Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Siebendes Buch [Spaltenumbruch]
schon gewachsen wären. Denn weil die über-wundenen Städte grosse Besatzungen/ diese a- ber ansehnliche Mittel dörfften; wäre dieser Gewinn den Uberwindern eine Bürde/ und eine Aussaugung der Unterthanen/ welche vor- her schon so viel Gut und Blut zu dem verterb- lichen Obsiege beygetragen hätten. Selten stün- den die reichsten Landschafften/ die man dem Feinde abnähme/ für die Müh und Kosten/ am wenigsten für das theure Menschen-Blut/ wel- ches nicht gegen Gold auszuwägen/ auch mehr eine Tinte der Ehrsucht/ daraus die Krieges- Häupter ihre Siegs-Fahnen färben/ als eine Tingung der Reiche/ und ein Schmaltz der Länder wäre. Jhr Besitz ziehe bey den Nach- barn Neid/ bey den Uberwundenen Haß/ bey den Freunden Mißtrauen/ bey den Bürgern Argwohn nach sich. Derselben Erhaltung er- schöpfte das Vaterland an Volck und Mitteln; wären also krebsfräßige Glieder/ welche man von dem Leibe des Reiches abschneiden solte; o- der dem jenigen Fische gleich/ der dem/ welcher ihn mit dem Hamen fienge/ die Hand starrend machte. Ja endlich wäre ihr Verlust kostba- rer/ als die Gewinnung. Die Landvögte ver- gässen bey ihrer Botmäßigkeit: daß sie Bürger wären/ und verlernten die nöthigste Tugend des Gehorsams. Da aber Marbod ja auf seiner Meynung bestünde; solte man zum minsten nach der unter dem Fürsten gewöhnlichen Art vor die Landstände darüber vernehmen/ als wel- che im Kriege zwar das meiste zu verlieren/ aber das wenigste zu gewinnen hätten. Marbod trug diese wolgemeinte Erinnerung als eine Verrätherey den Kriegs Häuptern für/ durch welche der Rath sie eines ruhmwürdigen Sie- ges/ das Vaterland eines ansehnlichen Auff- nehmens/ die Kriegs-Leute der fetten Bojischen Aecker/ wegen welcher ihre Vor-Eltern zu kriegen iederzeit für Recht gehalten hätten/ be- rauben; ja durch den Frieden ihnen die Waffen aus den Händen spielen/ und weil der gemeine [Spaltenumbruch] Kriegs-Mann selten was mehres/ als Narben des Leibes/ und Lähmde der Glieder mit aus dem Kriege brächte/ sie zu armseligen Tagelöh- nern machen wolte. Kriegs-Leuten wäre die ärgste Schande durch Schweiß er werben/ was sie durch Blut haben könten. Welches sie aber wenig kosten würde; weil die Bojen in ihrem fruchtbaren Lande bey dem Wolleben alle Kriegs-Ubungen vergessen; der hohe Adel die gemeine Ritterschafft/ die besten Vormauern eines Reiches mit ihren Gütern gleichsam ver- schlungen hätten; ja sie selbst mit einander in ei- tel Mißverständnüße lebten. Einem schlaf- fendem Löwen und einem abgedanckten Sol- daten träten auch die Hasen auf die Fersen/ und der geringste aus dem Pöfel wolte an ihnen zum Ritter werden. Fern und ungelege[n]e Länder zu bemeistern wäre freylich wol nicht rathsam; und hätte so wol Carthago mit Bese- tzung so vieler fernen Länder/ als Athen durch Anfallung Siciliens seine dem Hertzen nö- thige Lebens-Geister in die eussersten Glieder unvorsichtig zertheilet/ und dardurch jene ih- ren Untergang befördert/ diese auf einmahl ih- ren achzigjährigen Gewinn verspielet; hinge- gen wären beyde Meister in der See/ und in höchster Blüte gewest/ als Athen sich mit den Grichischen Eylanden/ Carthago mit den fe- sten Lande in Africa vergnüget hätten. Die Römer hätten ihrer Ausbreitung kein Ende gemacht; wiewol sie Fuß für Fuß fortgerückt/ über Jtalien vierhundert Jahr zubracht/ und bey der scheinbarsten Gelegenheit nichts über- sprungen. Diese hätten bey ihrer bürgerlichen Herrschafft das meiste/ und mehr als niemahls kein König gewonnen. Fürsten wären sterb- lich/ Völcker aber blieben ewig/ wären keiner unwissenden Minderjährigkeit/ keinem ohn- mächtigen Alter/ wegen Vielheit der Augen keinen blinden Jrrthümern unter worffen; hät- ten zwar/ wie Könige über ihre Bedienten/ aber nicht über ihre herrschsüchtige Kinder zu eyfern. Weil
Siebendes Buch [Spaltenumbruch]
ſchon gewachſen waͤren. Denn weil die uͤber-wundenen Staͤdte groſſe Beſatzungen/ dieſe a- ber anſehnliche Mittel doͤrfften; waͤre dieſer Gewinn den Uberwindern eine Buͤrde/ und eine Ausſaugung der Unterthanen/ welche vor- her ſchon ſo viel Gut und Blut zu dem verterb- lichen Obſiege beygetragen haͤtten. Selten ſtuͤn- den die reichſten Landſchafften/ die man dem Feinde abnaͤhme/ fuͤr die Muͤh und Koſten/ am wenigſten fuͤr das theure Menſchen-Blut/ wel- ches nicht gegen Gold auszuwaͤgen/ auch mehr eine Tinte der Ehrſucht/ daraus die Krieges- Haͤupter ihre Siegs-Fahnen faͤrben/ als eine Tingung der Reiche/ und ein Schmaltz der Laͤnder waͤre. Jhr Beſitz ziehe bey den Nach- barn Neid/ bey den Uberwundenen Haß/ bey den Freunden Mißtrauen/ bey den Buͤrgern Argwohn nach ſich. Derſelben Erhaltung er- ſchoͤpfte das Vaterland an Volck und Mitteln; waͤren alſo krebsfraͤßige Glieder/ welche man von dem Leibe des Reiches abſchneiden ſolte; o- der dem jenigen Fiſche gleich/ der dem/ welcher ihn mit dem Hamen fienge/ die Hand ſtarrend machte. Ja endlich waͤre ihr Verluſt koſtba- rer/ als die Gewinnung. Die Landvoͤgte ver- gaͤſſen bey ihrer Botmaͤßigkeit: daß ſie Buͤrger waͤren/ und verlernten die noͤthigſte Tugend des Gehorſams. Da aber Marbod ja auf ſeiner Meynung beſtuͤnde; ſolte man zum minſten nach der unter dem Fuͤrſten gewoͤhnlichen Art vor die Landſtaͤnde daruͤber vernehmen/ als wel- che im Kriege zwar das meiſte zu verlieren/ aber das wenigſte zu gewinnen haͤtten. Marbod trug dieſe wolgemeinte Erinnerung als eine Verraͤtherey den Kriegs Haͤuptern fuͤr/ durch welche der Rath ſie eines ruhmwuͤrdigen Sie- ges/ das Vaterland eines anſehnlichen Auff- nehmens/ die Kriegs-Leute der fetten Bojiſchen Aecker/ wegen welcher ihre Vor-Eltern zu kriegen iederzeit fuͤr Recht gehalten haͤtten/ be- rauben; ja durch den Frieden ihnen die Waffen aus den Haͤnden ſpielen/ und weil der gemeine [Spaltenumbruch] Kriegs-Mann ſelten was mehres/ als Narben des Leibes/ und Laͤhmde der Glieder mit aus dem Kriege braͤchte/ ſie zu armſeligen Tageloͤh- nern machen wolte. Kriegs-Leuten waͤre die aͤrgſte Schande durch Schweiß er werben/ was ſie durch Blut haben koͤnten. Welches ſie aber wenig koſten wuͤrde; weil die Bojen in ihrem fruchtbaren Lande bey dem Wolleben alle Kriegs-Ubungen vergeſſen; der hohe Adel die gemeine Ritterſchafft/ die beſten Vormauern eines Reiches mit ihren Guͤtern gleichſam ver- ſchlungen haͤtten; ja ſie ſelbſt mit einander in ei- tel Mißverſtaͤndnuͤße lebten. Einem ſchlaf- fendem Loͤwen und einem abgedanckten Sol- daten traͤten auch die Haſen auf die Ferſen/ und der geringſte aus dem Poͤfel wolte an ihnen zum Ritter werden. Fern und ungelege[n]e Laͤnder zu bemeiſtern waͤre freylich wol nicht rathſam; und haͤtte ſo wol Carthago mit Beſe- tzung ſo vieler fernen Laͤnder/ als Athen durch Anfallung Siciliens ſeine dem Hertzen noͤ- thige Lebens-Geiſter in die euſſerſten Glieder unvorſichtig zertheilet/ und dardurch jene ih- ren Untergang befoͤrdert/ dieſe auf einmahl ih- ren achzigjaͤhrigen Gewinn verſpielet; hinge- gen waͤren beyde Meiſter in der See/ und in hoͤchſter Bluͤte geweſt/ als Athen ſich mit den Grichiſchen Eylanden/ Carthago mit den fe- ſten Lande in Africa vergnuͤget haͤtten. Die Roͤmer haͤtten ihrer Ausbreitung kein Ende gemacht; wiewol ſie Fuß fuͤr Fuß fortgeruͤckt/ uͤber Jtalien vierhundert Jahr zubracht/ und bey der ſcheinbarſten Gelegenheit nichts uͤber- ſprungen. Dieſe haͤtten bey ihrer buͤrgerlichen Herꝛſchafft das meiſte/ und mehr als niemahls kein Koͤnig gewonnen. Fuͤrſten waͤren ſterb- lich/ Voͤlcker aber blieben ewig/ waͤren keiner unwiſſenden Minderjaͤhrigkeit/ keinem ohn- maͤchtigen Alter/ wegen Vielheit der Augen keinen blinden Jrrthuͤmern unter worffen; haͤt- ten zwar/ wie Koͤnige uͤber ihre Bedienten/ aber nicht uͤber ihre herꝛſchſuͤchtige Kinder zu eyfern. Weil
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Siebendes Buch
ſchon gewachſen waͤren. Denn weil die uͤber-
wundenen Staͤdte groſſe Beſatzungen/ dieſe a-
ber anſehnliche Mittel doͤrfften; waͤre dieſer
Gewinn den Uberwindern eine Buͤrde/ und
eine Ausſaugung der Unterthanen/ welche vor-
her ſchon ſo viel Gut und Blut zu dem verterb-
lichen Obſiege beygetragen haͤtten. Selten ſtuͤn-
den die reichſten Landſchafften/ die man dem
Feinde abnaͤhme/ fuͤr die Muͤh und Koſten/ am
wenigſten fuͤr das theure Menſchen-Blut/ wel-
ches nicht gegen Gold auszuwaͤgen/ auch mehr
eine Tinte der Ehrſucht/ daraus die Krieges-
Haͤupter ihre Siegs-Fahnen faͤrben/ als eine
Tingung der Reiche/ und ein Schmaltz der
Laͤnder waͤre. Jhr Beſitz ziehe bey den Nach-
barn Neid/ bey den Uberwundenen Haß/ bey
den Freunden Mißtrauen/ bey den Buͤrgern
Argwohn nach ſich. Derſelben Erhaltung er-
ſchoͤpfte das Vaterland an Volck und Mitteln;
waͤren alſo krebsfraͤßige Glieder/ welche man
von dem Leibe des Reiches abſchneiden ſolte; o-
der dem jenigen Fiſche gleich/ der dem/ welcher
ihn mit dem Hamen fienge/ die Hand ſtarrend
machte. Ja endlich waͤre ihr Verluſt koſtba-
rer/ als die Gewinnung. Die Landvoͤgte ver-
gaͤſſen bey ihrer Botmaͤßigkeit: daß ſie Buͤrger
waͤren/ und verlernten die noͤthigſte Tugend des
Gehorſams. Da aber Marbod ja auf ſeiner
Meynung beſtuͤnde; ſolte man zum minſten
nach der unter dem Fuͤrſten gewoͤhnlichen Art
vor die Landſtaͤnde daruͤber vernehmen/ als wel-
che im Kriege zwar das meiſte zu verlieren/ aber
das wenigſte zu gewinnen haͤtten. Marbod
trug dieſe wolgemeinte Erinnerung als eine
Verraͤtherey den Kriegs Haͤuptern fuͤr/ durch
welche der Rath ſie eines ruhmwuͤrdigen Sie-
ges/ das Vaterland eines anſehnlichen Auff-
nehmens/ die Kriegs-Leute der fetten Bojiſchen
Aecker/ wegen welcher ihre Vor-Eltern zu
kriegen iederzeit fuͤr Recht gehalten haͤtten/ be-
rauben; ja durch den Frieden ihnen die Waffen
aus den Haͤnden ſpielen/ und weil der gemeine
Kriegs-Mann ſelten was mehres/ als Narben
des Leibes/ und Laͤhmde der Glieder mit aus
dem Kriege braͤchte/ ſie zu armſeligen Tageloͤh-
nern machen wolte. Kriegs-Leuten waͤre die
aͤrgſte Schande durch Schweiß er werben/ was
ſie durch Blut haben koͤnten. Welches ſie aber
wenig koſten wuͤrde; weil die Bojen in ihrem
fruchtbaren Lande bey dem Wolleben alle
Kriegs-Ubungen vergeſſen; der hohe Adel die
gemeine Ritterſchafft/ die beſten Vormauern
eines Reiches mit ihren Guͤtern gleichſam ver-
ſchlungen haͤtten; ja ſie ſelbſt mit einander in ei-
tel Mißverſtaͤndnuͤße lebten. Einem ſchlaf-
fendem Loͤwen und einem abgedanckten Sol-
daten traͤten auch die Haſen auf die Ferſen/ und
der geringſte aus dem Poͤfel wolte an ihnen
zum Ritter werden. Fern und ungelegene
Laͤnder zu bemeiſtern waͤre freylich wol nicht
rathſam; und haͤtte ſo wol Carthago mit Beſe-
tzung ſo vieler fernen Laͤnder/ als Athen durch
Anfallung Siciliens ſeine dem Hertzen noͤ-
thige Lebens-Geiſter in die euſſerſten Glieder
unvorſichtig zertheilet/ und dardurch jene ih-
ren Untergang befoͤrdert/ dieſe auf einmahl ih-
ren achzigjaͤhrigen Gewinn verſpielet; hinge-
gen waͤren beyde Meiſter in der See/ und in
hoͤchſter Bluͤte geweſt/ als Athen ſich mit den
Grichiſchen Eylanden/ Carthago mit den fe-
ſten Lande in Africa vergnuͤget haͤtten. Die
Roͤmer haͤtten ihrer Ausbreitung kein Ende
gemacht; wiewol ſie Fuß fuͤr Fuß fortgeruͤckt/
uͤber Jtalien vierhundert Jahr zubracht/ und
bey der ſcheinbarſten Gelegenheit nichts uͤber-
ſprungen. Dieſe haͤtten bey ihrer buͤrgerlichen
Herꝛſchafft das meiſte/ und mehr als niemahls
kein Koͤnig gewonnen. Fuͤrſten waͤren ſterb-
lich/ Voͤlcker aber blieben ewig/ waͤren keiner
unwiſſenden Minderjaͤhrigkeit/ keinem ohn-
maͤchtigen Alter/ wegen Vielheit der Augen
keinen blinden Jrrthuͤmern unter worffen; haͤt-
ten zwar/ wie Koͤnige uͤber ihre Bedienten/ aber
nicht uͤber ihre herꝛſchſuͤchtige Kinder zu eyfern.
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