Löhe, Wilhelm: Etwas aus der Geschichte des Diaconissenhauses Neuendettelsau. Nürnberg, 1870.
Von dem 20. August an flackerte eine blauweiße Fahne mit schwarzem Kreuz auf rothem Grund, unter welcher das Wort oremus eingenäht war, über dem Bauplatz bis zur Vollendung des Baues, der man mit fröhlicher Hoffnung entgegensah. Mit dem Bau gieng es langsamer als bei den vorigen Gebäuden, aber es hatte treue Pfleger, die mit aufmerksamen und liebevollen Augen über seiner Vollendung wachten, Herrn Conrector Lotze und insonderheit den damaligen Rechnungsführer der Diaconissenanstalt, Herrn Director Alt. - Endlich am 11. April 1859 fand die Ausrichtung des Gebälkes von der Spitze des Baues herab statt. Der Zimmermann sprach damals das Folgende:
Von dem 20. August an flackerte eine blauweiße Fahne mit schwarzem Kreuz auf rothem Grund, unter welcher das Wort oremus eingenäht war, über dem Bauplatz bis zur Vollendung des Baues, der man mit fröhlicher Hoffnung entgegensah. Mit dem Bau gieng es langsamer als bei den vorigen Gebäuden, aber es hatte treue Pfleger, die mit aufmerksamen und liebevollen Augen über seiner Vollendung wachten, Herrn Conrector Lotze und insonderheit den damaligen Rechnungsführer der Diaconissenanstalt, Herrn Director Alt. – Endlich am 11. April 1859 fand die Ausrichtung des Gebälkes von der Spitze des Baues herab statt. Der Zimmermann sprach damals das Folgende:
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <cit> <quote> <p><pb facs="#f0076" n="76"/> ein so hohes Bedürfnis der Anstalt ist, Muth und Freudigkeit gegeben und einen guten Anfang dazu, – wieder ein Zeichen seiner Gnade, die alle Morgen neu ist. Wo aber Gott so reichlich giebt, soll auch der Mensch geben und darbringen, was Gott gefällig ist. Und dazu wünschte Herr Conrector den Gliedern des Hauses zweierlei: heilige Einsamkeit und heilige Gemeinschaft. Rechte Einsamkeit ist ein seltenes hohes Glück, das viele in Wüsteneien gesucht und nicht gefunden haben, da ihr Herz voll Welt mit ihnen gieng. Die einsame Seele vergißt sich selber und die Welt, und legt sich betend JEsu zu Füßen. Nur aus der Vereinigung solcher einsamer Seelen entsteht die rechte Gebetsgemeinschaft, eine wunderbare Gebetsgemeinschaft der streitenden und triumphirenden Kirche vor dem Throne Gottes. Die Zeit des Baues bis zur Einweihung soll uns eine Zeit treuer Uebung sein in beiden seligen Tugenden rechter Beterinnen.</p> <p>Hierauf sang man zwei Verse des Liedes: „Komm heiliger Geist etc. Auf den Gesang folgte das gewöhnliche Abendgebet mit besonderen, auf das Fest sich beziehenden Fürbitten. Dann wurde der Segen ertheilt und zum Schluß noch das Lied: „Nun lob mein Seel den HErren“ gesungen mit freudevollem Herzen.“ –</p> </quote> </cit> <p>Von dem 20. August an flackerte eine blauweiße Fahne mit schwarzem Kreuz auf rothem Grund, unter welcher das Wort <hi rendition="#aq">oremus</hi> eingenäht war, über dem Bauplatz bis zur Vollendung des Baues, der man mit fröhlicher Hoffnung entgegensah. Mit dem Bau gieng es langsamer als bei den vorigen Gebäuden, aber es hatte treue Pfleger, die mit aufmerksamen und liebevollen Augen über seiner Vollendung wachten, Herrn Conrector <hi rendition="#g">Lotze</hi> und insonderheit den damaligen Rechnungsführer der Diaconissenanstalt, Herrn Director <hi rendition="#g">Alt</hi>. – Endlich am 11. April 1859 fand die Ausrichtung des Gebälkes von der Spitze des Baues herab statt. Der Zimmermann sprach damals das Folgende:</p> <cit> <quote> <p>„Es war am 20. August des vorigen Jahres, daß man nach vieler Mühe und Arbeit den Grund und Sockel, der diesen ganzen Bau und mich aus seiner Spitze trägt, geschloßen und feierlich gesegnet hat. Heute schreibt man den 11. April 1859, und es sind also 7 Monate </p> </quote> </cit> </div> </body> </text> </TEI> [76/0076]
ein so hohes Bedürfnis der Anstalt ist, Muth und Freudigkeit gegeben und einen guten Anfang dazu, – wieder ein Zeichen seiner Gnade, die alle Morgen neu ist. Wo aber Gott so reichlich giebt, soll auch der Mensch geben und darbringen, was Gott gefällig ist. Und dazu wünschte Herr Conrector den Gliedern des Hauses zweierlei: heilige Einsamkeit und heilige Gemeinschaft. Rechte Einsamkeit ist ein seltenes hohes Glück, das viele in Wüsteneien gesucht und nicht gefunden haben, da ihr Herz voll Welt mit ihnen gieng. Die einsame Seele vergißt sich selber und die Welt, und legt sich betend JEsu zu Füßen. Nur aus der Vereinigung solcher einsamer Seelen entsteht die rechte Gebetsgemeinschaft, eine wunderbare Gebetsgemeinschaft der streitenden und triumphirenden Kirche vor dem Throne Gottes. Die Zeit des Baues bis zur Einweihung soll uns eine Zeit treuer Uebung sein in beiden seligen Tugenden rechter Beterinnen.
Hierauf sang man zwei Verse des Liedes: „Komm heiliger Geist etc. Auf den Gesang folgte das gewöhnliche Abendgebet mit besonderen, auf das Fest sich beziehenden Fürbitten. Dann wurde der Segen ertheilt und zum Schluß noch das Lied: „Nun lob mein Seel den HErren“ gesungen mit freudevollem Herzen.“ –
Von dem 20. August an flackerte eine blauweiße Fahne mit schwarzem Kreuz auf rothem Grund, unter welcher das Wort oremus eingenäht war, über dem Bauplatz bis zur Vollendung des Baues, der man mit fröhlicher Hoffnung entgegensah. Mit dem Bau gieng es langsamer als bei den vorigen Gebäuden, aber es hatte treue Pfleger, die mit aufmerksamen und liebevollen Augen über seiner Vollendung wachten, Herrn Conrector Lotze und insonderheit den damaligen Rechnungsführer der Diaconissenanstalt, Herrn Director Alt. – Endlich am 11. April 1859 fand die Ausrichtung des Gebälkes von der Spitze des Baues herab statt. Der Zimmermann sprach damals das Folgende:
„Es war am 20. August des vorigen Jahres, daß man nach vieler Mühe und Arbeit den Grund und Sockel, der diesen ganzen Bau und mich aus seiner Spitze trägt, geschloßen und feierlich gesegnet hat. Heute schreibt man den 11. April 1859, und es sind also 7 Monate
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