zu einem
Kampffe fertig fanden. Das wunderwürdigste
war: daß als Neptun auff einer Muschel zwi-
schen sie in die Mitte fuhr/ und seinen Drey-
zancks Stab in das Meer stach; alsofort an sel-
bigem Orte ein kleiner Felß durch Kunst herfür
kam; auff welchem sich ein gantz silberner Tri-
ton zeigte; welcher in ein Streit Horn bließ/
und denen gegen einander gerüsteten das Zei-
chen zum Kampffe gab. Dieser ward mit der
vollkommensten Ordnung/ und mit den seltzam-
sten Abwechselungen bewerckstelliget/ endlich
aber/ als die unter gedrückten Besiegten nicht
anders als wie Endten aus dem Wasser wieder
empor kamen; und der silberne Triton auff ei-
ner Leyer zum Zeichen des Friedens zu spielen
anfieng/ dieser Streit ebenfalls in einen Was-
ser-Tantz verkehret. Nach dieser Lust ward in
einem grossen Wasser-Kefichte ein aus Egy-
pten überbrachter Krocodil und ein Wasser-
Pferd loß gelassen; auff welche dreyhundert auf
schnellen Nachen ankommende Fischer mit ei-
sernen Hacken und Wurff-Spiessen loß gien-
gen; iedoch ehe sie ihre Thiere erlegten/ vor et-
liche Gefärthen dem Rachen des seine Todten
vorher beweinenden Krocodils aufopffern mu-
sten. Hierüber rückte die Nacht herbey/ der
Himmel ward voller Sternen/ das stille Meer
ein kristallener Spiegel; also: daß durch den
Gegenschein der Himmel eine blaue See/ die
See ein gestirnter Himmel zu seyn schien. Am-
phitrite nöthigte die versammleten Götter auch
auff ihren Wiesen einige Ergötzung zu genüs-
sen. Wie denn auff zusammen gefügten Schif-
fen ein schwimmendes/ und mit allen nur er-
[Spaltenumbruch] sinnlichen See-Kräutern/ Muscheln/ Schne-
cken/ Korallen/ Agstein bedecktes Eyland ans
Ufer stieß/ und die eingeladenen Gäste auff-
nahm. Sie setzte mehr nicht als eine grosse und
zwey kleinere Schüsseln aus Perlen-Mutter
auff; in der grossen lagen zweytausend Sorten
außerlesener Fische/ in der einen kleinen nichts
als Milch von Murenen; in der andern lauter
Scarus-Lebern; welche ihrer Köstligkeit hal-
ber Jupiters Gehirne genennt wurden. Bey
dieser Ergetzligkeit ward noch die Farth des
Ulysses/ und der sich ins Meer stürtzenden Si-
renen fürgebildet. Zuletzt aber diese schwim-
mende Jnsel in so viel Theile zerrissen: daß nur
zwey und zwey Stüle auff einem Nachen bey-
sammen stehen blieben. Worbey es Livia aber-
mahls so meisterlich angegeben hatte: daß der
Kayser und Asblaste beysammen; und in der
Einsamkeit des Meeres schier allein zurücke
blieben. Ein einiger auff einem in Gestalt
eines Delphins künstlich gefertigtem Nachen
sitzender Triton schwermte um sie her/ und sang
gegen Asblasten die in nachfolgenden Reymen
ausgedrückte Gedancken des Kaysers:

Wenn Venus und ihr Kind auff Purper-Muscheln fährt/
Jn einen Tag die düstre Nacht/
Jn's Ruder seinen Pfeil/ Scarlat in's Segel kehrt/
Den Wind mit seinen Flügeln macht;
Wenn Meer und Flut Safier und Perlen scheinen/
Wenn Klipp' und Strand gleicht schönsten Edelsteinen;
So geht doch dieser Aufzug hier
Der Liebes-Götter Schiffarth für.
Der Westwind seuffz't/ das Meer steckt sich in Liebes-Glut/
Bon dieser neuen Göttin an.
Die Morgenröthe fleucht/ nach dem ihr Haar die Flut
Viel herrlicher vergülden kan.
Jhr Hals läßt Perl'n/ ihr Rosen-Mund Korallen/
Jhr Athem Musch auff Doris Wiesen fallen;
Sie wandelt's Meer in's Himmelreich;
Denn sie ist selbst der Sonne gleich.
Durch ihren süssen Reitz wird ieder Fisch verliebt.
Die Muschel fügt zur Muschel sich;
Man sieht: wie ein Delfin dem andern Küsse giebt;
Und dieses Feuer quäl't auch mich.
Mein

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Meere kommt/ aber die aller niedlichſten Spei-
ſen auffgeſetzt. Bey waͤhrender Mahlzeit lieſſen
die um den Fels ſchwermenden Sirenen ſich
mit denen lieblichſten Seitenſpielen und Ge-
ſaͤngen hoͤren. Nach vollbrachter Taffel fuͤg-
ten ſie ſich an ein ander Ufer; da ſie denn in dem
Meere zweyhundert kuͤnſtliche Schwimmer in
Geſtalt der Tritonen gegen einander zu einem
Kampffe fertig fanden. Das wunderwuͤrdigſte
war: daß als Neptun auff einer Muſchel zwi-
ſchen ſie in die Mitte fuhr/ und ſeinen Drey-
zancks Stab in das Meer ſtach; alſofort an ſel-
bigem Orte ein kleiner Felß durch Kunſt herfuͤr
kam; auff welchem ſich ein gantz ſilberner Tri-
ton zeigte; welcher in ein Streit Horn bließ/
und denen gegen einander geruͤſteten das Zei-
chen zum Kampffe gab. Dieſer ward mit der
vollkommenſten Ordnung/ und mit den ſeltzam-
ſten Abwechſelungen bewerckſtelliget/ endlich
aber/ als die unter gedruͤckten Beſiegten nicht
anders als wie Endten aus dem Waſſer wieder
empor kamen; und der ſilberne Triton auff ei-
ner Leyer zum Zeichen des Friedens zu ſpielen
anfieng/ dieſer Streit ebenfalls in einen Waſ-
ſer-Tantz verkehret. Nach dieſer Luſt ward in
einem groſſen Waſſer-Kefichte ein aus Egy-
pten uͤberbrachter Krocodil und ein Waſſer-
Pferd loß gelaſſen; auff welche dreyhundert auf
ſchnellen Nachen ankommende Fiſcher mit ei-
ſernen Hacken und Wurff-Spieſſen loß gien-
gen; iedoch ehe ſie ihre Thiere erlegten/ vor et-
liche Gefaͤrthen dem Rachen des ſeine Todten
vorher beweinenden Krocodils aufopffern mu-
ſten. Hieruͤber ruͤckte die Nacht herbey/ der
Himmel ward voller Sternen/ das ſtille Meer
ein kriſtallener Spiegel; alſo: daß durch den
Gegenſchein der Himmel eine blaue See/ die
See ein geſtirnter Himmel zu ſeyn ſchien. Am-
phitrite noͤthigte die verſammleten Goͤtter auch
auff ihren Wieſen einige Ergoͤtzung zu genuͤſ-
ſen. Wie denn auff zuſammen gefuͤgten Schif-
fen ein ſchwimmendes/ und mit allen nur er-
[Spaltenumbruch] ſinnlichen See-Kraͤutern/ Muſcheln/ Schne-
cken/ Korallen/ Agſtein bedecktes Eyland ans
Ufer ſtieß/ und die eingeladenen Gaͤſte auff-
nahm. Sie ſetzte mehr nicht als eine groſſe und
zwey kleinere Schuͤſſeln aus Perlen-Mutter
auff; in der groſſen lagen zweytauſend Sorten
außerleſener Fiſche/ in der einen kleinen nichts
als Milch von Murenen; in der andern lauter
Scarus-Lebern; welche ihrer Koͤſtligkeit hal-
ber Jupiters Gehirne genennt wurden. Bey
dieſer Ergetzligkeit ward noch die Farth des
Ulyſſes/ und der ſich ins Meer ſtuͤrtzenden Si-
renen fuͤrgebildet. Zuletzt aber dieſe ſchwim-
mende Jnſel in ſo viel Theile zerriſſen: daß nur
zwey und zwey Stuͤle auff einem Nachen bey-
ſammen ſtehen blieben. Worbey es Livia aber-
mahls ſo meiſterlich angegeben hatte: daß der
Kayſer und Asblaſte beyſammen; und in der
Einſamkeit des Meeres ſchier allein zuruͤcke
blieben. Ein einiger auff einem in Geſtalt
eines Delphins kuͤnſtlich gefertigtem Nachen
ſitzender Triton ſchwermte um ſie her/ und ſang
gegen Asblaſten die in nachfolgenden Reymen
ausgedruͤckte Gedancken des Kayſers:

Wenn Venus und ihr Kind auff Purper-Muſcheln faͤhrt/
Jn einen Tag die duͤſtre Nacht/
Jn’s Ruder ſeinen Pfeil/ Scarlat in’s Segel kehrt/
Den Wind mit ſeinen Fluͤgeln macht;
Wenn Meer und Flut Safier und Perlen ſcheinen/
Wenn Klipp’ und Strand gleicht ſchoͤnſten Edelſteinen;
So geht doch dieſer Aufzug hier
Der Liebes-Goͤtter Schiffarth fuͤr.
Der Weſtwind ſeuffz’t/ das Meer ſteckt ſich in Liebes-Glut/
Bon dieſer neuen Goͤttin an.
Die Morgenroͤthe fleucht/ nach dem ihr Haar die Flut
Viel herrlicher verguͤlden kan.
Jhr Hals laͤßt Perl’n/ ihr Roſen-Mund Korallen/
Jhr Athem Muſch auff Doris Wieſen fallen;
Sie wandelt’s Meer in’s Himmelreich;
Denn ſie iſt ſelbſt der Sonne gleich.
Durch ihren ſuͤſſen Reitz wird ieder Fiſch verliebt.
Die Muſchel fuͤgt zur Muſchel ſich;
Man ſieht: wie ein Delfin dem andern Kuͤſſe giebt;
Und dieſes Feuer quaͤl’t auch mich.
Mein
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f1265" n="1199[1201]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Arminius und Thußnelda.</hi></fw><lb/><cb/>
Meere kommt/ aber die aller niedlich&#x017F;ten Spei-<lb/>
&#x017F;en auffge&#x017F;etzt. Bey wa&#x0364;hrender Mahlzeit lie&#x017F;&#x017F;en<lb/>
die um den Fels &#x017F;chwermenden Sirenen &#x017F;ich<lb/>
mit denen lieblich&#x017F;ten Seiten&#x017F;pielen und Ge-<lb/>
&#x017F;a&#x0364;ngen ho&#x0364;ren. Nach vollbrachter Taffel fu&#x0364;g-<lb/>
ten &#x017F;ie &#x017F;ich an ein ander Ufer; da &#x017F;ie denn in dem<lb/>
Meere zweyhundert ku&#x0364;n&#x017F;tliche Schwimmer in<lb/>
Ge&#x017F;talt der Tritonen gegen einander zu einem<lb/>
Kampffe fertig fanden. Das wunderwu&#x0364;rdig&#x017F;te<lb/>
war: daß als Neptun auff einer Mu&#x017F;chel zwi-<lb/>
&#x017F;chen &#x017F;ie in die Mitte fuhr/ und &#x017F;einen Drey-<lb/>
zancks Stab in das Meer &#x017F;tach; al&#x017F;ofort an &#x017F;el-<lb/>
bigem Orte ein kleiner Felß durch Kun&#x017F;t herfu&#x0364;r<lb/>
kam; auff welchem &#x017F;ich ein gantz &#x017F;ilberner Tri-<lb/>
ton zeigte; welcher in ein Streit Horn bließ/<lb/>
und denen gegen einander geru&#x0364;&#x017F;teten das Zei-<lb/>
chen zum Kampffe gab. Die&#x017F;er ward mit der<lb/>
vollkommen&#x017F;ten Ordnung/ und mit den &#x017F;eltzam-<lb/>
&#x017F;ten Abwech&#x017F;elungen bewerck&#x017F;telliget/ endlich<lb/>
aber/ als die unter gedru&#x0364;ckten Be&#x017F;iegten nicht<lb/>
anders als wie Endten aus dem Wa&#x017F;&#x017F;er wieder<lb/>
empor kamen; und der &#x017F;ilberne Triton auff ei-<lb/>
ner Leyer zum Zeichen des Friedens zu &#x017F;pielen<lb/>
anfieng/ die&#x017F;er Streit ebenfalls in einen Wa&#x017F;-<lb/>
&#x017F;er-Tantz verkehret. Nach die&#x017F;er Lu&#x017F;t ward in<lb/>
einem gro&#x017F;&#x017F;en Wa&#x017F;&#x017F;er-Kefichte ein aus Egy-<lb/>
pten u&#x0364;berbrachter Krocodil und ein Wa&#x017F;&#x017F;er-<lb/>
Pferd loß gela&#x017F;&#x017F;en; auff welche dreyhundert auf<lb/>
&#x017F;chnellen Nachen ankommende Fi&#x017F;cher mit ei-<lb/>
&#x017F;ernen Hacken und Wurff-Spie&#x017F;&#x017F;en loß gien-<lb/>
gen; iedoch ehe &#x017F;ie ihre Thiere erlegten/ vor et-<lb/>
liche Gefa&#x0364;rthen dem Rachen des &#x017F;eine Todten<lb/>
vorher beweinenden Krocodils aufopffern mu-<lb/>
&#x017F;ten. Hieru&#x0364;ber ru&#x0364;ckte die Nacht herbey/ der<lb/>
Himmel ward voller Sternen/ das &#x017F;tille Meer<lb/>
ein kri&#x017F;tallener Spiegel; al&#x017F;o: daß durch den<lb/>
Gegen&#x017F;chein der Himmel eine blaue See/ die<lb/>
See ein ge&#x017F;tirnter Himmel zu &#x017F;eyn &#x017F;chien. Am-<lb/>
phitrite no&#x0364;thigte die ver&#x017F;ammleten Go&#x0364;tter auch<lb/>
auff ihren Wie&#x017F;en einige Ergo&#x0364;tzung zu genu&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en. Wie denn auff zu&#x017F;ammen gefu&#x0364;gten Schif-<lb/>
fen ein &#x017F;chwimmendes/ und mit allen nur er-<lb/><cb/>
&#x017F;innlichen See-Kra&#x0364;utern/ Mu&#x017F;cheln/ Schne-<lb/>
cken/ Korallen/ Ag&#x017F;tein bedecktes Eyland ans<lb/>
Ufer &#x017F;tieß/ und die eingeladenen Ga&#x0364;&#x017F;te auff-<lb/>
nahm. Sie &#x017F;etzte mehr nicht als eine gro&#x017F;&#x017F;e und<lb/>
zwey kleinere Schu&#x0364;&#x017F;&#x017F;eln aus Perlen-Mutter<lb/>
auff; in der gro&#x017F;&#x017F;en lagen zweytau&#x017F;end Sorten<lb/>
außerle&#x017F;ener Fi&#x017F;che/ in der einen kleinen nichts<lb/>
als Milch von Murenen; in der andern lauter<lb/>
Scarus-Lebern; welche ihrer Ko&#x0364;&#x017F;tligkeit hal-<lb/>
ber Jupiters Gehirne genennt wurden. Bey<lb/>
die&#x017F;er Ergetzligkeit ward noch die Farth des<lb/>
Uly&#x017F;&#x017F;es/ und der &#x017F;ich ins Meer &#x017F;tu&#x0364;rtzenden Si-<lb/>
renen fu&#x0364;rgebildet. Zuletzt aber die&#x017F;e &#x017F;chwim-<lb/>
mende Jn&#x017F;el in &#x017F;o viel Theile zerri&#x017F;&#x017F;en: daß nur<lb/>
zwey und zwey Stu&#x0364;le auff einem Nachen bey-<lb/>
&#x017F;ammen &#x017F;tehen blieben. Worbey es Livia aber-<lb/>
mahls &#x017F;o mei&#x017F;terlich angegeben hatte: daß der<lb/>
Kay&#x017F;er und Asbla&#x017F;te bey&#x017F;ammen; und in der<lb/>
Ein&#x017F;amkeit des Meeres &#x017F;chier allein zuru&#x0364;cke<lb/>
blieben. Ein einiger auff einem in Ge&#x017F;talt<lb/>
eines Delphins ku&#x0364;n&#x017F;tlich gefertigtem Nachen<lb/>
&#x017F;itzender Triton &#x017F;chwermte um &#x017F;ie her/ und &#x017F;ang<lb/>
gegen Asbla&#x017F;ten die in nachfolgenden Reymen<lb/>
ausgedru&#x0364;ckte Gedancken des Kay&#x017F;ers:</p><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Wenn Venus und ihr Kind auff Purper-Mu&#x017F;cheln fa&#x0364;hrt/</l><lb/>
              <l>Jn einen Tag die du&#x0364;&#x017F;tre Nacht/</l><lb/>
              <l>Jn&#x2019;s Ruder &#x017F;einen Pfeil/ Scarlat in&#x2019;s Segel kehrt/</l><lb/>
              <l>Den Wind mit &#x017F;einen Flu&#x0364;geln macht;</l><lb/>
              <l>Wenn Meer und Flut Safier und Perlen &#x017F;cheinen/</l><lb/>
              <l>Wenn Klipp&#x2019; und Strand gleicht &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten Edel&#x017F;teinen;</l><lb/>
              <l>So geht doch die&#x017F;er Aufzug hier</l><lb/>
              <l>Der Liebes-Go&#x0364;tter Schiffarth fu&#x0364;r.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Der We&#x017F;twind &#x017F;euffz&#x2019;t/ das Meer &#x017F;teckt &#x017F;ich in Liebes-Glut/</l><lb/>
              <l>Bon die&#x017F;er neuen Go&#x0364;ttin an.</l><lb/>
              <l>Die Morgenro&#x0364;the fleucht/ nach dem ihr Haar die Flut</l><lb/>
              <l>Viel herrlicher vergu&#x0364;lden kan.</l><lb/>
              <l>Jhr Hals la&#x0364;ßt Perl&#x2019;n/ ihr Ro&#x017F;en-Mund Korallen/</l><lb/>
              <l>Jhr Athem Mu&#x017F;ch auff Doris Wie&#x017F;en fallen;</l><lb/>
              <l>Sie wandelt&#x2019;s Meer in&#x2019;s Himmelreich;</l><lb/>
              <l>Denn &#x017F;ie i&#x017F;t &#x017F;elb&#x017F;t der Sonne gleich.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Durch ihren &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;en Reitz wird ieder Fi&#x017F;ch verliebt.</l><lb/>
              <l>Die Mu&#x017F;chel fu&#x0364;gt zur Mu&#x017F;chel &#x017F;ich;</l><lb/>
              <l>Man &#x017F;ieht: wie ein Delfin dem andern Ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;e giebt;</l><lb/>
              <l>Und die&#x017F;es Feuer qua&#x0364;l&#x2019;t auch mich.</l>
            </lg><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Mein</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1199[1201]/1265] Arminius und Thußnelda. Meere kommt/ aber die aller niedlichſten Spei- ſen auffgeſetzt. Bey waͤhrender Mahlzeit lieſſen die um den Fels ſchwermenden Sirenen ſich mit denen lieblichſten Seitenſpielen und Ge- ſaͤngen hoͤren. Nach vollbrachter Taffel fuͤg- ten ſie ſich an ein ander Ufer; da ſie denn in dem Meere zweyhundert kuͤnſtliche Schwimmer in Geſtalt der Tritonen gegen einander zu einem Kampffe fertig fanden. Das wunderwuͤrdigſte war: daß als Neptun auff einer Muſchel zwi- ſchen ſie in die Mitte fuhr/ und ſeinen Drey- zancks Stab in das Meer ſtach; alſofort an ſel- bigem Orte ein kleiner Felß durch Kunſt herfuͤr kam; auff welchem ſich ein gantz ſilberner Tri- ton zeigte; welcher in ein Streit Horn bließ/ und denen gegen einander geruͤſteten das Zei- chen zum Kampffe gab. Dieſer ward mit der vollkommenſten Ordnung/ und mit den ſeltzam- ſten Abwechſelungen bewerckſtelliget/ endlich aber/ als die unter gedruͤckten Beſiegten nicht anders als wie Endten aus dem Waſſer wieder empor kamen; und der ſilberne Triton auff ei- ner Leyer zum Zeichen des Friedens zu ſpielen anfieng/ dieſer Streit ebenfalls in einen Waſ- ſer-Tantz verkehret. Nach dieſer Luſt ward in einem groſſen Waſſer-Kefichte ein aus Egy- pten uͤberbrachter Krocodil und ein Waſſer- Pferd loß gelaſſen; auff welche dreyhundert auf ſchnellen Nachen ankommende Fiſcher mit ei- ſernen Hacken und Wurff-Spieſſen loß gien- gen; iedoch ehe ſie ihre Thiere erlegten/ vor et- liche Gefaͤrthen dem Rachen des ſeine Todten vorher beweinenden Krocodils aufopffern mu- ſten. Hieruͤber ruͤckte die Nacht herbey/ der Himmel ward voller Sternen/ das ſtille Meer ein kriſtallener Spiegel; alſo: daß durch den Gegenſchein der Himmel eine blaue See/ die See ein geſtirnter Himmel zu ſeyn ſchien. Am- phitrite noͤthigte die verſammleten Goͤtter auch auff ihren Wieſen einige Ergoͤtzung zu genuͤſ- ſen. Wie denn auff zuſammen gefuͤgten Schif- fen ein ſchwimmendes/ und mit allen nur er- ſinnlichen See-Kraͤutern/ Muſcheln/ Schne- cken/ Korallen/ Agſtein bedecktes Eyland ans Ufer ſtieß/ und die eingeladenen Gaͤſte auff- nahm. Sie ſetzte mehr nicht als eine groſſe und zwey kleinere Schuͤſſeln aus Perlen-Mutter auff; in der groſſen lagen zweytauſend Sorten außerleſener Fiſche/ in der einen kleinen nichts als Milch von Murenen; in der andern lauter Scarus-Lebern; welche ihrer Koͤſtligkeit hal- ber Jupiters Gehirne genennt wurden. Bey dieſer Ergetzligkeit ward noch die Farth des Ulyſſes/ und der ſich ins Meer ſtuͤrtzenden Si- renen fuͤrgebildet. Zuletzt aber dieſe ſchwim- mende Jnſel in ſo viel Theile zerriſſen: daß nur zwey und zwey Stuͤle auff einem Nachen bey- ſammen ſtehen blieben. Worbey es Livia aber- mahls ſo meiſterlich angegeben hatte: daß der Kayſer und Asblaſte beyſammen; und in der Einſamkeit des Meeres ſchier allein zuruͤcke blieben. Ein einiger auff einem in Geſtalt eines Delphins kuͤnſtlich gefertigtem Nachen ſitzender Triton ſchwermte um ſie her/ und ſang gegen Asblaſten die in nachfolgenden Reymen ausgedruͤckte Gedancken des Kayſers: Wenn Venus und ihr Kind auff Purper-Muſcheln faͤhrt/ Jn einen Tag die duͤſtre Nacht/ Jn’s Ruder ſeinen Pfeil/ Scarlat in’s Segel kehrt/ Den Wind mit ſeinen Fluͤgeln macht; Wenn Meer und Flut Safier und Perlen ſcheinen/ Wenn Klipp’ und Strand gleicht ſchoͤnſten Edelſteinen; So geht doch dieſer Aufzug hier Der Liebes-Goͤtter Schiffarth fuͤr. Der Weſtwind ſeuffz’t/ das Meer ſteckt ſich in Liebes-Glut/ Bon dieſer neuen Goͤttin an. Die Morgenroͤthe fleucht/ nach dem ihr Haar die Flut Viel herrlicher verguͤlden kan. Jhr Hals laͤßt Perl’n/ ihr Roſen-Mund Korallen/ Jhr Athem Muſch auff Doris Wieſen fallen; Sie wandelt’s Meer in’s Himmelreich; Denn ſie iſt ſelbſt der Sonne gleich. Durch ihren ſuͤſſen Reitz wird ieder Fiſch verliebt. Die Muſchel fuͤgt zur Muſchel ſich; Man ſieht: wie ein Delfin dem andern Kuͤſſe giebt; Und dieſes Feuer quaͤl’t auch mich. Mein

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1265
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1199[1201]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1265>, abgerufen am 18.05.2024.