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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Siebendes Buch
[Spaltenumbruch] daß die menschlichen Sinnen so viel weniger
darzu solten gereitzt werden. Daher die Be-
schauung dieses Schatzes mehr Andacht und
Mäßigkeit von nöthen hätte/ als die Araber de-
nen/ welche Weyrauch suchen/ und die Atlan-
tischen Eyländer denen/ welche in den Gold-
Bergwercken arbeiten/ aufbürden: daß sie sich
so gar vorher ihrer Ehweiber enthalten müssen.
Marbod betrachtete diese köstlichen Steine ge-
gen dem Lichte mit höchster Verwunderung/
Lichtenstein und Tannenberg rafften in zwischen
beyde Hände voll/ und befanden: daß nicht nur
alle Steine Diamanten/ sondern auch etliche
darunter gantz rein und ausser ihrer Schale
waren. Gleichwol aber hatte Ariovistens Zu-
redung einen solchen Nachdruck: daß sie auch
nicht einen dieser Edelsteine zum Gedächtnüße
bey sich behalten wolten; biß Ariovist die grösten
ihnen einnöthigte/ und ihnen einhielt: daß der
gute Zweck nichts minder Reichthum/ als Gift
zu Nutzen machte/ der Mißbrauch aber das
herrlichste Gold in schädlichen Hütten-Rauch
verwandelte. Marbod fieng an: Er sehe wol:
daß der gütige Ariovist freygebiger wäre/ als die
Jndischen/ Scythischen und Egyptischen Kö-
nige; unter denen die ersten ihnen alle über
hundert Gran wiegende Diamanten/ die an-
dern alle grosse Türckiße/ die letzten alle grosse
Topaße vorbehielten. Hierauf steckte Ariovist
seine zwey Fackeln auf eine bey der Hand lie-
gende sehr hohe Stange/ und ermahnte seine
Nachfolger nun auch das Gewölbe dieser Höle
zu beobachten; welches sie wegen der Tunckel-
heit für eitel Regenbogen ansahen. Ariovist aber
unterrichtete sie: daß es eitel von der Kunsthand
der Natur zusammen gesetzte Schmaragden/
Topasser/ Beryllen und Granaten wären; ja
in der Welt wenig Edelgesteine gefunden wür-
den/ davon dieses Sudetische Gebürge nicht ei-
nen grossen Uberfluß hätte. Aber alles diß/
sagte Ariovist/ worvon der Geitz so viel Wesens
macht/ würde ich nicht der Müh werth geschätzt
[Spaltenumbruch] haben/ euch einen so beschwerlichen Weg anher
zu leiten; wenn ich dir/ Marbod/ nicht etwas
bessers zu zeigen hätte; welches dir theils die
wunder würdigen Geheimnüße der Göttlichen
Versehung für Augen stellen/ theils deinem
Thun vielleicht ein nützliches Beyspiel abgeben
könte. Hiermit nahm er den Marbod bey der
Hand/ leitete selbten hinter einen güldenen
Pfeiler in einen ziemlich breiten Gang/ durch
welchen sie wol eine Stunde zu gehen hatten;
dessen Wände anfangs ebenfalls eitel Gold-
Ertzt war/ hernach sich aber selbtes in Silber/ so
Marbod und seine Geferthen für Schnee ansa-
hen/ verwandelte. Nach und nach kam ihren
Ohren ein Geräusche entgegen/ welches sich
hernach in ein mächtiges Brausen des Wassers
verwandelte; also: daß für selbtem mit genauer
Noth ein auch ins Ohr redender den andern
verstehen konte. Endlich erblickten sie eine
zweymahl grössere Höle; worein aber Marbod
und die Seinigen zu treten Bedencken trugen;
weil sie in selbter grosse Ströme aufwerts schüs-
sen sahen. Ariovist aber versicherte sie: daß ih-
nen kein Finger oder Fadem naß werden solte:
leitete sie also darein/ führte sie an die Seiten-
Wände dieser Höle; um durch derselben An-
tastung sie zu versichern: daß zwischen ihnen und
diesem brausenden Gewässer eine wiewol gantz
durchsichtige/ iedoch Marmel-feste Mauer
stünde. Marbod ver gaß für Verwunderung
alle diese Seltzamkeiten/ und fragte: Ob denn
diese glatten und helleuchtenden Wände eitel
Berg-Cristallen wären? Jch kan es für nichts
anders erkennen antwortete Ariovist; weil in
diesem Gebürge hin und wieder auch auswerts
Stücke von Berg-Cristallen gefunden werden;
und ander zerbrechliches Glaß gegen dem ge-
waltsamen Triebe dieser Flüsse nicht bestehen
würde. Lichtensteins Vorwitz trieb ihn also
fort zu fragen: Ob denn unter denen Gebür-
gen auch Flüsse wären? Ariovist lächelte mit
beygesetzter Antwort: Es wäre daran nicht zu

zweiffeln/

Siebendes Buch
[Spaltenumbruch] daß die menſchlichen Sinnen ſo viel weniger
darzu ſolten gereitzt werden. Daher die Be-
ſchauung dieſes Schatzes mehr Andacht und
Maͤßigkeit von noͤthen haͤtte/ als die Araber de-
nen/ welche Weyrauch ſuchen/ und die Atlan-
tiſchen Eylaͤnder denen/ welche in den Gold-
Bergwercken arbeiten/ aufbuͤrden: daß ſie ſich
ſo gar vorher ihrer Ehweiber enthalten muͤſſen.
Marbod betrachtete dieſe koͤſtlichen Steine ge-
gen dem Lichte mit hoͤchſter Verwunderung/
Lichtenſtein und Tañenberg rafften in zwiſchen
beyde Haͤnde voll/ und befanden: daß nicht nur
alle Steine Diamanten/ ſondern auch etliche
darunter gantz rein und auſſer ihrer Schale
waren. Gleichwol aber hatte Arioviſtens Zu-
redung einen ſolchen Nachdruck: daß ſie auch
nicht einen dieſer Edelſteine zum Gedaͤchtnuͤße
bey ſich behalten wolten; biß Arioviſt die groͤſten
ihnen einnoͤthigte/ und ihnen einhielt: daß der
gute Zweck nichts minder Reichthum/ als Gift
zu Nutzen machte/ der Mißbrauch aber das
herrlichſte Gold in ſchaͤdlichen Huͤtten-Rauch
verwandelte. Marbod fieng an: Er ſehe wol:
daß der guͤtige Arioviſt freygebiger waͤre/ als die
Jndiſchen/ Scythiſchen und Egyptiſchen Koͤ-
nige; unter denen die erſten ihnen alle uͤber
hundert Gran wiegende Diamanten/ die an-
dern alle groſſe Tuͤrckiße/ die letzten alle groſſe
Topaße vorbehielten. Hierauf ſteckte Arioviſt
ſeine zwey Fackeln auf eine bey der Hand lie-
gende ſehr hohe Stange/ und ermahnte ſeine
Nachfolger nun auch das Gewoͤlbe dieſer Hoͤle
zu beobachten; welches ſie wegen der Tunckel-
heit fuͤr eitel Regenbogen anſahen. Arioviſt aber
unterrichtete ſie: daß es eitel von der Kunſthand
der Natur zuſammen geſetzte Schmaragden/
Topaſſer/ Beryllen und Granaten waͤren; ja
in der Welt wenig Edelgeſteine gefunden wuͤr-
den/ davon dieſes Sudetiſche Gebuͤrge nicht ei-
nen groſſen Uberfluß haͤtte. Aber alles diß/
ſagte Arioviſt/ worvon der Geitz ſo viel Weſens
macht/ wuͤrde ich nicht der Muͤh werth geſchaͤtzt
[Spaltenumbruch] haben/ euch einen ſo beſchwerlichen Weg anher
zu leiten; wenn ich dir/ Marbod/ nicht etwas
beſſers zu zeigen haͤtte; welches dir theils die
wunder wuͤrdigen Geheimnuͤße der Goͤttlichen
Verſehung fuͤr Augen ſtellen/ theils deinem
Thun vielleicht ein nuͤtzliches Beyſpiel abgeben
koͤnte. Hiermit nahm er den Marbod bey der
Hand/ leitete ſelbten hinter einen guͤldenen
Pfeiler in einen ziemlich breiten Gang/ durch
welchen ſie wol eine Stunde zu gehen hatten;
deſſen Waͤnde anfangs ebenfalls eitel Gold-
Ertzt war/ hernach ſich aber ſelbtes in Silber/ ſo
Marbod und ſeine Geferthen fuͤr Schnee anſa-
hen/ verwandelte. Nach und nach kam ihren
Ohren ein Geraͤuſche entgegen/ welches ſich
hernach in ein maͤchtiges Brauſen des Waſſers
verwandelte; alſo: daß fuͤr ſelbtem mit genauer
Noth ein auch ins Ohr redender den andern
verſtehen konte. Endlich erblickten ſie eine
zweymahl groͤſſere Hoͤle; worein aber Marbod
und die Seinigen zu treten Bedencken trugen;
weil ſie in ſelbter groſſe Stroͤme aufwerts ſchuͤſ-
ſen ſahen. Arioviſt aber verſicherte ſie: daß ih-
nen kein Finger oder Fadem naß werden ſolte:
leitete ſie alſo darein/ fuͤhrte ſie an die Seiten-
Waͤnde dieſer Hoͤle; um durch derſelben An-
taſtung ſie zu verſichern: daß zwiſchen ihnen und
dieſem brauſenden Gewaͤſſer eine wiewol gantz
durchſichtige/ iedoch Marmel-feſte Mauer
ſtuͤnde. Marbod ver gaß fuͤr Verwunderung
alle dieſe Seltzamkeiten/ und fragte: Ob denn
dieſe glatten und helleuchtenden Waͤnde eitel
Berg-Criſtallen waͤren? Jch kan es fuͤr nichts
anders erkennen antwortete Arioviſt; weil in
dieſem Gebuͤrge hin und wieder auch auswerts
Stuͤcke von Berg-Criſtallen gefunden werden;
und ander zerbrechliches Glaß gegen dem ge-
waltſamen Triebe dieſer Fluͤſſe nicht beſtehen
wuͤrde. Lichtenſteins Vorwitz trieb ihn alſo
fort zu fragen: Ob denn unter denen Gebuͤr-
gen auch Fluͤſſe waͤren? Arioviſt laͤchelte mit
beygeſetzter Antwort: Es waͤre daran nicht zu

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[1114[1116]/1178] Siebendes Buch daß die menſchlichen Sinnen ſo viel weniger darzu ſolten gereitzt werden. Daher die Be- ſchauung dieſes Schatzes mehr Andacht und Maͤßigkeit von noͤthen haͤtte/ als die Araber de- nen/ welche Weyrauch ſuchen/ und die Atlan- tiſchen Eylaͤnder denen/ welche in den Gold- Bergwercken arbeiten/ aufbuͤrden: daß ſie ſich ſo gar vorher ihrer Ehweiber enthalten muͤſſen. Marbod betrachtete dieſe koͤſtlichen Steine ge- gen dem Lichte mit hoͤchſter Verwunderung/ Lichtenſtein und Tañenberg rafften in zwiſchen beyde Haͤnde voll/ und befanden: daß nicht nur alle Steine Diamanten/ ſondern auch etliche darunter gantz rein und auſſer ihrer Schale waren. Gleichwol aber hatte Arioviſtens Zu- redung einen ſolchen Nachdruck: daß ſie auch nicht einen dieſer Edelſteine zum Gedaͤchtnuͤße bey ſich behalten wolten; biß Arioviſt die groͤſten ihnen einnoͤthigte/ und ihnen einhielt: daß der gute Zweck nichts minder Reichthum/ als Gift zu Nutzen machte/ der Mißbrauch aber das herrlichſte Gold in ſchaͤdlichen Huͤtten-Rauch verwandelte. Marbod fieng an: Er ſehe wol: daß der guͤtige Arioviſt freygebiger waͤre/ als die Jndiſchen/ Scythiſchen und Egyptiſchen Koͤ- nige; unter denen die erſten ihnen alle uͤber hundert Gran wiegende Diamanten/ die an- dern alle groſſe Tuͤrckiße/ die letzten alle groſſe Topaße vorbehielten. Hierauf ſteckte Arioviſt ſeine zwey Fackeln auf eine bey der Hand lie- gende ſehr hohe Stange/ und ermahnte ſeine Nachfolger nun auch das Gewoͤlbe dieſer Hoͤle zu beobachten; welches ſie wegen der Tunckel- heit fuͤr eitel Regenbogen anſahen. Arioviſt aber unterrichtete ſie: daß es eitel von der Kunſthand der Natur zuſammen geſetzte Schmaragden/ Topaſſer/ Beryllen und Granaten waͤren; ja in der Welt wenig Edelgeſteine gefunden wuͤr- den/ davon dieſes Sudetiſche Gebuͤrge nicht ei- nen groſſen Uberfluß haͤtte. Aber alles diß/ ſagte Arioviſt/ worvon der Geitz ſo viel Weſens macht/ wuͤrde ich nicht der Muͤh werth geſchaͤtzt haben/ euch einen ſo beſchwerlichen Weg anher zu leiten; wenn ich dir/ Marbod/ nicht etwas beſſers zu zeigen haͤtte; welches dir theils die wunder wuͤrdigen Geheimnuͤße der Goͤttlichen Verſehung fuͤr Augen ſtellen/ theils deinem Thun vielleicht ein nuͤtzliches Beyſpiel abgeben koͤnte. Hiermit nahm er den Marbod bey der Hand/ leitete ſelbten hinter einen guͤldenen Pfeiler in einen ziemlich breiten Gang/ durch welchen ſie wol eine Stunde zu gehen hatten; deſſen Waͤnde anfangs ebenfalls eitel Gold- Ertzt war/ hernach ſich aber ſelbtes in Silber/ ſo Marbod und ſeine Geferthen fuͤr Schnee anſa- hen/ verwandelte. Nach und nach kam ihren Ohren ein Geraͤuſche entgegen/ welches ſich hernach in ein maͤchtiges Brauſen des Waſſers verwandelte; alſo: daß fuͤr ſelbtem mit genauer Noth ein auch ins Ohr redender den andern verſtehen konte. Endlich erblickten ſie eine zweymahl groͤſſere Hoͤle; worein aber Marbod und die Seinigen zu treten Bedencken trugen; weil ſie in ſelbter groſſe Stroͤme aufwerts ſchuͤſ- ſen ſahen. Arioviſt aber verſicherte ſie: daß ih- nen kein Finger oder Fadem naß werden ſolte: leitete ſie alſo darein/ fuͤhrte ſie an die Seiten- Waͤnde dieſer Hoͤle; um durch derſelben An- taſtung ſie zu verſichern: daß zwiſchen ihnen und dieſem brauſenden Gewaͤſſer eine wiewol gantz durchſichtige/ iedoch Marmel-feſte Mauer ſtuͤnde. Marbod ver gaß fuͤr Verwunderung alle dieſe Seltzamkeiten/ und fragte: Ob denn dieſe glatten und helleuchtenden Waͤnde eitel Berg-Criſtallen waͤren? Jch kan es fuͤr nichts anders erkennen antwortete Arioviſt; weil in dieſem Gebuͤrge hin und wieder auch auswerts Stuͤcke von Berg-Criſtallen gefunden werden; und ander zerbrechliches Glaß gegen dem ge- waltſamen Triebe dieſer Fluͤſſe nicht beſtehen wuͤrde. Lichtenſteins Vorwitz trieb ihn alſo fort zu fragen: Ob denn unter denen Gebuͤr- gen auch Fluͤſſe waͤren? Arioviſt laͤchelte mit beygeſetzter Antwort: Es waͤre daran nicht zu zweiffeln/

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1114[1116]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1178>, abgerufen am 19.05.2024.