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Lohenstein, Daniel Casper von: Cleopatra. Breslau, 1661.

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CLEOPATRA.
Gallus. Wi hengstu hier nicht auch den Mantel nach dern
Winde?
90.
Procul. Was nützt es hier?
August. Daß man den Feind
uns mehr verbinde.
Procul. Den/ der durch's Hauptes Fall und uns schon kraft-
looß ligt.
Gallus. Der Leib wird nur durch's Schwerdt/ der Geist durch
Gunst besigt.
Gesätzt: daß dise Nacht den vollen Sieg uns gönte/
Da doch di Stadt noch wol vtel Bürger fressen könte/
95.Da Eaesar einen mehr als tausend Mohren schätzt:
Glaubstu/ man hett' alsdenn hier sesten Fuß gesetzt?
Nein! Rom wird nimmermehr den grossen Ril recht zwingen.
Wirds di Gemütter nicht auf seine Seite bringen.
Dis muß di Sanftmuth thun/ di Tiranney thut's nicht.
100.
Procul. Du weist: daß Afrika stets Treu und Glauben
bricht.
An Völckern/ di ans Joch zu Sklaven sind gebohren/
Jst ein gelinder Zaum des Regiments verlohren.
Der Kapzaum bändigt nur ein wild und kollernd Pferd;
Der Ernst dis Volck/ wenn man recht durch den Sinn ihm
fähr't.
105.
Gallus. Ernst/ Haß/ und Furcht wird wol kein taurend
Bündnüs schlissen/
Proul. Si hassen; wenn si nur den Herrscher fürchten müssen.
Gallus. Nimmt man der Schlang' ihr Gift/ verkrencht und
beugt si sich/
Krigt si denn frische Kraft/ so gibt si stich auf stich.
Augustus. Last anfangs uns den Feind mit linden Fingern
streichen.
110.Hülft's nicht/ so häuft man denn Schwerd/ Flamme/ Mord
und Leichen.
Canidius.
CLEOPATRA.
Gallus. Wi hengſtu hier nicht auch den Mantel nach dern
Winde?
90.
Procul. Was nuͤtzt es hier?
Auguſt. Daß man den Feind
uns mehr verbinde.
Procul. Den/ der durch’s Hauptes Fall und uns ſchon kraft-
looß ligt.
Gallus. Der Leib wird nur durch’s Schwerdt/ der Geiſt durch
Gunſt beſigt.
Geſaͤtzt: daß diſe Nacht den vollen Sieg uns goͤnte/
Da doch di Stadt noch wol vtel Buͤrger freſſen koͤnte/
95.Da Eæſar einen mehr als tauſend Mohren ſchaͤtzt:
Glaubſtu/ man hett’ alsdenn hier ſeſten Fuß geſetzt?
Nein! Rom wird nimmermehr den groſſen Ril recht zwingen.
Wirds di Gemuͤtter nicht auf ſeine Seite bringen.
Dis muß di Sanftmuth thun/ di Tiranney thut’s nicht.
100.
Procul. Du weiſt: daß Afrika ſtets Treu und Glauben
bricht.
An Voͤlckern/ di ans Joch zu Sklaven ſind gebohren/
Jſt ein gelinder Zaum des Regiments verlohren.
Der Kapzaum baͤndigt nur ein wild und kollernd Pferd;
Der Ernſt dis Volck/ wenn man recht durch den Sinn ihm
faͤhr’t.
105.
Gallus. Ernſt/ Haß/ und Furcht wird wol kein taurend
Buͤndnuͤs ſchliſſen/
Proul. Si haſſen; wenn ſi nur den Herrſcher fuͤrchten muͤſſen.
Gallus. Nim̃t man der Schlang’ ihr Gift/ verkrencht und
beugt ſi ſich/
Krigt ſi denn friſche Kraft/ ſo gibt ſi ſtich auf ſtich.
Auguſtus. Laſt anfangs uns den Feind mit linden Fingern
ſtreichen.
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und Leichen.
Canidius.
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[0100] CLEOPATRA. Gallus. Wi hengſtu hier nicht auch den Mantel nach dern Winde? Procul. Was nuͤtzt es hier? Auguſt. Daß man den Feind uns mehr verbinde. Procul. Den/ der durch’s Hauptes Fall und uns ſchon kraft- looß ligt. Gallus. Der Leib wird nur durch’s Schwerdt/ der Geiſt durch Gunſt beſigt. Geſaͤtzt: daß diſe Nacht den vollen Sieg uns goͤnte/ Da doch di Stadt noch wol vtel Buͤrger freſſen koͤnte/ Da Eæſar einen mehr als tauſend Mohren ſchaͤtzt: Glaubſtu/ man hett’ alsdenn hier ſeſten Fuß geſetzt? Nein! Rom wird nimmermehr den groſſen Ril recht zwingen. Wirds di Gemuͤtter nicht auf ſeine Seite bringen. Dis muß di Sanftmuth thun/ di Tiranney thut’s nicht. Procul. Du weiſt: daß Afrika ſtets Treu und Glauben bricht. An Voͤlckern/ di ans Joch zu Sklaven ſind gebohren/ Jſt ein gelinder Zaum des Regiments verlohren. Der Kapzaum baͤndigt nur ein wild und kollernd Pferd; Der Ernſt dis Volck/ wenn man recht durch den Sinn ihm faͤhr’t. Gallus. Ernſt/ Haß/ und Furcht wird wol kein taurend Buͤndnuͤs ſchliſſen/ Proul. Si haſſen; wenn ſi nur den Herrſcher fuͤrchten muͤſſen. Gallus. Nim̃t man der Schlang’ ihr Gift/ verkrencht und beugt ſi ſich/ Krigt ſi denn friſche Kraft/ ſo gibt ſi ſtich auf ſtich. Auguſtus. Laſt anfangs uns den Feind mit linden Fingern ſtreichen. Huͤlft’s nicht/ ſo haͤuft man denn Schwerd/ Flamme/ Mord und Leichen. Canidius.

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Cleopatra. Breslau, 1661, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_cleopatra_1661/100>, abgerufen am 02.05.2024.