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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836.

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Eigenschaften der Körper.
viel höheren Temperatur, als jeder der beiden Körper vor der-
selben hatte. Wenn die beiden Luftarten, die unter der Benennung
des Oxygens und Hydrogens bekannt sind, in einem bestimmten
Verhältnisse unter einander gemischt werden, so entsteht keine neue
Luftart, sondern Wasser, womit wir das Feuer löschen, während
doch ohne Oxygen kein Feuer unterhalten werden kann und wäh-
rend das Hydrogen einer der entzündbarsten Körper der ganzen
Natur ist. Dasselbe Oxygen, das an sich farblos ist, gibt, wenn
es mit dem weißen Quecksilber verbunden wird, in einer bestimm-
ten Menge beider Körper ein rothes, und in einer andern Menge
ein schwarzes Produkt. Die Schwärze unserer Tinte ver-
danken wir zwei Körpern, dem Eisenvitriol und den Galläpfeln,
von welchen der eine grün und der andere gelb ist.

§. 13. (Intensität der Molecularkraft.) Noch ist übrig,
etwas über die Intensität oder über die eigentliche Größe dieser
Molecular-Kräfte zu sagen. Ohne diese Größe in bestimmten
Zahlen angeben zu können, läßt sich doch leicht zeigen, daß sie,
zuweilen wenigstens, an das Ungeheure gränzt und daß sie nicht
nur diejenigen Kräfte, welche wir durch unsere Maschinen, durch
Dämpfe und andere Mittel hervorbringen können, sondern daß
sie sogar die meisten übrigen Kräfte der Natur selbst weit hinter
sich zurückläßt. Wenn wir z. B. die Kraft näher betrachten,
mit welcher das Licht von den Körpern unserer Erde gebrochen
oder zurück geworfen wird, so finden wir sie in der That von
einer erstaunenswürdigen Größe. Der in gerader Richtung bei
einem Körper ankommende Lichtstrahl, wird von demselben erst dann,
wenn er dem Körper gleichsam unendlich nahe ist, angezogen, und
zwar so stark, daß dadurch der früher geradlinige Strahl um
dreißig und selbst um mehr Grade gebogen wird. Da aber die
Geschwindigkeit des Lichts so ungemein groß ist, so muß auch
diese Krümmung derselben in einer beinahe unendlich kleinen Zeit
vor sich gehen. Welche Kraft mag aber dazu erfordert werden,
den Weg des mit einer so großen Schnelligkeit sich bewegenden
Lichtes in einem beinahe untheilbaren Augenblick, um einen
Winkel von vollen dreißig Graden abzulenken?

Um diese Frage näher zu betrachten, wollen wir zuerst be-
merken, daß durch die Anziehung unserer Erde, durch die größte

Littrow's Himmel u. s. Wunder. III. 2

Eigenſchaften der Körper.
viel höheren Temperatur, als jeder der beiden Körper vor der-
ſelben hatte. Wenn die beiden Luftarten, die unter der Benennung
des Oxygens und Hydrogens bekannt ſind, in einem beſtimmten
Verhältniſſe unter einander gemiſcht werden, ſo entſteht keine neue
Luftart, ſondern Waſſer, womit wir das Feuer löſchen, während
doch ohne Oxygen kein Feuer unterhalten werden kann und wäh-
rend das Hydrogen einer der entzündbarſten Körper der ganzen
Natur iſt. Daſſelbe Oxygen, das an ſich farblos iſt, gibt, wenn
es mit dem weißen Queckſilber verbunden wird, in einer beſtimm-
ten Menge beider Körper ein rothes, und in einer andern Menge
ein ſchwarzes Produkt. Die Schwärze unſerer Tinte ver-
danken wir zwei Körpern, dem Eiſenvitriol und den Galläpfeln,
von welchen der eine grün und der andere gelb iſt.

§. 13. (Intenſität der Molecularkraft.) Noch iſt übrig,
etwas über die Intenſität oder über die eigentliche Größe dieſer
Molecular-Kräfte zu ſagen. Ohne dieſe Größe in beſtimmten
Zahlen angeben zu können, läßt ſich doch leicht zeigen, daß ſie,
zuweilen wenigſtens, an das Ungeheure gränzt und daß ſie nicht
nur diejenigen Kräfte, welche wir durch unſere Maſchinen, durch
Dämpfe und andere Mittel hervorbringen können, ſondern daß
ſie ſogar die meiſten übrigen Kräfte der Natur ſelbſt weit hinter
ſich zurückläßt. Wenn wir z. B. die Kraft näher betrachten,
mit welcher das Licht von den Körpern unſerer Erde gebrochen
oder zurück geworfen wird, ſo finden wir ſie in der That von
einer erſtaunenswürdigen Größe. Der in gerader Richtung bei
einem Körper ankommende Lichtſtrahl, wird von demſelben erſt dann,
wenn er dem Körper gleichſam unendlich nahe iſt, angezogen, und
zwar ſo ſtark, daß dadurch der früher geradlinige Strahl um
dreißig und ſelbſt um mehr Grade gebogen wird. Da aber die
Geſchwindigkeit des Lichts ſo ungemein groß iſt, ſo muß auch
dieſe Krümmung derſelben in einer beinahe unendlich kleinen Zeit
vor ſich gehen. Welche Kraft mag aber dazu erfordert werden,
den Weg des mit einer ſo großen Schnelligkeit ſich bewegenden
Lichtes in einem beinahe untheilbaren Augenblick, um einen
Winkel von vollen dreißig Graden abzulenken?

Um dieſe Frage näher zu betrachten, wollen wir zuerſt be-
merken, daß durch die Anziehung unſerer Erde, durch die größte

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[17/0029] Eigenſchaften der Körper. viel höheren Temperatur, als jeder der beiden Körper vor der- ſelben hatte. Wenn die beiden Luftarten, die unter der Benennung des Oxygens und Hydrogens bekannt ſind, in einem beſtimmten Verhältniſſe unter einander gemiſcht werden, ſo entſteht keine neue Luftart, ſondern Waſſer, womit wir das Feuer löſchen, während doch ohne Oxygen kein Feuer unterhalten werden kann und wäh- rend das Hydrogen einer der entzündbarſten Körper der ganzen Natur iſt. Daſſelbe Oxygen, das an ſich farblos iſt, gibt, wenn es mit dem weißen Queckſilber verbunden wird, in einer beſtimm- ten Menge beider Körper ein rothes, und in einer andern Menge ein ſchwarzes Produkt. Die Schwärze unſerer Tinte ver- danken wir zwei Körpern, dem Eiſenvitriol und den Galläpfeln, von welchen der eine grün und der andere gelb iſt. §. 13. (Intenſität der Molecularkraft.) Noch iſt übrig, etwas über die Intenſität oder über die eigentliche Größe dieſer Molecular-Kräfte zu ſagen. Ohne dieſe Größe in beſtimmten Zahlen angeben zu können, läßt ſich doch leicht zeigen, daß ſie, zuweilen wenigſtens, an das Ungeheure gränzt und daß ſie nicht nur diejenigen Kräfte, welche wir durch unſere Maſchinen, durch Dämpfe und andere Mittel hervorbringen können, ſondern daß ſie ſogar die meiſten übrigen Kräfte der Natur ſelbſt weit hinter ſich zurückläßt. Wenn wir z. B. die Kraft näher betrachten, mit welcher das Licht von den Körpern unſerer Erde gebrochen oder zurück geworfen wird, ſo finden wir ſie in der That von einer erſtaunenswürdigen Größe. Der in gerader Richtung bei einem Körper ankommende Lichtſtrahl, wird von demſelben erſt dann, wenn er dem Körper gleichſam unendlich nahe iſt, angezogen, und zwar ſo ſtark, daß dadurch der früher geradlinige Strahl um dreißig und ſelbſt um mehr Grade gebogen wird. Da aber die Geſchwindigkeit des Lichts ſo ungemein groß iſt, ſo muß auch dieſe Krümmung derſelben in einer beinahe unendlich kleinen Zeit vor ſich gehen. Welche Kraft mag aber dazu erfordert werden, den Weg des mit einer ſo großen Schnelligkeit ſich bewegenden Lichtes in einem beinahe untheilbaren Augenblick, um einen Winkel von vollen dreißig Graden abzulenken? Um dieſe Frage näher zu betrachten, wollen wir zuerſt be- merken, daß durch die Anziehung unſerer Erde, durch die größte Littrow’s Himmel u. ſ. Wunder. III. 2

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Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/29>, abgerufen am 28.03.2024.