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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836.

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Beschreibung und Gebrauch der astronom. Instrumente.
der astronomischen Instrumente wohl am weitesten gebracht, und
die Genauigkeit, mit welcher in unseren Tagen diese Instrumente
gearbeitet werden, kömmt der zum Sprüchworte gewordenen geo-
metrischen Schärfe am nächsten. Wer mit dem Zwecke, um den
es sich hier handelt, nicht näher bekannt ist, mag es wohl für
etwas sehr Leichtes halten, auf der Drehbank ein Stück Metall
kreisförmig abzudrehen, und die Peripherie desselben in 360 gleiche
und jeden dieser Intervalle wieder in eine Anzahl kleinerer, unter
sich ebenfalls gleicher Intervalle einzutheilen, dann das Ganze in
seinem Mittelpunkte aufzustellen, und in irgend einer geforderten
Lage zu befestigen. Allein die praktische Ausführung dieser Auf-
gaben gehört zu den schwierigsten der gesammten Mechanik, wie
sich schon daraus schließen läßt, daß man, aller Bemühungen und
selbst aller von Monarchen darauf verwendeten Kosten ungeachtet,
doch erst in der zweiten Hälfte des vergangenen achtzehnten Jahr-
hunderts dahin gekommen ist, sich dieser Auflösung so weit zu
nähern, als es das Bedürfniß der Wissenschaft in dieser Zeit er-
forderte. Die Alten, sowohl die Griechen in der alexandrinischen
Schule, als auch die Araber, so viel Fleiß und Mühe sie auch
auf ihre oft sehr großen und kostbaren Instrumente verwendet
hatten, konnten doch Fehler von fünf und oft selbst von zehn
Minuten in ihren Beobachtungen nicht vermeiden, und sie mußten
mit diesen Fehlern zufrieden seyn, da sie, mit unbewaffneten
Augen, am Himmel eben nicht mehr oder nicht genauer sehen
konnten, als an ihren Instrumenten. Was würde es ihnen ge-
nützt haben, an den letzten selbst die einzelnen Sekunden noch
mit Genauigkeit zu lesen, während sie am Himmel Winkel von
mehreren Minuten nicht mehr unterscheiden konnten.

Allein dieß änderte sich, sobald das Fernrohr und das mit
ihm so nahe verwandte Mikroscop erfunden war, und sobald
man auf die glückliche Idee gerieth, diese beiden wunderbaren
optischen Werkzeuge mit den astronomischen Instrumenten in eine
unmittelbare Verbindung zu bringen. Diese Erfindung, vielleicht
die schönste und nützlichste, deren der menschliche Geist sich rühmen
kann, erweiterte unsere Kenntniß der sichtbaren Welt, zu beiden
Gränzen derselben, beinahe in's Unendliche, und brachte Gegen-
stände, die uns zuvor durch ihre zu große Entfernung, oder durch

Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente.
der aſtronomiſchen Inſtrumente wohl am weiteſten gebracht, und
die Genauigkeit, mit welcher in unſeren Tagen dieſe Inſtrumente
gearbeitet werden, kömmt der zum Sprüchworte gewordenen geo-
metriſchen Schärfe am nächſten. Wer mit dem Zwecke, um den
es ſich hier handelt, nicht näher bekannt iſt, mag es wohl für
etwas ſehr Leichtes halten, auf der Drehbank ein Stück Metall
kreisförmig abzudrehen, und die Peripherie deſſelben in 360 gleiche
und jeden dieſer Intervalle wieder in eine Anzahl kleinerer, unter
ſich ebenfalls gleicher Intervalle einzutheilen, dann das Ganze in
ſeinem Mittelpunkte aufzuſtellen, und in irgend einer geforderten
Lage zu befeſtigen. Allein die praktiſche Ausführung dieſer Auf-
gaben gehört zu den ſchwierigſten der geſammten Mechanik, wie
ſich ſchon daraus ſchließen läßt, daß man, aller Bemühungen und
ſelbſt aller von Monarchen darauf verwendeten Koſten ungeachtet,
doch erſt in der zweiten Hälfte des vergangenen achtzehnten Jahr-
hunderts dahin gekommen iſt, ſich dieſer Auflöſung ſo weit zu
nähern, als es das Bedürfniß der Wiſſenſchaft in dieſer Zeit er-
forderte. Die Alten, ſowohl die Griechen in der alexandriniſchen
Schule, als auch die Araber, ſo viel Fleiß und Mühe ſie auch
auf ihre oft ſehr großen und koſtbaren Inſtrumente verwendet
hatten, konnten doch Fehler von fünf und oft ſelbſt von zehn
Minuten in ihren Beobachtungen nicht vermeiden, und ſie mußten
mit dieſen Fehlern zufrieden ſeyn, da ſie, mit unbewaffneten
Augen, am Himmel eben nicht mehr oder nicht genauer ſehen
konnten, als an ihren Inſtrumenten. Was würde es ihnen ge-
nützt haben, an den letzten ſelbſt die einzelnen Sekunden noch
mit Genauigkeit zu leſen, während ſie am Himmel Winkel von
mehreren Minuten nicht mehr unterſcheiden konnten.

Allein dieß änderte ſich, ſobald das Fernrohr und das mit
ihm ſo nahe verwandte Mikroſcop erfunden war, und ſobald
man auf die glückliche Idee gerieth, dieſe beiden wunderbaren
optiſchen Werkzeuge mit den aſtronomiſchen Inſtrumenten in eine
unmittelbare Verbindung zu bringen. Dieſe Erfindung, vielleicht
die ſchönſte und nützlichſte, deren der menſchliche Geiſt ſich rühmen
kann, erweiterte unſere Kenntniß der ſichtbaren Welt, zu beiden
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[224/0236] Beſchreibung und Gebrauch der aſtronom. Inſtrumente. der aſtronomiſchen Inſtrumente wohl am weiteſten gebracht, und die Genauigkeit, mit welcher in unſeren Tagen dieſe Inſtrumente gearbeitet werden, kömmt der zum Sprüchworte gewordenen geo- metriſchen Schärfe am nächſten. Wer mit dem Zwecke, um den es ſich hier handelt, nicht näher bekannt iſt, mag es wohl für etwas ſehr Leichtes halten, auf der Drehbank ein Stück Metall kreisförmig abzudrehen, und die Peripherie deſſelben in 360 gleiche und jeden dieſer Intervalle wieder in eine Anzahl kleinerer, unter ſich ebenfalls gleicher Intervalle einzutheilen, dann das Ganze in ſeinem Mittelpunkte aufzuſtellen, und in irgend einer geforderten Lage zu befeſtigen. Allein die praktiſche Ausführung dieſer Auf- gaben gehört zu den ſchwierigſten der geſammten Mechanik, wie ſich ſchon daraus ſchließen läßt, daß man, aller Bemühungen und ſelbſt aller von Monarchen darauf verwendeten Koſten ungeachtet, doch erſt in der zweiten Hälfte des vergangenen achtzehnten Jahr- hunderts dahin gekommen iſt, ſich dieſer Auflöſung ſo weit zu nähern, als es das Bedürfniß der Wiſſenſchaft in dieſer Zeit er- forderte. Die Alten, ſowohl die Griechen in der alexandriniſchen Schule, als auch die Araber, ſo viel Fleiß und Mühe ſie auch auf ihre oft ſehr großen und koſtbaren Inſtrumente verwendet hatten, konnten doch Fehler von fünf und oft ſelbſt von zehn Minuten in ihren Beobachtungen nicht vermeiden, und ſie mußten mit dieſen Fehlern zufrieden ſeyn, da ſie, mit unbewaffneten Augen, am Himmel eben nicht mehr oder nicht genauer ſehen konnten, als an ihren Inſtrumenten. Was würde es ihnen ge- nützt haben, an den letzten ſelbſt die einzelnen Sekunden noch mit Genauigkeit zu leſen, während ſie am Himmel Winkel von mehreren Minuten nicht mehr unterſcheiden konnten. Allein dieß änderte ſich, ſobald das Fernrohr und das mit ihm ſo nahe verwandte Mikroſcop erfunden war, und ſobald man auf die glückliche Idee gerieth, dieſe beiden wunderbaren optiſchen Werkzeuge mit den aſtronomiſchen Inſtrumenten in eine unmittelbare Verbindung zu bringen. Dieſe Erfindung, vielleicht die ſchönſte und nützlichſte, deren der menſchliche Geiſt ſich rühmen kann, erweiterte unſere Kenntniß der ſichtbaren Welt, zu beiden Gränzen derſelben, beinahe in’s Unendliche, und brachte Gegen- ſtände, die uns zuvor durch ihre zu große Entfernung, oder durch

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Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/236>, abgerufen am 22.11.2024.