Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Löscher, Valentin Ernst: Historie Des Römischen Huren-Regiments Der Theodoræ und Maroziæ. Leipzig, 1705.

Bild:
<< vorherige Seite

Römische
nal Ottoboni, unter dem Nahmen Alexandri VIII. Dessen
Nachfolger aber/ der Cardinal Pignatelli, oder Innocentius
XII.
soll seine Beförderung denen Zelanten zu dancken haben/
und den ietzigen Pabst/ Clementem X. vormahls Cardinal Al-
bani,
hat nach langwierigen Intriguen und Zwist die Frantzö-
sische faction erhoben. Die Räncke/ so in denen Conclaven
dieses Seculi vorgegangen/ sind meistens in Jtalien selbst in La-
teinischer Sprache beschrieben/ und von dem berühmten Con-
ringio
guten theils ediret worden.

So weit ist es nun kommen/ daß auch die abgeführtesten Po-
litici
unsrer Zeit bey der Wahl eines Pabsts viel ihnen unbewu-
ste Räncke noch zu lernen haben. Es finden sich dabey ordentlich
sechs Haupt-Parteyen; Als die Frantzösische und Spanische/ so
schon von etlichen hundert Jahren her gewähret/ die Stadt-Par-
tey/ welche zwar nunmehr nicht vor der Stadt Freyheit/ (als die
gar verlohren ist/ und von dem Pabst völlig dependiret) sondern
vor das interesse der grossen Familien in Rom/ sonderlich der
Colonnischen/ Ursinischen/ Savellischen etc. arbeitet: Ferner die
Partey der Zelanten/ welche sich sehr vermehret/ weil insgemein/
wenn man sich gar nicht vereinigen kan/ aus derselben ein Pabst
genommen wird/ die Parteyen der verstorbenen Päbste/ indem
die von denselben gesetzten Cardinäle/ welche man ihre Creatu-
ren nach dem Hoff-Stylo nennet/ es insgemein mit ihren Fami-
lien halten; Und so floriren noch zu ietziger Zeit die Barberinische/
Altierische und Ottobonische faction. Endlich die Partey der
Päbstlichen Officianten/ derer sich insgemein der Datarius,
Staats-Secretarius, General-Vicarius, Camerlengo, Vice-
Canceliere, Grande Penitentiere, Prefetto de la signa-
tura di Justitia, & di Gratia, Governatore
der Stadt und die
Legati, welche Aembter die Cardinäle selbst verwalten/ anneh-
men. Gefällt nun denen Frantzosen ein hitziger Pabst/ so wollen
die Spanier einen schläffrigen; will die Stadt-Partey einen
freygebigen/ so bestehen die Zelanten auff einen genauen Hauß-
halter: Die Officianten hätten gerne einen/ der sie bey ihrem

Dienste

Roͤmiſche
nal Ottoboni, unter dem Nahmen Alexandri VIII. Deſſen
Nachfolger aber/ der Cardinal Pignatelli, oder Innocentius
XII.
ſoll ſeine Befoͤrderung denen Zelanten zu dancken haben/
und den ietzigen Pabſt/ Clementem X. vormahls Cardinal Al-
bani,
hat nach langwierigen Intriguen und Zwiſt die Frantzoͤ-
ſiſche faction erhoben. Die Raͤncke/ ſo in denen Conclaven
dieſes Seculi vorgegangen/ ſind meiſtens in Jtalien ſelbſt in La-
teiniſcher Sprache beſchrieben/ und von dem beruͤhmten Con-
ringio
guten theils ediret worden.

So weit iſt es nun kommen/ daß auch die abgefuͤhrteſten Po-
litici
unſrer Zeit bey der Wahl eines Pabſts viel ihnen unbewu-
ſte Raͤncke noch zu lernen haben. Es finden ſich dabey ordentlich
ſechs Haupt-Parteyen; Als die Frantzoͤſiſche und Spaniſche/ ſo
ſchon von etlichen hundert Jahren her gewaͤhret/ die Stadt-Par-
tey/ welche zwar nunmehr nicht vor der Stadt Freyheit/ (als die
gar verlohren iſt/ und von dem Pabſt voͤllig dependiret) ſondern
vor das intereſſe der groſſen Familien in Rom/ ſonderlich der
Colonniſchen/ Urſiniſchen/ Savelliſchen ꝛc. arbeitet: Ferner die
Partey der Zelanten/ welche ſich ſehr vermehret/ weil insgemein/
wenn man ſich gar nicht vereinigen kan/ aus derſelben ein Pabſt
genommen wird/ die Parteyen der verſtorbenen Paͤbſte/ indem
die von denſelben geſetzten Cardinaͤle/ welche man ihre Creatu-
ren nach dem Hoff-Stylo nennet/ es insgemein mit ihren Fami-
lien halten; Und ſo floriren noch zu ietziger Zeit die Barberiniſche/
Altieriſche und Ottoboniſche faction. Endlich die Partey der
Paͤbſtlichen Officianten/ derer ſich insgemein der Datarius,
Staats-Secretarius, General-Vicarius, Camerlengo, Vice-
Canceliere, Grande Penitentiere, Prefetto de la ſigna-
tura di Juſtitia, & di Gratia, Governatore
der Stadt und die
Legati, welche Aembter die Cardinaͤle ſelbſt verwalten/ anneh-
men. Gefaͤllt nun denen Frantzoſen ein hitziger Pabſt/ ſo wollen
die Spanier einen ſchlaͤffrigen; will die Stadt-Partey einen
freygebigen/ ſo beſtehen die Zelanten auff einen genauen Hauß-
halter: Die Officianten haͤtten gerne einen/ der ſie bey ihrem

Dienſte
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0120" n="110"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Ro&#x0364;mi&#x017F;che</hi></fw><lb/>
nal <hi rendition="#aq">Ottoboni,</hi> unter dem Nahmen <hi rendition="#aq">Alexandri VIII.</hi> De&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Nachfolger aber/ der Cardinal <hi rendition="#aq">Pignatelli,</hi> oder <hi rendition="#aq">Innocentius<lb/>
XII.</hi> &#x017F;oll &#x017F;eine Befo&#x0364;rderung denen <hi rendition="#aq">Zelant</hi>en zu dancken haben/<lb/>
und den ietzigen Pab&#x017F;t/ <hi rendition="#aq">Clementem X.</hi> vormahls Cardinal <hi rendition="#aq">Al-<lb/>
bani,</hi> hat nach langwierigen <hi rendition="#aq">Intriguen</hi> und Zwi&#x017F;t die Frantzo&#x0364;-<lb/>
&#x017F;i&#x017F;che <hi rendition="#aq">faction</hi> erhoben. Die Ra&#x0364;ncke/ &#x017F;o in denen <hi rendition="#aq">Conclaven</hi><lb/>
die&#x017F;es <hi rendition="#aq">Seculi</hi> vorgegangen/ &#x017F;ind mei&#x017F;tens in Jtalien &#x017F;elb&#x017F;t in La-<lb/>
teini&#x017F;cher Sprache be&#x017F;chrieben/ und von dem beru&#x0364;hmten <hi rendition="#aq">Con-<lb/>
ringio</hi> guten theils <hi rendition="#aq">edir</hi>et worden.</p><lb/>
          <p>So weit i&#x017F;t es nun kommen/ daß auch die abgefu&#x0364;hrte&#x017F;ten <hi rendition="#aq">Po-<lb/>
litici</hi> un&#x017F;rer Zeit bey der Wahl eines Pab&#x017F;ts viel ihnen unbewu-<lb/>
&#x017F;te Ra&#x0364;ncke noch zu lernen haben. Es finden &#x017F;ich dabey ordentlich<lb/>
&#x017F;echs Haupt-Parteyen; Als die Frantzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;che und Spani&#x017F;che/ &#x017F;o<lb/>
&#x017F;chon von etlichen hundert Jahren her gewa&#x0364;hret/ die Stadt-Par-<lb/>
tey/ welche zwar nunmehr nicht vor der Stadt Freyheit/ (als die<lb/>
gar verlohren i&#x017F;t/ und von dem Pab&#x017F;t vo&#x0364;llig <hi rendition="#aq">dependir</hi>et) &#x017F;ondern<lb/>
vor das <hi rendition="#aq">intere&#x017F;&#x017F;e</hi> der gro&#x017F;&#x017F;en Familien in Rom/ &#x017F;onderlich der<lb/>
Colonni&#x017F;chen/ Ur&#x017F;ini&#x017F;chen/ Savelli&#x017F;chen &#xA75B;c. arbeitet: Ferner die<lb/>
Partey der <hi rendition="#aq">Zelant</hi>en/ welche &#x017F;ich &#x017F;ehr vermehret/ weil insgemein/<lb/>
wenn man &#x017F;ich gar nicht vereinigen kan/ aus der&#x017F;elben ein Pab&#x017F;t<lb/>
genommen wird/ die Parteyen der ver&#x017F;torbenen Pa&#x0364;b&#x017F;te/ indem<lb/>
die von den&#x017F;elben ge&#x017F;etzten Cardina&#x0364;le/ welche man ihre Creatu-<lb/>
ren nach dem Hoff-<hi rendition="#aq">Stylo</hi> nennet/ es insgemein mit ihren Fami-<lb/>
lien halten; Und &#x017F;o floriren noch zu ietziger Zeit die <hi rendition="#aq">Barberini</hi>&#x017F;che/<lb/><hi rendition="#aq">Altieri</hi>&#x017F;che und <hi rendition="#aq">Ottoboni</hi>&#x017F;che <hi rendition="#aq">faction.</hi> Endlich die Partey der<lb/>
Pa&#x0364;b&#x017F;tlichen <hi rendition="#aq">Officiant</hi>en/ derer &#x017F;ich insgemein der <hi rendition="#aq">Datarius,</hi><lb/>
Staats-<hi rendition="#aq">Secretarius, General-Vicarius, Camerlengo, Vice-<lb/>
Canceliere, Grande Penitentiere, Prefetto de la &#x017F;igna-<lb/>
tura di Ju&#x017F;titia, &amp; di Gratia, Governatore</hi> der Stadt und die<lb/><hi rendition="#aq">Legati,</hi> welche Aembter die Cardina&#x0364;le &#x017F;elb&#x017F;t verwalten/ anneh-<lb/>
men. Gefa&#x0364;llt nun denen Frantzo&#x017F;en ein hitziger Pab&#x017F;t/ &#x017F;o wollen<lb/>
die Spanier einen &#x017F;chla&#x0364;ffrigen; will die Stadt-Partey einen<lb/>
freygebigen/ &#x017F;o be&#x017F;tehen die <hi rendition="#aq">Zelant</hi>en auff einen genauen Hauß-<lb/>
halter: Die <hi rendition="#aq">Officiant</hi>en ha&#x0364;tten gerne einen/ der &#x017F;ie bey ihrem<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Dien&#x017F;te</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[110/0120] Roͤmiſche nal Ottoboni, unter dem Nahmen Alexandri VIII. Deſſen Nachfolger aber/ der Cardinal Pignatelli, oder Innocentius XII. ſoll ſeine Befoͤrderung denen Zelanten zu dancken haben/ und den ietzigen Pabſt/ Clementem X. vormahls Cardinal Al- bani, hat nach langwierigen Intriguen und Zwiſt die Frantzoͤ- ſiſche faction erhoben. Die Raͤncke/ ſo in denen Conclaven dieſes Seculi vorgegangen/ ſind meiſtens in Jtalien ſelbſt in La- teiniſcher Sprache beſchrieben/ und von dem beruͤhmten Con- ringio guten theils ediret worden. So weit iſt es nun kommen/ daß auch die abgefuͤhrteſten Po- litici unſrer Zeit bey der Wahl eines Pabſts viel ihnen unbewu- ſte Raͤncke noch zu lernen haben. Es finden ſich dabey ordentlich ſechs Haupt-Parteyen; Als die Frantzoͤſiſche und Spaniſche/ ſo ſchon von etlichen hundert Jahren her gewaͤhret/ die Stadt-Par- tey/ welche zwar nunmehr nicht vor der Stadt Freyheit/ (als die gar verlohren iſt/ und von dem Pabſt voͤllig dependiret) ſondern vor das intereſſe der groſſen Familien in Rom/ ſonderlich der Colonniſchen/ Urſiniſchen/ Savelliſchen ꝛc. arbeitet: Ferner die Partey der Zelanten/ welche ſich ſehr vermehret/ weil insgemein/ wenn man ſich gar nicht vereinigen kan/ aus derſelben ein Pabſt genommen wird/ die Parteyen der verſtorbenen Paͤbſte/ indem die von denſelben geſetzten Cardinaͤle/ welche man ihre Creatu- ren nach dem Hoff-Stylo nennet/ es insgemein mit ihren Fami- lien halten; Und ſo floriren noch zu ietziger Zeit die Barberiniſche/ Altieriſche und Ottoboniſche faction. Endlich die Partey der Paͤbſtlichen Officianten/ derer ſich insgemein der Datarius, Staats-Secretarius, General-Vicarius, Camerlengo, Vice- Canceliere, Grande Penitentiere, Prefetto de la ſigna- tura di Juſtitia, & di Gratia, Governatore der Stadt und die Legati, welche Aembter die Cardinaͤle ſelbſt verwalten/ anneh- men. Gefaͤllt nun denen Frantzoſen ein hitziger Pabſt/ ſo wollen die Spanier einen ſchlaͤffrigen; will die Stadt-Partey einen freygebigen/ ſo beſtehen die Zelanten auff einen genauen Hauß- halter: Die Officianten haͤtten gerne einen/ der ſie bey ihrem Dienſte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/loescher_historie_1705
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/loescher_historie_1705/120
Zitationshilfe: Löscher, Valentin Ernst: Historie Des Römischen Huren-Regiments Der Theodoræ und Maroziæ. Leipzig, 1705, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/loescher_historie_1705/120>, abgerufen am 22.11.2024.