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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Siebendes Buch
[Spaltenumbruch] noch den Marbod des zugedachten Raubes ent-
schütten konte; eilte er zu ihm/ eröffnete ihm be-
vorstehende Gefahr; und wie sehr gleich Mar-
bod seine Unschuld betheuerte/ und derogestalt
durch die Flucht sich schuldig zu machen an-
stund; so heredete ihn doch endlich Tiberius: daß
er bey seinem zwar guten Gewissen/ diß mahl
dem Glücke als einer Stieff-Mutter einen
Schlag verzeihen/ der dringenden Noth und
der Zeit aus dem Wege treten müste; weil die
Unschuld ein genungsamer Schild wieder Ver-
dacht und Eyversucht/ niemahls aber in den
Händen der Erzürnten sicher wäre. Also muste
Marbod nur Rom mit dem Rücken anseben/
wiewol Tiberius durch seine Entfernung end-
lich Vipsanien bewegte: daß sie Juliens An-
schlag Agrippen verschwieg; welche sich hierü-
ber kranck einlegte/ und endlich ihre verachtete
Liebe gegen den Marbod/ welchen sie vorsätzlich
weggereiset zu seyn glaubte/ in Gall und Gifft
verwandelte.

Marbod kam derogestalt in sein Vaterland/
als der Hermundurer und Marckmänner
Kriegs-Zustand gegen dem Hertzoge Britton
ziemlich schlecht beschaffen war. Alleine weil
es der Marckmännische Adel für den höchsten
Glantz eines Geschlechtes hält/ wenn ihrer viel
aus selbtem den Degen wieder Fürsten gezückt
haben/ wenn schon selbte hierüber den Hals un-
ter das Beil des Scharffrichters bücken müssen/
über diß die Geryonische Weissagung ihm ei-
nen Muth machte auff was hohes zu dencken;
schlug er sich auff die Seite des Volckes; und
ward ein Oberster über zwey tausend Marck-
männer. Facksariff rückte hierauf mit einem
verstärckten Heere für die Stadt Samulocen/
und als der Narisker Fürst Patalin solches ent-
setzen wolte/ geriethen beyde Heere in eine bluti-
ge Feld-Schlacht/ Facksariff mit allem Kriegs-
Volcke in die Flucht; aber Marbod hielt mit
seinen zweytausend Marckmännern Stand;
sonderlich als Patalin abermahls den lincken
[Spaltenumbruch] Flügel allzuweit verfolgte/ und sein übriges
Volck der Hermundurer Geräthe zu plündern
anfieng. Dieses Beyspiel des behertzten Mar-
bods/ welcher hierüber gleichsam Meister im
Felde blieb/ bewegte die Flüchtigen: daß sie sich
wieder erholeten/ ihre Feinde angriffen/ und ü-
ber sie einen Haupt-Sieg erhielten. Hierauff
gieng Samolucen/ und alle Städte zwischen
der Donau und dem Meyn über; Marbod a-
ber ward für einen Erhalter der Freyheit aus-
geruffen. Sekkes schlug unter dem Hercini-
schen Gebürge mit dem Fürsten Britton selbst
nicht obne Vortheil; gleichwol aber verließ er
etliche Plätze/ die Britton besetzte. Worüber
der Reichs-Rath den Sekkes aus geschöpftem
Verdachte: daß er es heimlich mit dem Fürsten
hielte/ seine Feldhauptmannschafft nieder zule-
gen zwange; hingegen Facksariff an seine
Stelle/ und Marbod ihm an die Seite gesetzt
ward. Diesemnach zohen beyde Theile ihre
eusserste Kräfften zusammen. Britton ward
von denen Sedusiern/ derer Druyden seine
Gemahlin güldene Berge versprochen hatte/
die Hermundurer aber von Marckmännern an-
sehnlich verstärcket. Hierauf rückten sie schwer-
müthig zusammen; gleich als wenn dieser einige
Tag den Ausschlag der Sache geben solte. Die
Kriegs-Häupter konten für Grimm ihre Völ-
cker nicht einst zur Tapfferkeit ermahnen; aber
die Verbitterung reitzte einen ieden schon zur
Rache und Blutstürtzung an. Der hitzige Streit
gab ein Gethöne von sich/ als wenn Felsen ge-
gen Felsen rennten/ und sich auf einander zer-
scheuterten. Der kühne Fürst Patalin und
sein Bruder Zomir fochten im rechten Flügel
wie zwey grimmige Tiger-Thiere/ jener stieß
dem Grafen Onethier/ der des Reichs-Raths
lincken Flügel führte/ einen Spieß durch das
dicke Bein; dieser aber schmieß ihm eine lange
Hacke ins Gesichte: daß er zu Bodem fiel und
gefangen ward; worüber der lincke Flügel in
offenbare Flucht gerieth. Hertzog Britton

setzte

Siebendes Buch
[Spaltenumbruch] noch den Marbod des zugedachten Raubes ent-
ſchuͤtten konte; eilte er zu ihm/ eroͤffnete ihm be-
vorſtehende Gefahr; und wie ſehr gleich Mar-
bod ſeine Unſchuld betheuerte/ und derogeſtalt
durch die Flucht ſich ſchuldig zu machen an-
ſtund; ſo heredete ihn doch endlich Tiberius: daß
er bey ſeinem zwar guten Gewiſſen/ diß mahl
dem Gluͤcke als einer Stieff-Mutter einen
Schlag verzeihen/ der dringenden Noth und
der Zeit aus dem Wege treten muͤſte; weil die
Unſchuld ein genungſamer Schild wieder Ver-
dacht und Eyverſucht/ niemahls aber in den
Haͤnden der Erzuͤrnten ſicher waͤre. Alſo muſte
Marbod nur Rom mit dem Ruͤcken anſeben/
wiewol Tiberius durch ſeine Entfernung end-
lich Vipſanien bewegte: daß ſie Juliens An-
ſchlag Agrippen verſchwieg; welche ſich hieruͤ-
ber kranck einlegte/ und endlich ihre verachtete
Liebe gegen den Marbod/ welchen ſie vorſaͤtzlich
weggereiſet zu ſeyn glaubte/ in Gall und Gifft
verwandelte.

Marbod kam derogeſtalt in ſein Vaterland/
als der Hermundurer und Marckmaͤnner
Kriegs-Zuſtand gegen dem Hertzoge Britton
ziemlich ſchlecht beſchaffen war. Alleine weil
es der Marckmaͤnniſche Adel fuͤr den hoͤchſten
Glantz eines Geſchlechtes haͤlt/ wenn ihrer viel
aus ſelbtem den Degen wieder Fuͤrſten gezuͤckt
haben/ wenn ſchon ſelbte hieruͤber den Hals un-
ter das Beil des Scharffrichters buͤcken muͤſſen/
uͤber diß die Geryoniſche Weiſſagung ihm ei-
nen Muth machte auff was hohes zu dencken;
ſchlug er ſich auff die Seite des Volckes; und
ward ein Oberſter uͤber zwey tauſend Marck-
maͤnner. Fackſariff ruͤckte hierauf mit einem
verſtaͤrckten Heere fuͤr die Stadt Samulocen/
und als der Narisker Fuͤrſt Patalin ſolches ent-
ſetzen wolte/ geriethen beyde Heere in eine bluti-
ge Feld-Schlacht/ Fackſariff mit allem Kriegs-
Volcke in die Flucht; aber Marbod hielt mit
ſeinen zweytauſend Marckmaͤnnern Stand;
ſonderlich als Patalin abermahls den lincken
[Spaltenumbruch] Fluͤgel allzuweit verfolgte/ und ſein uͤbriges
Volck der Hermundurer Geraͤthe zu pluͤndern
anfieng. Dieſes Beyſpiel des behertzten Mar-
bods/ welcher hieruͤber gleichſam Meiſter im
Felde blieb/ bewegte die Fluͤchtigen: daß ſie ſich
wieder erholeten/ ihre Feinde angriffen/ und uͤ-
ber ſie einen Haupt-Sieg erhielten. Hierauff
gieng Samolucen/ und alle Staͤdte zwiſchen
der Donau und dem Meyn uͤber; Marbod a-
ber ward fuͤr einen Erhalter der Freyheit aus-
geruffen. Sekkes ſchlug unter dem Hercini-
ſchen Gebuͤrge mit dem Fuͤrſten Britton ſelbſt
nicht obne Vortheil; gleichwol aber verließ er
etliche Plaͤtze/ die Britton beſetzte. Woruͤber
der Reichs-Rath den Sekkes aus geſchoͤpftem
Verdachte: daß er es heimlich mit dem Fuͤrſten
hielte/ ſeine Feldhauptmannſchafft nieder zule-
gen zwange; hingegen Fackſariff an ſeine
Stelle/ und Marbod ihm an die Seite geſetzt
ward. Dieſemnach zohen beyde Theile ihre
euſſerſte Kraͤfften zuſammen. Britton ward
von denen Seduſiern/ derer Druyden ſeine
Gemahlin guͤldene Berge verſprochen hatte/
die Hermundurer aber von Marckmaͤñern an-
ſehnlich verſtaͤrcket. Hierauf ruͤckten ſie ſchwer-
muͤthig zuſammen; gleich als wenn dieſer einige
Tag den Ausſchlag der Sache geben ſolte. Die
Kriegs-Haͤupter konten fuͤr Grimm ihre Voͤl-
cker nicht einſt zur Tapfferkeit ermahnen; aber
die Verbitterung reitzte einen ieden ſchon zur
Rache und Blutſtuͤrtzung an. Der hitzige Streit
gab ein Gethoͤne von ſich/ als wenn Felſen ge-
gen Felſen rennten/ und ſich auf einander zer-
ſcheuterten. Der kuͤhne Fuͤrſt Patalin und
ſein Bruder Zomir fochten im rechten Fluͤgel
wie zwey grimmige Tiger-Thiere/ jener ſtieß
dem Grafen Onethier/ der des Reichs-Raths
lincken Fluͤgel fuͤhrte/ einen Spieß durch das
dicke Bein; dieſer aber ſchmieß ihm eine lange
Hacke ins Geſichte: daß er zu Bodem fiel und
gefangen ward; woruͤber der lincke Fluͤgel in
offenbare Flucht gerieth. Hertzog Britton

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[1072[1074]/1136] Siebendes Buch noch den Marbod des zugedachten Raubes ent- ſchuͤtten konte; eilte er zu ihm/ eroͤffnete ihm be- vorſtehende Gefahr; und wie ſehr gleich Mar- bod ſeine Unſchuld betheuerte/ und derogeſtalt durch die Flucht ſich ſchuldig zu machen an- ſtund; ſo heredete ihn doch endlich Tiberius: daß er bey ſeinem zwar guten Gewiſſen/ diß mahl dem Gluͤcke als einer Stieff-Mutter einen Schlag verzeihen/ der dringenden Noth und der Zeit aus dem Wege treten muͤſte; weil die Unſchuld ein genungſamer Schild wieder Ver- dacht und Eyverſucht/ niemahls aber in den Haͤnden der Erzuͤrnten ſicher waͤre. Alſo muſte Marbod nur Rom mit dem Ruͤcken anſeben/ wiewol Tiberius durch ſeine Entfernung end- lich Vipſanien bewegte: daß ſie Juliens An- ſchlag Agrippen verſchwieg; welche ſich hieruͤ- ber kranck einlegte/ und endlich ihre verachtete Liebe gegen den Marbod/ welchen ſie vorſaͤtzlich weggereiſet zu ſeyn glaubte/ in Gall und Gifft verwandelte. Marbod kam derogeſtalt in ſein Vaterland/ als der Hermundurer und Marckmaͤnner Kriegs-Zuſtand gegen dem Hertzoge Britton ziemlich ſchlecht beſchaffen war. Alleine weil es der Marckmaͤnniſche Adel fuͤr den hoͤchſten Glantz eines Geſchlechtes haͤlt/ wenn ihrer viel aus ſelbtem den Degen wieder Fuͤrſten gezuͤckt haben/ wenn ſchon ſelbte hieruͤber den Hals un- ter das Beil des Scharffrichters buͤcken muͤſſen/ uͤber diß die Geryoniſche Weiſſagung ihm ei- nen Muth machte auff was hohes zu dencken; ſchlug er ſich auff die Seite des Volckes; und ward ein Oberſter uͤber zwey tauſend Marck- maͤnner. Fackſariff ruͤckte hierauf mit einem verſtaͤrckten Heere fuͤr die Stadt Samulocen/ und als der Narisker Fuͤrſt Patalin ſolches ent- ſetzen wolte/ geriethen beyde Heere in eine bluti- ge Feld-Schlacht/ Fackſariff mit allem Kriegs- Volcke in die Flucht; aber Marbod hielt mit ſeinen zweytauſend Marckmaͤnnern Stand; ſonderlich als Patalin abermahls den lincken Fluͤgel allzuweit verfolgte/ und ſein uͤbriges Volck der Hermundurer Geraͤthe zu pluͤndern anfieng. Dieſes Beyſpiel des behertzten Mar- bods/ welcher hieruͤber gleichſam Meiſter im Felde blieb/ bewegte die Fluͤchtigen: daß ſie ſich wieder erholeten/ ihre Feinde angriffen/ und uͤ- ber ſie einen Haupt-Sieg erhielten. Hierauff gieng Samolucen/ und alle Staͤdte zwiſchen der Donau und dem Meyn uͤber; Marbod a- ber ward fuͤr einen Erhalter der Freyheit aus- geruffen. Sekkes ſchlug unter dem Hercini- ſchen Gebuͤrge mit dem Fuͤrſten Britton ſelbſt nicht obne Vortheil; gleichwol aber verließ er etliche Plaͤtze/ die Britton beſetzte. Woruͤber der Reichs-Rath den Sekkes aus geſchoͤpftem Verdachte: daß er es heimlich mit dem Fuͤrſten hielte/ ſeine Feldhauptmannſchafft nieder zule- gen zwange; hingegen Fackſariff an ſeine Stelle/ und Marbod ihm an die Seite geſetzt ward. Dieſemnach zohen beyde Theile ihre euſſerſte Kraͤfften zuſammen. Britton ward von denen Seduſiern/ derer Druyden ſeine Gemahlin guͤldene Berge verſprochen hatte/ die Hermundurer aber von Marckmaͤñern an- ſehnlich verſtaͤrcket. Hierauf ruͤckten ſie ſchwer- muͤthig zuſammen; gleich als wenn dieſer einige Tag den Ausſchlag der Sache geben ſolte. Die Kriegs-Haͤupter konten fuͤr Grimm ihre Voͤl- cker nicht einſt zur Tapfferkeit ermahnen; aber die Verbitterung reitzte einen ieden ſchon zur Rache und Blutſtuͤrtzung an. Der hitzige Streit gab ein Gethoͤne von ſich/ als wenn Felſen ge- gen Felſen rennten/ und ſich auf einander zer- ſcheuterten. Der kuͤhne Fuͤrſt Patalin und ſein Bruder Zomir fochten im rechten Fluͤgel wie zwey grimmige Tiger-Thiere/ jener ſtieß dem Grafen Onethier/ der des Reichs-Raths lincken Fluͤgel fuͤhrte/ einen Spieß durch das dicke Bein; dieſer aber ſchmieß ihm eine lange Hacke ins Geſichte: daß er zu Bodem fiel und gefangen ward; woruͤber der lincke Fluͤgel in offenbare Flucht gerieth. Hertzog Britton ſetzte

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1072[1074]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1136>, abgerufen am 19.05.2024.