Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836.Beschreibung und Gebrauch der astronom. Instrumente. Metalle hervorbringen, aus welchen allein diese Instrumente ver-fertiget werden können. Auch wird, wie bereits erwähnt, das eigene Gewicht dieser Theile Biegungen und Krümmungen erzeu- gen, die weder durch den symmetrischen Bau des Instruments, noch durch Gegengewichte vermieden werden können, so sorgfältig auch jener ausgeführt, so sinnreich auch diese angebracht seyn mögen. Ja selbst wenn es möglich wäre, auch diese Uebel zu vermeiden oder durch Vorsicht zu umgehen und unschädlich zu machen, welche Mittel haben wir, diese Kreise an ihrer Säule zu befestigen, oder um ihre Axe zu bewegen, ohne Anwendung einer äußeren Kraft, d. h. ohne die einzelnen Theile des Instrumen- tes, wenn auch noch so vorsichtig, doch immer mit einer gewissen Kraft zu pressen und zu ziehen, wodurch die Gestalt und Lage derselben nicht anders, als verändert werden kann? *) Demun- *) Die nähere Bekanntschaft mit den neueren astronomischen In- strumenten hat uns gelehrt, daß man die Ideen, die man von der Festigkeit und Stabilität der uns umgebenden Körper aus dem gemeinen Leben mitgebracht hat, als ungegründete und falsche Ansichten, als wahre Vorurtheile ganz aufgeben muß. Die massive metallene Säule FB, Fig. 20, des Multiplications- kreises z. B., die in ihrer Größe und Masse einer kleinen Ka- none zu vergleichen ist, soll, zum gehörigen Gebrauche des In- struments, vollkommen senkrecht auf dem Horizonte stehen. Die Wasserwage gibt uns, wie wir später sehen werden, die Mittel, diese Verticalität zu untersuchen, und die Fußschrauben K, K', K'' des Instruments geben die Mittel, die Fehler dieser Verticalität wegzubringen. Wenn nun, durch wiederholte Versuche, diese Fehler schon sehr klein gemacht sind, und man bloß den letzten Rest derselben wegzuschaffen sucht, so kann man dieß, nach Rei- chenbach's Rathe, nicht mehr mit jenen Fußschrauben, deren Windungen zu diesem Zwecke nicht mehr fein genug sind, son- dern man wird diese Absicht viel besser dadurch erreichen, daß man die Säule an ihrem obern Ende bei B mit der Spitze des Fingers sanft von der Stelle weg drückt, wohin sie noch eine kleine Neigung gegen den Horizont hat, wo sie dann in der neuen, durch den Druck der Hand erzeugten, verticalen Lage verbleibt, so daß also diese solide Metallsäule von mehreren Zollen im Durchmesser nicht mehr als ein rigider, unbiegsamer Körper, sondern nur als eine feine Stange von weichem, bieg- samem Wachse anzusehen ist, der man, durch einen sanften Druck der Fingerspitze, jede beliebige Lage geben kann. -- 15 *
Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente. Metalle hervorbringen, aus welchen allein dieſe Inſtrumente ver-fertiget werden können. Auch wird, wie bereits erwähnt, das eigene Gewicht dieſer Theile Biegungen und Krümmungen erzeu- gen, die weder durch den ſymmetriſchen Bau des Inſtruments, noch durch Gegengewichte vermieden werden können, ſo ſorgfältig auch jener ausgeführt, ſo ſinnreich auch dieſe angebracht ſeyn mögen. Ja ſelbſt wenn es möglich wäre, auch dieſe Uebel zu vermeiden oder durch Vorſicht zu umgehen und unſchädlich zu machen, welche Mittel haben wir, dieſe Kreiſe an ihrer Säule zu befeſtigen, oder um ihre Axe zu bewegen, ohne Anwendung einer äußeren Kraft, d. h. ohne die einzelnen Theile des Inſtrumen- tes, wenn auch noch ſo vorſichtig, doch immer mit einer gewiſſen Kraft zu preſſen und zu ziehen, wodurch die Geſtalt und Lage derſelben nicht anders, als verändert werden kann? *) Demun- *) Die nähere Bekanntſchaft mit den neueren aſtronomiſchen In- ſtrumenten hat uns gelehrt, daß man die Ideen, die man von der Feſtigkeit und Stabilität der uns umgebenden Körper aus dem gemeinen Leben mitgebracht hat, als ungegründete und falſche Anſichten, als wahre Vorurtheile ganz aufgeben muß. Die maſſive metallene Säule FB, Fig. 20, des Multiplications- kreiſes z. B., die in ihrer Größe und Maſſe einer kleinen Ka- none zu vergleichen iſt, ſoll, zum gehörigen Gebrauche des In- ſtruments, vollkommen ſenkrecht auf dem Horizonte ſtehen. Die Waſſerwage gibt uns, wie wir ſpäter ſehen werden, die Mittel, dieſe Verticalität zu unterſuchen, und die Fußſchrauben K, K', K'' des Inſtruments geben die Mittel, die Fehler dieſer Verticalität wegzubringen. Wenn nun, durch wiederholte Verſuche, dieſe Fehler ſchon ſehr klein gemacht ſind, und man bloß den letzten Reſt derſelben wegzuſchaffen ſucht, ſo kann man dieß, nach Rei- chenbach’s Rathe, nicht mehr mit jenen Fußſchrauben, deren Windungen zu dieſem Zwecke nicht mehr fein genug ſind, ſon- dern man wird dieſe Abſicht viel beſſer dadurch erreichen, daß man die Säule an ihrem obern Ende bei B mit der Spitze des Fingers ſanft von der Stelle weg drückt, wohin ſie noch eine kleine Neigung gegen den Horizont hat, wo ſie dann in der neuen, durch den Druck der Hand erzeugten, verticalen Lage verbleibt, ſo daß alſo dieſe ſolide Metallſäule von mehreren Zollen im Durchmeſſer nicht mehr als ein rigider, unbiegſamer Körper, ſondern nur als eine feine Stange von weichem, bieg- ſamem Wachſe anzuſehen iſt, der man, durch einen ſanften Druck der Fingerſpitze, jede beliebige Lage geben kann. — 15 *
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0239" n="227"/><fw place="top" type="header">Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente.</fw><lb/> Metalle hervorbringen, aus welchen allein dieſe Inſtrumente ver-<lb/> fertiget werden können. Auch wird, wie bereits erwähnt, das<lb/> eigene Gewicht dieſer Theile Biegungen und Krümmungen erzeu-<lb/> gen, die weder durch den ſymmetriſchen Bau des Inſtruments,<lb/> noch durch Gegengewichte vermieden werden können, ſo ſorgfältig<lb/> auch jener ausgeführt, ſo ſinnreich auch dieſe angebracht ſeyn<lb/> mögen. Ja ſelbſt wenn es möglich wäre, auch dieſe Uebel zu<lb/> vermeiden oder durch Vorſicht zu umgehen und unſchädlich zu<lb/> machen, welche Mittel haben wir, dieſe Kreiſe an ihrer Säule zu<lb/> befeſtigen, oder um ihre Axe zu bewegen, ohne Anwendung einer<lb/> äußeren <hi rendition="#g">Kraft</hi>, d. h. ohne die einzelnen Theile des Inſtrumen-<lb/> tes, wenn auch noch ſo vorſichtig, doch immer mit einer gewiſſen<lb/> Kraft zu preſſen und zu ziehen, wodurch die Geſtalt und Lage<lb/> derſelben nicht anders, als verändert werden kann? <note xml:id="seg2pn_1_1" next="#seg2pn_1_2" place="foot" n="*)">Die nähere Bekanntſchaft mit den neueren aſtronomiſchen In-<lb/> ſtrumenten hat uns gelehrt, daß man die Ideen, die man von<lb/> der Feſtigkeit und Stabilität der uns umgebenden Körper aus<lb/> dem gemeinen Leben mitgebracht hat, als ungegründete und<lb/> falſche Anſichten, als wahre Vorurtheile ganz aufgeben muß.<lb/> Die maſſive metallene Säule <hi rendition="#aq">FB</hi>, Fig. 20, des Multiplications-<lb/> kreiſes z. B., die in ihrer Größe und Maſſe einer kleinen Ka-<lb/> none zu vergleichen iſt, ſoll, zum gehörigen Gebrauche des In-<lb/> ſtruments, vollkommen ſenkrecht auf dem Horizonte ſtehen. Die<lb/> Waſſerwage gibt uns, wie wir ſpäter ſehen werden, die Mittel,<lb/> dieſe Verticalität zu unterſuchen, und die Fußſchrauben <hi rendition="#aq">K, K', K''</hi><lb/> des Inſtruments geben die Mittel, die Fehler dieſer Verticalität<lb/> wegzubringen. Wenn nun, durch wiederholte Verſuche, dieſe<lb/> Fehler ſchon ſehr klein gemacht ſind, und man bloß den letzten<lb/> Reſt derſelben wegzuſchaffen ſucht, ſo kann man dieß, nach Rei-<lb/> chenbach’s Rathe, nicht mehr mit jenen Fußſchrauben, deren<lb/> Windungen zu dieſem Zwecke nicht mehr fein genug ſind, ſon-<lb/> dern man wird dieſe Abſicht viel beſſer dadurch erreichen, daß<lb/> man die Säule an ihrem obern Ende bei <hi rendition="#aq">B</hi> mit der Spitze<lb/> des Fingers <choice><sic>ſanſt</sic><corr>ſanft</corr></choice> von der Stelle weg drückt, wohin ſie noch<lb/> eine kleine Neigung gegen den Horizont hat, wo ſie dann in<lb/> der neuen, durch den Druck der Hand erzeugten, verticalen Lage<lb/> verbleibt, ſo daß alſo dieſe ſolide Metallſäule von mehreren<lb/> Zollen im Durchmeſſer nicht mehr als ein rigider, unbiegſamer<lb/> Körper, ſondern nur als eine feine Stange von weichem, bieg-<lb/> ſamem Wachſe anzuſehen iſt, der man, durch einen ſanften<lb/> Druck der Fingerſpitze, jede beliebige Lage geben kann. —</note> Demun-<lb/> <fw place="bottom" type="sig">15 *</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [227/0239]
Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente.
Metalle hervorbringen, aus welchen allein dieſe Inſtrumente ver-
fertiget werden können. Auch wird, wie bereits erwähnt, das
eigene Gewicht dieſer Theile Biegungen und Krümmungen erzeu-
gen, die weder durch den ſymmetriſchen Bau des Inſtruments,
noch durch Gegengewichte vermieden werden können, ſo ſorgfältig
auch jener ausgeführt, ſo ſinnreich auch dieſe angebracht ſeyn
mögen. Ja ſelbſt wenn es möglich wäre, auch dieſe Uebel zu
vermeiden oder durch Vorſicht zu umgehen und unſchädlich zu
machen, welche Mittel haben wir, dieſe Kreiſe an ihrer Säule zu
befeſtigen, oder um ihre Axe zu bewegen, ohne Anwendung einer
äußeren Kraft, d. h. ohne die einzelnen Theile des Inſtrumen-
tes, wenn auch noch ſo vorſichtig, doch immer mit einer gewiſſen
Kraft zu preſſen und zu ziehen, wodurch die Geſtalt und Lage
derſelben nicht anders, als verändert werden kann? *) Demun-
*) Die nähere Bekanntſchaft mit den neueren aſtronomiſchen In-
ſtrumenten hat uns gelehrt, daß man die Ideen, die man von
der Feſtigkeit und Stabilität der uns umgebenden Körper aus
dem gemeinen Leben mitgebracht hat, als ungegründete und
falſche Anſichten, als wahre Vorurtheile ganz aufgeben muß.
Die maſſive metallene Säule FB, Fig. 20, des Multiplications-
kreiſes z. B., die in ihrer Größe und Maſſe einer kleinen Ka-
none zu vergleichen iſt, ſoll, zum gehörigen Gebrauche des In-
ſtruments, vollkommen ſenkrecht auf dem Horizonte ſtehen. Die
Waſſerwage gibt uns, wie wir ſpäter ſehen werden, die Mittel,
dieſe Verticalität zu unterſuchen, und die Fußſchrauben K, K', K''
des Inſtruments geben die Mittel, die Fehler dieſer Verticalität
wegzubringen. Wenn nun, durch wiederholte Verſuche, dieſe
Fehler ſchon ſehr klein gemacht ſind, und man bloß den letzten
Reſt derſelben wegzuſchaffen ſucht, ſo kann man dieß, nach Rei-
chenbach’s Rathe, nicht mehr mit jenen Fußſchrauben, deren
Windungen zu dieſem Zwecke nicht mehr fein genug ſind, ſon-
dern man wird dieſe Abſicht viel beſſer dadurch erreichen, daß
man die Säule an ihrem obern Ende bei B mit der Spitze
des Fingers ſanft von der Stelle weg drückt, wohin ſie noch
eine kleine Neigung gegen den Horizont hat, wo ſie dann in
der neuen, durch den Druck der Hand erzeugten, verticalen Lage
verbleibt, ſo daß alſo dieſe ſolide Metallſäule von mehreren
Zollen im Durchmeſſer nicht mehr als ein rigider, unbiegſamer
Körper, ſondern nur als eine feine Stange von weichem, bieg-
ſamem Wachſe anzuſehen iſt, der man, durch einen ſanften
Druck der Fingerſpitze, jede beliebige Lage geben kann. —
15 *
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |