Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite

Beschreibung und Gebrauch der astronom. Instrumente.
ist. Eben so ist aber auch, aus den Sonnentafeln oder aus den
astronomischen Ephemeriden, die Poldistanz NS' der Sonne für
diesen Tag bekannt, so wie die Polhöhe HN des Beobachtungs-
ortes, die (nach I. S. 30. II.) gleich der geographischen Breite
des Beobachters, und überdieß auch gleich 90° weniger ZN ist.
Man kennt daher in dem sphärischen Dreiecke NZS' alle drei
Seiten, und wird daher, mittels der bekannten Formeln, der sphä-
rischen Trigonometrie, auch den Winkel ZNS' dieses Dreiecks mit
aller Schärfe berechnen können. Dieser Winkel ist aber der
Stundenwinkel der Sonne, d. h. die gesuchte wahre Son-
nenzeit
(I. S. 307).

Dieses an sich, wie man sieht, sehr einfache Verfahren wird
etwas zusammen gesetzter, wenn man, zur Bestimmung der Zeit,
nicht die Sonne, die sich dazu vorzüglich eignet, sondern wenn
man die Höhe irgend eines bekannten Sterns beobachtet, eine
Beobachtung zu welcher man öfter gezwungen ist, z. B. wenn
man den Augenblick einer zur Nachtzeit angestellten Beobachtung,
wo man die Sonne nicht sehen kann, bestimmen will.

Sey also S' der gewählte Stern dessen Rectascension VQ'
und Poldistanz NS' bekannt seyn soll. Nehmen wir an, daß zur
Zeit der Beobachtung dieses Sterns in S' die Sonne in der
Ecliptik VL den Punkt S einnehme, so daß also VS die Länge
der Sonne für diesen Augenblick vorstellt. Läßt man von S auf
den Aequator VQ einen senkrechten Kreisbogen ST herab, so wird
VT die Rectascension der Sonne für denselben Augenblick bezeich-
nen, und wir wollen daher voraussetzen, daß man, aus den astro-
nomischen Ephemeriden, auch diese Rectascension VT der Sonne
bereits kenne.

Wenn man daher mit dem Quadranten die Höhe S'R' des
Sterns oder, was dasselbe ist, die Zenithdistanz ZS' desselben
beobachtet, so wird man in dem Dreiecke NZS', in welchem wie-
der alle drei Seiten gegeben sind, ganz wie zuvor, den Stunden-
winkel ZNS' des Sterns, d. h. mit andern Worten: den Bogen
QQ des Aequators durch Rechnung finden. Da man aber offen-
bar hat
TQ = VQ -- VT oder TQ = QQ' + VQ' -- VT

Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente.
iſt. Eben ſo iſt aber auch, aus den Sonnentafeln oder aus den
aſtronomiſchen Ephemeriden, die Poldiſtanz NS' der Sonne für
dieſen Tag bekannt, ſo wie die Polhöhe HN des Beobachtungs-
ortes, die (nach I. S. 30. II.) gleich der geographiſchen Breite
des Beobachters, und überdieß auch gleich 90° weniger ZN iſt.
Man kennt daher in dem ſphäriſchen Dreiecke NZS' alle drei
Seiten, und wird daher, mittels der bekannten Formeln, der ſphä-
riſchen Trigonometrie, auch den Winkel ZNS' dieſes Dreiecks mit
aller Schärfe berechnen können. Dieſer Winkel iſt aber der
Stundenwinkel der Sonne, d. h. die geſuchte wahre Son-
nenzeit
(I. S. 307).

Dieſes an ſich, wie man ſieht, ſehr einfache Verfahren wird
etwas zuſammen geſetzter, wenn man, zur Beſtimmung der Zeit,
nicht die Sonne, die ſich dazu vorzüglich eignet, ſondern wenn
man die Höhe irgend eines bekannten Sterns beobachtet, eine
Beobachtung zu welcher man öfter gezwungen iſt, z. B. wenn
man den Augenblick einer zur Nachtzeit angeſtellten Beobachtung,
wo man die Sonne nicht ſehen kann, beſtimmen will.

Sey alſo S' der gewählte Stern deſſen Rectaſcenſion VQ'
und Poldiſtanz NS' bekannt ſeyn ſoll. Nehmen wir an, daß zur
Zeit der Beobachtung dieſes Sterns in S' die Sonne in der
Ecliptik VL den Punkt S einnehme, ſo daß alſo VS die Länge
der Sonne für dieſen Augenblick vorſtellt. Läßt man von S auf
den Aequator VQ einen ſenkrechten Kreisbogen ST herab, ſo wird
VT die Rectaſcenſion der Sonne für denſelben Augenblick bezeich-
nen, und wir wollen daher vorausſetzen, daß man, aus den aſtro-
nomiſchen Ephemeriden, auch dieſe Rectaſcenſion VT der Sonne
bereits kenne.

Wenn man daher mit dem Quadranten die Höhe S'R' des
Sterns oder, was daſſelbe iſt, die Zenithdiſtanz ZS' deſſelben
beobachtet, ſo wird man in dem Dreiecke NZS', in welchem wie-
der alle drei Seiten gegeben ſind, ganz wie zuvor, den Stunden-
winkel ZNS' des Sterns, d. h. mit andern Worten: den Bogen
QQ des Aequators durch Rechnung finden. Da man aber offen-
bar hat
TQ = VQ — VT oder TQ = QQ' + VQ' — VT

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0251" n="239"/><fw place="top" type="header">Be&#x017F;chreibung und Gebrauch der a&#x017F;tronom. In&#x017F;trumente.</fw><lb/>
i&#x017F;t. Eben &#x017F;o i&#x017F;t aber auch, aus den Sonnentafeln oder aus den<lb/>
a&#x017F;tronomi&#x017F;chen Ephemeriden, die Poldi&#x017F;tanz <hi rendition="#aq">NS'</hi> der Sonne für<lb/>
die&#x017F;en Tag bekannt, &#x017F;o wie die Polhöhe <hi rendition="#aq">HN</hi> des Beobachtungs-<lb/>
ortes, die (nach <hi rendition="#aq">I.</hi> S. 30. <hi rendition="#aq">II.</hi>) gleich der geographi&#x017F;chen Breite<lb/>
des Beobachters, und überdieß auch gleich 90° weniger <hi rendition="#aq">ZN</hi> i&#x017F;t.<lb/>
Man kennt daher in dem &#x017F;phäri&#x017F;chen Dreiecke <hi rendition="#aq">NZS'</hi> alle drei<lb/>
Seiten, und wird daher, mittels der bekannten Formeln, der &#x017F;phä-<lb/>
ri&#x017F;chen Trigonometrie, auch den Winkel <hi rendition="#aq">ZNS'</hi> die&#x017F;es Dreiecks mit<lb/>
aller Schärfe berechnen können. Die&#x017F;er Winkel i&#x017F;t aber der<lb/><hi rendition="#g">Stundenwinkel</hi> der Sonne, d. h. die ge&#x017F;uchte <hi rendition="#g">wahre Son-<lb/>
nenzeit</hi> (<hi rendition="#aq">I.</hi> S. 307).</p><lb/>
            <p>Die&#x017F;es an &#x017F;ich, wie man &#x017F;ieht, &#x017F;ehr einfache Verfahren wird<lb/>
etwas zu&#x017F;ammen ge&#x017F;etzter, wenn man, zur Be&#x017F;timmung der Zeit,<lb/>
nicht die Sonne, die &#x017F;ich dazu vorzüglich eignet, &#x017F;ondern wenn<lb/>
man die Höhe irgend eines bekannten Sterns beobachtet, eine<lb/>
Beobachtung zu welcher man öfter gezwungen i&#x017F;t, z. B. wenn<lb/>
man den Augenblick einer zur Nachtzeit ange&#x017F;tellten Beobachtung,<lb/>
wo man die Sonne nicht &#x017F;ehen kann, be&#x017F;timmen will.</p><lb/>
            <p>Sey al&#x017F;o <hi rendition="#aq">S'</hi> der gewählte Stern de&#x017F;&#x017F;en Recta&#x017F;cen&#x017F;ion <hi rendition="#aq">VQ'</hi><lb/>
und Poldi&#x017F;tanz <hi rendition="#aq">NS'</hi> bekannt &#x017F;eyn &#x017F;oll. Nehmen wir an, daß zur<lb/>
Zeit der Beobachtung die&#x017F;es Sterns in <hi rendition="#aq">S'</hi> die Sonne in der<lb/>
Ecliptik <hi rendition="#aq">VL</hi> den Punkt <hi rendition="#aq">S</hi> einnehme, &#x017F;o daß al&#x017F;o <hi rendition="#aq">VS</hi> die Länge<lb/>
der Sonne für die&#x017F;en Augenblick vor&#x017F;tellt. Läßt man von <hi rendition="#aq">S</hi> auf<lb/>
den Aequator <hi rendition="#aq">VQ</hi> einen &#x017F;enkrechten Kreisbogen <hi rendition="#aq">ST</hi> herab, &#x017F;o wird<lb/><hi rendition="#aq">VT</hi> die Recta&#x017F;cen&#x017F;ion der Sonne für den&#x017F;elben Augenblick bezeich-<lb/>
nen, und wir wollen daher voraus&#x017F;etzen, daß man, aus den a&#x017F;tro-<lb/>
nomi&#x017F;chen Ephemeriden, auch die&#x017F;e Recta&#x017F;cen&#x017F;ion <hi rendition="#aq">VT</hi> der Sonne<lb/>
bereits kenne.</p><lb/>
            <p>Wenn man daher mit dem Quadranten die Höhe <hi rendition="#aq">S'R'</hi> des<lb/>
Sterns oder, was da&#x017F;&#x017F;elbe i&#x017F;t, die Zenithdi&#x017F;tanz <hi rendition="#aq">ZS'</hi> de&#x017F;&#x017F;elben<lb/>
beobachtet, &#x017F;o wird man in dem Dreiecke <hi rendition="#aq">NZS'</hi>, in welchem wie-<lb/>
der alle drei Seiten gegeben &#x017F;ind, ganz wie zuvor, den Stunden-<lb/>
winkel <hi rendition="#aq">ZNS'</hi> des Sterns, d. h. mit andern Worten: den Bogen<lb/><hi rendition="#aq">QQ</hi> des Aequators durch Rechnung finden. Da man aber offen-<lb/>
bar hat<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#aq">TQ = VQ &#x2014; VT</hi> oder <hi rendition="#aq">TQ = QQ' + VQ' &#x2014; VT</hi></hi><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[239/0251] Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente. iſt. Eben ſo iſt aber auch, aus den Sonnentafeln oder aus den aſtronomiſchen Ephemeriden, die Poldiſtanz NS' der Sonne für dieſen Tag bekannt, ſo wie die Polhöhe HN des Beobachtungs- ortes, die (nach I. S. 30. II.) gleich der geographiſchen Breite des Beobachters, und überdieß auch gleich 90° weniger ZN iſt. Man kennt daher in dem ſphäriſchen Dreiecke NZS' alle drei Seiten, und wird daher, mittels der bekannten Formeln, der ſphä- riſchen Trigonometrie, auch den Winkel ZNS' dieſes Dreiecks mit aller Schärfe berechnen können. Dieſer Winkel iſt aber der Stundenwinkel der Sonne, d. h. die geſuchte wahre Son- nenzeit (I. S. 307). Dieſes an ſich, wie man ſieht, ſehr einfache Verfahren wird etwas zuſammen geſetzter, wenn man, zur Beſtimmung der Zeit, nicht die Sonne, die ſich dazu vorzüglich eignet, ſondern wenn man die Höhe irgend eines bekannten Sterns beobachtet, eine Beobachtung zu welcher man öfter gezwungen iſt, z. B. wenn man den Augenblick einer zur Nachtzeit angeſtellten Beobachtung, wo man die Sonne nicht ſehen kann, beſtimmen will. Sey alſo S' der gewählte Stern deſſen Rectaſcenſion VQ' und Poldiſtanz NS' bekannt ſeyn ſoll. Nehmen wir an, daß zur Zeit der Beobachtung dieſes Sterns in S' die Sonne in der Ecliptik VL den Punkt S einnehme, ſo daß alſo VS die Länge der Sonne für dieſen Augenblick vorſtellt. Läßt man von S auf den Aequator VQ einen ſenkrechten Kreisbogen ST herab, ſo wird VT die Rectaſcenſion der Sonne für denſelben Augenblick bezeich- nen, und wir wollen daher vorausſetzen, daß man, aus den aſtro- nomiſchen Ephemeriden, auch dieſe Rectaſcenſion VT der Sonne bereits kenne. Wenn man daher mit dem Quadranten die Höhe S'R' des Sterns oder, was daſſelbe iſt, die Zenithdiſtanz ZS' deſſelben beobachtet, ſo wird man in dem Dreiecke NZS', in welchem wie- der alle drei Seiten gegeben ſind, ganz wie zuvor, den Stunden- winkel ZNS' des Sterns, d. h. mit andern Worten: den Bogen QQ des Aequators durch Rechnung finden. Da man aber offen- bar hat TQ = VQ — VT oder TQ = QQ' + VQ' — VT

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/251
Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/251>, abgerufen am 25.11.2024.