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Löwenfeld, Leopold: Student und Alkohol. München, 1910.

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Nicht minder wichtig als die hygienische ist die finanzielle Seite der Alkoholfrage. Es ergibt sich dies ohne weiteres aus der Tatsache, daß im Deutschen Reiche ungefähr 31/2 Milliarden alljährlich für geistige Getränke verausgabt werden.*) Das ist dreimal so viel als der so sehr beklagte Aufwand für Heer und Marine, und siebenmal so viel als die Kosten für die Unterhaltung der öffentlichen Schulen ausmachen. Auf den Kopf der Bevölkerung (63 Millionen) berechnet beträgt die Ausgabe für geistige Getränke 55 Mk. pro Jahr. Wenn man aber berücksichtigt, daß Kinder, Frauen und Greise einen wesentlich geringeren Anteil am Alkoholkonsum haben als die erwachsene männliche Bevölkerung im Alter von 20--60 Jahren, wird man für letztere einen durchschnittlichen Jahresverbrauch für alkoholische Getränke von 80--90 Mk. annehmen müssen. An einzelnen Orten wie namentlich in München ist jedoch der durchschnittliche Aufwand für geistige Getränke seitens der erwachsenen männlichen Bevölkerung bedeutend höher.

Die ungeheueren Summen, welche der Alkohol verschlingt, werden jedoch nur zum kleinsten Teile von der Klasse der Reichen und Wohlhabenden aufgewendet, sie fließen in der Hauptsache aus den Taschen der großen Menge, der wenig Bemittelten und der Mittellosen, die sich einen solchen Luxus nicht gestatten können, ohne die Ausgaben für die wichtigsten Lebensbedürfnisse für Wohnung, Nahrung, Kleidung, in einer höchst bedauerlichen Weise herabzusetzen. Und unter dieser Herabsetzung haben die Betreffenden nicht nur selbst, sondern noch mehr deren Familien, Frauen und Kinder, zu leiden. Daß die alkoholischen Neigungen der Masse die Erzielung von Ersparnissen hochgradig erschweren, unterliegt ebenfalls keinem Zweifel. Allein der materielle Schaden, den der Alkoholkonsum unserem Volke zufügt, ist mit der oben angegebenen Summe keineswegs völlig dargetan. Dazu kommen die Verluste an Verdienst, die nicht nur durch die Trunksucht, sondern auch durch vorübergehende Alkoholexzesse verursacht werden, die Ausgaben für Verpflegung von Alkoholikern in Kranken- und Irrenanstalten und für die Unterstützung ihrer Familien, die materiellen Folgen der Straftaten, die von Alkoholikern begangen werden und der Unfälle, die auf den Alkohol zurückzuführen sind.

Wir können, wenn wir dies alles erwägen, nicht den geringsten Zweifel darüber hegen, daß der derzeitige Alkoholkonsum in Deutschland den Volkswohlstand wie die Volksgesundheit in gleich schwerer Weise schädigt. Aus dieser Sachlage ergibt sich, wie ich glaube, für Jeden, der Interesse an dem Gemeinwohl hat, die Verpflichtung, an dem Kampfe gegen die Trinksitten unseres Volkes durch Wort und Tat teilzunehmen.

*) Nach anderen Angaben betrug in den letzten Jahren der Aufwand für geistige Getränke 3300 Millionen Mark.

Nicht minder wichtig als die hygienische ist die finanzielle Seite der Alkoholfrage. Es ergibt sich dies ohne weiteres aus der Tatsache, daß im Deutschen Reiche ungefähr 3½ Milliarden alljährlich für geistige Getränke verausgabt werden.*) Das ist dreimal so viel als der so sehr beklagte Aufwand für Heer und Marine, und siebenmal so viel als die Kosten für die Unterhaltung der öffentlichen Schulen ausmachen. Auf den Kopf der Bevölkerung (63 Millionen) berechnet beträgt die Ausgabe für geistige Getränke 55 Mk. pro Jahr. Wenn man aber berücksichtigt, daß Kinder, Frauen und Greise einen wesentlich geringeren Anteil am Alkoholkonsum haben als die erwachsene männliche Bevölkerung im Alter von 20—60 Jahren, wird man für letztere einen durchschnittlichen Jahresverbrauch für alkoholische Getränke von 80—90 Mk. annehmen müssen. An einzelnen Orten wie namentlich in München ist jedoch der durchschnittliche Aufwand für geistige Getränke seitens der erwachsenen männlichen Bevölkerung bedeutend höher.

Die ungeheueren Summen, welche der Alkohol verschlingt, werden jedoch nur zum kleinsten Teile von der Klasse der Reichen und Wohlhabenden aufgewendet, sie fließen in der Hauptsache aus den Taschen der großen Menge, der wenig Bemittelten und der Mittellosen, die sich einen solchen Luxus nicht gestatten können, ohne die Ausgaben für die wichtigsten Lebensbedürfnisse für Wohnung, Nahrung, Kleidung, in einer höchst bedauerlichen Weise herabzusetzen. Und unter dieser Herabsetzung haben die Betreffenden nicht nur selbst, sondern noch mehr deren Familien, Frauen und Kinder, zu leiden. Daß die alkoholischen Neigungen der Masse die Erzielung von Ersparnissen hochgradig erschweren, unterliegt ebenfalls keinem Zweifel. Allein der materielle Schaden, den der Alkoholkonsum unserem Volke zufügt, ist mit der oben angegebenen Summe keineswegs völlig dargetan. Dazu kommen die Verluste an Verdienst, die nicht nur durch die Trunksucht, sondern auch durch vorübergehende Alkoholexzesse verursacht werden, die Ausgaben für Verpflegung von Alkoholikern in Kranken- und Irrenanstalten und für die Unterstützung ihrer Familien, die materiellen Folgen der Straftaten, die von Alkoholikern begangen werden und der Unfälle, die auf den Alkohol zurückzuführen sind.

Wir können, wenn wir dies alles erwägen, nicht den geringsten Zweifel darüber hegen, daß der derzeitige Alkoholkonsum in Deutschland den Volkswohlstand wie die Volksgesundheit in gleich schwerer Weise schädigt. Aus dieser Sachlage ergibt sich, wie ich glaube, für Jeden, der Interesse an dem Gemeinwohl hat, die Verpflichtung, an dem Kampfe gegen die Trinksitten unseres Volkes durch Wort und Tat teilzunehmen.

*) Nach anderen Angaben betrug in den letzten Jahren der Aufwand für geistige Getränke 3300 Millionen Mark.
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[20/0022] Nicht minder wichtig als die hygienische ist die finanzielle Seite der Alkoholfrage. Es ergibt sich dies ohne weiteres aus der Tatsache, daß im Deutschen Reiche ungefähr 3½ Milliarden alljährlich für geistige Getränke verausgabt werden. *) Das ist dreimal so viel als der so sehr beklagte Aufwand für Heer und Marine, und siebenmal so viel als die Kosten für die Unterhaltung der öffentlichen Schulen ausmachen. Auf den Kopf der Bevölkerung (63 Millionen) berechnet beträgt die Ausgabe für geistige Getränke 55 Mk. pro Jahr. Wenn man aber berücksichtigt, daß Kinder, Frauen und Greise einen wesentlich geringeren Anteil am Alkoholkonsum haben als die erwachsene männliche Bevölkerung im Alter von 20—60 Jahren, wird man für letztere einen durchschnittlichen Jahresverbrauch für alkoholische Getränke von 80—90 Mk. annehmen müssen. An einzelnen Orten wie namentlich in München ist jedoch der durchschnittliche Aufwand für geistige Getränke seitens der erwachsenen männlichen Bevölkerung bedeutend höher. Die ungeheueren Summen, welche der Alkohol verschlingt, werden jedoch nur zum kleinsten Teile von der Klasse der Reichen und Wohlhabenden aufgewendet, sie fließen in der Hauptsache aus den Taschen der großen Menge, der wenig Bemittelten und der Mittellosen, die sich einen solchen Luxus nicht gestatten können, ohne die Ausgaben für die wichtigsten Lebensbedürfnisse für Wohnung, Nahrung, Kleidung, in einer höchst bedauerlichen Weise herabzusetzen. Und unter dieser Herabsetzung haben die Betreffenden nicht nur selbst, sondern noch mehr deren Familien, Frauen und Kinder, zu leiden. Daß die alkoholischen Neigungen der Masse die Erzielung von Ersparnissen hochgradig erschweren, unterliegt ebenfalls keinem Zweifel. Allein der materielle Schaden, den der Alkoholkonsum unserem Volke zufügt, ist mit der oben angegebenen Summe keineswegs völlig dargetan. Dazu kommen die Verluste an Verdienst, die nicht nur durch die Trunksucht, sondern auch durch vorübergehende Alkoholexzesse verursacht werden, die Ausgaben für Verpflegung von Alkoholikern in Kranken- und Irrenanstalten und für die Unterstützung ihrer Familien, die materiellen Folgen der Straftaten, die von Alkoholikern begangen werden und der Unfälle, die auf den Alkohol zurückzuführen sind. Wir können, wenn wir dies alles erwägen, nicht den geringsten Zweifel darüber hegen, daß der derzeitige Alkoholkonsum in Deutschland den Volkswohlstand wie die Volksgesundheit in gleich schwerer Weise schädigt. Aus dieser Sachlage ergibt sich, wie ich glaube, für Jeden, der Interesse an dem Gemeinwohl hat, die Verpflichtung, an dem Kampfe gegen die Trinksitten unseres Volkes durch Wort und Tat teilzunehmen. *) Nach anderen Angaben betrug in den letzten Jahren der Aufwand für geistige Getränke 3300 Millionen Mark.

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Zitationshilfe: Löwenfeld, Leopold: Student und Alkohol. München, 1910, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/loewenfeld_student_1910/22>, abgerufen am 24.11.2024.