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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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[Spaltenumbruch] Dahero hielt er den Eyfer der hitzigen und zum
Sturme begierigen Deutschen mit allem Fleiß
zurück/ ihnen einhaltend: Der Krieg müste zwar
mit einer in die Augen lauffenden Tapferkeit
angefangen/ ein herrlicher Sieg aber mit Rath
und Vernunft ausgemacht werden. Er hielte
für einen grössern Verlust als Gewinn/ wenn
er einen Deutschen einbüssete/ ob schon hundert
Feinde darüber ins Gras beissen müsten. Er
wolte sich des den Belägerten eingejagten noch
frischen Schreckens bedienen/ und das gleich-
wohl mit einem zehn Schuch hohen/ mit einge-
legten weidenen Ruthen und Köpfen verstärck-
tem Walle/ und nicht nach gemeiner Art mit
einem acht Fuß breit- und tieffen/ sondern wol
zweyfach vergrössertem Wasser-Graben befe-
stigte Läger/ welches unterdessen an denen von
den Sturm-Böcken zerstossenen Orten ziem-
lich wieder verbauet worden war/ noch einst auf-
fodern lassen. Die andern Fürsten stimmten
des Feldherrn Meynung bey; ward also der
Ritter Nassau ins Läger geschickt/ selbtes auff
Gnade und Ungnade auffzufodern/ iedoch solte
er denen Belägerten keine Zeit zu gewinnen/
noch über einigen Bedingungen langweilig sich
zu berathen verstatten. Unterdessen wurden
die Sturm-Böcke und grosse Stein-wie auch
die Feuer-Schleudern wieder zu rechte gemacht/
und das Heer zum Sturme aufgeführt. Der
Marsen Fürst/ als ein noch junger hitziger Herr/
nebst etlichen Römischen Obersten/ widerrieth
sich zu ergeben/ entweder umb für andern hertz-
hafft angesehen zu werden/ oder daß er als ein
Deutscher sich vom Feinde mehrer Grausam-
keit besorgte. Er meynte: Es sey ehrlicher sich/
so lange man noch eine Faust rühren/ und in
selbter den Degen halten könne/ wider so grim-
mige Feinde ritterlich zu fechten/ als aus Zag-
heit in unerträgliche Dienstbarkeit zu fallen/
oder wol gar lieber vom Hencker/ als einem
redlichen Feinde umbkommen. Nichts sey so
arg/ wessen sie sich nicht von einem erzürnten
[Spaltenumbruch] Feinde/ welcher so gar von keiner Behandelung
hören wolte/ zu befürchten hätten. Sie würden
nichts minder/ wenn sie sich ergeben/ als wenn sie
überwunden würden/ sterben müssen. Dieser
Unterscheid wäre es alleine/ daß man auf jene
Art die Seele mit Spott/ auff diese tugendhafft
ausbliesse. Alles sey so viel mehr unsicher/ iemehr
ihm Schimpf anklebte. Müste es auch ja
gefallen seyn/ wäre es rühmlicher der Gefahr
die Stirne/ als den Nacken darbieten. Ta-
pferkeit müste auch der Feind loben/ und groß-
müthige Gegenwehre stünde nicht alleine Hel-
den wol an/ sondern sie risse auch offt Ver-
zagte aus ihrem Untergange. Sie würden
an Hertzhafftigkeit dem Feinde hoffentlich nichts
bevor geben/ an Güte der Waffen wären sie den
Deutschen überlegen; sie hätten den Wall zu
ihrem Vortheil/ und die Noth/ welche das
letzte und beste Gewehre wäre/ diente ihnen zu
einem kräfftigen Beystande. Cejonius aber/
welcher die höchste Gewalt über das Läger
hatte/ rieth das ausdrückliche Widerspiel. Es
wiese es der Augen-Schein/ daß die Götter
diesesmal wider die Römer selbst gekrieget
hätten. Ja diese hätten diß Unheil ihnen
durch vielfältige Wunder - Zeichen angekün-
digt. Der Blitz habe zu Rom in den Tempel
des Kriegs-Gotts geschlagen. Die Gipfel
des Apenninischen Gebürges wären überein-
ander gefallen/ und aus selbten drey Feuer-
Säulen empor gestiegen. Der Himmel habe
zeither offt in vollem Feuer gestanden/ und
hätten sich unterschiedene Schwantz-Sterne
sehen lassen. Es wären von Mitternacht her
Lantzen in ihr Läger geflogen kommen/ die
Bienen hätten etliche ihrer Opfer-Tische mit
Wachs überzogen. Das Bildnüß des Sie-
ges habe sich für einem darfür tretenden Deut-
schen umbgewendet/ und sein Gesichte gegen
Rom gekehret. Umb die Römischen Adler
wäre etlichemal ein blinder Lermen entstanden/
und die Wache sey/ gleich als die Barbarn

ein-

Erſtes Buch
[Spaltenumbruch] Dahero hielt er den Eyfer der hitzigen und zum
Sturme begierigen Deutſchen mit allem Fleiß
zuruͤck/ ihnen einhaltend: Der Krieg muͤſte zwar
mit einer in die Augen lauffenden Tapferkeit
angefangen/ ein herrlicher Sieg aber mit Rath
und Vernunft ausgemacht werden. Er hielte
fuͤr einen groͤſſern Verluſt als Gewinn/ wenn
er einen Deutſchen einbuͤſſete/ ob ſchon hundert
Feinde daruͤber ins Gras beiſſen muͤſten. Er
wolte ſich des den Belaͤgerten eingejagten noch
friſchen Schreckens bedienen/ und das gleich-
wohl mit einem zehn Schuch hohen/ mit einge-
legten weidenen Ruthen und Koͤpfen verſtaͤrck-
tem Walle/ und nicht nach gemeiner Art mit
einem acht Fuß breit- und tieffen/ ſondern wol
zweyfach vergroͤſſertem Waſſer-Graben befe-
ſtigte Laͤger/ welches unterdeſſen an denen von
den Sturm-Boͤcken zerſtoſſenen Orten ziem-
lich wieder verbauet worden war/ noch einſt auf-
fodern laſſen. Die andern Fuͤrſten ſtimmten
des Feldherrn Meynung bey; ward alſo der
Ritter Naſſau ins Laͤger geſchickt/ ſelbtes auff
Gnade und Ungnade auffzufodern/ iedoch ſolte
er denen Belaͤgerten keine Zeit zu gewinnen/
noch uͤber einigen Bedingungen langweilig ſich
zu berathen verſtatten. Unterdeſſen wurden
die Sturm-Boͤcke und groſſe Stein-wie auch
die Feuer-Schleudern wieder zu rechte gemacht/
und das Heer zum Sturme aufgefuͤhrt. Der
Marſen Fuͤrſt/ als ein noch junger hitziger Herr/
nebſt etlichen Roͤmiſchen Oberſten/ widerrieth
ſich zu ergeben/ entweder umb fuͤr andern hertz-
hafft angeſehen zu werden/ oder daß er als ein
Deutſcher ſich vom Feinde mehrer Grauſam-
keit beſorgte. Er meynte: Es ſey ehrlicher ſich/
ſo lange man noch eine Fauſt ruͤhren/ und in
ſelbter den Degen halten koͤnne/ wider ſo grim-
mige Feinde ritterlich zu fechten/ als aus Zag-
heit in unertraͤgliche Dienſtbarkeit zu fallen/
oder wol gar lieber vom Hencker/ als einem
redlichen Feinde umbkommen. Nichts ſey ſo
arg/ weſſen ſie ſich nicht von einem erzuͤrnten
[Spaltenumbruch] Feinde/ welcher ſo gar von keiner Behandelung
hoͤren wolte/ zu befuͤrchten haͤtten. Sie wuͤrden
nichts minder/ wenn ſie ſich ergeben/ als wenn ſie
uͤberwunden wuͤrden/ ſterben muͤſſen. Dieſer
Unterſcheid waͤre es alleine/ daß man auf jene
Art die Seele mit Spott/ auff dieſe tugendhafft
ausblieſſe. Alles ſey ſo viel mehr unſicher/ iemehr
ihm Schimpf anklebte. Muͤſte es auch ja
gefallen ſeyn/ waͤre es ruͤhmlicher der Gefahr
die Stirne/ als den Nacken darbieten. Ta-
pferkeit muͤſte auch der Feind loben/ und groß-
muͤthige Gegenwehre ſtuͤnde nicht alleine Hel-
den wol an/ ſondern ſie riſſe auch offt Ver-
zagte aus ihrem Untergange. Sie wuͤrden
an Hertzhafftigkeit dem Feinde hoffentlich nichts
bevor geben/ an Guͤte der Waffen waͤren ſie den
Deutſchen uͤberlegen; ſie haͤtten den Wall zu
ihrem Vortheil/ und die Noth/ welche das
letzte und beſte Gewehre waͤre/ diente ihnen zu
einem kraͤfftigen Beyſtande. Cejonius aber/
welcher die hoͤchſte Gewalt uͤber das Laͤger
hatte/ rieth das ausdruͤckliche Widerſpiel. Es
wieſe es der Augen-Schein/ daß die Goͤtter
dieſesmal wider die Roͤmer ſelbſt gekrieget
haͤtten. Ja dieſe haͤtten diß Unheil ihnen
durch vielfaͤltige Wunder - Zeichen angekuͤn-
digt. Der Blitz habe zu Rom in den Tempel
des Kriegs-Gotts geſchlagen. Die Gipfel
des Apenniniſchen Gebuͤrges waͤren uͤberein-
ander gefallen/ und aus ſelbten drey Feuer-
Saͤulen empor geſtiegen. Der Himmel habe
zeither offt in vollem Feuer geſtanden/ und
haͤtten ſich unterſchiedene Schwantz-Sterne
ſehen laſſen. Es waͤren von Mitternacht her
Lantzen in ihr Laͤger geflogen kommen/ die
Bienen haͤtten etliche ihrer Opfer-Tiſche mit
Wachs uͤberzogen. Das Bildnuͤß des Sie-
ges habe ſich fuͤr einem darfuͤr tretenden Deut-
ſchen umbgewendet/ und ſein Geſichte gegen
Rom gekehret. Umb die Roͤmiſchen Adler
waͤre etlichemal ein blinder Lermen entſtanden/
und die Wache ſey/ gleich als die Barbarn

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/106>, abgerufen am 27.04.2024.