Lohenstein, Daniel Casper von: Cleopatra. Breslau, 1661.CLEOPATRA. 5.Nicht fürchte: daß allhier di Würmer Nahrung zihen.Auß dieser Grufft solln mir di Wolfahrts-Eeren blühen; Jn dieser Nacht sol mir der Morgenstern| aufgehn; Daß/ wo wir itzt mit Ach und Weh umbdüstert stehn/ Uns sol der lichte Strahl gewünschter Lust erqulcken. 10.Vertraute Charmium/ nur muttig! wir erblicken/ Di Morgen-röthe schon/ di Uns den Tag sag't an! Charm. Bestürtzte Königin! ist dis di Lebens-Bahn? Der Hafen der Gefahr/ der Ancker unsers hoffen? Stehn bei den Todten uns di Gnadens-Pforten offen? 15.Jst dis das Paradis/ der Garten reiner Lust? Wil sie den zarten Leib/ di Alabaster-Brust Der Adern Purper-Oel den Schatten-Geistern weihen? Sol uns der schwartze Sarch von Furcht und Angst befreyen? So ist ihr neuer Weg/ den sie so hoch gerühmt/ 20.Mit keinen Nosen nicht/ nein! mit Napell beblüm't. Cleop. Nein/ libes Haupt/ nein nein! di Wolcke gibt zuweile Dem einen nutz bar Licht/ dem andern Donner-Keile. Für euserste Gefahr muß euserst-Artzney sein. Du sih'st/ das Wasser dringt zu allen Seiten ein/ 25.Der zehnde Sturm fehl't nur noch uns in Grund zu sencken. Jtzt itzt ists hohe Zeit das Ruder recht zu lencken! August lig't uns am Bortt: Er suchet seinen Thron Zu gründen auf den Grauß des mächtigen Anton. Wird dieser Sturm-Wind nun di feste Zeder fällen/ 30.Muß nöthig dieser Fall mich schwachen Ast erschellen. Drumb ist mein letzter Rath: daß man sich des entbricht/ Dem das Verhängnüß schon sein letztes Urtheil spricht. Zwar wünschen wir ihn wol uns noch vermählt zuschauen/ Durch unser Gutt und Blutt ihm seinen Thron zu bauen; 35.Allein' umbsonste wird der Bezoar verbraucht/ Wenn das entslammte Gifft schon in dem Hertzen raucht. Man spar' an Todten nur di teuren Perlen-Träncke. Hier ist des Keysers Brief/ der gibt uns zum Geschäncke Das Leben/ da man ihm den Fürsten todt gewehrt. 40.Dis/ Charmium/ dis ists/ was unsern Geist beschwert. Prinzessin/
CLEOPATRA. 5.Nicht fuͤrchte: daß allhier di Wuͤrmer Nahrung zihen.Auß dieſer Grufft ſolln mir di Wolfahrts-Eeren bluͤhen; Jn dieſer Nacht ſol mir der Morgenſtern| aufgehn; Daß/ wo wir itzt mit Ach und Weh umbduͤſtert ſtehn/ Uns ſol der lichte Strahl gewuͤnſchter Luſt erqulcken. 10.Vertraute Charmium/ nur muttig! wir erblicken/ Di Morgen-roͤthe ſchon/ di Uns den Tag ſag’t an! Charm. Beſtuͤrtzte Koͤnigin! iſt dis di Lebens-Bahn? Der Hafen der Gefahr/ der Ancker unſers hoffen? Stehn bei den Todten uns di Gnadens-Pforten offen? 15.Jſt dis das Paradis/ der Garten reiner Luſt? Wil ſie den zarten Leib/ di Alabaſter-Bruſt Der Adern Purper-Oel den Schatten-Geiſtern weihen? Sol uns der ſchwartze Sarch von Furcht und Angſt befreyen? So iſt ihr neuer Weg/ den ſie ſo hoch geruͤhmt/ 20.Mit keinen Noſen nicht/ nein! mit Napell bebluͤm’t. Cleop. Nein/ libes Haupt/ nein nein! di Wolcke gibt zuweile Dem einen nutz bar Licht/ dem andern Donner-Keile. Fuͤr euſerſte Gefahr muß euſerſt-Artzney ſein. Du ſih’ſt/ das Waſſer dringt zu allen Seiten ein/ 25.Der zehnde Sturm fehl’t nur noch uns in Grund zu ſencken. Jtzt itzt iſts hohe Zeit das Ruder recht zu lencken! Auguſt lig’t uns am Bortt: Er ſuchet ſeinen Thron Zu gruͤnden auf den Grauß des maͤchtigen Anton. Wird dieſer Sturm-Wind nun di feſte Zeder faͤllen/ 30.Muß noͤthig dieſer Fall mich ſchwachen Aſt erſchellen. Drumb iſt mein letzter Rath: daß man ſich des entbricht/ Dem das Verhaͤngnuͤß ſchon ſein letztes Urtheil ſpricht. Zwar wuͤnſchen wir ihn wol uns noch vermaͤhlt zuſchauen/ Durch unſer Gutt und Blutt ihm ſeinen Thron zu bauen; 35.Allein’ umbſonſte wird der Bezoar verbraucht/ Wenn das entſlam̃te Gifft ſchon in dem Hertzen raucht. Man ſpar’ an Todten nur di teuren Perlen-Traͤncke. Hier iſt des Keyſers Brief/ der gibt uns zum Geſchaͤncke Das Leben/ da man ihm den Fuͤrſten todt gewehrt. 40.Dis/ Charmium/ dis iſts/ was unſern Geiſt beſchwert. Prinzeſſin/
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CLEOPATRA.
Nicht fuͤrchte: daß allhier di Wuͤrmer Nahrung zihen.
Auß dieſer Grufft ſolln mir di Wolfahrts-Eeren bluͤhen;
Jn dieſer Nacht ſol mir der Morgenſtern| aufgehn;
Daß/ wo wir itzt mit Ach und Weh umbduͤſtert ſtehn/
Uns ſol der lichte Strahl gewuͤnſchter Luſt erqulcken.
Vertraute Charmium/ nur muttig! wir erblicken/
Di Morgen-roͤthe ſchon/ di Uns den Tag ſag’t an!
Charm. Beſtuͤrtzte Koͤnigin! iſt dis di Lebens-Bahn?
Der Hafen der Gefahr/ der Ancker unſers hoffen?
Stehn bei den Todten uns di Gnadens-Pforten offen?
Jſt dis das Paradis/ der Garten reiner Luſt?
Wil ſie den zarten Leib/ di Alabaſter-Bruſt
Der Adern Purper-Oel den Schatten-Geiſtern weihen?
Sol uns der ſchwartze Sarch von Furcht und Angſt befreyen?
So iſt ihr neuer Weg/ den ſie ſo hoch geruͤhmt/
Mit keinen Noſen nicht/ nein! mit Napell bebluͤm’t.
Cleop. Nein/ libes Haupt/ nein nein! di Wolcke gibt zuweile
Dem einen nutz bar Licht/ dem andern Donner-Keile.
Fuͤr euſerſte Gefahr muß euſerſt-Artzney ſein.
Du ſih’ſt/ das Waſſer dringt zu allen Seiten ein/
Der zehnde Sturm fehl’t nur noch uns in Grund zu ſencken.
Jtzt itzt iſts hohe Zeit das Ruder recht zu lencken!
Auguſt lig’t uns am Bortt: Er ſuchet ſeinen Thron
Zu gruͤnden auf den Grauß des maͤchtigen Anton.
Wird dieſer Sturm-Wind nun di feſte Zeder faͤllen/
Muß noͤthig dieſer Fall mich ſchwachen Aſt erſchellen.
Drumb iſt mein letzter Rath: daß man ſich des entbricht/
Dem das Verhaͤngnuͤß ſchon ſein letztes Urtheil ſpricht.
Zwar wuͤnſchen wir ihn wol uns noch vermaͤhlt zuſchauen/
Durch unſer Gutt und Blutt ihm ſeinen Thron zu bauen;
Allein’ umbſonſte wird der Bezoar verbraucht/
Wenn das entſlam̃te Gifft ſchon in dem Hertzen raucht.
Man ſpar’ an Todten nur di teuren Perlen-Traͤncke.
Hier iſt des Keyſers Brief/ der gibt uns zum Geſchaͤncke
Das Leben/ da man ihm den Fuͤrſten todt gewehrt.
Dis/ Charmium/ dis iſts/ was unſern Geiſt beſchwert.
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