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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Achtes Buch
[Spaltenumbruch] Pracht/ als die Güte des reichen Dentschlan-
des rühmen musten. Zum Geträncke ward
zwar ein aus Gersten und Hopffen gekochtes
Bier/ ein aus Honig und Baumfrüchten ab-
gejohrner Meth; aber auch allerhand theils in
Gallien/ theils Pannonien/ theils so gar in den
Glücks-Eylanden gewachsener/ von denen
Friesen eingeführter Wein auffgesetzt; und
zum Theil aus Hörnern der Auer-Ochsen/
theils aus irrdenen Geschirren/ welche aus ei-
ner bey denen Marsingern unter dem Gebür-
ge auff zwey gähen Hügeln gegrabenen und
der Lemnischen gleichgeschätzten Erde geferti-
get werden/ auf Gesundheit der Vermählten
freudig herum getruncken. Hierunter wur-
den nun zwar vermenget etliche aus Berg-
Kristallen künstlich geschnittene; unterschiedene
Murrhinische oder von denen Serern gebacke-
ne; viel güldene mit kostbaren Edelgesteinen/
oder herrlich geetzte/ wie nichts minder aus gan-
tzen Jaspissen und Agathen ausgehölete
Trinck geschirre/ mit welchen der Kayser und
andere Grosse entweder den deutschen Feld-
Herrn beschencket; oder die Deutschen unter
dem Geräthe des Quintilius Varus/ von wel-
chem gantz Asien erschöpfft worden war/ zur
Beute bekommen hatte. Wiewol nun diesen
Geschirren bey denen Römern theils ihre Sel-
tzamkeit/ theils die Zerbrechligkeit einen un-
schätzbaren Werth beygelegt/ und das Gold be-
reitszu dem geringsten Beysatze gemacht hat-
te; so wurden diese doch denen Einländischen
irrdenen gar nicht fürgezogen; sondern selbte
meist nur zum Andencken derer vom Feldherrn
bey den Römern ausgeübten Helden-Thaten/
theils des letztern grossen Sieges wieder den
Varus aufgesetzt; und zwar diese Fürstliche
Taffel von eitel adelichen Jungfrauen bedie-
net; welche aber/ ob sie zwar nach der Landes-
Art grösten theils nackt/ und ihrer Schönheit
halber aller anderer Völcker Töchtern vorzu-
ziehen waren/ bey denen tugendhafften Deut-
[Spaltenumbruch] schen/ derer gute Sitten mehr/ als anderwerts
scharffe Gesetze Gutes stiffteten/ keine streitba-
re Regungen verursachten. Sintemahl doch
keine gewissere Unschuld zu finden ist; als wo
man von gewissen Lastern keine Wissenschafft
hat. Denn derselben Bekandtschafft klebt schon
ein so süchtiger Kitzel an: daß ihrer viel nicht so
wol aus Begierde sich zu vergnügen/ als aus
Vorwitze fremder Gebrechen Geschmack zu
erkundigen/ sich in den tieffsten Schlam ab-
scheulicher Boßheiten stürtzen; und durch an-
genommene böse Gewonheit auch aus der Bit-
terkeit beschwerlicher Sünden eine verzuckerte
Ergetzligkeit schöpffen. Zu geschweigen: daß
die gemeine Entblössung auch derselben weib-
lichen Gliedmassen; welche doch die Natur
gleichsam zu einer Rüst-Kammer der Liebe er-
kieset hat/ mehr eine Ursache des Eckels/ als ei-
nen Zunder der Begierden abgiebt. Sintemal
unsere verwehnte Zuneigung diese seltzame Art
an sich hat: daß sie den sich selbst anbietenden
Uberfluß verschmähet; an einer sich weigern-
den Vergnügligkeit aber sich nicht ersättigen
kan; also: daß der verliebte Jupiter so gar in
Ertzt zerschmiltzt/ um der verschlossenen Da-
nae zu genüssen.

Nach der um Mitternacht auffgehobenen
Taffel ward die Fürstin Thußnelde von hun-
dert edlen Jungfrauen in das Hertzogliche
Schlaff-Gemach geleitet; sie aber vorher un-
ter allerhand zierlichen Täntzen ihres Krantzes
beraubet/ und hernach gleichsam in die Hände
der Cattischen Hertzogin und anderer anwesen-
den Fürstinnen überlieffert; darauff in ein von
lauter Eysvogel-Federn gefülletes/ mit Gold
und Seiden herrlich aufgeputztes Bette beglei-
tet; und endlich dem über seinem Liebes Siege
nichts weniger als über dem erschlagenen Varus
freudigen Herrmann Raum gemacht/ der aller-
vollkommensten Früchte zu genüssen; welche
iemahls die Tugend von so reiner Keuschheit

und

Achtes Buch
[Spaltenumbruch] Pracht/ als die Guͤte des reichen Dentſchlan-
des ruͤhmen muſten. Zum Getraͤncke ward
zwar ein aus Gerſten und Hopffen gekochtes
Bier/ ein aus Honig und Baumfruͤchten ab-
gejohrner Meth; aber auch allerhand theils in
Gallien/ theils Pannonien/ theils ſo gar in den
Gluͤcks-Eylanden gewachſener/ von denen
Frieſen eingefuͤhrter Wein auffgeſetzt; und
zum Theil aus Hoͤrnern der Auer-Ochſen/
theils aus irrdenen Geſchirren/ welche aus ei-
ner bey denen Marſingern unter dem Gebuͤr-
ge auff zwey gaͤhen Huͤgeln gegrabenen und
der Lemniſchen gleichgeſchaͤtzten Erde geferti-
get werden/ auf Geſundheit der Vermaͤhlten
freudig herum getruncken. Hierunter wur-
den nun zwar vermenget etliche aus Berg-
Kriſtallen kuͤnſtlich geſchnittene; unterſchiedene
Murrhiniſche oder von denen Serern gebacke-
ne; viel guͤldene mit koſtbaren Edelgeſteinen/
oder herrlich geetzte/ wie nichts minder aus gan-
tzen Jaſpiſſen und Agathen ausgehoͤlete
Trinck geſchirre/ mit welchen der Kayſer und
andere Groſſe entweder den deutſchen Feld-
Herrn beſchencket; oder die Deutſchen unter
dem Geraͤthe des Quintilius Varus/ von wel-
chem gantz Aſien erſchoͤpfft worden war/ zur
Beute bekommen hatte. Wiewol nun dieſen
Geſchirren bey denen Roͤmern theils ihre Sel-
tzamkeit/ theils die Zerbrechligkeit einen un-
ſchaͤtzbaren Werth beygelegt/ und das Gold be-
reitszu dem geringſten Beyſatze gemacht hat-
te; ſo wurden dieſe doch denen Einlaͤndiſchen
irrdenen gar nicht fuͤrgezogen; ſondern ſelbte
meiſt nur zum Andencken derer vom Feldherrn
bey den Roͤmern ausgeuͤbten Helden-Thaten/
theils des letztern groſſen Sieges wieder den
Varus aufgeſetzt; und zwar dieſe Fuͤrſtliche
Taffel von eitel adelichen Jungfrauen bedie-
net; welche aber/ ob ſie zwar nach der Landes-
Art groͤſten theils nackt/ und ihrer Schoͤnheit
halber aller anderer Voͤlcker Toͤchtern vorzu-
ziehen waren/ bey denen tugendhafften Deut-
[Spaltenumbruch] ſchen/ derer gute Sitten mehr/ als anderwerts
ſcharffe Geſetze Gutes ſtiffteten/ keine ſtreitba-
re Regungen verurſachten. Sintemahl doch
keine gewiſſere Unſchuld zu finden iſt; als wo
man von gewiſſen Laſtern keine Wiſſenſchafft
hat. Denn derſelben Bekandtſchafft klebt ſchon
ein ſo ſuͤchtiger Kitzel an: daß ihrer viel nicht ſo
wol aus Begierde ſich zu vergnuͤgen/ als aus
Vorwitze fremder Gebrechen Geſchmack zu
erkundigen/ ſich in den tieffſten Schlam ab-
ſcheulicher Boßheiten ſtuͤrtzen; und durch an-
genommene boͤſe Gewonheit auch aus der Bit-
terkeit beſchwerlicher Suͤnden eine verzuckerte
Ergetzligkeit ſchoͤpffen. Zu geſchweigen: daß
die gemeine Entbloͤſſung auch derſelben weib-
lichen Gliedmaſſen; welche doch die Natur
gleichſam zu einer Ruͤſt-Kammer der Liebe er-
kieſet hat/ mehr eine Urſache des Eckels/ als ei-
nen Zunder der Begierden abgiebt. Sintemal
unſere verwehnte Zuneigung dieſe ſeltzame Art
an ſich hat: daß ſie den ſich ſelbſt anbietenden
Uberfluß verſchmaͤhet; an einer ſich weigern-
den Vergnuͤgligkeit aber ſich nicht erſaͤttigen
kan; alſo: daß der verliebte Jupiter ſo gar in
Ertzt zerſchmiltzt/ um der verſchloſſenen Da-
nae zu genuͤſſen.

Nach der um Mitternacht auffgehobenen
Taffel ward die Fuͤrſtin Thußnelde von hun-
dert edlen Jungfrauen in das Hertzogliche
Schlaff-Gemach geleitet; ſie aber vorher un-
ter allerhand zierlichen Taͤntzen ihres Krantzes
beraubet/ und hernach gleichſam in die Haͤnde
der Cattiſchen Hertzogin und anderer anweſen-
den Fuͤrſtinnen uͤberlieffert; darauff in ein von
lauter Eysvogel-Federn gefuͤlletes/ mit Gold
und Seiden herrlich aufgeputztes Bette beglei-
tet; und endlich dem uͤbeꝛ ſeinem Liebes Siege
nichts weniger als uͤber dem erſchlagenẽ Varus
freudigen Herrmañ Raum gemacht/ der aller-
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und
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1184[1186]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1250>, abgerufen am 19.05.2024.