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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836.

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Beschreibung und Gebrauch der astronom. Instrumente.
schaftlichen Leben, nicht überall eingeführt ist, wo man einer ge-
nauen Zeitbestimmung bedarf. Unsere Uhrmacher z. B. werden
nie einen höheren Grad ihrer Kunst erreichen und mit den Chro-
nometermachern Englands und Frankreichs, deren jeder eine kleine
Privatsternwarte in seinem Hause hat, rivalisiren können, so lange
sie nicht einmal genau wissen, ob die von ihnen verfertigten Uhren
einen regelmäßigen Gang haben. Denn welches Mittel haben
sie, dieses zu erfahren? -- Sogenannte Probeuhren oder Regu-
latoren, von welchen sie einstweilen voraussetzen, daß sie gut sind.
Aber was berechtigt sie zu dieser Voraussetzung? Einige
bedienen sich zu diesem Zwecke sogar der Sonnenuhren, die sie sich
auf der Rückseite ihres Hauses von irgend einem vielleicht sehr un-
erfahrnen Menschen aufzeichnen lassen, ohne zu bedenken, daß noch
nie eine solche Uhr verzeichnet worden ist, durch welche man die
Zeit bis auf eine oder auch auf mehrere Sekunden genau erhal-
ten kann. Ja viele von ihnen kennen noch nicht einmal den Un-
terschied zwischen wahrer und mittlerer Zeit, und wollen ihre
Uhren, denen sie doch vor allen einen gleichförmigen Gang geben
sollen, zwingen, nach der Sonne d. h. ungleichförmig zu gehen.
Alles dieß hindert sie aber nicht, als Künstler, wie sie sich selbst
zu nennen belieben, mit Stolz auf die anderen Handwerker
herabzusehen, die sie tief unter sich erblicken, wenn gleich man-
cher von diesen letztern sein Handwerk mit viel mehr Kenntniß
desselben und mit viel mehr Ueberlegung treibt, als jene ihre so-
genannte Kunst zu behandeln pflegen.

§. 23. (Zeitbestimmung selbst ohne Fernrohr.) Da eine we-
nigstens genäherte Kenntniß der Zeit selbst im bürgerlichen Leben
so nothwendig ist und da nicht Jedermann sich die Instrumente
oder das Fernrohr dazu verschaffen kann, so wird es wünschens-
werth seyn, denselben Zweck noch auf eine einfachere Weise zu
erreichen.

Der oben (I. S. 109) erwähnte Gnomon, eine verticale Stange
auf horizontalem Boden, ist zwar einfach genug und seine An-
schaffung in Jedermanns Bereiche. Allein seine Aufstellung im
Freien setzt ihn zu vielen Veränderungen durch Winde, Witte-
rung, Störungen durch Menschen und Thiere aus, als daß er
für längere Zeit mit Sicherheit gebraucht werden könnte: für einen

Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente.
ſchaftlichen Leben, nicht überall eingeführt iſt, wo man einer ge-
nauen Zeitbeſtimmung bedarf. Unſere Uhrmacher z. B. werden
nie einen höheren Grad ihrer Kunſt erreichen und mit den Chro-
nometermachern Englands und Frankreichs, deren jeder eine kleine
Privatſternwarte in ſeinem Hauſe hat, rivaliſiren können, ſo lange
ſie nicht einmal genau wiſſen, ob die von ihnen verfertigten Uhren
einen regelmäßigen Gang haben. Denn welches Mittel haben
ſie, dieſes zu erfahren? — Sogenannte Probeuhren oder Regu-
latoren, von welchen ſie einſtweilen vorausſetzen, daß ſie gut ſind.
Aber was berechtigt ſie zu dieſer Vorausſetzung? Einige
bedienen ſich zu dieſem Zwecke ſogar der Sonnenuhren, die ſie ſich
auf der Rückſeite ihres Hauſes von irgend einem vielleicht ſehr un-
erfahrnen Menſchen aufzeichnen laſſen, ohne zu bedenken, daß noch
nie eine ſolche Uhr verzeichnet worden iſt, durch welche man die
Zeit bis auf eine oder auch auf mehrere Sekunden genau erhal-
ten kann. Ja viele von ihnen kennen noch nicht einmal den Un-
terſchied zwiſchen wahrer und mittlerer Zeit, und wollen ihre
Uhren, denen ſie doch vor allen einen gleichförmigen Gang geben
ſollen, zwingen, nach der Sonne d. h. ungleichförmig zu gehen.
Alles dieß hindert ſie aber nicht, als Künſtler, wie ſie ſich ſelbſt
zu nennen belieben, mit Stolz auf die anderen Handwerker
herabzuſehen, die ſie tief unter ſich erblicken, wenn gleich man-
cher von dieſen letztern ſein Handwerk mit viel mehr Kenntniß
deſſelben und mit viel mehr Ueberlegung treibt, als jene ihre ſo-
genannte Kunſt zu behandeln pflegen.

§. 23. (Zeitbeſtimmung ſelbſt ohne Fernrohr.) Da eine we-
nigſtens genäherte Kenntniß der Zeit ſelbſt im bürgerlichen Leben
ſo nothwendig iſt und da nicht Jedermann ſich die Inſtrumente
oder das Fernrohr dazu verſchaffen kann, ſo wird es wünſchens-
werth ſeyn, denſelben Zweck noch auf eine einfachere Weiſe zu
erreichen.

Der oben (I. S. 109) erwähnte Gnomon, eine verticale Stange
auf horizontalem Boden, iſt zwar einfach genug und ſeine An-
ſchaffung in Jedermanns Bereiche. Allein ſeine Aufſtellung im
Freien ſetzt ihn zu vielen Veränderungen durch Winde, Witte-
rung, Störungen durch Menſchen und Thiere aus, als daß er
für längere Zeit mit Sicherheit gebraucht werden könnte: für einen

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[301/0313] Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente. ſchaftlichen Leben, nicht überall eingeführt iſt, wo man einer ge- nauen Zeitbeſtimmung bedarf. Unſere Uhrmacher z. B. werden nie einen höheren Grad ihrer Kunſt erreichen und mit den Chro- nometermachern Englands und Frankreichs, deren jeder eine kleine Privatſternwarte in ſeinem Hauſe hat, rivaliſiren können, ſo lange ſie nicht einmal genau wiſſen, ob die von ihnen verfertigten Uhren einen regelmäßigen Gang haben. Denn welches Mittel haben ſie, dieſes zu erfahren? — Sogenannte Probeuhren oder Regu- latoren, von welchen ſie einſtweilen vorausſetzen, daß ſie gut ſind. Aber was berechtigt ſie zu dieſer Vorausſetzung? Einige bedienen ſich zu dieſem Zwecke ſogar der Sonnenuhren, die ſie ſich auf der Rückſeite ihres Hauſes von irgend einem vielleicht ſehr un- erfahrnen Menſchen aufzeichnen laſſen, ohne zu bedenken, daß noch nie eine ſolche Uhr verzeichnet worden iſt, durch welche man die Zeit bis auf eine oder auch auf mehrere Sekunden genau erhal- ten kann. Ja viele von ihnen kennen noch nicht einmal den Un- terſchied zwiſchen wahrer und mittlerer Zeit, und wollen ihre Uhren, denen ſie doch vor allen einen gleichförmigen Gang geben ſollen, zwingen, nach der Sonne d. h. ungleichförmig zu gehen. Alles dieß hindert ſie aber nicht, als Künſtler, wie ſie ſich ſelbſt zu nennen belieben, mit Stolz auf die anderen Handwerker herabzuſehen, die ſie tief unter ſich erblicken, wenn gleich man- cher von dieſen letztern ſein Handwerk mit viel mehr Kenntniß deſſelben und mit viel mehr Ueberlegung treibt, als jene ihre ſo- genannte Kunſt zu behandeln pflegen. §. 23. (Zeitbeſtimmung ſelbſt ohne Fernrohr.) Da eine we- nigſtens genäherte Kenntniß der Zeit ſelbſt im bürgerlichen Leben ſo nothwendig iſt und da nicht Jedermann ſich die Inſtrumente oder das Fernrohr dazu verſchaffen kann, ſo wird es wünſchens- werth ſeyn, denſelben Zweck noch auf eine einfachere Weiſe zu erreichen. Der oben (I. S. 109) erwähnte Gnomon, eine verticale Stange auf horizontalem Boden, iſt zwar einfach genug und ſeine An- ſchaffung in Jedermanns Bereiche. Allein ſeine Aufſtellung im Freien ſetzt ihn zu vielen Veränderungen durch Winde, Witte- rung, Störungen durch Menſchen und Thiere aus, als daß er für längere Zeit mit Sicherheit gebraucht werden könnte: für einen

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Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/313>, abgerufen am 24.11.2024.