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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835.

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Venus.
halbmesser voraus und wollte aus den Beobachtungen der Mond-
finsternisse den Schluß ziehen, daß die Parallaxe der Sonne nicht
kleiner als drei Minuten seyn könne. Kepler (gest. 1630) bemerkte
mit seinem gewöhnlichen Scharfsinne, daß die Parallaxe des Mars
zur Zeit seiner Opposition, wie dieß aus Tycho's Beobachtungen
folge, unmerklich ist, und daß also dasselbe in einem noch viel
höhern Grade von der Sonne gelten müsse. Mit den Instru-
menten jener Zeit war es schwer, sich der Größe eines Winkels
bis auf eine und selbst bis auf zwei Minuten zu versichern. Indeß
nahm Kepler die Sonnenparallaxe gleich einer Minute, also noch
immer über siebenmal zu groß an.

Der erste, der uns eine der Wahrheit genäherte Kenntniß der
Sonnenparallaxe gab, ist Dom. Casstni. Auf seinen Vorschlag
wurde Richer von der Pariser Academie nach Cayenne geschickt,
um dort die mittägige Höhe des Mars zu beobachten, während
dieselben Höhen in Paris von Picard und Römer beobachtet wur-
den. Cassini schloß daraus die Parallaxe des Mars gleich 25 1/2
Sec., und dadurch war, mittels des dritten Gesetzes von Kepler,
die der Sonne gleich 9 1/2 Sec. gegeben, woraus also die Entfernung
der Sonne von der Erde gleich 21712 Erd-Halbmessern folgte. Diese
Beobachtungen wurden im September des Jahrs 1671 angestellt.
In den folgenden Jahren setzte Cassini diese Untersuchungen auf
einem anderen Wege fort, indem er die Differenz der Rectascen-
sionen des Mars mit benachbarten Fixsternen sechs Stunden
vor, und sechs Stunden nach seiner Culmination verglich,
eine Methode, die bereits oben (I. S. 151) näher angegeben
worden ist. Cassini fand durch diese zweiten Beobachtungen
das erste Resultat im Allgemeinen bestätiget. Noch besser eignet
sich zu diesen Bestimmungen die Venus, da sie uns in ihren un-
teren Conjunctionen noch beträchtlich näher kommt, als Mars.
Allein es ist schwer, die Mittagshöhen der Venus zu dieser Zeit
zu beobachten oder auch ihre Lage gegen benachbarte Fixsterne zu
bestimmen, da ihre Lichtphase sehr klein ist. Maraldi, Bianchini
und Lacaille beschäftigten sich anhaltend damit und Letzterer fand
aus seinen Beobachtungen, die er i. J. 1751 am Vorgebirge der
guten Hoffnung angestellt hatte, die Sonnenparallaxe gleich 10 1/4

Venus.
halbmeſſer voraus und wollte aus den Beobachtungen der Mond-
finſterniſſe den Schluß ziehen, daß die Parallaxe der Sonne nicht
kleiner als drei Minuten ſeyn könne. Kepler (geſt. 1630) bemerkte
mit ſeinem gewöhnlichen Scharfſinne, daß die Parallaxe des Mars
zur Zeit ſeiner Oppoſition, wie dieß aus Tycho’s Beobachtungen
folge, unmerklich iſt, und daß alſo daſſelbe in einem noch viel
höhern Grade von der Sonne gelten müſſe. Mit den Inſtru-
menten jener Zeit war es ſchwer, ſich der Größe eines Winkels
bis auf eine und ſelbſt bis auf zwei Minuten zu verſichern. Indeß
nahm Kepler die Sonnenparallaxe gleich einer Minute, alſo noch
immer über ſiebenmal zu groß an.

Der erſte, der uns eine der Wahrheit genäherte Kenntniß der
Sonnenparallaxe gab, iſt Dom. Caſſtni. Auf ſeinen Vorſchlag
wurde Richer von der Pariſer Academie nach Cayenne geſchickt,
um dort die mittägige Höhe des Mars zu beobachten, während
dieſelben Höhen in Paris von Picard und Römer beobachtet wur-
den. Caſſini ſchloß daraus die Parallaxe des Mars gleich 25 ½
Sec., und dadurch war, mittels des dritten Geſetzes von Kepler,
die der Sonne gleich 9 ½ Sec. gegeben, woraus alſo die Entfernung
der Sonne von der Erde gleich 21712 Erd-Halbmeſſern folgte. Dieſe
Beobachtungen wurden im September des Jahrs 1671 angeſtellt.
In den folgenden Jahren ſetzte Caſſini dieſe Unterſuchungen auf
einem anderen Wege fort, indem er die Differenz der Rectaſcen-
ſionen des Mars mit benachbarten Fixſternen ſechs Stunden
vor, und ſechs Stunden nach ſeiner Culmination verglich,
eine Methode, die bereits oben (I. S. 151) näher angegeben
worden iſt. Caſſini fand durch dieſe zweiten Beobachtungen
das erſte Reſultat im Allgemeinen beſtätiget. Noch beſſer eignet
ſich zu dieſen Beſtimmungen die Venus, da ſie uns in ihren un-
teren Conjunctionen noch beträchtlich näher kommt, als Mars.
Allein es iſt ſchwer, die Mittagshöhen der Venus zu dieſer Zeit
zu beobachten oder auch ihre Lage gegen benachbarte Fixſterne zu
beſtimmen, da ihre Lichtphaſe ſehr klein iſt. Maraldi, Bianchini
und Lacaille beſchäftigten ſich anhaltend damit und Letzterer fand
aus ſeinen Beobachtungen, die er i. J. 1751 am Vorgebirge der
guten Hoffnung angeſtellt hatte, die Sonnenparallaxe gleich 10 ¼

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[84/0094] Venus. halbmeſſer voraus und wollte aus den Beobachtungen der Mond- finſterniſſe den Schluß ziehen, daß die Parallaxe der Sonne nicht kleiner als drei Minuten ſeyn könne. Kepler (geſt. 1630) bemerkte mit ſeinem gewöhnlichen Scharfſinne, daß die Parallaxe des Mars zur Zeit ſeiner Oppoſition, wie dieß aus Tycho’s Beobachtungen folge, unmerklich iſt, und daß alſo daſſelbe in einem noch viel höhern Grade von der Sonne gelten müſſe. Mit den Inſtru- menten jener Zeit war es ſchwer, ſich der Größe eines Winkels bis auf eine und ſelbſt bis auf zwei Minuten zu verſichern. Indeß nahm Kepler die Sonnenparallaxe gleich einer Minute, alſo noch immer über ſiebenmal zu groß an. Der erſte, der uns eine der Wahrheit genäherte Kenntniß der Sonnenparallaxe gab, iſt Dom. Caſſtni. Auf ſeinen Vorſchlag wurde Richer von der Pariſer Academie nach Cayenne geſchickt, um dort die mittägige Höhe des Mars zu beobachten, während dieſelben Höhen in Paris von Picard und Römer beobachtet wur- den. Caſſini ſchloß daraus die Parallaxe des Mars gleich 25 ½ Sec., und dadurch war, mittels des dritten Geſetzes von Kepler, die der Sonne gleich 9 ½ Sec. gegeben, woraus alſo die Entfernung der Sonne von der Erde gleich 21712 Erd-Halbmeſſern folgte. Dieſe Beobachtungen wurden im September des Jahrs 1671 angeſtellt. In den folgenden Jahren ſetzte Caſſini dieſe Unterſuchungen auf einem anderen Wege fort, indem er die Differenz der Rectaſcen- ſionen des Mars mit benachbarten Fixſternen ſechs Stunden vor, und ſechs Stunden nach ſeiner Culmination verglich, eine Methode, die bereits oben (I. S. 151) näher angegeben worden iſt. Caſſini fand durch dieſe zweiten Beobachtungen das erſte Reſultat im Allgemeinen beſtätiget. Noch beſſer eignet ſich zu dieſen Beſtimmungen die Venus, da ſie uns in ihren un- teren Conjunctionen noch beträchtlich näher kommt, als Mars. Allein es iſt ſchwer, die Mittagshöhen der Venus zu dieſer Zeit zu beobachten oder auch ihre Lage gegen benachbarte Fixſterne zu beſtimmen, da ihre Lichtphaſe ſehr klein iſt. Maraldi, Bianchini und Lacaille beſchäftigten ſich anhaltend damit und Letzterer fand aus ſeinen Beobachtungen, die er i. J. 1751 am Vorgebirge der guten Hoffnung angeſtellt hatte, die Sonnenparallaxe gleich 10 ¼

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Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/94>, abgerufen am 24.11.2024.