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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836.

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Beschreibung und Gebrauch der astronom. Instrumente.
gerade Linie bilden, so werden auch die beiden letzten Theilstriche
9,10 mit einander übereinstimmen, die zweiten 1,1 aber werden
um 1 Minute, die 2,2 um 2 Minuten, die 3,3 um 3 Minuten
u. s. w. von einander abstehen, und man wird daher auf diesem
Kreise, obschon er nur von 10 zu 10 Minuten getheilt ist, doch
noch, mit Hülfe dieses Verniers, auch noch die einzelne Mi-
nute
sicher und eben so gut ablesen können, als ob der Kreis
selbst in diese einzelnen Minuten getheilt wäre.

Gesetzt also, Kreis und Vernier stehen, wie in A so, daß der
Theilstrich 0 des Kreises zu dem Punkte 10° 0' 0" der Peripherie
desselben gehöre, so wird man bei der Ablesung dieses Kreises
sagen, daß der an dem Instrumente beobachtete Winkel 10° 0' 0"
betrage. Steht aber der Vernier so, wie in B, so wird der beob-
achtete Winkel gleich 10° 1' 0" und eben so wird er, bei dem
Stande C gleich 10° 2' 0" seyn und so fort durch alle Theilstriche
des Verniers.

Man sieht, daß sich dieselbe Vorrichtung ohne alle Abänderung
auch bei einem geradlinigen Maaßstabe anbringen läßt. Sey a b
ein Theil z. B. ein Fuß dieses Maaßstabes, der bei 1, 2, 3 in
zehn gleiche Theile oder in zehn Zolle getheilt ist. Mit einem
solchen Maaßstabe wird man also unmittelbar nur ganze Zolle
in der That messen können, während man die halben, viertel
Zolle u. s. bloß nach dem Augenmaße schätzen muß. Wenn man
aber zu diesem Maaßstabe noch einen Vernier hat, der genau 9
solcher Zolle lang und ebenfalls wieder in 10 gleiche Theile ge-
theilt ist, so wird man mittelst jenes Stabes auch noch die Zehn-
theile der Zolle oder die sogenannten Linien unmittelbar abmes-
sen können. Denn gesetzt, man wollte den kleinen Abstand der
Linie m von b in Theilen eines Zolles haben. Legt man den
Vernier so wie in A, daß die Theilstriche 9 des Stabes und 10
des Verniers coincidiren, so läßt sich, in dieser Lage des Ver-
niers, die Distanz b m offenbar nicht angeben. Rückt man also
den Vernier an dem ruhenden Maaßstab weiter rechts, so daß, wie
in B, die beiden Theilstriche 1 und 1 übereinstimmen, so läßt sich
auch hier noch nichts über diese Distanz b m entscheiden. Rückt
man aber den Vernier noch etwas weiter rechts, bis der letzte
Theilstrich 10 des Verniers mit dem Striche m des Maaßstabes

Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente.
gerade Linie bilden, ſo werden auch die beiden letzten Theilſtriche
9,10 mit einander übereinſtimmen, die zweiten 1,1 aber werden
um 1 Minute, die 2,2 um 2 Minuten, die 3,3 um 3 Minuten
u. ſ. w. von einander abſtehen, und man wird daher auf dieſem
Kreiſe, obſchon er nur von 10 zu 10 Minuten getheilt iſt, doch
noch, mit Hülfe dieſes Verniers, auch noch die einzelne Mi-
nute
ſicher und eben ſo gut ableſen können, als ob der Kreis
ſelbſt in dieſe einzelnen Minuten getheilt wäre.

Geſetzt alſo, Kreis und Vernier ſtehen, wie in A ſo, daß der
Theilſtrich 0 des Kreiſes zu dem Punkte 10° 0′ 0″ der Peripherie
deſſelben gehöre, ſo wird man bei der Ableſung dieſes Kreiſes
ſagen, daß der an dem Inſtrumente beobachtete Winkel 10° 0′ 0″
betrage. Steht aber der Vernier ſo, wie in B, ſo wird der beob-
achtete Winkel gleich 10° 1′ 0″ und eben ſo wird er, bei dem
Stande C gleich 10° 2′ 0″ ſeyn und ſo fort durch alle Theilſtriche
des Verniers.

Man ſieht, daß ſich dieſelbe Vorrichtung ohne alle Abänderung
auch bei einem geradlinigen Maaßſtabe anbringen läßt. Sey a b
ein Theil z. B. ein Fuß dieſes Maaßſtabes, der bei 1, 2, 3 in
zehn gleiche Theile oder in zehn Zolle getheilt iſt. Mit einem
ſolchen Maaßſtabe wird man alſo unmittelbar nur ganze Zolle
in der That meſſen können, während man die halben, viertel
Zolle u. ſ. bloß nach dem Augenmaße ſchätzen muß. Wenn man
aber zu dieſem Maaßſtabe noch einen Vernier hat, der genau 9
ſolcher Zolle lang und ebenfalls wieder in 10 gleiche Theile ge-
theilt iſt, ſo wird man mittelſt jenes Stabes auch noch die Zehn-
theile der Zolle oder die ſogenannten Linien unmittelbar abmeſ-
ſen können. Denn geſetzt, man wollte den kleinen Abſtand der
Linie m von b in Theilen eines Zolles haben. Legt man den
Vernier ſo wie in A, daß die Theilſtriche 9 des Stabes und 10
des Verniers coincidiren, ſo läßt ſich, in dieſer Lage des Ver-
niers, die Diſtanz b m offenbar nicht angeben. Rückt man alſo
den Vernier an dem ruhenden Maaßſtab weiter rechts, ſo daß, wie
in B, die beiden Theilſtriche 1 und 1 übereinſtimmen, ſo läßt ſich
auch hier noch nichts über dieſe Diſtanz b m entſcheiden. Rückt
man aber den Vernier noch etwas weiter rechts, bis der letzte
Theilſtrich 10 des Verniers mit dem Striche m des Maaßſtabes

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[368/0380] Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente. gerade Linie bilden, ſo werden auch die beiden letzten Theilſtriche 9,10 mit einander übereinſtimmen, die zweiten 1,1 aber werden um 1 Minute, die 2,2 um 2 Minuten, die 3,3 um 3 Minuten u. ſ. w. von einander abſtehen, und man wird daher auf dieſem Kreiſe, obſchon er nur von 10 zu 10 Minuten getheilt iſt, doch noch, mit Hülfe dieſes Verniers, auch noch die einzelne Mi- nute ſicher und eben ſo gut ableſen können, als ob der Kreis ſelbſt in dieſe einzelnen Minuten getheilt wäre. Geſetzt alſo, Kreis und Vernier ſtehen, wie in A ſo, daß der Theilſtrich 0 des Kreiſes zu dem Punkte 10° 0′ 0″ der Peripherie deſſelben gehöre, ſo wird man bei der Ableſung dieſes Kreiſes ſagen, daß der an dem Inſtrumente beobachtete Winkel 10° 0′ 0″ betrage. Steht aber der Vernier ſo, wie in B, ſo wird der beob- achtete Winkel gleich 10° 1′ 0″ und eben ſo wird er, bei dem Stande C gleich 10° 2′ 0″ ſeyn und ſo fort durch alle Theilſtriche des Verniers. Man ſieht, daß ſich dieſelbe Vorrichtung ohne alle Abänderung auch bei einem geradlinigen Maaßſtabe anbringen läßt. Sey a b ein Theil z. B. ein Fuß dieſes Maaßſtabes, der bei 1, 2, 3 in zehn gleiche Theile oder in zehn Zolle getheilt iſt. Mit einem ſolchen Maaßſtabe wird man alſo unmittelbar nur ganze Zolle in der That meſſen können, während man die halben, viertel Zolle u. ſ. bloß nach dem Augenmaße ſchätzen muß. Wenn man aber zu dieſem Maaßſtabe noch einen Vernier hat, der genau 9 ſolcher Zolle lang und ebenfalls wieder in 10 gleiche Theile ge- theilt iſt, ſo wird man mittelſt jenes Stabes auch noch die Zehn- theile der Zolle oder die ſogenannten Linien unmittelbar abmeſ- ſen können. Denn geſetzt, man wollte den kleinen Abſtand der Linie m von b in Theilen eines Zolles haben. Legt man den Vernier ſo wie in A, daß die Theilſtriche 9 des Stabes und 10 des Verniers coincidiren, ſo läßt ſich, in dieſer Lage des Ver- niers, die Diſtanz b m offenbar nicht angeben. Rückt man alſo den Vernier an dem ruhenden Maaßſtab weiter rechts, ſo daß, wie in B, die beiden Theilſtriche 1 und 1 übereinſtimmen, ſo läßt ſich auch hier noch nichts über dieſe Diſtanz b m entſcheiden. Rückt man aber den Vernier noch etwas weiter rechts, bis der letzte Theilſtrich 10 des Verniers mit dem Striche m des Maaßſtabes

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Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/380>, abgerufen am 27.04.2024.