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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836.

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Massen und Dichtigkeiten der Himmelskörper.
für 100 Meilen 1/2 Fuß, für 200 Meilen 1/8 , für 300 Meilen 1/18,
für 400 Meilen 1/32 Fuß u. f. betragen.

Man sieht daraus, daß die Art, nach welcher die Anziehung
der Körper wirkt, bei allen dieselbe, daß aber die Größe dieser
Anziehung bei verschiedenen Körpern auch sehr verschieden seyn
kann, ganz so, wie z. B. alle Pferde den Wagen, vor den sie
gespannt werden, auf dieselbe Weise ziehen, während doch das
eine derselben ihn viel stärker oder schwächer ziehen kann, als das
andere, je nachdem es mit einer größern oder geringern Muskel-
kraft begabt ist. Was ist es nun, das diese Stelle der Muskel-
kraft bei den Körpern des Himmels vertritt?

Wir werden uns nicht bei der Untersuchung aufhalten, was
diese Kraft der Himmelskörper, mit welcher sie alle anderen Kör-
per anziehen, eigentlich sey oder woher sie komme. Die Meta-
physiker, die sich so gern mit Fragen dieser Art beschäftigen, mögen
sie beantworten, wenn sie können. Uns genügt es, das Daseyn
einer solchen Kraft aus ihren unbestreitbaren Wirkungen zu er-
kennen. Diese sehen wir täglich und immerwährend in unend-
lichen Abwechslungen sowohl um uns, als auch selbst in uns.
Ueberall in der Natur bemerken wir diesen Hang der Körper, sich
anzuziehen, sich zu vereinigen, sich zur Kugelgestalt abzurunden
Der Thautropfen auf dem Kohlblatte, und die Gestirne des Him-
mels sind gleich gute Beispiele für den Beweis dieses Satzes.
Aber die Ursache dieser Erscheinung? --

Wir empfinden den Duft, den die Blume ausbaucht; wir
ergötzen unser Auge an dem Lichte- und an den Farben der
Körper; wir erfreuen unser Ohr mit den harmonischen Tönen der
Musik; wir sehen die ganze Erde mit allen ihren Reitzen unter,
und den endlosen Himmel mit allen seinen Wundern über uns --
aber was wissen wir davon? Daß sie da sind, und nichts
weiter. Woher sie kommen, und wohin sie gehen, ist uns unbe-
kannt. Wir können eben so wenig den Hauch der Blumen, als
die Feinheit des Lichtes berechnen, und der innere Zusammenhang
der Dinge auf der Erde ist uns eben so ein Räthsel, als jene
Zauberkraft, die den Himmel zusammenhält oder als das magi-
sche Band, das unsere Erde an die Sonne, und uns selbst an

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Maſſen und Dichtigkeiten der Himmelskörper.
für 100 Meilen ½ Fuß, für 200 Meilen ⅛, für 300 Meilen 1/18,
für 400 Meilen 1/32 Fuß u. f. betragen.

Man ſieht daraus, daß die Art, nach welcher die Anziehung
der Körper wirkt, bei allen dieſelbe, daß aber die Größe dieſer
Anziehung bei verſchiedenen Körpern auch ſehr verſchieden ſeyn
kann, ganz ſo, wie z. B. alle Pferde den Wagen, vor den ſie
geſpannt werden, auf dieſelbe Weiſe ziehen, während doch das
eine derſelben ihn viel ſtärker oder ſchwächer ziehen kann, als das
andere, je nachdem es mit einer größern oder geringern Muskel-
kraft begabt iſt. Was iſt es nun, das dieſe Stelle der Muskel-
kraft bei den Körpern des Himmels vertritt?

Wir werden uns nicht bei der Unterſuchung aufhalten, was
dieſe Kraft der Himmelskörper, mit welcher ſie alle anderen Kör-
per anziehen, eigentlich ſey oder woher ſie komme. Die Meta-
phyſiker, die ſich ſo gern mit Fragen dieſer Art beſchäftigen, mögen
ſie beantworten, wenn ſie können. Uns genügt es, das Daſeyn
einer ſolchen Kraft aus ihren unbeſtreitbaren Wirkungen zu er-
kennen. Dieſe ſehen wir täglich und immerwährend in unend-
lichen Abwechslungen ſowohl um uns, als auch ſelbſt in uns.
Ueberall in der Natur bemerken wir dieſen Hang der Körper, ſich
anzuziehen, ſich zu vereinigen, ſich zur Kugelgeſtalt abzurunden
Der Thautropfen auf dem Kohlblatte, und die Geſtirne des Him-
mels ſind gleich gute Beiſpiele für den Beweis dieſes Satzes.
Aber die Urſache dieſer Erſcheinung? —

Wir empfinden den Duft, den die Blume ausbaucht; wir
ergötzen unſer Auge an dem Lichte- und an den Farben der
Körper; wir erfreuen unſer Ohr mit den harmoniſchen Tönen der
Muſik; wir ſehen die ganze Erde mit allen ihren Reitzen unter,
und den endloſen Himmel mit allen ſeinen Wundern über uns —
aber was wiſſen wir davon? Daß ſie da ſind, und nichts
weiter. Woher ſie kommen, und wohin ſie gehen, iſt uns unbe-
kannt. Wir können eben ſo wenig den Hauch der Blumen, als
die Feinheit des Lichtes berechnen, und der innere Zuſammenhang
der Dinge auf der Erde iſt uns eben ſo ein Räthſel, als jene
Zauberkraft, die den Himmel zuſammenhält oder als das magi-
ſche Band, das unſere Erde an die Sonne, und uns ſelbſt an

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[67/0079] Maſſen und Dichtigkeiten der Himmelskörper. für 100 Meilen ½ Fuß, für 200 Meilen ⅛, für 300 Meilen 1/18, für 400 Meilen 1/32 Fuß u. f. betragen. Man ſieht daraus, daß die Art, nach welcher die Anziehung der Körper wirkt, bei allen dieſelbe, daß aber die Größe dieſer Anziehung bei verſchiedenen Körpern auch ſehr verſchieden ſeyn kann, ganz ſo, wie z. B. alle Pferde den Wagen, vor den ſie geſpannt werden, auf dieſelbe Weiſe ziehen, während doch das eine derſelben ihn viel ſtärker oder ſchwächer ziehen kann, als das andere, je nachdem es mit einer größern oder geringern Muskel- kraft begabt iſt. Was iſt es nun, das dieſe Stelle der Muskel- kraft bei den Körpern des Himmels vertritt? Wir werden uns nicht bei der Unterſuchung aufhalten, was dieſe Kraft der Himmelskörper, mit welcher ſie alle anderen Kör- per anziehen, eigentlich ſey oder woher ſie komme. Die Meta- phyſiker, die ſich ſo gern mit Fragen dieſer Art beſchäftigen, mögen ſie beantworten, wenn ſie können. Uns genügt es, das Daſeyn einer ſolchen Kraft aus ihren unbeſtreitbaren Wirkungen zu er- kennen. Dieſe ſehen wir täglich und immerwährend in unend- lichen Abwechslungen ſowohl um uns, als auch ſelbſt in uns. Ueberall in der Natur bemerken wir dieſen Hang der Körper, ſich anzuziehen, ſich zu vereinigen, ſich zur Kugelgeſtalt abzurunden Der Thautropfen auf dem Kohlblatte, und die Geſtirne des Him- mels ſind gleich gute Beiſpiele für den Beweis dieſes Satzes. Aber die Urſache dieſer Erſcheinung? — Wir empfinden den Duft, den die Blume ausbaucht; wir ergötzen unſer Auge an dem Lichte- und an den Farben der Körper; wir erfreuen unſer Ohr mit den harmoniſchen Tönen der Muſik; wir ſehen die ganze Erde mit allen ihren Reitzen unter, und den endloſen Himmel mit allen ſeinen Wundern über uns — aber was wiſſen wir davon? Daß ſie da ſind, und nichts weiter. Woher ſie kommen, und wohin ſie gehen, iſt uns unbe- kannt. Wir können eben ſo wenig den Hauch der Blumen, als die Feinheit des Lichtes berechnen, und der innere Zuſammenhang der Dinge auf der Erde iſt uns eben ſo ein Räthſel, als jene Zauberkraft, die den Himmel zuſammenhält oder als das magi- ſche Band, das unſere Erde an die Sonne, und uns ſelbſt an 5 *

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Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/79>, abgerufen am 28.04.2024.