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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] das andere wünschte ein Söhn-Opffer zu seyn.
Jederman lobte beyder ungemeine Liebe; und
ob sich zwar niemand wagte für sie ein gut Wort
einzulegen; redeten doch theils die Gebährden/
theils die mitleidenden Thränen für sie. Dem
sauersehenden Orodes aber ward weiter nicht
sein Gemüthe erweichet/ als daß er beyde in ei-
nen Kercker zu verwahren befahl; weil die Gü-
tigkeit entweder mit seiner Geburts-Art unver-
träglich war; oder daß seine Aenderung seinen
gefasten Zorn keines Unrechts beschuldigen
möchte. Hingegen hatte die Schönheit der Für-
stin Asblasten dem jüngern Sohne des Königs
Orodes Phraaten die Seele derogestalt ver-
wundet: daß/ als des Caßius und Brutus zu
den Parthen abgefallener Gefährte Labienus
und Pacor mit einem mächtigen Kriegs-Heere
in Syrien/ Orodes auch selbst/ um dem Kriege
näher zu seyn/ nach Edeßa in Mesopotamien
verreiset war/ er sie heimlich aus dem Gefäng-
nüße auff eines seiner Lust-Häuser zu bringen
vorsaan. Wormit er nun seinen Anschlag so
viel geschickter ausübte/ entschloß er sich Asbla-
sten vorher seine Zuneigung zu entdecken; weil
er ihm nicht einbilden konte: daß sie nicht lieber
in den Armen eines so grossen Fürsten schlaffen/
als in so schweren Fesseln würde verschmachten
wollen. Dieses Schreiben vertraute er einem
theils durch Gaben bestochenen/ theils durch
Dräuung genöthigten Hauptmanne über die
Kercker-Wache; welcher solches Asblasten ab-
liefferte. Diese laß mit höchster Bestürtzung
diese unvermuthete Zeilen; erholete sich aber
alsbald/ und sagte mit freyem Gemüthe: Sie
würde dahin willig folgen/ wohin Fürst Phraa-
tes befehlen/ und der Hauptmann sie leiten
würde. Phraates ward über so gewünschter
Antwort erfreuet; und ließ durch den Haupt-
mann mit ihr abreden: daß folgende Nacht die
Wache mit gewissen vertrauten Leuten besätzt/
und sie unvermerckt aus dem Kercker solte ge-
holet werden. Asblaste bat unter dem Fürwand
[Spaltenumbruch] einiger Unpäßligkeit biß auf die dritte Nacht
Auffschub. Jnzwischen beredete sie unter dem
Scheine: daß sie in ihrem tieffen Gofängnüße
von den Feuchtigkeiten um ihr Leben käme/ mit
vielen Thränen und Geschencken den Kercker-
meister dahin: daß er ihr und Segimers Ge-
fängnüß verwechselte/ ihn in ihr unteres/ sie
aber in sein oberes einschloß. Auf die bestimte
Nacht kam der vom Phraates bestellte Haupt-
mann/ schloß Segimern die Fessel auffs leiseste
auff; und nach dem er ihm alle Wortwechse-
lung verboten/ führte er ihn im Finstern unver-
merckt aus dem Kercker/ und liefferte ihn an-
dern bestellten Leuten ein/ die ihn zu Pferde sätz-
ten/ und biß zu anbrechendem Tage sporn-
streichs mit ihm fortjagten. Nach dem sie des
Tages über in einem unbewohnten Jäger-
Hause ausgeruhet/ ritten sie die gantze Nacht
wieder mit ihm fort/ und kamen ein wenig für
dem Tage an ein prächtiges Gebäue; da ihnen
in aller Stille die Garten-Thüre eröffnet/
Fürst Segimer allein hinein genommen/ und
die Thüre wieder versperret ward. Segimer/
dem diß alles nicht anders als ein Traum für-
kam/ ward in ein oben von Golde/ auf den
Seiten mit Helffenbeine/ unten von denen köst-
lichsten Persischen Tapezereyen gläntzendes/
und mit wolrüchendem Balsam durchzogenes
Zimmer bracht; allwo ihm eine prächtig-ge-
kleidete Person um den Hals fiel/ und dem Küs-
sen kein Ende machte. Segimer wuste durch
kein Nachsinnen ihm diesen Traum oder Rätzel
auszulegen; biß Phraates selbst den Nahmen
Asblaste heraus stieß; und die Stimme so wol
den Fürsten Phraates als seinen Anschlag ver-
rieth. Segimer entbrach sich hiermit alsofort
aus Phraates Armen/ und um seinem Jrrthum
abzuhelffen/ sagte er: Jch bin Segimer/ nicht
Asblaste. Es ist leicht zu erachten/ wie Phraa-
tes nicht nur über seiner betrogenen Liebe/ son-
dern auch der unbesonnenen Verrathung sei-
ner blinden Liebe verändert worden sey. Gleich-

wol
Erster Theil. R r r r r r

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] das andere wuͤnſchte ein Soͤhn-Opffer zu ſeyn.
Jederman lobte beyder ungemeine Liebe; und
ob ſich zwar niemand wagte fuͤr ſie ein gut Wort
einzulegen; redeten doch theils die Gebaͤhrden/
theils die mitleidenden Thraͤnen fuͤr ſie. Dem
ſauerſehenden Orodes aber ward weiter nicht
ſein Gemuͤthe erweichet/ als daß er beyde in ei-
nen Kercker zu verwahren befahl; weil die Guͤ-
tigkeit entweder mit ſeiner Geburts-Art unver-
traͤglich war; oder daß ſeine Aenderung ſeinen
gefaſten Zorn keines Unrechts beſchuldigen
moͤchte. Hingegen hatte die Schoͤnheit der Fuͤr-
ſtin Asblaſten dem juͤngern Sohne des Koͤnigs
Orodes Phraaten die Seele derogeſtalt ver-
wundet: daß/ als des Caßius und Brutus zu
den Parthen abgefallener Gefaͤhrte Labienus
und Pacor mit einem maͤchtigen Kriegs-Heere
in Syrien/ Orodes auch ſelbſt/ um dem Kriege
naͤher zu ſeyn/ nach Edeßa in Meſopotamien
verreiſet war/ er ſie heimlich aus dem Gefaͤng-
nuͤße auff eines ſeiner Luſt-Haͤuſer zu bringen
vorſaan. Wormit er nun ſeinen Anſchlag ſo
viel geſchickter ausuͤbte/ entſchloß er ſich Asbla-
ſten vorher ſeine Zuneigung zu entdecken; weil
er ihm nicht einbilden konte: daß ſie nicht lieber
in den Armen eines ſo groſſen Fuͤrſten ſchlaffen/
als in ſo ſchweren Feſſeln wuͤrde verſchmachten
wollen. Dieſes Schreiben vertraute er einem
theils durch Gaben beſtochenen/ theils durch
Draͤuung genoͤthigten Hauptmanne uͤber die
Kercker-Wache; welcher ſolches Asblaſten ab-
liefferte. Dieſe laß mit hoͤchſter Beſtuͤrtzung
dieſe unvermuthete Zeilen; erholete ſich aber
alsbald/ und ſagte mit freyem Gemuͤthe: Sie
wuͤrde dahin willig folgen/ wohin Fuͤrſt Phraa-
tes befehlen/ und der Hauptmann ſie leiten
wuͤrde. Phraates ward uͤber ſo gewuͤnſchter
Antwort erfreuet; und ließ durch den Haupt-
mann mit ihr abreden: daß folgende Nacht die
Wache mit gewiſſen vertrauten Leuten beſaͤtzt/
und ſie unvermerckt aus dem Kercker ſolte ge-
holet werden. Asblaſte bat unter dem Fuͤrwand
[Spaltenumbruch] einiger Unpaͤßligkeit biß auf die dritte Nacht
Auffſchub. Jnzwiſchen beredete ſie unter dem
Scheine: daß ſie in ihrem tieffen Gofaͤngnuͤße
von den Feuchtigkeiten um ihr Leben kaͤme/ mit
vielen Thraͤnen und Geſchencken den Kercker-
meiſter dahin: daß er ihr und Segimers Ge-
faͤngnuͤß verwechſelte/ ihn in ihr unteres/ ſie
aber in ſein oberes einſchloß. Auf die beſtimte
Nacht kam der vom Phraates beſtellte Haupt-
mann/ ſchloß Segimern die Feſſel auffs leiſeſte
auff; und nach dem er ihm alle Wortwechſe-
lung verboten/ fuͤhrte er ihn im Finſtern unver-
merckt aus dem Kercker/ und liefferte ihn an-
dern beſtellten Leuten ein/ die ihn zu Pferde ſaͤtz-
ten/ und biß zu anbrechendem Tage ſporn-
ſtreichs mit ihm fortjagten. Nach dem ſie des
Tages uͤber in einem unbewohnten Jaͤger-
Hauſe ausgeruhet/ ritten ſie die gantze Nacht
wieder mit ihm fort/ und kamen ein wenig fuͤr
dem Tage an ein praͤchtiges Gebaͤue; da ihnen
in aller Stille die Garten-Thuͤre eroͤffnet/
Fuͤrſt Segimer allein hinein genommen/ und
die Thuͤre wieder verſperret ward. Segimer/
dem diß alles nicht anders als ein Traum fuͤr-
kam/ ward in ein oben von Golde/ auf den
Seiten mit Helffenbeine/ unten von denen koͤſt-
lichſten Perſiſchen Tapezereyen glaͤntzendes/
und mit wolruͤchendem Balſam durchzogenes
Zimmer bracht; allwo ihm eine praͤchtig-ge-
kleidete Perſon um den Hals fiel/ und dem Kuͤſ-
ſen kein Ende machte. Segimer wuſte durch
kein Nachſinnen ihm dieſen Traum oder Raͤtzel
auszulegen; biß Phraates ſelbſt den Nahmen
Asblaſte heraus ſtieß; und die Stimme ſo wol
den Fuͤrſten Phraates als ſeinen Anſchlag ver-
rieth. Segimer entbrach ſich hiermit alſofort
aus Phraates Armen/ und um ſeinem Jrrthum
abzuhelffen/ ſagte er: Jch bin Segimer/ nicht
Asblaſte. Es iſt leicht zu erachten/ wie Phraa-
tes nicht nur uͤber ſeiner betrogenen Liebe/ ſon-
dern auch der unbeſonnenen Verrathung ſei-
ner blinden Liebe veraͤndert worden ſey. Gleich-

wol
Erſter Theil. R r r r r r
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[1049[1051]/1113] Arminius und Thußnelda. das andere wuͤnſchte ein Soͤhn-Opffer zu ſeyn. Jederman lobte beyder ungemeine Liebe; und ob ſich zwar niemand wagte fuͤr ſie ein gut Wort einzulegen; redeten doch theils die Gebaͤhrden/ theils die mitleidenden Thraͤnen fuͤr ſie. Dem ſauerſehenden Orodes aber ward weiter nicht ſein Gemuͤthe erweichet/ als daß er beyde in ei- nen Kercker zu verwahren befahl; weil die Guͤ- tigkeit entweder mit ſeiner Geburts-Art unver- traͤglich war; oder daß ſeine Aenderung ſeinen gefaſten Zorn keines Unrechts beſchuldigen moͤchte. Hingegen hatte die Schoͤnheit der Fuͤr- ſtin Asblaſten dem juͤngern Sohne des Koͤnigs Orodes Phraaten die Seele derogeſtalt ver- wundet: daß/ als des Caßius und Brutus zu den Parthen abgefallener Gefaͤhrte Labienus und Pacor mit einem maͤchtigen Kriegs-Heere in Syrien/ Orodes auch ſelbſt/ um dem Kriege naͤher zu ſeyn/ nach Edeßa in Meſopotamien verreiſet war/ er ſie heimlich aus dem Gefaͤng- nuͤße auff eines ſeiner Luſt-Haͤuſer zu bringen vorſaan. Wormit er nun ſeinen Anſchlag ſo viel geſchickter ausuͤbte/ entſchloß er ſich Asbla- ſten vorher ſeine Zuneigung zu entdecken; weil er ihm nicht einbilden konte: daß ſie nicht lieber in den Armen eines ſo groſſen Fuͤrſten ſchlaffen/ als in ſo ſchweren Feſſeln wuͤrde verſchmachten wollen. Dieſes Schreiben vertraute er einem theils durch Gaben beſtochenen/ theils durch Draͤuung genoͤthigten Hauptmanne uͤber die Kercker-Wache; welcher ſolches Asblaſten ab- liefferte. Dieſe laß mit hoͤchſter Beſtuͤrtzung dieſe unvermuthete Zeilen; erholete ſich aber alsbald/ und ſagte mit freyem Gemuͤthe: Sie wuͤrde dahin willig folgen/ wohin Fuͤrſt Phraa- tes befehlen/ und der Hauptmann ſie leiten wuͤrde. Phraates ward uͤber ſo gewuͤnſchter Antwort erfreuet; und ließ durch den Haupt- mann mit ihr abreden: daß folgende Nacht die Wache mit gewiſſen vertrauten Leuten beſaͤtzt/ und ſie unvermerckt aus dem Kercker ſolte ge- holet werden. Asblaſte bat unter dem Fuͤrwand einiger Unpaͤßligkeit biß auf die dritte Nacht Auffſchub. Jnzwiſchen beredete ſie unter dem Scheine: daß ſie in ihrem tieffen Gofaͤngnuͤße von den Feuchtigkeiten um ihr Leben kaͤme/ mit vielen Thraͤnen und Geſchencken den Kercker- meiſter dahin: daß er ihr und Segimers Ge- faͤngnuͤß verwechſelte/ ihn in ihr unteres/ ſie aber in ſein oberes einſchloß. Auf die beſtimte Nacht kam der vom Phraates beſtellte Haupt- mann/ ſchloß Segimern die Feſſel auffs leiſeſte auff; und nach dem er ihm alle Wortwechſe- lung verboten/ fuͤhrte er ihn im Finſtern unver- merckt aus dem Kercker/ und liefferte ihn an- dern beſtellten Leuten ein/ die ihn zu Pferde ſaͤtz- ten/ und biß zu anbrechendem Tage ſporn- ſtreichs mit ihm fortjagten. Nach dem ſie des Tages uͤber in einem unbewohnten Jaͤger- Hauſe ausgeruhet/ ritten ſie die gantze Nacht wieder mit ihm fort/ und kamen ein wenig fuͤr dem Tage an ein praͤchtiges Gebaͤue; da ihnen in aller Stille die Garten-Thuͤre eroͤffnet/ Fuͤrſt Segimer allein hinein genommen/ und die Thuͤre wieder verſperret ward. Segimer/ dem diß alles nicht anders als ein Traum fuͤr- kam/ ward in ein oben von Golde/ auf den Seiten mit Helffenbeine/ unten von denen koͤſt- lichſten Perſiſchen Tapezereyen glaͤntzendes/ und mit wolruͤchendem Balſam durchzogenes Zimmer bracht; allwo ihm eine praͤchtig-ge- kleidete Perſon um den Hals fiel/ und dem Kuͤſ- ſen kein Ende machte. Segimer wuſte durch kein Nachſinnen ihm dieſen Traum oder Raͤtzel auszulegen; biß Phraates ſelbſt den Nahmen Asblaſte heraus ſtieß; und die Stimme ſo wol den Fuͤrſten Phraates als ſeinen Anſchlag ver- rieth. Segimer entbrach ſich hiermit alſofort aus Phraates Armen/ und um ſeinem Jrrthum abzuhelffen/ ſagte er: Jch bin Segimer/ nicht Asblaſte. Es iſt leicht zu erachten/ wie Phraa- tes nicht nur uͤber ſeiner betrogenen Liebe/ ſon- dern auch der unbeſonnenen Verrathung ſei- ner blinden Liebe veraͤndert worden ſey. Gleich- wol Erſter Theil. R r r r r r

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1049[1051]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1113>, abgerufen am 19.05.2024.