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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836.

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Beschreibung und Gebrauch der astronom. Instrumente.
bilden scheinen, und bemerkt, für diesen Stand des beweglichen
Fadens, den Ort des Zeigers b auf der eingetheilten Scheibe B.
Dann schraubt man den beweglichen Faden f g so weit über oder
unter den festen F G, bis beide Fäden irgend ein bekanntes Ge-
stirn, z. B. die Sonne d an ihrem oberen und unteren Rande ge-
nau berühren und bemerkt nun wieder den Stand des Zeigers auf
seiner Scheibe. Gesetzt der Durchmesser der Sonne betrage volle
32 Minuten, und die Schraube machte 401/4 Umgänge, um diesen
Durchmesser zwischen den beiden Fäden des Mikrometers zu fas-
sen, so folgt daraus, wie man leicht sieht, daß ein ganzer Um-
gang der Schraube 47,7 Sekunden, und daher jeder hundertste
Theil derselben 0,477 Sekunden betrage. Dieß vorausgesetzt habe
man ein mit einem solchen Schraubenmikrometer versehe-
nes Fernrohr im Meridian so aufgestellt, daß der Faden F G ho-
rizontal und D E vertical steht. In dieser Stellung läßt man
einen bekannten Fixstern durch das Feld des Fernrohrs gehen und
schraubt den beweglichen Faden f g auf ihn, so daß der Stern, wäh-
rend er durch das Feld geht, die ganze Länge dieses Fadens zurücklege.
Zugleich beobachtet man auch seinen Durchgang durch den festen ver-
ticalen Faden D E. -- Dasselbe thut man nun auch mit dem bald darauf
folgenden Planeten und bemerkt zugleich, wie viel Umdrehungen man
die Schraube gedreht hat, um den beweglichen Faden von seiner
letzten Stelle, wo er den Stern traf, auf diejenige zu bringen, wo
der Mittelpunkt des Planeten durch ihn ging. Diese Anzahl der
Umdrehungen durch 47,7 multiplicirt, gibt sofort die Differenz der
Declinationen beider Gestirne, und die Zwischenzeit, die von dem
Appulse des Fixsterns durch den Verticalfaden D E bis zu dem des
Planeten verflossen ist, gibt die Differenz der Rectascensionen bei-
der Gestirne. Da man nun die Rectascension und Declination
des Fixsterns bereits kennt, so erhält man dadurch auch sofort
die Rectascension und Declination des Planeten.

Man sieht, daß man zu solchen Beobachtungen, so wichtig
sie auch sind, keines eigenen großen kostbaren Instruments, son-
dern bloß eines guten Fernrohrs bedarf, von dessen fester Aufstel-
lung während der Dauer beider Beobachtungen man versichert ist.
Wenn man aber mit einem solchen Fernrohre auch außer dem
Meridian beobachten will, wodurch die Anwendbarkeit desselben

Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente.
bilden ſcheinen, und bemerkt, für dieſen Stand des beweglichen
Fadens, den Ort des Zeigers b auf der eingetheilten Scheibe B.
Dann ſchraubt man den beweglichen Faden f g ſo weit über oder
unter den feſten F G, bis beide Fäden irgend ein bekanntes Ge-
ſtirn, z. B. die Sonne d an ihrem oberen und unteren Rande ge-
nau berühren und bemerkt nun wieder den Stand des Zeigers auf
ſeiner Scheibe. Geſetzt der Durchmeſſer der Sonne betrage volle
32 Minuten, und die Schraube machte 40¼ Umgänge, um dieſen
Durchmeſſer zwiſchen den beiden Fäden des Mikrometers zu faſ-
ſen, ſo folgt daraus, wie man leicht ſieht, daß ein ganzer Um-
gang der Schraube 47,7 Sekunden, und daher jeder hundertſte
Theil derſelben 0,477 Sekunden betrage. Dieß vorausgeſetzt habe
man ein mit einem ſolchen Schraubenmikrometer verſehe-
nes Fernrohr im Meridian ſo aufgeſtellt, daß der Faden F G ho-
rizontal und D E vertical ſteht. In dieſer Stellung läßt man
einen bekannten Fixſtern durch das Feld des Fernrohrs gehen und
ſchraubt den beweglichen Faden f g auf ihn, ſo daß der Stern, wäh-
rend er durch das Feld geht, die ganze Länge dieſes Fadens zurücklege.
Zugleich beobachtet man auch ſeinen Durchgang durch den feſten ver-
ticalen Faden D E. — Daſſelbe thut man nun auch mit dem bald darauf
folgenden Planeten und bemerkt zugleich, wie viel Umdrehungen man
die Schraube gedreht hat, um den beweglichen Faden von ſeiner
letzten Stelle, wo er den Stern traf, auf diejenige zu bringen, wo
der Mittelpunkt des Planeten durch ihn ging. Dieſe Anzahl der
Umdrehungen durch 47,7 multiplicirt, gibt ſofort die Differenz der
Declinationen beider Geſtirne, und die Zwiſchenzeit, die von dem
Appulſe des Fixſterns durch den Verticalfaden D E bis zu dem des
Planeten verfloſſen iſt, gibt die Differenz der Rectaſcenſionen bei-
der Geſtirne. Da man nun die Rectaſcenſion und Declination
des Fixſterns bereits kennt, ſo erhält man dadurch auch ſofort
die Rectaſcenſion und Declination des Planeten.

Man ſieht, daß man zu ſolchen Beobachtungen, ſo wichtig
ſie auch ſind, keines eigenen großen koſtbaren Inſtruments, ſon-
dern bloß eines guten Fernrohrs bedarf, von deſſen feſter Aufſtel-
lung während der Dauer beider Beobachtungen man verſichert iſt.
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[372/0384] Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente. bilden ſcheinen, und bemerkt, für dieſen Stand des beweglichen Fadens, den Ort des Zeigers b auf der eingetheilten Scheibe B. Dann ſchraubt man den beweglichen Faden f g ſo weit über oder unter den feſten F G, bis beide Fäden irgend ein bekanntes Ge- ſtirn, z. B. die Sonne d an ihrem oberen und unteren Rande ge- nau berühren und bemerkt nun wieder den Stand des Zeigers auf ſeiner Scheibe. Geſetzt der Durchmeſſer der Sonne betrage volle 32 Minuten, und die Schraube machte 40¼ Umgänge, um dieſen Durchmeſſer zwiſchen den beiden Fäden des Mikrometers zu faſ- ſen, ſo folgt daraus, wie man leicht ſieht, daß ein ganzer Um- gang der Schraube 47,7 Sekunden, und daher jeder hundertſte Theil derſelben 0,477 Sekunden betrage. Dieß vorausgeſetzt habe man ein mit einem ſolchen Schraubenmikrometer verſehe- nes Fernrohr im Meridian ſo aufgeſtellt, daß der Faden F G ho- rizontal und D E vertical ſteht. In dieſer Stellung läßt man einen bekannten Fixſtern durch das Feld des Fernrohrs gehen und ſchraubt den beweglichen Faden f g auf ihn, ſo daß der Stern, wäh- rend er durch das Feld geht, die ganze Länge dieſes Fadens zurücklege. Zugleich beobachtet man auch ſeinen Durchgang durch den feſten ver- ticalen Faden D E. — Daſſelbe thut man nun auch mit dem bald darauf folgenden Planeten und bemerkt zugleich, wie viel Umdrehungen man die Schraube gedreht hat, um den beweglichen Faden von ſeiner letzten Stelle, wo er den Stern traf, auf diejenige zu bringen, wo der Mittelpunkt des Planeten durch ihn ging. Dieſe Anzahl der Umdrehungen durch 47,7 multiplicirt, gibt ſofort die Differenz der Declinationen beider Geſtirne, und die Zwiſchenzeit, die von dem Appulſe des Fixſterns durch den Verticalfaden D E bis zu dem des Planeten verfloſſen iſt, gibt die Differenz der Rectaſcenſionen bei- der Geſtirne. Da man nun die Rectaſcenſion und Declination des Fixſterns bereits kennt, ſo erhält man dadurch auch ſofort die Rectaſcenſion und Declination des Planeten. Man ſieht, daß man zu ſolchen Beobachtungen, ſo wichtig ſie auch ſind, keines eigenen großen koſtbaren Inſtruments, ſon- dern bloß eines guten Fernrohrs bedarf, von deſſen feſter Aufſtel- lung während der Dauer beider Beobachtungen man verſichert iſt. Wenn man aber mit einem ſolchen Fernrohre auch außer dem Meridian beobachten will, wodurch die Anwendbarkeit deſſelben

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Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836, S. 372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/384>, abgerufen am 27.04.2024.