Löscher, Valentin Ernst: Historie Des Römischen Huren-Regiments Der Theodoræ und Maroziæ. Leipzig, 1705.Huren-Regiment. schoff zu Placenz machte/ gleichwie er auch sonst aller Orten sei-ne Anverwandten erhub. So ward Manasses auff unerhörte Art zugleich Bischoff zu Veron, Trident und Mantua, anbey auch Marckgraff zu Trident, und der mit dem König beschwä- gerte Theobald Hertzog zu Spoleto. Jndessen beherrschte Al- berich den Römischen Staat (nachdem vermuthlich auch seine Mutter verstorben) nach eigenen Willen/ und hielt seinen Bru- der/ den Pabst Johannem/ fast als einen Gefangenen/ dessen Nahmen er nach Belieben brauchte/ und damit in gantz Europa viel ausrichtete; welches man insonderheit aus folgender Be- gebniß sehen kann. Der Käyser Romanus zu Constantinopel hatte nach des dasigen Patriarchen/ Nicolai Mystici, Todt diese reiche Pfründe seinem jüngsten Printzen Theophylacto zugedacht: Weil aber derselbe kaum 16. Jahr alt und von ei- ner zum geistlichen Stand gar ungeschickten Lebens-Art war/ wiedersetzte sich die Griechische Geistlichkeit/ und wolte ihn nicht zum Haupt annehmen. Der Käyser/ dem der Römische Staat wohl bekannt war/ gieng alsbald an den Pabst zu Rom/ oder vielmehr an den Bürgemeister Alberich/ damit/ wo der Pabst/ den auch die Griechen vor einen der obersten Patriarchen er- kenneten/ solches vor billig schätzen würde/ er mit bessern Schein seine Sache ausführen könnte. Weil nun Alberichs interesse hierunter war/ des Käysers Gnade zu haben/ als muste der Pabst zur Einwilligung seinen Nahmen hergeben/ und diese wieder alle Kirchen-Gesetze lauffende Sache billigen. DieserMaimburg. Hist. Schism. Orient. Lib. III. p. 256. neue Patriarch hätte sich ja in unsre Römischen Händel wohl ge- schickt. Man gibt ihm schuld/ daß er zu seiner Lust Täntze und unzüchtige Lieder mitten unter den Gottesdienst in die Kirche eingeführet habe; daß er biß 2000. Pferde gehalten/ die er mit Mandeln/ Pistacien/ und allerhand Specereyen füttern und mit dem delicatesten Wein habe träncken lassen. Ja er soll einsmahls am grünen Donnerstag/ da man ihm/ indem er Meß hielte/ berichtete/ das schönste unter seinen Pferden hätte ein jun- ges geworffen/ mitten in der Messe vom Altar gegangen seyn/ sol- H 2
Huren-Regiment. ſchoff zu Placenz machte/ gleichwie er auch ſonſt aller Orten ſei-ne Anverwandten erhub. So ward Manaſſes auff unerhoͤrte Art zugleich Biſchoff zu Veron, Trident und Mantua, anbey auch Marckgraff zu Trident, und der mit dem Koͤnig beſchwaͤ- gerte Theobald Hertzog zu Spoleto. Jndeſſen beherrſchte Al- berich den Roͤmiſchen Staat (nachdem vermuthlich auch ſeine Mutter verſtorben) nach eigenen Willen/ und hielt ſeinen Bru- der/ den Pabſt Johannem/ faſt als einen Gefangenen/ deſſen Nahmen er nach Belieben brauchte/ und damit in gantz Europa viel ausrichtete; welches man inſonderheit aus folgender Be- gebniß ſehen kann. Der Kaͤyſer Romanus zu Conſtantinopel hatte nach des daſigen Patriarchen/ Nicolai Myſtici, Todt dieſe reiche Pfruͤnde ſeinem juͤngſten Printzen Theophylacto zugedacht: Weil aber derſelbe kaum 16. Jahr alt und von ei- ner zum geiſtlichen Stand gar ungeſchickten Lebens-Art war/ wiederſetzte ſich die Griechiſche Geiſtlichkeit/ und wolte ihn nicht zum Haupt annehmen. Der Kaͤyſer/ dem der Roͤmiſche Staat wohl bekannt war/ gieng alsbald an den Pabſt zu Rom/ oder vielmehr an den Buͤrgemeiſter Alberich/ damit/ wo der Pabſt/ den auch die Griechen vor einen der oberſten Patriarchen er- kenneten/ ſolches vor billig ſchaͤtzen wuͤrde/ er mit beſſern Schein ſeine Sache ausfuͤhren koͤnnte. Weil nun Alberichs intereſſe hierunter war/ des Kaͤyſers Gnade zu haben/ als muſte der Pabſt zur Einwilligung ſeinen Nahmen hergeben/ und dieſe wieder alle Kirchen-Geſetze lauffende Sache billigen. DieſerMaimburg. Hiſt. Schiſm. Orient. Lib. III. p. 256. neue Patriarch haͤtte ſich ja in unſre Roͤmiſchen Haͤndel wohl ge- ſchickt. Man gibt ihm ſchuld/ daß er zu ſeiner Luſt Taͤntze und unzuͤchtige Lieder mitten unter den Gottesdienſt in die Kirche eingefuͤhret habe; daß er biß 2000. Pferde gehalten/ die er mit Mandeln/ Piſtacien/ und allerhand Specereyen fuͤttern und mit dem delicateſten Wein habe traͤncken laſſen. Ja er ſoll einsmahls am gruͤnen Donnerſtag/ da man ihm/ indem er Meß hielte/ berichtete/ das ſchoͤnſte unter ſeinen Pferden haͤtte ein jun- ges geworffen/ mitten in der Meſſe vom Altar gegangen ſeyn/ ſol- H 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0069" n="59"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Huren-Regiment.</hi></fw><lb/> ſchoff zu <hi rendition="#aq">Placenz</hi> machte/ gleichwie er auch ſonſt aller Orten ſei-<lb/> ne Anverwandten erhub. So ward Manaſſes auff unerhoͤrte<lb/> Art zugleich Biſchoff zu <hi rendition="#aq">Veron, Trident</hi> und <hi rendition="#aq">Mantua,</hi> anbey<lb/> auch Marckgraff zu <hi rendition="#aq">Trident,</hi> und der mit dem Koͤnig beſchwaͤ-<lb/> gerte Theobald Hertzog zu <hi rendition="#aq">Spoleto.</hi> Jndeſſen beherrſchte Al-<lb/> berich den Roͤmiſchen Staat (nachdem vermuthlich auch ſeine<lb/> Mutter verſtorben) nach eigenen Willen/ und hielt ſeinen Bru-<lb/> der/ den Pabſt Johannem/ faſt als einen Gefangenen/ deſſen<lb/> Nahmen er nach Belieben brauchte/ und damit in gantz Europa<lb/> viel ausrichtete; welches man inſonderheit aus folgender Be-<lb/> gebniß ſehen kann. Der Kaͤyſer <hi rendition="#aq">Romanus</hi> zu Conſtantinopel<lb/> hatte nach des daſigen Patriarchen/ <hi rendition="#aq">Nicolai Myſtici,</hi> Todt<lb/> dieſe reiche Pfruͤnde ſeinem juͤngſten Printzen <hi rendition="#aq">Theophylacto</hi><lb/> zugedacht: Weil aber derſelbe kaum 16. Jahr alt und von ei-<lb/> ner zum geiſtlichen Stand gar ungeſchickten Lebens-Art war/<lb/> wiederſetzte ſich die Griechiſche Geiſtlichkeit/ und wolte ihn nicht<lb/> zum Haupt annehmen. Der Kaͤyſer/ dem der Roͤmiſche Staat<lb/> wohl bekannt war/ gieng alsbald an den Pabſt zu Rom/ oder<lb/> vielmehr an den Buͤrgemeiſter Alberich/ damit/ wo der Pabſt/<lb/> den auch die Griechen vor einen der oberſten Patriarchen er-<lb/> kenneten/ ſolches vor billig ſchaͤtzen wuͤrde/ er mit beſſern Schein<lb/> ſeine Sache ausfuͤhren koͤnnte. Weil nun Alberichs <hi rendition="#aq">intereſſe</hi><lb/> hierunter war/ des Kaͤyſers Gnade zu haben/ als muſte der<lb/> Pabſt zur Einwilligung ſeinen Nahmen hergeben/ und dieſe<lb/> wieder alle Kirchen-Geſetze lauffende Sache billigen. Dieſer<note place="right"><hi rendition="#aq">Maimburg.<lb/> Hiſt. Schiſm.<lb/> Orient. Lib.<lb/> III. p.</hi> 256.</note><lb/> neue Patriarch haͤtte ſich ja in unſre Roͤmiſchen Haͤndel wohl ge-<lb/> ſchickt. Man gibt ihm ſchuld/ daß er zu ſeiner Luſt Taͤntze und<lb/> unzuͤchtige Lieder mitten unter den Gottesdienſt in die Kirche<lb/> eingefuͤhret habe; daß er biß 2000. Pferde gehalten/ die er mit<lb/> Mandeln/ Piſtacien/ und allerhand Specereyen fuͤttern und<lb/> mit dem <hi rendition="#aq">delicate</hi>ſten Wein habe traͤncken laſſen. Ja er ſoll<lb/> einsmahls am gruͤnen Donnerſtag/ da man ihm/ indem er Meß<lb/> hielte/ berichtete/ das ſchoͤnſte unter ſeinen Pferden haͤtte ein jun-<lb/> ges geworffen/ mitten in der Meſſe vom Altar gegangen ſeyn/<lb/> <fw place="bottom" type="sig">H 2</fw><fw place="bottom" type="catch">ſol-</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [59/0069]
Huren-Regiment.
ſchoff zu Placenz machte/ gleichwie er auch ſonſt aller Orten ſei-
ne Anverwandten erhub. So ward Manaſſes auff unerhoͤrte
Art zugleich Biſchoff zu Veron, Trident und Mantua, anbey
auch Marckgraff zu Trident, und der mit dem Koͤnig beſchwaͤ-
gerte Theobald Hertzog zu Spoleto. Jndeſſen beherrſchte Al-
berich den Roͤmiſchen Staat (nachdem vermuthlich auch ſeine
Mutter verſtorben) nach eigenen Willen/ und hielt ſeinen Bru-
der/ den Pabſt Johannem/ faſt als einen Gefangenen/ deſſen
Nahmen er nach Belieben brauchte/ und damit in gantz Europa
viel ausrichtete; welches man inſonderheit aus folgender Be-
gebniß ſehen kann. Der Kaͤyſer Romanus zu Conſtantinopel
hatte nach des daſigen Patriarchen/ Nicolai Myſtici, Todt
dieſe reiche Pfruͤnde ſeinem juͤngſten Printzen Theophylacto
zugedacht: Weil aber derſelbe kaum 16. Jahr alt und von ei-
ner zum geiſtlichen Stand gar ungeſchickten Lebens-Art war/
wiederſetzte ſich die Griechiſche Geiſtlichkeit/ und wolte ihn nicht
zum Haupt annehmen. Der Kaͤyſer/ dem der Roͤmiſche Staat
wohl bekannt war/ gieng alsbald an den Pabſt zu Rom/ oder
vielmehr an den Buͤrgemeiſter Alberich/ damit/ wo der Pabſt/
den auch die Griechen vor einen der oberſten Patriarchen er-
kenneten/ ſolches vor billig ſchaͤtzen wuͤrde/ er mit beſſern Schein
ſeine Sache ausfuͤhren koͤnnte. Weil nun Alberichs intereſſe
hierunter war/ des Kaͤyſers Gnade zu haben/ als muſte der
Pabſt zur Einwilligung ſeinen Nahmen hergeben/ und dieſe
wieder alle Kirchen-Geſetze lauffende Sache billigen. Dieſer
neue Patriarch haͤtte ſich ja in unſre Roͤmiſchen Haͤndel wohl ge-
ſchickt. Man gibt ihm ſchuld/ daß er zu ſeiner Luſt Taͤntze und
unzuͤchtige Lieder mitten unter den Gottesdienſt in die Kirche
eingefuͤhret habe; daß er biß 2000. Pferde gehalten/ die er mit
Mandeln/ Piſtacien/ und allerhand Specereyen fuͤttern und
mit dem delicateſten Wein habe traͤncken laſſen. Ja er ſoll
einsmahls am gruͤnen Donnerſtag/ da man ihm/ indem er Meß
hielte/ berichtete/ das ſchoͤnſte unter ſeinen Pferden haͤtte ein jun-
ges geworffen/ mitten in der Meſſe vom Altar gegangen ſeyn/
ſol-
Maimburg.
Hiſt. Schiſm.
Orient. Lib.
III. p. 256.
H 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/loescher_historie_1705 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/loescher_historie_1705/69 |
Zitationshilfe: | Löscher, Valentin Ernst: Historie Des Römischen Huren-Regiments Der Theodoræ und Maroziæ. Leipzig, 1705, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/loescher_historie_1705/69>, abgerufen am 06.07.2024. |