Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite

Beschreibung und Gebrauch der astronom. Instrumente.
nicht zufällig oder die Folge von Beobachtungsfehlern sey, son-
dern daß sie aus einer regelmäßigen Ursache entstehen müsse, und
dieß war eine hinlängliche Veranlassung, ihrem Grunde weiter
nachzuforschen.

Wir haben bereits oben (III. S. 200) einer merkwürdigen
Erscheinung unseres Sonnensystems erwähnt, nach welcher alle
Planeten und Satelliten desselben sich von West nach Ost,
sowohl um die Sonne oder um ihre Hauptplaneten, als auch,
in ihrer Rotation, um ihre eigene Axe bewegen, und nach
welcher überdieß die Bahnen dieser Himmelskörper beinahe alle in
der Nähe des Sonnenäquators liegen. Da man sich davon weiter
keine Rechenschaft geben konnte, so hat man sie auf Rechnung
des Zufalls gestellt, ohne sich weiter um die Ursache dieser Er-
scheinungen zu bekümmern. Allein als Laplace die Wahrscheinlich-
keitsrechnung auf diesen Gegenstand anwendete, fand er, daß man
viele Millionen gegen die Einheit wetten kann, daß diese Erschei-
nung nicht dem blinden Zufalle zuzuschreiben sey. Diese sehr große
Wahrscheinlichkeit bewog ihn, die eigentliche Ursache dieses Phä-
nomens aufzusuchen, und auf diesem Wege war es, daß er zu
der schönen und sinnreichen Erklärung von dem Ursprunge unseres
Planetensystems gelangte, die wir oben im eilften Kapitel aus-
einander gesetzt haben.

Auf diese Weise ist die neue Analyse nicht nur ein mächtiges
Mittel in der Hand der Geometer geworden, sich von den bisher
unvermeidlichen Beobachtungsfehlern unabhängig zu machen und
den auf sie gegründeten Untersuchungen die letzte Vollendung zu
geben, sondern sie hat uns auch bereits, als Veranlassung zu
Entdeckungen, die ohne ihre Hülfe vielleicht unbekannt geblieben
wären, die nützlichsten Dienste geleistet und alles berechtiget uns
zu der Hoffnung, daß der Nutzen, den wir von ihr für die Zu-
kunft erwarten, noch weit größer seyn werde, wenn es uns einmal
gelungen seyn wird, unsere Instrumente und unsere Beobach-
tungskunst, die wir bisher nur auf die Welt im Großen beschränkt
haben, auch auf die Elemente, aus welchen die Körper des Uni-
versums bestehen, fortzusetzen, und wenn einmal, unter dem fort-
dauernden Schutze des Genius der Menschheit, ein neuer Newton
unter uns sich erheben sollte, um uns durch seine Entdeckungen, sowie

Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente.
nicht zufällig oder die Folge von Beobachtungsfehlern ſey, ſon-
dern daß ſie aus einer regelmäßigen Urſache entſtehen müſſe, und
dieß war eine hinlängliche Veranlaſſung, ihrem Grunde weiter
nachzuforſchen.

Wir haben bereits oben (III. S. 200) einer merkwürdigen
Erſcheinung unſeres Sonnenſyſtems erwähnt, nach welcher alle
Planeten und Satelliten deſſelben ſich von Weſt nach Oſt,
ſowohl um die Sonne oder um ihre Hauptplaneten, als auch,
in ihrer Rotation, um ihre eigene Axe bewegen, und nach
welcher überdieß die Bahnen dieſer Himmelskörper beinahe alle in
der Nähe des Sonnenäquators liegen. Da man ſich davon weiter
keine Rechenſchaft geben konnte, ſo hat man ſie auf Rechnung
des Zufalls geſtellt, ohne ſich weiter um die Urſache dieſer Er-
ſcheinungen zu bekümmern. Allein als Laplace die Wahrſcheinlich-
keitsrechnung auf dieſen Gegenſtand anwendete, fand er, daß man
viele Millionen gegen die Einheit wetten kann, daß dieſe Erſchei-
nung nicht dem blinden Zufalle zuzuſchreiben ſey. Dieſe ſehr große
Wahrſcheinlichkeit bewog ihn, die eigentliche Urſache dieſes Phä-
nomens aufzuſuchen, und auf dieſem Wege war es, daß er zu
der ſchönen und ſinnreichen Erklärung von dem Urſprunge unſeres
Planetenſyſtems gelangte, die wir oben im eilften Kapitel aus-
einander geſetzt haben.

Auf dieſe Weiſe iſt die neue Analyſe nicht nur ein mächtiges
Mittel in der Hand der Geometer geworden, ſich von den bisher
unvermeidlichen Beobachtungsfehlern unabhängig zu machen und
den auf ſie gegründeten Unterſuchungen die letzte Vollendung zu
geben, ſondern ſie hat uns auch bereits, als Veranlaſſung zu
Entdeckungen, die ohne ihre Hülfe vielleicht unbekannt geblieben
wären, die nützlichſten Dienſte geleiſtet und alles berechtiget uns
zu der Hoffnung, daß der Nutzen, den wir von ihr für die Zu-
kunft erwarten, noch weit größer ſeyn werde, wenn es uns einmal
gelungen ſeyn wird, unſere Inſtrumente und unſere Beobach-
tungskunſt, die wir bisher nur auf die Welt im Großen beſchränkt
haben, auch auf die Elemente, aus welchen die Körper des Uni-
verſums beſtehen, fortzuſetzen, und wenn einmal, unter dem fort-
dauernden Schutze des Genius der Menſchheit, ein neuer Newton
unter uns ſich erheben ſollte, um uns durch ſeine Entdeckungen, ſowie

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0448" n="436"/><fw place="top" type="header">Be&#x017F;chreibung und Gebrauch der a&#x017F;tronom. In&#x017F;trumente.</fw><lb/>
nicht zufällig oder die Folge von Beobachtungsfehlern &#x017F;ey, &#x017F;on-<lb/>
dern daß &#x017F;ie aus einer regelmäßigen Ur&#x017F;ache ent&#x017F;tehen mü&#x017F;&#x017F;e, und<lb/>
dieß war eine hinlängliche Veranla&#x017F;&#x017F;ung, ihrem Grunde weiter<lb/>
nachzufor&#x017F;chen.</p><lb/>
            <p>Wir haben bereits oben (<hi rendition="#aq">III.</hi> S. 200) einer merkwürdigen<lb/>
Er&#x017F;cheinung un&#x017F;eres Sonnen&#x017F;y&#x017F;tems erwähnt, nach welcher <hi rendition="#g">alle</hi><lb/>
Planeten und Satelliten de&#x017F;&#x017F;elben &#x017F;ich <hi rendition="#g">von We&#x017F;t nach O&#x017F;t</hi>,<lb/>
&#x017F;owohl um die Sonne oder um ihre Hauptplaneten, als auch,<lb/>
in ihrer Rotation, um ihre eigene Axe bewegen, und nach<lb/>
welcher überdieß die Bahnen die&#x017F;er Himmelskörper beinahe alle in<lb/>
der Nähe des Sonnenäquators liegen. Da man &#x017F;ich davon weiter<lb/>
keine Rechen&#x017F;chaft geben konnte, &#x017F;o hat man &#x017F;ie auf Rechnung<lb/>
des Zufalls ge&#x017F;tellt, ohne &#x017F;ich weiter um die Ur&#x017F;ache die&#x017F;er Er-<lb/>
&#x017F;cheinungen zu bekümmern. Allein als Laplace die Wahr&#x017F;cheinlich-<lb/>
keitsrechnung auf die&#x017F;en Gegen&#x017F;tand anwendete, fand er, daß man<lb/>
viele Millionen gegen die Einheit wetten kann, daß die&#x017F;e Er&#x017F;chei-<lb/>
nung nicht dem blinden Zufalle zuzu&#x017F;chreiben &#x017F;ey. Die&#x017F;e &#x017F;ehr große<lb/>
Wahr&#x017F;cheinlichkeit bewog ihn, die eigentliche Ur&#x017F;ache die&#x017F;es Phä-<lb/>
nomens aufzu&#x017F;uchen, und auf die&#x017F;em Wege war es, daß er zu<lb/>
der &#x017F;chönen und &#x017F;innreichen Erklärung von dem Ur&#x017F;prunge un&#x017F;eres<lb/>
Planeten&#x017F;y&#x017F;tems gelangte, die wir oben im eilften Kapitel aus-<lb/>
einander ge&#x017F;etzt haben.</p><lb/>
            <p>Auf die&#x017F;e Wei&#x017F;e i&#x017F;t die neue Analy&#x017F;e nicht nur ein mächtiges<lb/>
Mittel in der Hand der Geometer geworden, &#x017F;ich von den bisher<lb/>
unvermeidlichen Beobachtungsfehlern unabhängig zu machen und<lb/>
den auf &#x017F;ie gegründeten Unter&#x017F;uchungen die letzte Vollendung zu<lb/>
geben, &#x017F;ondern &#x017F;ie hat uns auch bereits, als Veranla&#x017F;&#x017F;ung zu<lb/>
Entdeckungen, die ohne ihre Hülfe vielleicht unbekannt geblieben<lb/>
wären, die nützlich&#x017F;ten Dien&#x017F;te gelei&#x017F;tet und alles berechtiget uns<lb/>
zu der Hoffnung, daß der Nutzen, den wir von ihr für die Zu-<lb/>
kunft erwarten, noch weit größer &#x017F;eyn werde, wenn es uns einmal<lb/>
gelungen &#x017F;eyn wird, un&#x017F;ere In&#x017F;trumente und un&#x017F;ere Beobach-<lb/>
tungskun&#x017F;t, die wir bisher nur auf die Welt im Großen be&#x017F;chränkt<lb/>
haben, auch auf die Elemente, aus welchen die Körper des Uni-<lb/>
ver&#x017F;ums be&#x017F;tehen, fortzu&#x017F;etzen, und wenn einmal, unter dem fort-<lb/>
dauernden Schutze des Genius der Men&#x017F;chheit, ein neuer Newton<lb/>
unter uns &#x017F;ich erheben &#x017F;ollte, um uns durch &#x017F;eine Entdeckungen, &#x017F;owie<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[436/0448] Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente. nicht zufällig oder die Folge von Beobachtungsfehlern ſey, ſon- dern daß ſie aus einer regelmäßigen Urſache entſtehen müſſe, und dieß war eine hinlängliche Veranlaſſung, ihrem Grunde weiter nachzuforſchen. Wir haben bereits oben (III. S. 200) einer merkwürdigen Erſcheinung unſeres Sonnenſyſtems erwähnt, nach welcher alle Planeten und Satelliten deſſelben ſich von Weſt nach Oſt, ſowohl um die Sonne oder um ihre Hauptplaneten, als auch, in ihrer Rotation, um ihre eigene Axe bewegen, und nach welcher überdieß die Bahnen dieſer Himmelskörper beinahe alle in der Nähe des Sonnenäquators liegen. Da man ſich davon weiter keine Rechenſchaft geben konnte, ſo hat man ſie auf Rechnung des Zufalls geſtellt, ohne ſich weiter um die Urſache dieſer Er- ſcheinungen zu bekümmern. Allein als Laplace die Wahrſcheinlich- keitsrechnung auf dieſen Gegenſtand anwendete, fand er, daß man viele Millionen gegen die Einheit wetten kann, daß dieſe Erſchei- nung nicht dem blinden Zufalle zuzuſchreiben ſey. Dieſe ſehr große Wahrſcheinlichkeit bewog ihn, die eigentliche Urſache dieſes Phä- nomens aufzuſuchen, und auf dieſem Wege war es, daß er zu der ſchönen und ſinnreichen Erklärung von dem Urſprunge unſeres Planetenſyſtems gelangte, die wir oben im eilften Kapitel aus- einander geſetzt haben. Auf dieſe Weiſe iſt die neue Analyſe nicht nur ein mächtiges Mittel in der Hand der Geometer geworden, ſich von den bisher unvermeidlichen Beobachtungsfehlern unabhängig zu machen und den auf ſie gegründeten Unterſuchungen die letzte Vollendung zu geben, ſondern ſie hat uns auch bereits, als Veranlaſſung zu Entdeckungen, die ohne ihre Hülfe vielleicht unbekannt geblieben wären, die nützlichſten Dienſte geleiſtet und alles berechtiget uns zu der Hoffnung, daß der Nutzen, den wir von ihr für die Zu- kunft erwarten, noch weit größer ſeyn werde, wenn es uns einmal gelungen ſeyn wird, unſere Inſtrumente und unſere Beobach- tungskunſt, die wir bisher nur auf die Welt im Großen beſchränkt haben, auch auf die Elemente, aus welchen die Körper des Uni- verſums beſtehen, fortzuſetzen, und wenn einmal, unter dem fort- dauernden Schutze des Genius der Menſchheit, ein neuer Newton unter uns ſich erheben ſollte, um uns durch ſeine Entdeckungen, ſowie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/448
Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836, S. 436. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/448>, abgerufen am 06.05.2024.