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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836.

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Beschreibung und Gebrauch der astronom. Instrumente.
Memoiren der Academie dieser Stadt bei Gelegenheit der Fin-
sterniß des 22sten Julius jenes Jahres sehen kann, wo Huygens,
Roberval und Auzout ihre Zeit bereits durch correspondirende
Höhen bestimmten. Lacaille, einer der besten und fleißigsten
Astronomen des achtzehnten Jahrhunderts, bestimmte noch i. J.
1755 beinahe alle seine sehr zahlreichen Rectascensionen der Fix-
sterne und der Planeten auf dieselbe Weise.

§. 9. (Quadranten mit zwei Fernröhren.) Der einzige Nach-
theil, den man dieser Methode der correspondirenden Höhen zum
Vorwurfe machen kann, ist, daß sie zeitraubend und von Zufällen
zu sehr abhängig sind, die der Beobachter nicht in seiner Gewalt
hat. Sie fordern, wenn man mehrere derselben nehmen will, vor
und nach dem Mittage wenigstens eine halbe Stunde, und wenn
die Sonne Nachmittag, zur Zeit der Beobachtungen, mit Wolken
bedeckt ist, so geht die ganze Beobachtung verloren. Auch waren
nach der Mitte des 17ten Jahrhunderts, wo man die Uhren zu
den astronomischen Beobachtungen zu gebrauchen anfing, diese
sinnreichen und schwer auszuführenden Maschinen noch lange nicht
mit derjenigen Vollkommenheit gearbeitet, durch welche sie sich
in unseren Tagen auszeichnen. Endlich gab diese Art der Beob-
achtung nur die Rectascension der Gestirne, aber nicht die Decli-
nation (Einl. S. 32), also nur eine unvollständige Bestimmung
des Ortes derselben am Himmel. Die Declination ließ sich doch
nur wieder durch Hülfe jener Quadranten finden, indem man mit
ihnen die Höhe der Gestirne im Meridian maß, und davon die
bereits bekannte Aequatorhöhe subtrahirte (I. S. 106), und dazu
gewährten jene Quadranten die gewünschte Sicherheit eben-
falls nicht.

Bei dieser Lage der Dinge entschlossen sich mehrere der besten
Beobachter, die Uhren nur zur allgemeinen Zeitbestimmung ihrer
übrigen Beobachtungen zu gebrauchen, nicht aber sie auch zugleich
zur Angabe der Rectascensionen anzuwenden, wozu sie ihnen nicht
genau genug schienen, da jeder Fehler in der beobachteten Zeit
die Fehler in der so gesuchten Rectascension, im Bogen gezählt,
schon fünfzehnmal größer, also z. B. ein Fehlen von einer Zeit-
minute die gesuchte Rectascension schon um 15 Bogenminuten,
oder um den vierten Theil eines Grades unrichtig machte. Sie

Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente.
Memoiren der Academie dieſer Stadt bei Gelegenheit der Fin-
ſterniß des 22ſten Julius jenes Jahres ſehen kann, wo Huygens,
Roberval und Auzout ihre Zeit bereits durch correſpondirende
Höhen beſtimmten. Lacaille, einer der beſten und fleißigſten
Aſtronomen des achtzehnten Jahrhunderts, beſtimmte noch i. J.
1755 beinahe alle ſeine ſehr zahlreichen Rectaſcenſionen der Fix-
ſterne und der Planeten auf dieſelbe Weiſe.

§. 9. (Quadranten mit zwei Fernröhren.) Der einzige Nach-
theil, den man dieſer Methode der correſpondirenden Höhen zum
Vorwurfe machen kann, iſt, daß ſie zeitraubend und von Zufällen
zu ſehr abhängig ſind, die der Beobachter nicht in ſeiner Gewalt
hat. Sie fordern, wenn man mehrere derſelben nehmen will, vor
und nach dem Mittage wenigſtens eine halbe Stunde, und wenn
die Sonne Nachmittag, zur Zeit der Beobachtungen, mit Wolken
bedeckt iſt, ſo geht die ganze Beobachtung verloren. Auch waren
nach der Mitte des 17ten Jahrhunderts, wo man die Uhren zu
den aſtronomiſchen Beobachtungen zu gebrauchen anfing, dieſe
ſinnreichen und ſchwer auszuführenden Maſchinen noch lange nicht
mit derjenigen Vollkommenheit gearbeitet, durch welche ſie ſich
in unſeren Tagen auszeichnen. Endlich gab dieſe Art der Beob-
achtung nur die Rectaſcenſion der Geſtirne, aber nicht die Decli-
nation (Einl. S. 32), alſo nur eine unvollſtändige Beſtimmung
des Ortes derſelben am Himmel. Die Declination ließ ſich doch
nur wieder durch Hülfe jener Quadranten finden, indem man mit
ihnen die Höhe der Geſtirne im Meridian maß, und davon die
bereits bekannte Aequatorhöhe ſubtrahirte (I. S. 106), und dazu
gewährten jene Quadranten die gewünſchte Sicherheit eben-
falls nicht.

Bei dieſer Lage der Dinge entſchloſſen ſich mehrere der beſten
Beobachter, die Uhren nur zur allgemeinen Zeitbeſtimmung ihrer
übrigen Beobachtungen zu gebrauchen, nicht aber ſie auch zugleich
zur Angabe der Rectaſcenſionen anzuwenden, wozu ſie ihnen nicht
genau genug ſchienen, da jeder Fehler in der beobachteten Zeit
die Fehler in der ſo geſuchten Rectaſcenſion, im Bogen gezählt,
ſchon fünfzehnmal größer, alſo z. B. ein Fehlen von einer Zeit-
minute die geſuchte Rectaſcenſion ſchon um 15 Bogenminuten,
oder um den vierten Theil eines Grades unrichtig machte. Sie

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[250/0262] Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente. Memoiren der Academie dieſer Stadt bei Gelegenheit der Fin- ſterniß des 22ſten Julius jenes Jahres ſehen kann, wo Huygens, Roberval und Auzout ihre Zeit bereits durch correſpondirende Höhen beſtimmten. Lacaille, einer der beſten und fleißigſten Aſtronomen des achtzehnten Jahrhunderts, beſtimmte noch i. J. 1755 beinahe alle ſeine ſehr zahlreichen Rectaſcenſionen der Fix- ſterne und der Planeten auf dieſelbe Weiſe. §. 9. (Quadranten mit zwei Fernröhren.) Der einzige Nach- theil, den man dieſer Methode der correſpondirenden Höhen zum Vorwurfe machen kann, iſt, daß ſie zeitraubend und von Zufällen zu ſehr abhängig ſind, die der Beobachter nicht in ſeiner Gewalt hat. Sie fordern, wenn man mehrere derſelben nehmen will, vor und nach dem Mittage wenigſtens eine halbe Stunde, und wenn die Sonne Nachmittag, zur Zeit der Beobachtungen, mit Wolken bedeckt iſt, ſo geht die ganze Beobachtung verloren. Auch waren nach der Mitte des 17ten Jahrhunderts, wo man die Uhren zu den aſtronomiſchen Beobachtungen zu gebrauchen anfing, dieſe ſinnreichen und ſchwer auszuführenden Maſchinen noch lange nicht mit derjenigen Vollkommenheit gearbeitet, durch welche ſie ſich in unſeren Tagen auszeichnen. Endlich gab dieſe Art der Beob- achtung nur die Rectaſcenſion der Geſtirne, aber nicht die Decli- nation (Einl. S. 32), alſo nur eine unvollſtändige Beſtimmung des Ortes derſelben am Himmel. Die Declination ließ ſich doch nur wieder durch Hülfe jener Quadranten finden, indem man mit ihnen die Höhe der Geſtirne im Meridian maß, und davon die bereits bekannte Aequatorhöhe ſubtrahirte (I. S. 106), und dazu gewährten jene Quadranten die gewünſchte Sicherheit eben- falls nicht. Bei dieſer Lage der Dinge entſchloſſen ſich mehrere der beſten Beobachter, die Uhren nur zur allgemeinen Zeitbeſtimmung ihrer übrigen Beobachtungen zu gebrauchen, nicht aber ſie auch zugleich zur Angabe der Rectaſcenſionen anzuwenden, wozu ſie ihnen nicht genau genug ſchienen, da jeder Fehler in der beobachteten Zeit die Fehler in der ſo geſuchten Rectaſcenſion, im Bogen gezählt, ſchon fünfzehnmal größer, alſo z. B. ein Fehlen von einer Zeit- minute die geſuchte Rectaſcenſion ſchon um 15 Bogenminuten, oder um den vierten Theil eines Grades unrichtig machte. Sie

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Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/262>, abgerufen am 10.05.2024.